02-Abendausgabe Dresdner neueste Nachrichten : 21.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-19070721025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-1907072102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-1907072102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-21
- Monat1907-07
- Jahr1907
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Ha Nr, 197. 2. Ausgabr.v Aufla- ke 100 000 iägllc Sonate-» resdnerNeuefteNakhrichten ds Unabhängige Tageszeitung. - l l llnsel-eu mspqmge Ko one se le kostet sür Dresden und Vorn-te II sak auswärts U Os» siir dassusland 40 Is. Tabellen . « U· Du Austriae pieklnmepeile sur Dresden und Um- Mm l M» sm- saswäris IN Uc. Bei Wiederholungen wsckrwupqsym Hin-mit nach Tat-is. Ehissregebiibren U Is. »Hm von aus-nim- werden nur gegen loraushezablunq Wenrwmkm Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und mm wird nicht summiert Telephonische Ausgabe von www quzuliissiw Unsre Dresdner und auswärtigen IMM« spwse sämtliche Annoneemicrpediuonen im Jn- und kslsud nehmenJusetcte zu Originals-reisen u. sßabatten an. Diese Zofeitise SpuntqgsFtühansgabe um a t l« m Wenigen l. Sonntag-Ausgabe zuiamixtät sSciten. Roman siehe Seiten 13 und 14. Unter- Wugshlqtt siepe Seiten 17 und 18. Der Ulrich kommt! ! Mir isl’s, als Iväk’s gestern gewech. Jch sitze Ik dem Spayenneft, das ein nienichenfrcnndlieher squmeister an die Decke des Ständehauses angetlcbt t. Das Spatzennest ist voll von Journalisten. Pinentlich ist’s gar kein Nest. Eine Heringstonne. kmc Fliegeniallr. Doch auf der Rechten da unten wen Leute, denen es noch viel zu weit ist da oben msig sitzen die Journalisten bei der Arbeit. Hören End schreiben. Bis plötzlich Herr Dr. Mehnert mit Wm srcundlichen Blick einen Herrn in seiner Nähe without, der durch seine Beweglichkeit schon längst sag Aussehen der Galeriebcsucher erregt hat. Bei dem ceundlichen Blick wird das Männlein noch zappliger. is hat da unten einen Großbetrieb in Zwischenrufcu tablicrtz ist Löst folkst itYe alle Brauen selbstver- tändlich der einzig wahre Freund des Mittelstandes. pkk Präsident sagt: »Das Wort hat dcr Abgeordnete tlrich.« Jsu das Spatzennest trifft das wie eine Bombe. »Der Ulrich kommt!« Alles reunct, rettet, lüchtet Nur der Vertreter der seitdem sanft ent cblafcucn »Deqtfchey» Wachs( harrt mutig und pflicht- Etvrfsu aus, in dem Nest ajt dch Decke. Sammelt dcu stütenhonig vozkdcn Lippen des konscpvativcn Bank- irektors aus Chciiittitz, der seinem Dresdner Kol egcn Glöfz an Stärke des Resormergedankens und cutscher Gesinnung nicht nachsteht, der vielleicht kaum ierin übertroffen wird von dem als Patriot, Er inder des Patent-Hosenlatzes und Stilkiinstler leider kllzu sehr vergessenen Rektor Ahlivardt. , »Der Ulrich kommti« Einsam sitzt der deutsche wacht-Wächter im Heringstönnchcn. Es ist ein neuer Berichtcrstatter von tadelloser Gesinnung. Darum ist Er erstaunt. wie er aus dem Munde des Herrn Ulrich jin-t, der Abgeordnete Langhammer könne reden links md könne reden rechts. er schreibt und beschließt im Lillem den Stammbuum der Ulrislzeämzu revidieren. enn der Herr Abgeordnete Diskdi It den Händen Imd redet unt den Füßen und redet rechts und redet iqu So beweglich fah der Macht-Wächter nur ein inal einen Mann, den er Togur dafür —-· es war in einer Cirkus-Kritik - gelobt hat. - Als er nachträglich erfuhr, daß der Clown damals nicht rasserein war, durfte cr natürlich in der Zeitung nicht mehr erwähnt werden. So wie die »Deutfche Wachi« jetzt nicht mehr cnvähnt wird. Alles, was Herr Ulrich da vorbringt, hat Hände and Jttßzz »Die Verwendung dieser Sprach- kivckkzeugc in dikterAusgiebigkeit- dlmkt der-Wust »Wächter ~solltc am Ende? Es ist nicht auszu kdenkcm jedenfalls der Stammbuum muß revidiert scrden.« « Der Ulrich kommt! Ich sagte doch schon, getreuer Leier, daß der Herr Bankdirektor an teuticher Ge sinnung vielleicht nur von Herrn Glöß, dem Schütze-: per Spareinleger, erreicht wird· In der Meisterung jdek deutschen Sprache wird et nur von Ahlwardt ge jmeistert Nun follft du ihn selber hören. Das treue Chitin -rlin, IMUI Pskkt In andres mkkm IFCM ICW Größte Auflage in Sachsen. Reduktion und Hauptgeschästeftelle Ferdinandstraße 4. Fernfprecher: Reduktion Nr. 88974 Expedition Nr. 4545, 457Yleag MS- Sachsenherz bat in Berlin seiner Entrüftung Luft ge macht. In dem »Tag« hat Herr Ulrich das Wort er griffen. In dem «roten Tag« sogar. Welche Ueber windunat Herr Scherl kennt ihn noch nicht; wußte nicht, wie der Ruf »Der Ulrich kommt!« auf die Abou nenten wirken könnte. Es ist eine Pflicht, zu sorgcm daß nicht nur in dem Berliner Blatt das Gedicht in Prosa erscheint, das Herr Ulrich von sich gegeben hat. Hier ist est her-n v. Nostitz sehr ungünstiq geworden waren. Mit einem Blick auf den Gefallenen murmelte er: »Er liegt zu meinen Füßen, Als wär's cin Stück von mit- und dann trat er eine Erholungskeiie an, um sich für die endfültriigc Entfcheidungsfchlacht im Landtage zunächst etwas zu tii en- Eos-m umch, Mitglied der Zweite-i Ständctammer inSachfen. . Wenn du dich erholt hast, neruenstarker Leser, noch ein paar Worte. Es ist bekannt, daß seit Jahr und Tag in Sachsen, besonders in Dresden, alle an ständigen lournalisten dafür kämpfen, diejenigen Leute unschädlich zu machen, die systeniatisch außer halb Sachsens in der Presse durch tendenziöfe nnd falsche Berichte Sachsen nnd seine Bewohner lächer lich machen. Natürlich ist ein absoluter Erfolg aus geschlossen. Alles begreifen heißt auch in diesemFalle alles verzeihen. Mancher arme Penny s liner vergißt wohl einmal Takt und Geschmack Hier spricht der Herr Abgeordnete. Der Freund des Agraricrdrei bundes nnd des Mittelstandes. Die Stütze der Conservativen. Eine Stütze der Regierung. Und macht den Lesern eines Berliner Blattes vor, macht ihnen in dieser geschmaekvollen Weise auf Kosten des sächsischen Volkes nnd derzeit auf der Oertelseite unbeliebter Regierungsmitglieder vor, was man hier lesen kann. Man sehe den säch sischen Patriotenl Es ist nicht nötig, erst die wahren, bekannten Tatsachen neben dieses bilderreiche Im protnptu zu setzen. Doch charakteristisch ist, wie Herr Ulrich seine andern Parteigenosscn vergißt, die Bravo riefen, als Herr Vehrens und Herr v. Nostitz sprachen. Charakteristischer, wie er versucht, den Grafen Hohenthal in seine anmutigen Phantasien zu ziehen. Am charakteristischsten aber, wie er seinen eigenen Parteifreund, den alten Herrn Behrens, der es wagte, wider den Stachel zu löken, zum Eselreiten ver dammt. So sehen die Regierungs-stützen aus, wenn sie gekränkt werden. So arbeitet der treue Sachse im »Tag« zu Berlin. Der gute Herr Behrens mag sich trösten über die schlechte Censur. Herr Ulrich sagt, er- setsauss dem Sattel gefallen. Wenn Herrn Behrens der Sport wirklich Spaß macht, findet er im neuen Landtag wohl Gelegenheit Herr Ulrich wird auch wieder dort sein. Zur Freude aller, die darauf halten, daß Sachsens Handel und Industrie und alle, die dazu gehören, vertreten werden durch Männer, wie Herr Ulrich. Gewählt muß er unbedingt wieder werden. Die vielgeplagten Journalisten müssen ihre Erholungs pause haben in langen Sitzungen Der Ruf: »Der Ulrich kommt!" darf auch in dem neuen Haus nichts von seiner Macht verlieren. - Der einstige Vertreter der «Deutschen Pacht-« wird diese Stiliibung aus dem »Tag« lesen. Wird versöhnlich sein und die Revi dierung des Stammhaums aufgeben. Es war wahr haftig auch damals - das muß er sich heute sagen —- lächerlich von ihm, daß er im Cirkus nachträglich der Sache auf den Grund ging. In Sachsen aber wird man sich heute freuen über Herrn Ulrichs erstes Auf treten im ~roten Tag«. »Das Thermometer, welches die Gefühle registriert, mit welchen . . .« Der An- In Dresden und Vorm-ten monatlut II II» pro Quartal IN 111. frei paus, durch unsre Provinz-Finden monstluh II II» pro Duca-tat Ud Mk. frei haus. Mit der Beilage »Dresdnet Fliege-de Blätter-« pro Monat II Ps. mehr. sth in Deutschland und den deutschen Koloniene o eins Ausg. A monatL 69 Pf»pto Ququ 2.06 Mk. san.Dk.Fc.Vc.- , Z . 82 . « Ue ou Darm-ungan- . A , 1.42 Eck. , . des-He .. , .8,1.55...4.72. Für die Schweiz , Z , sgz Fri. · , IFer I-s-·s - s · s- s stach dem Auslande per Kreuzband pro Woche 1 MI. fang genügt eigentlich schon. Welcher Wclfchc. wel cher das liest, würde nicht wieder zu der Erkenntnis kommen: Der deutse Sprak ift cin fähr fwerer Sprak? » « Doch um ein Ergebnis sehen wir die Gernmnistif bereichcrL Wir haben das Gedicht in Prosa gelesen. Als wir damit fertig waren, zeigten sich bei allen Redaktionsinsassen die Symptome der Seekrankheii. Nun wissen wir, wie die Redensart zu deuten ist, »den heiligen Ulrich anrufen«. Im nächsten Kriege mit dem Kulturvolk der Franzosen gibts einen neuen Schrecken. Nicht mehr: Les Isulkms ’a Paris werdet sie stöhnen. Scekrank müssen sie werden« Der Ulrici kommt! Minder Eiicr. Das Therntouieter, welches die Gefühle registriert, tnit welchen Hohenihals Entwurf eines neuen Wablgcsetzea für die Zweite Kammer der Ständeverfammluug in Sachfen im Volke ausgenommen wird, hat innerhalb kurzer Tieit eine Reihe von Veränderungen angezeigt, die von der Höhe von »himmelhoch jauchzend-« bis zur Tiefe »zum Tode lsetrtlbt« hinabreichen. Als Gras Hoheuthal anliiftlich des Feftmabls bei dem Sächsifchen Gemeindeiage in Bannen den Gemeindever tretern Sachsens die ersten allerdings nur andeutuugss weisen Eröffnungen tiber das neue Wahlgesetz machte und auf die bedeutsame Rolle hinwies, welche ihnen darin zugewiesen fei, herrschte eine richtige Hurrasttinniung Der erste Gefechtstag war fiir den Grafen hoheuthal ein Sieg auf der ganzen Linie. Lebhaste Hochrnsc erriiuteiy die Gliiser klangen, bis sie zerfplitterten, die Champagner pfropsen knallicn, die Genieindevertreter von Stadt und Land jubelten und daö Auiltti des Grafen Hohenthal strahlte wie das eine-z siegreichen F—eldherrti. Allerdings inusz zugegeben werden, dast dieser Sieg ein sehr leichter gewesen mar, denn ein Feind hatte sich liber haupt nicht gezeigt- Etwas weniger günstig verlief das zweite Treffen, als die Wahlgesetzvorlage nnd die Begründung dazu vollständig veröffentlicht wurde. Zwar zeigten sich - mit Ausnahme des unter der roten Fahne marschierenden Oeerhausens noch keine geschlossenen gegnerischen Truupein Aber die hier nnd da auftauchenden Borposten nahmen meist eine zweifelhafte Haltung ein und nie-n wnszte nicht recht, ob sie sich mit ihrer Nachhut im entscheidenden Falle um die Regierung oder um die Opposition scharen würden. Jn diesem kritischen Augenblick hielt sich Herr Lega tionarat v. NostinsWallwitz ftlr berufen, ins Gefecht einzu greifen, um den Sieg der Regierung zu sichern. Er fuhr die »saule Grete«, ein äußerst schweres Geschütz, auf, pronte ab und zielte lange aus ein Nebelgebilde, welches er in der Ferne zu bemerken glaubte nnd das er fiir die sogenannte »konfervative Nebenregierung« hielt. Laut krachend eutlud sich das Geschütz. Eine kurze Weile blieb alles stimm, nn- die-Links-ff liberalen jubelten etwas voreilig. Als sich der Pulver damos etwas verzogen hatte Herr v. Nostiinallwitz hatte nämlich ans feiner »sanlen Grete« nicht mit rauch- und ge ruchlosem Pulver geschossen -, da bot sich ein höchst sonder barer Anblick dar. Herr v. Nostiy lag platt aus dem Rücken nnd streckte feine Hände hilflos nach der Regierung aus, die ihn aber nicht zu kennen schien- Jetzt marschierte aber die konservatioe Landtagdsraktion mit klingendem Spiele und fliegenden Fahnen heran. Jbre Reihen waren vollzählig und geschlossen, nur der Derr Ab geordnete Behrenö fehlte. Wie es sich sehr bald beraus stellte, hatte es dieser aus Respekt vor der großen Kanone des Derrn v. Nostitz vorgezogen, sich auf das Satteltier des Efelgefpauns zu setzen, mit dein dieser sein Gefchtttz ange fahren hatte. Derr Behrens hatte sich beim Krachen des Schusfeö von seinem Reittiere getrennt nnd nahm dieselbe horizontale Haltung ein wie Herr v. Nostltz. Auch die Truppen der Nationalliberalen und der Deutfchen Reformpartei erschienen nun ans dem Kampf. platze. Sie nahmen aber ebenfo wie die Konservativen nicht an der Seite der Regierung Platz- sondern ftellten sich dieser gegenüber. Da wurde ed dem Grafen Hohenthal klar, daß feine Aussichten auf einen Sieg infolge des blinden Eifers des Rusfisthc Auf-blickec Von unserm Peictsburger Absortespondcutem St. Petersburg, 18. Juli. Unsre Politiker haben es gelernt, sich zu bescheiden Abs die erste Duma zusammentrat, gaben sie die Losung aus: »Die Regierungs-gemalt musz crobert werden«-; die zweite schrieb ans ihre Fahne-: »Man muß die Dnma erhalten« Und die dritte vollends begnügte sili damit, zu fordern, daß »die Konstitutcpn gerettet werde«. Man sieht, das politische Ideal stcmt langsam ins Grab der Wunschlosigtcit. Jst ek- ein Wunder, daß die breiten Massen des Volkes-, die mehr nnd mehr zu Staatsbürgern zweiten Range-; degra diert werden, das Interesse an politischen und kul turellen Kämpfen wie eine drückenoe Last, der man sich freudig entledigt, über Bord werfen? Sie, die so engherzig und kurzsichtig waren, die politische Urteilslosigteit der Massen herbeizusehnen und einer gesügigen Stimmvieh-Oligarchie aus der politischen Arena Platz zu machen, sie vergaßen wohl, daß die brutale Gewalt zwar äußere Kundgebungen unterdrücken könne, nicht aber aus dem Instinkt ge weckte Ueberzeugung. Man braucht keine roten Fah nen zu tragen, man hat nicht nötig, die Marseillaisc zu dsingem um der Nevolution Parteigänger zu wer en. Leise, sast unhdrbar, schleicht der Aufruhr durch das Land. Nur noch an ihren Früchten erkennt man die Bewegung. ,Der General Alichanow wurde durch eine Bombe getötet-O »dem meuterischen 25. Sappeur- Bataillon in Kiew wurde die Fahne abgesprochen« und ähnliches Es ist eine nicht zu bestreitende Tatsache, daß die revolutionäre Propaganda besonders in mill tiirischen Kreisen, die bisher im großen und ganzen als intakt gelten konnten, riesige Fortschritte gemacht hat. Ein höherer Ossizier eines in Tomsk garnisonie renden Regimentes, der gegenwärtig in Petersburg aus Urlaub weilt, erzählte Ihrem Korrespondenten, daß die Konspiration im sibirischen Offizierkorps gang und gebe ss:i. Die Untermilitärs aber trügen sich zu zwei Dritteln mit menterischen Ideen. Die Regierung wisse sich nicht anders zu helfen, als daß sie die sibi rischen Truppcnteile beständig disloziere und das Offi zierkorps in die stark reaktionären Uralregimenter versetze. Auch aus den Kriegshäsen kommen neuer dings alarmierende Nachrichten In Kronstadt wurde plötzlich eine Anzahl von Untermilitiirs älterer Fahr gänge mit Urlaub beglückt. Damit ist man hierzu ande sonst wenig sreigebig. Großes Aussehen hat es hier erregt, daß ein höherer Beamter der Hauptverwaltung für Acker-bau, Molodych, der bissiger als Adlatus des iiberreaktionären Chess dieses essorts des Fürsten Wassiltschikom galt, Knall und Fall aus seinem Amte Rund um den Kreuztnrm. Eine Hofjagd von Moritzburg. » Es war an einem Julimorgen, früh um die sehnte Stunde· Die Sonne, die schon zeitig aus gestanden war drängte sich mit ihren goldenen Licht .it»rahnen durch das dicke Laub der hohen Kastanien hindurch, tanzte über die glatten dunkelgrünen Platten der schsilsumwachsenen Seen und brachte die dicken runden Schloßtürme zum Lachen, so daß sie aussahen wie ein paar biedere alte Ritter, die einen guten Trunk getan haben aus dem Keller und sich nun voll urkräftigen Behagen-s schütteln. Die Türme hatten guten Grund zum Lachen. Die Sonne mochte sie kitzeln, fo viel sie wollte, hindurch lani sie doch nicht durch das feste Mauerwerk, das unter Kurfiirst Moritz hier entstanden war. Drinnen blieb es kühl mochte draußen im Friedewald und über den Wieer die Hitze noch so glühend flimmern. Und heiß schien der Tag zu werden, heiß für Vieh und Menschenkind. Das spürten die Hirsche drinnen im dichten Busch das spürten nicht minder die Grünspechte, die, sechs vix der Zahl, mit hängenden Ohren um den Königl. Pltschmeifter Pommerich herum am »Hellenberae«, dein hohen Wartturme mitten im Forste, standen· Der Pirschmeister fluchte ganz lästerlich in den hellen Sommermorgen hinein. Die Grünröcke aber standen geduckt wie die Hühner im Acker, wenn ein Hagelwetter über ge niedergeht. Krebsrot war der Pttichmeifter im esicht, se ne Augen rollten« nnd chne Stimme klang furchtbar, wie der Schrei des ithtfches in der Brunst. E» Lieber wollte er stracks mit des Teufels Groß .-"Mutter Hochzeit halten, verschwor er sich, als länger Just solchen Dumniköpfen auf die Hirfchsuche gehen. Er sei ein verlorener Mann, er könne sich gleich an PM höchsten Ast der nächsten Eiche dort ihnen gegen über hängen. So etwas sei einqu noch nicht da- Aslvesem daß vier der stärksten un schönsten Kapital sh·l,ts«che, darunter ein Vierundzwaiiistgendetz aus dem sklPMgllchen Forsts urlos verschwä en. Vier Dirsche, Edle seit Wochen fchon bestätigt waren, über deren IStgnd Seiner Grzellenz dem Derrn Oberhosjägers Imelfter allwöchentlich genauester Rapport erstattet worden wart Vier Hirsche, von denen Seine aller- Ckiådlgste Majestät der König Friedrich August be stimmt hatte, daß sie heute ei der großen Hofjagd allgcschvssen werden sollteni Diese vier dirsche waren bente, ansaerechnet heute, nicht aufzufinden, obwobl Ekl lehr! Warst h itp eins c Milch V - Der Zwde wo schl meo freut-; -00 imst die Grünröcke schon seit Tagesgrauen eifrig nach ihnen gefpizrtjatxetk » » « » » · » « Doch alles Fluchen und Wettern half dem un glücklichen Pirschmeister nichts. Es war keine Zeit zu verlieren; er mußte sich entschließen zu dem saueren Gange und seinem Vorgesetzten, dem Ober gvfjägermeistey Mitteilung von dieser unglaublichen atsache machen, damit dieser sie wiederum dem Könige melde. Die vier Hirsche waren bestimmt, von dem Kaiser erlegt zu werden, dem mächtigsten Herr scher der Welt. Hatten xie dieses ihr Schicksal viel leicht geahnt? Wußten ie die hohe Ehre, die ihnen damit zuteil wurde, etwa nicht zu schätzen? Während er, der Pirschmeister Fommerickx sich hier vor Ver zweiflung die Haare ätte auseausen mögen, saßen die vier vielleicht in irgend einem Wall-winket ge mütlich beim State. Ganz Ho war es nun freilich nicht, wie der ver zweifelte irschmeifter es sich ausmaltr. Aber allzu weit von der Wahrheit war er mit seinen Ver mutungen auch nicht. Wenn nämlich die Griiurdcke ein wenig schlauer gewesen wären, dann hätten sie die vier prächtigen Burschen ganz gemtitlikh im Schilf eines Hegers stehend gefunden, der sich mitten im Dippelsdorfer Teiche gebildet hatte. Das stellte sich später heraus, als die Jagd längst vorüber war. Den feisten und starken Kerlen war es in diesem hecisßen Heumond zu schwül geworden im Waldes di icht nnd so waren sie schon am Morgen in das Wasser gegangen, teils um sich abzulühlen, teils um aus diese Weise sich vor den zahlreichen Insekten zu schützen, von enen sie arg belästigt wurden. Der Pirsehmeister hatte unterdessen die Grün rdcke wieder hineingejagt in den Wald, nnd sandte ihnen allerlei Wünsche nach, von denen der frömmste noch der war, daß sie der Teufel holen möge, wenn sie die vier Hirschc nicht dennoch auftrieben. Dann hatte er sich nach dem Schlosse zu aufgemacht, wo er in einem der Türme seine Wohnung hatte, um sich für den saneren Meldegang zurechtzustntzen Seine Exzellcnz der Graf Mareolini, sein höchster Vor gesetzter, war bereits aus der Residenz eingetrossen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen; denn der König Friedrich August gedachte mit der heutigen Hos sagd die Reihe der Feste würdig abzuschließen, die er· seinem Verbiindeten, dein Kaiser Napoleon, bei feiner ersten Anwesenheit in Dresden widmete. Man schrieb nämlich den 21. Juli des Jahres 1807, nnd wenige Tage zuvor, am 17., war der Kaiser der Franzosen nach dem soeben abgeschlossenen Tilsiter rieden in Dresden eingezogen, aeieiert als Befreier ihiäidsgeld als Wohltäter Sachsens und des Königs u e . Als der Pirschineister im Vorbeigehen von einem der Heidueken hörte, daß der Graf bereits eingetroffen war, beschloß er lieber diesem, der sein besonders gnädiger Gönner war, die Meldung zu machen, als dem Oberhosjägermeister,·und eilte, schon ein wenig getröstet, die Stufen zu seiner Turmwohnung hinauf. Oben empfing ihn lächelnd leannette, sein schönes achtzehnjiihrigcs Töchterlein, die mit dem Gefolge des Grafen aus der Residenz wieder zurückgekommen war, wohin fie vor ein paar Tagen gereist war, um den Einzug des Franzoicnkaisers und die ihm zu Ehren gegebenen glanzvollen Festlichkeiten mit anzusehen. Als der Pirsehmeister, der seit einigen Jahren Wsitwer war, in die rehbraunen Augen seiner Tochter blickte, die vor Begeisternng glänzten, vergaß er feinen Kummer für einen Augenblick und hörte lächelnd das GYlauder des reisenden Kindes an. Die Kleine hatte a es mit angefehen. Den Einzug des Kaisers am letzten Freitag und die prächtige Jllumi nation, ja, fie war sogar gestern in einer der venetia nisehen Håfgondeln mit nach Pillnitz gefahren nnd hatte im chloßpark dort den Gewaltigen aus aller nächster Nähe gesehen. Der Kaiser hatte auch hier eine Eroberung gemacht, wie seine starke Persönlich keit damals eben alles fasziniertr. Jeannette ward nicht müde, feinen feurigen Blick und die gebietendc Art seines Wesens zu riihmen. Als der Pirschmeister einen Augenblick zu Wort kommen konnte, erzählte er seiner sehr klugen und gewitzten Tochter sein Mißgeschick und dabei umfingen ihn wieder die düstersten Gedanken. Er machte seinem kummervollen Herzen Lust. Wenn der Kaiser hier aus der Jagd enttiiuscht werde, so meinte er, dann müsse vielleicht das ganze arme Sachsenland darunter leiden. Denn es sei hinlänglich bekannt, wie oåt die hohe Politik gerade auf der Jagd und in agd schlögern abgemacht werde. . « « eannette aber vermochte die Befürchtungen ihres Vaters nicht zu teilen. Denn »ersten-DE meinte sie, »ist«.der alte Gras Mareolini ein viel zu guter und gerechter Mensch, um dir zur Last zu legen, wag doch ar nicht deine Schuld ist, und zweitens - hier hielt åeannette einen Augenblick inne und ein leichtes rröten zog iiber ihr liebliches Gesicht - »zweitenz wird Iris schon einen Rat wissen.« » »Der iiidhund«f, knurrte derAlte, der wohl wußte, daß Fritz, der stinke und gewandte Jägerbursche des Grasen in die kleine leannette verliebt war big über die bren, freilich ohne die geringste Aussicht, sie so bald heimführen zu können. Denn er war ein armer Teufel und konnte wohl lange warten, bis eine Förfterftelle für ihn frei wurde. Immerhin war in diesem Augenblicke ein Bundesgenosse nicht zu ver achten« und knurrend nnd brummend fügte sich Vater Pommerich in fein Schicksal. Er sollte es nicht bereuen. Der kluge Jäger burfche, den er in einem Vorzimmer des kleinen vom Grafen Marcolini erbauten Schlosses fand, wußte gleich einen Ausweg. »Ich habe heute früh erst den schönsten der weißen Hirsche bestätigt«, sagte er, »und ein paar ~Blässen« treiben wir auch bald aus. Die mag der Kaiser schießen. In ganz Europa findet er solch Wildbret nicht wichen-« Dem alten Pommerich fiel ein Stein vom Zerzen und fast hätte er vor Freude den jungen ägers hurschen umarmt, wenn er sich nicht gesagt hätte, daß dieser aus einer so rtihrenden Szene leicht voreiligc Schlüsse ziehen könnte. Der Graf selber, dem der Pirschmeifter nunmehr die Meldung machte, war iiber den gefundenen Ans weg hokhersreut nnsd befahl, sofort die nötigen Bor kehrungen zu treffen. Die weißen Hirsche, deren es damals im Moritzburger Walde zwischen 20 und 80 gab, waren zwar der Stolz des Königs und er trennte sich nur sehr schwer von ihnen. Unter diesen Um ständen aber mußten vor dem höheren Staatszweck alle andern Rücksichten schweigen und so erklärte er sich, als ihm Gras Mareolini gleich nach seinem Ein tresfen aus der Residenz Meldung machte, bereit, die kostbaren Tiere zu opfern. Gegen 5 Uhr nachmittags war der Kaifer mit der königlichen Familie eingetroffen. Napoleon erschien wie gewöhnlich in seiner einfachen grünen Uniform mit dem roten Bande der Ehrenlegion im Knopfloch. Zu der Begleitung des Kaifers befand sich fein ruder, der jugendliche Prinz Jerome, der erft vor wenig Tagen zur Würde eines Königs von Wefxfalen emporgestiegen war. Er machte feinem fpiiteren Namen als König »Jmmer luftik« schon damals alle Ehre. Mit feinem hageren, braunen Gesicht, das faft einer vertrockneten Feige glich und in der queckfilber nen Beweglichkeit, mit der er feine wohlwattietten Kleider trug ftaeh er von der eisernen, imponierenden Ritze des aiferö lebhaft ab. Unser Jerome war no der lustige Prinz Murat. der nachmalige König von» Neapel, mit von der Partie, der bunt wie ein Kolibri in feiner blauen nnd roten Phantafieunifotin neben dem- königlichen Wagen daberaeritten kam nnd M Is c- M Pdknc
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