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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1853
- Erscheinungsdatum
- 1853-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185301027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18530102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18530102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1853
- Monat1853-01
- Tag1853-01-02
- Monat1853-01
- Jahr1853
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1853
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und / ». - . Anzeiger. Ueuja hrsbilder von 8. 8. I. In einem engen niedrigen Dachstübchen, auf hartem, brechlichem Sl " - — . — . - - die von der Zukunft des alten Jahre- mir durchkämpfen und das neue, das hoffnungs reiche begrüßen. Durch seine enge Klause schweift sein Blick, er lächelt halb trüb, halb philosophisch heiter — „er zählt die Häupter seiner Lieben und sieh, es fehlt manch theures Haupt". Manche Bequemlichkeit mußte er sich berauben, um der nöthig- sten Bedürfnisse dringendem Verlangen zu genügm, da seine Geld quellen ln letzter Zeit nur spärlich geflossen. Wehmüthig fällt sein Blick auf die neue wüste Stelle, wo vor Zeiten, „es war eine köstliche Zeit", sein Canape stand. O Canap«! Wort voll Melodie! Ihr alle, ihr zahlreichen Priester des Com fort, ihr werdet fühlen, wie's den Armen da bang durchzuckte, als er hknstarrte in die Leere und leise, gebrochen murmelte.- o Canap«! Aber warum ruht sein Auge so lange, so sinnend, so innig auf einem Bilde dort an der kahlen Wand? CS mochte wohl der Liebsten Bildniß sein. Er strich mit der Hand über'- Auge, preßte sie dann auf's Herz, da- schlug so laut und stürmisch und bewegt. Da- Feuer im Ofen war erloschen, da- trübe Licht auf dem Tische, wohl eine- der kleinsten Bruchtheile in die der Seifen fieder Ealcul die Einheit des Lichte- zerlegt, herabgebrannt. Er wickelte flch fester in seinen Schlaftock, seinen alten treuen Freund, der Leid und Freud schon lange, wohl lange schon mil ihm seiheilt, und trat an - Fenster. Drunten schallte laut der Freudenschrei der Frohen, die dem neuen Jahre sorglo- entgegenjauchzen, der bangen Träumer, denen flch tzeün Becher der finstern Bilder Contouren verwischt, der Stumpffinnigen, denen da- Traubenblut einen leicht moussirenden Geist vorübergehend im Him erzeugt, der leicht Erregbaren, die diese Gelegenheit zu heiterer Aufregung leidenschaftlich ergreifen und durch den Saft der Reben zu Philanthropen getauft, dem Ersten, Besten einen „Kuß für die ganze Welt" aufdrücken möchten, der Trunkenbolde, die heute zu Ehrm de- Feste- ihre gewöhnlichen Rationen noch um einige Potenzen erhöht , der Mäßigen, die all jährlich nur einmal an diesem Lage dem fröhlichen Gotte ein kärg liches Opfer bringen, aber seinen Segm um so wirkungsvoller in symbolischer Kreisbewegung fühlen. — Da tönen von dm 'Thürmen der Mittemacht Klänge, schallend fällt da- Chor der Schwärmer auf den Straßen in Dissonanzen aber Wendig, bacchantisch ei«. — Der arme Poet 4eugt fich hinaus, hinab, still seinen Gruß im Herzen, und lauscht/ lauscht lange. Endlich seufzt er tief und flüstert'- hinaus in die Gerbende Nacht: „Ich ha? Dich lieb. Du Süße, - Du meine Lust und Qual, Ich ha? Dich lieb und grüße Dich tausend, kaufend Mal." ^ Er hat da- Fenster geschloffen und sucht sein Lager. Schlaf stmst, Freund, recht sanft, ' " gegokt«. recht und träume von ihr, der dein Grus II. „Er kommt noch immer nicht! Aber er wird doch noch kom men. Er hat - ja versprochen, mir versprochen — und —" Sie unterbrach sich, in Gedanken versinkend, in süße Gedanken, die holde Tochter des wohlhabenden Kaufherrn, der mit der Mutter und dieser einzigen Tochter das erste Stockwerk de- Hauses be wohnte. Bertha, eine liebliche Jungfrau, mit klarem, echt deutschem treuen Auge, sie war's, die im Erkerzimmer sinnend stand, ihre Blicke suchend, sehnend die Straße auf- und abschweifen ließ, von Zeit zu Zeit einen Blick nach der Wanduhr werfend. Jetzt schien sie sich zu besinnen und von den Bildem, die sie aus ihrer Sternwarte der Liebe umgaukelten, losreißen zu wollen. Sie gesellte sich zur Mutter, die, den Abendtisch ordnend, geschäftig ab- und zuging. Auf dem Tische paradirte bereits die unvermeid liche Sylvester-Punsch-Bowle in ihren vollen Formen, umgeben von Weinflaschen, deren Inhalt des Augenblicks wartete, sich in ihren Schoß zu ergießen. Doch nicht lange konnte das Mädchen ihre Ungeduld beschwich tigen; sie eilte wieder zum Fenster, von einem lächelnden Blicke der Mutter gefolgt, die wohl den Grund ihrer schwer verhehlten Ungeduld erriech. Mutterliebe! welche Räthsel weißt du nicht zu lösen! WaS dem kalten Blicke des Philosophen dunkel bleibt, daS fühlst du ahnend im weichen Herzen. Mutterliebe! der Liebe reinste, heiligste, einzig leidenschaftslose, wenn nicht deine auf opfernde, uneigennützige Empfindung im höchsten Maße selbst Leidenschaft zu nennen ist! — Plötzlich stieß das Mädchen einen leisen, halb erstickten Schrei aus, wie die zaghafte Gazelle auf einsamer Wacht am Berges abhang, vom Jäger überrascht; ihr Herz klopfte heftiger, ihr Athem wallte schneller und heißer, ihre Wangen glühten dunkler, ihr Auge strahlte noch Heller — O Wonne, wenn aus der verhüllenden, schützenden Schneedecke der kindlichen Einfalt im Herzen, wie der erste knospende Kelch des Schneeglöckchens, der Sonne warme Strahlen fühlend — der Liebe Wunderblume bricht! Nicht lange währte es, da erschien der Erwartete, mit freund lichem Gruße grüßend und begrüßt. „So spät," zürnten die Hausfrau und der Hausherr, dem Gaste die Hand herzlich schüttelnd. „O, ich wäre so gern eher gekommen," entgegnete dieser, mit einem Seitenblick auf das Mädchen, „ich fühle mich ja so heimisch, so wohl in Ihrem liebm Familienkreise; aber dringende Berufs geschäfte hielten mich länger auf als ich erwartete. Doch nun bin ich ^nz Ihnen und der harmlosen Heiterkeit." Eduard Harst hatte vor Kurzem die juristische Laufbahn mit Auszeichnung und Glück betreten. Seine Aeltern, Bertha'S Aeltern lange und innig befreundet, waren ihm früh gestorben und Eduard als ein Vermächtniß der Theueren stets freundlich und liebevoll in der Familie ausgenommen worden. Bertha hatte dem Knaben und dem Jüngling schwesterliche Zuneigung entgegen- gebracht, Eduard dieselbe brüderlich erwiedert. Doch seit einigen Jahren hatte sich diese Zuneigung, den jungen Leuten halb unbe wußt, zu einem wärmeren Gefühle entfaltet, von den Aeltern be merkt und gern Aesehen. Eduard war ein blühender Mann, Bertha eine blühende Jungfrau geworden — die Jahre, sie ändern so Manches am Menschen und im Menschenherzen. Bald saß die kleine Gesellschaft in fröhlichem Geplauder ver eint, den selbstgebrauten Punsch mäßig genießend, der aber doch seine Wirkung äußerte, die flüchtigen Geister mehr zum Herzen treibend und auf die Lippe.
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