Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1853
- Erscheinungsdatum
- 1853-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185308198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18530819
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18530819
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1853
- Monat1853-08
- Tag1853-08-19
- Monat1853-08
- Jahr1853
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1853
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Tageblatt N und « s Anzeiger. ^ 2SI. Freitag dm 19. August. 1853 Aeber einige Lweige der Kunst in Amerika*). Soll ich mich über die Kunst in Amerika äußern, so kann ich nur negativ verfahren oder da- zu schildern versuchen, was in Amerika die Stelle einnimmt, die bei andern cultivirten Völkern von der Kunst ausgefüllt wird, denn Kunst im eigentlichen Sinne giebt es in Amerika nicht. Vielleicht halten Sie diese Behauptung für übertrieben und denken an den ungeheueren Erfolg der Jenny Lind, der wenigsten- Sinn für Musik vorau-zusetzen scheint. — Aber es scheint eben nur so. Ich will nicht in Abrede stellen, daß der Amerikaner wie andere Menschen liebliche und anregende Töne von häßlichen und abschreckenden zu unterscheiden weiß. Gewiß haben für ihn die Töne der Gla-Harmonika denselben Reiz wie für den Europäer oder dm Neger, und einen noch größeren Eindruck machen auf ihn ihrem europäischen Ruf zu verdanken. Sie hat aber die Genug bis z»m andern erhoben ward, ist leicht zu erklären, wenn man eine Vorstellung von der Macht de- großen PhineaS T. Barnum har. — Warum sollte dieser Napoleon de- Humbug-, wie er hier oft genannt wird, nicht im Stande sein, einer Sängerin den Namen der Machtigall zu verschaffen? — besonder- da man diese- Thier hier nur aus Gedichten kennt. Wa- Barnum will, schreit er durch tausend Oraane der Nation in die Ohren und da- Publicum schreit es »ach. Da- Publicum fühlt, daß es in Sachen de- Geschmacks durchaus kein Urtheil hat. Daher übt der europäische Ruf eine despotische Herrschaft au-, während man sich andererseits dem in- ländlühen Humbug blindlings unterwirft. Barnum- Erfolg mit Jenny Lind war de-halb so ungeheuer, weil Humbug und europäischer Ruf zusammentrafen. Jetzt haben wir an Madame Gontag eine andere Erscheinung und sehen, wa- dar europäische Ruf ohne den Humbug vermag. Madame Sontag erklärte, daß sie vom Humbug nlcht- wissen wolle. — Statt de- Geschreis der Vergötterung, mit dem Jenny Lind empfangen ward, insulnrte der Janhagel von Newyork die deutsche Sängerin am Lage ihrer Aubrnst auf eine schamlose Weise. Sänger und Mu siker fanden sich vor de« Hotel ein, wo Madame Sontag abge- stiegen war, um ihr ein Ständchen zu bringen. Da fielen Rotten reiber. die unter! stuft den her, Zertrümmerten die Instrumente und mißhandelten mehrere Leute. Madame Sontag trat daher acht Tage später auf al- urhucünglich angeuigt war. -Ü^hie de«sche Sängerin^ endlich ihre Concerte gab, hatte sie ein gefüllte- Hau-, aber die Thrilnahme an ihren Leitungen unter schied sich wesentlich von dem amerikanischen LäriU, welcher da- Austreten der Jenny Lind begleitete. Man sah in ihren Concerten sehr viele europäische Gesichter, Franzosen, Deutsche und Italiener. Die Amerikaner wurden blo- von dem europäischen Ruf angezoqen, welcher allerdings nicht so viel Geräusch machen kann al- Mr. Barnum- Lärmposaune. Einige Journale suchten Madame Son tag herabaufttzen, die meisten aber sprachen vortheilhaft von ihr. — ,Ob und in wie weit Mr. Barnum gegen Madame Sontag ma- ^ besprochen worden, e- liege» mir aber >en vor, um mich darüber au-zulassen. so ihre Erfolge auf dieser Seite de- Wassers nicht dem Kunstsinn der Amerikaner, sondern lediglich Atlandtfche Studien. stehen, durch welche Barnum die Geldsäcke der Amerikaner au-zu- deuien wußte. Aum Tröste europäischer Celebritäten, welche in diese- Land komme«, um Triumphe zu ernten oder „Geld iu machen", mag also gesagt sein, daß der totale Mangel de- Verständnisses der Kunst den Virtuosen nicht eben viel schadet. Jeder europäische Ruf ist sicher, hier ein laute- Echo zu finden, auch ohneBarnums Hülfe und selbst gegen dessen Wille«. Jndeß kann es immer gut sein, wenn dergleichen Virtuosen vor Ueberschiffung de- Oceans die Thatsache ihre- Rufe- diesseits gehörig au-breiten lassen. Die hierauf Verwendeten Auslagen werden sich später tausendfach er setzen. ES ist nothwendig, die Ohren de- Pankee an irgend einen Namen zu gewöhnen, wenn er auf die Leistungen de- Virtuosen, der ihn trägt, etwa- geben soll. Die reine ungeschminkte Kunst würde hier einer Rose gleichen, die man mitten in ein Schneefeld setzt. Etwas Humbug ist immer nothwendig, und wäre e- auch nur, daß man recht laut sagte, wie sehr man den Humbug verachte. Da- Verständnis eine- Virtuosen beschränkt sich in Amerika blo- auf dessen natürliche Eigenschaften. Man giebt hier so gut wie in Europa einem klangreichen Organ den Vorzug vor einer unreinen Stimme. Ueber die höhere Ausbildung hat man hier kein Urtheil und noch weniger über den Werth der vorgetragene» Compositionen. Im Ganzen findet man in Amerika wohl Sinn für den Tact in der Musik, für Höhe und Tiefe der Töne, überhaupt für Me lodie, aber nicht für Harmonie; ja, die Disharmonie, wen» sie in gewissen Schranken bleibt, wird hier mehr Eindruck mache» al- die vollendete Harmonie. Ein gemäßigte- Durcheinander steht in weit näherer Verwandtschaft zn Lawb und Wesen der Amerika«« al- strenger Einklang. Ist man in Amerika noch nicht »u a-tiver Kunstthätigkekt ge langt, so hat sich doch durch den Besuch tüchtiger europäisch« Künstler die Fähigkeit, Kunstwerke zu geniest«, «in wenig über den rohe« Naturzustand erhoben. Diese Geaußftlhigkelt ober da- bereits aewonnem Kunsturtheil bezieht sich ab« Mr auf die künstlerische Technik und zwar nur in so fem die Kunst unmittelbar durch die Technik zu den Ginnen, nicht aber wie sie durch die Sinne zum Geiste oder Gemüthe-spricht. Im Allgemeinen versteht man also in Amerika wenig mehr als Tanz- und Militairmustk. Die- ist Thatsache, und wenn man dagegen zuweilen einwendet, daß Gungl hier schlechte Geschäfte gemacht, so liegt gewiß der Grund davon nicht in seiner Musik an sich, sondern e- müssen andere Ursachen ihm ungünstig gewesen sein, den» in Amerika kommt allenthalben viel darauf an, wie der geschäftlich« Lheil der Sach« an gegriffen wird. Außerdem giebt es noch einen andern, bisher we»tg beachteten Grund, wodurch da- VerstLndniß der Musik in Amerika erschwert wird. Die höhne Musik, welche man hier exeerrttrt, ist euro päischen Ursprung-. Sie wendet sich bah« zur Gefühlswelt der Europäer, welche mit ihr« Geschichte, mit ihrm Traditionen uud Anständen zusammenhängt. In de» Amerikanern habe« sich aber verschiedentlich andere Ideen und Vorstellungen und eine andere Gefühl-weise entwickelt. Diese lassen sich durch jene europäisch« Compositionen nicht anregen. Der Amerikaner kan» die letzter« daher nur von der technischen uud sinnliche« Seite würdig«. Riqh
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite