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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1855
- Erscheinungsdatum
- 1855-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185506296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18550629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18550629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1855
- Monat1855-06
- Tag1855-06-29
- Monat1855-06
- Jahr1855
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1855
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2646 Petition einiger Mitglieder der Ritterschaft deS Leipziger Kreises, die Herstellung der im Königreiche Sachsen zur Zeit unentgeltlich aufgehobenen Jagdrechte und deren Verwandlung in ablös bare Servituten betreffend *). Vorliegende Schrift ist ihrem wesentlichen Inhalte nach eine Fortsetzung der schon bei der vorigen LandtagSberathung als rechtS- begründet anerkannten, aber noch unerledigten Petition der Ritter schaft deS Leipziger Kreise- vom 13. Oktober 1851. Die damalige Petition nannte zwar tn »ihrer Ueberschrift nur die generelle Bitte um Entschädigung für obige Jagdrechte, jedoch nicht in der Absicht, dem späteren Anträge auf zeitgemäße Herstellung dieser Rechte vorzugreifen, sondern um ihn bei der Entschädigung-frage folgen zu lassen. Denn die natürlichste Ent schädigung für da- vom Staate entzogene Eigenthum ist, sobald er keinen Gebrauch davon machen kann, Rückgabe desselben. Wenn gleichwohl die gegenwärtige Schrift zunächst bloS von Denen vollzogen ist, welchen die Abfassung der vorigen Petition übertragen war, und wenn diese einstweilige Beschränkung der Zahl ihrer Theilnehmer nicht etwa von Meinung-Verschiedenheit herrührt, sondern bloS auf dem äußeren Grunde beruht, daß gegenwärtig keine Kreistag-Versammlung die gemeinschaftliche Besprechung und Vollziehung erleichterte, wie im Jahre 1851, so sind wir Unter zeichneten doch auf Beseitigung diese- formellen Mangel- um des willen nicht bedacht gewesen, weil unsere emeuete Petition von der Frage au-geht: Auf welcher Grenze der politischen Wirksamkeit haben sich in einem konstitutionellen Staate Regierung und Regierte hilfreich zu begegnen, wenn erreichbare Forderungen unleug barer Privatrechte im Interesse de- ganzen Lande- zur Ver wirklichung kommen sollen? Die praktische Beantwortung dieser Frage können wir nämlich nur darin suchen, daß der hohen Staatsregierung Gelegenheit ge geben wertzH Sich, nach weiterer Verbreitung gegenwärtiger Petition, oder irgend einer gleichzeitigen anderen von gleicher RechtS-Basis und Tendenz, durch da- Zustandekommen oder Ausbleiben von Beitrittserklärungen nicht bloS au- dem Leipziger Kreise, sondern auch au- anderen Theilen de- Lande-, und durch die Aufnahme, welche diese Petition bei der hohen Ständeversammlung findet, am sichersten zu überzeugen, ob in Sachsen die Theilnahme für den unerfüllten Act der Gerechtigkeit, welchen wir fortgesetzt in Anspruch nehmen, im Steigen oder im Sinken ist. Die Umwandlung einer verfassung-losen Monarchie in einen konstitutionellen Staat, oder, von der nicht bloS lehrreichen, sondern zugleich fruchtbaren Seite betrachtet, die Erhebung derselben zu einem konstitutionellen Staate, beruht theil- auf dem Werthe seine- Fürsten und der nächsten Rathgeber desselben, theil- auf dem Werthe seine- Volks. Unser verewigter König, als Er Seine eigene Herrschaft beschränkte, um da- Glück Seine- Volk- zu er weitern, glaubte an dessen Werth, glaubte, daß e- fähig und willig wäre, eine Verfassung, welche ihm vertrauensvolle Gnade gab, mit dankbarer Treue zu gebrauchen und auch seine- Theil- aufrecht zu erhalten. Wohlan! Im gegenwärtigen Falle gilt e- fortgesetzt der Schlußbitte unserer Petition vom Jahre 1851: die Lücke zwischen Zusage und Erfüllung de- tz. 31 der Verfassung-urkunde nicht länger offen zu lassen. An un- soll e- nicht fehlen, nach Kräften ferner beizutragen, daß jene Zusage zur Wahrheit werde. Wir verhehlen un- auch diesmal nicht, daß dem Verlangen, den früheren rechtmäßigen Inhabern der bisher unentgeltlich auf gehobenen Jagdrechte auf fremdem Grund und Boden für diese Servituten gerecht zu werden, erhebliche Einwürfe entgegenstehen. Der Staat, sagen Viele, wird bestehen, auch wenn die Ver kürzung jener Privatrechte unausgeglichen bleibt. E- ist aber die Frage: Ob ein Staat besteht, nicht wichtiger, al- die Frage: Wie er besteht. Und al- ein Staat mit unangetasteter Constitution besteht der unsrige nicht, wenn nicht jener tz. 31 unserer Verfassungs- Urkunde auch hier zur Ausführung kommt, nach dem Spruche: Wer einen Titel de- Gesetze- bricht, der bricht da- ganze Gesetz. Liegt denn aber vielleicht in der Begriff-weite jene- Paragraphm die Schuld, wenn er eine allgemeine Entschädigung-zusage erlheilte *) Wenn auch diese Petition in der Hauptsache „Städter", also den größten Theil der Leser d. Bl. nicht direct berührt, so find in ihr doch Grundsätze ausgesprochen, welche allgemeine Verbreitung verdienen. Auch sonst ist die Schrift aeistvoll und mit großer Sachkenntniß geschrieben, so daß sie auch in dieser Beziehung einer allgemeineren Beachtung Werth ist- Dir «edact. - und sie nicht auf einzelne, ausdrücklich benannte Eigenthum-rechte beschränkte? Eine solche Beschränkung würde die unbedingte, in dieser GesetzstelleLmit offenem, redlichem Sinne beabsichtigte, alle, auch die nicht vorherznsehenden Eventualitäten umfassende Garantie nimmermehr leisten. Wäre aber auch eine engere und namentlich eine da- Jagdrecht und dessen Entschädigung au-schließende Fassung jene- Paragraphen für die Zukunft vorzuziehen, so hätte doch eine derartige Abänderung desselben bisher nicht stattgefunden, sie könnte also keine rückwirkende Abweisung von Entschädigungsansprüchen au- früherer Zeit rechtfertigen. AuS demselbm Grunde, wendet man un- ein, und well da-, wa- einmal Gesetz ist, gehalten werden muß, könnten die Neu- jagdderechtigten nicht ohne Entschädigung bleiben, wenn sie ihre Jagdrechte an Heren frühere Besitzer wieder abtreten sollten. Dlese Entschädigung aber der Staatskasse anzusinnen, zu welcher Tau», sende, bei der Jagdfrage Unbetheiligte beitragen, würde zu neuen Ungerechtigkeiten führen; e- bewendet also besser bei der alten. Die Nothwendigkeit neuer Ungerechtigkeiten durch Zuziehung Unbethelligter müssen wir entschieden in Abrede stellen. Die Zu ziehung der Detheiligten hingegen würde nicht ungerechte, sondern bloS beschwerliche Folgen haben, und diese wärm, nach dem Laufe alle- Unrecht- in der Welt, unser verdienter Lohn. Welcher Theil aber sollte jene beschwerlichen Folgen im vor liegenden Falle tragen? Die Alt- oder die Neuberechtigten? Wir glauben: beide Theile, und erlauben un- hierbei eine Gegenfrage: Kommt da- Recht au- dem Gesetze, oder da- Gesetz au- dem Rechte? Der Entwurf zu unserem künftigen Civilgesetzbuche setzt voraus, daß wir über diese Frage im Klaren sind, und wenn unsere künftige bürgerliche Proceßordnung in derselben Voraussetzung anhebt, so nehmen wir den klassischen Katechismus unsere- alten und doch immer noch jugendlich kräftigen und freien römischen Civilrecht- über die Elementarbegriffe vom Rechte höchsten- in der Erinnerung herüber in unsere abgeschlossene neue Schule de- bürgerlichen Leben-. Dort, in der Wiege unserer mittelalterlichen Schwache und unserer mittelalterlichen Kraft brachte un- ein römischer RechtSlehrer und Staatsmann, der für die Gerechtigkeit sein Leben gelassen hat (Ulpian), den ersten Begriff davon nicht mit den Worten bei: die Gerechtigkeit hat ihren Namen vom Rechte, sondern umgekehrt: da- Recht hat seinen Namen von der Gerechtigkeit; denn e- ist die Kunst der sittlichen Gleichung (Anfang der Pand.) Logisch ist diese Definition auf den ersten Anblick nicht. Aber jede Sprache hat eine gelehrte Etymologie der Grammatik und eine ungelehrte de- VolksgeisteS. Der letztere faßt jene Worte augenblicklich, wenn die Frage ist: Willst du in einem Lande leben, wo die Gerechtigkeit au- dem Rechte, oder wo da- Recht au- der Gerechtigkeit kommt? Dergleichen wir damit unser deutsche- Wort „ehrlich", so sollte e-, nach seiner wissenschaftlichen Ableitung von dem Hauptwort „Ehre", alle- da- bedeuten, waS dem äußeren Zustände der Ehre entspricht. Unser Nationalgefühl aber begreift unter dem Worte ehrlich zugleich den inneren Werth dessen, den «kr ehren; wir haben also ursprünglich von Ehre ohne Ehrlichkeit keine Vorstellung und in dieserjArmuth und Unbeholfenheit liegt vielleicht ein höherer Vorzug unserer Sprache, al- in ihrer Bildsamkeit und in ihrem Reichthum an Wörtern. Wie unzertrennlich noch in dem größten Lehrmeister der deutschen Sprache, Luther, die Begriffe von äußerer und innerer Ehre zusammenstimmen, zeigt seine Erklärung: „E- ist ein viel höher Ding, Ehren, denn Lieben, sintemal da- Ehren nicht allein die Liebe in sich begreift, sondem auch eine Zucht, Demuth und Scheu, al- gegen eine verborgene Majestät." Dieser verborgenen Majestät (und sicher auch der nicht ver borgenen) ist e- kein Geheimniß, daß auch im gegenwärtigen Falle der Schlüssel zu obiger Frage, ob da- Recht au- dem Gesetze, oder da- Gesetz au- dem Rechte zu erklären sei, nicht im Wissen allein, sondern im Gewissen zugleich gefunden werde. Denn sollte hier die Rechtswissenschaft al- bloße- Wissen, als abstrakte scho lastische Philosophie zur Anwendung kommen, so würde sie auf Extreme gerathen, welche Niemand sucht; sie würde entweder die zu Gunsten der Neujagdderechtigten eingeführten gesetzlichen Bestimmungen aufrecht erhalten, al- ob sie nicht bko- den äußeren Recht-titel für sich hätten, sondem auch au- wahrer Gerechtigkeit entsprungen wären, und die Altberechtkgten ganz abwelsen, oder sie würde jene gesetzlichen Bestimmungen al- Nullität behandeln und dm Altberechtigte« auch die Erstattung der bereit- erlittenen Verluste zusprechen.
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