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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1855
- Erscheinungsdatum
- 1855-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185510119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18551011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18551011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1855
- Monat1855-10
- Tag1855-10-11
- Monat1855-10
- Jahr1855
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1855
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284. Anzeiger. Donnerstag den 11. Oktober. 1855. Der Lornwucher und der Schtußscttel. . Motto: Der Kornwucber ist ein Gespenst. — Aber Der Schlußzettel dennoch ein Kornwucherer! Sekt ich in Nr. 272 des Tagebl. in einigen kurzen Sätzen zu zeigen versucht habe, daß eS einen wirklichen und zwar sehr ge fährlichen Kornwuchrr giedt u. s. w., ist in Nr. 274*) de-Tagebl. unter der Aufschrift „Getreide-Wucher" ein Aufsatz erschienen, welcher den Getreidewucher wiederholt als ein bloßes Gespenst be zeichnet und sich darüber wundert, daß trotz der vielfachen Bemühungen der amtlichen und nichtamtlichen Presse diese- Gespenst noch in so vielen Köpfen spuke, in welchen Aufklärung und unbefangenes Urthril am ehesten vorausgesetzt werden sollte. Woran möge das nur liegen? rc. Dieser Aufsatz enthält neben vielen Wahrheiten auch verschiedene Jrrthümer, die der Berichtigung bedürfen. Und diese müssen wir mit der bekannten Frage beginnen: Woran mag es nur liegen, daß die gelehrtesten Leute oft mals den Wald vor den vielen Bäumen nichtsehen könnm? — Die Ursachen dieser auffallenden Erscheinung können nach meinem geringen Dafürhalten in der Hauptsache etwa folgende sein: Entweder hat ei« solcher Gelehrter sich so sehr in da- innerste Schneckenhaus seiner tiefgelehrten Meditationen zurückgezogen, daß er die vor dem Fenster seine- einsamen Studirgimmers liegend« schöne und wahre Natur nur noch durch die getrübten Brillen gläser seiner gründlichen Gelehrsamkeit zu betrachten vermag, oder er gehört einer Partei an, deren unabweisbare- Interesse ihm die Feder vom Wege der Wahrheit abgeführt hat. Eine von diesen beiden Ursachen dürfte wohl auch bei denjenigen gelehrten Natioual- Oekonomen Vorgelegen haben, welche da- Dasein de- Kornwucher in Abrede stellen und denselben für ein Gespenst erklären; denn e- liegt ja die nackte Wirklichkeit de- durch die Schlußzettelagiotage verübten Kornwuchrr- so sonnenklar vor ihren Augen, daß sie den selben entweder vor allzugelehrter Verblendung nicht sehen können, oder au- leidigen Parteirücksichten, selbst recht wohl sehend, nur Andere um Alle- in der Welt nicht hell sehen lassen wollen. Oder warum lenkt man, wenn da- darbende Volk über den unenräg- lichen Druck de- KornwucherS schreit, die Blicke auf ländliche Vergnügungen, Dorfkirmsen, Erntefeste und Putz der Bauer mädchen u. s w.r Warum stellt man sich, als ob der Städter neidisch auf de» Landmann sei und ihm seine« Wohlstand und seine Vergnügungen nicht gönne? Warum zieht man recht ge flissentlich au- der Rumpelkammer der Vorzeit den längst ver schwundenen Haß und Neid zwischen Bürger- und Bauerstand und den albernen Argwohn wieder hervor, daß der Bauer durch Zurückhaltung seiner Brodfrüchte und durch da- Verlange» höherer Preise einen Wucher begehe und zum Verkauf seiner Ernte gesetz lich gezwungen »erden müsse? Was will man mit der längst be grabene» und vermoderten Ansicht, daß nicht der Bauer, sondem da- ganze Volk Eigenthümer den Upntr sei? re. — Warum, frage ich, sucht man alle diese längst widerlegten Abgeschmacktbeiten noch mal» hervor, und warum wählt man sich nicht da- Schlußzettel spiel — dm eigentlichen Kornwucherer, den wahre«, aber sehr ge fährlichen Feind de- broddedürftigen Volke- — al- Gegenstand des KampfeS? — Nicht der Landmann al- solcher — wir wiederholen *) Die Aufsätze in Nr. 272 und 274 find gleichzeitig eingegengen Die Red. eS auf das Bestimmteste — nicht der Müller, nicht der Bäcker, nicht der Getreidehändler, nicht der Mäkler, nicht da- Mitglied der Lkonom. Vereine oder der Fruchtbörsen, auch nicht diese Vereine und Börsen, als Gesellschaften, dürfen al- Kornwucherer bezeichnet werden, sondern nur diejenigen, welche mit den Schlußzetteln jene- fluchwürdige Hazardspiel treiben und sich nicht scheuen, mit gleißnerischem Gesichte da- Brod des Volke- zum Gegenstände ihres Agioschwindels zu machen und dadurch ihren darbenden Brü dern die unentbehrlichsten Lebensmittel auf dem Tische zu ver teuern — nur diese sind die Kornwucherer — nur sie treffen mit Recht die Verwünschungen der Notleidenden! — Wenn aber der Aufiatz in Nr. 274 dagegen den Satz aufsiellt: „Jedermann ist berechtigt und verpflichtet, seine Arbeit und sein Capital bestmöglichst zu verwerten; je vollkommener ihm die- gelingt, desto besser ist es für ihn wie für da- Gesammtwohl!" so dürfte man den Verfasser vor der Hand nur an da- gesetzliche Verbot de- Aia-wuchers, der Hazardspiele, an da- Bestehen ver schiedener Taxen u. s. w. erinnern, wodurch dir Richtigkeit obigen Satze- eben nicht bestätigt wird. Aber dem sei wie ihm wolle ; die- darf der Staat gewiß in seinem eigenen wohlverstandenen Interesse nicht länger zulaffen, daß eine Anzahl Spekulanten die der Gesammtheit unentbehrlichen Brodfrüchte znm Gegenstände eine- gewinnsüchtigen Hazardspiele- machen und dadurch den Preis de- BrodeS auf eine unnatürliche Höhe treiben. Eben so unrichtig ist die weitere Behauptung de- Aufsatzes: daß der Landmann die verhältnißmäßig größte Menge der Staatslasten zu tragen habe uuddaßman ihn hindern wolle, seine Erzeugnisse da zu ver kaufen, wo sie am höchsten bezahlt werden." Den ersten Theil dieser unrichtigen Behauptung mag sich der Herr Einsender im K. H. Finanzministerium berichtigen lassen; wogegen bezüglich de- zweiten TheileS der Herr Verfasser sich mit der sichern Hoffnung trösten mag, daß gewiß keine Regierung die Landleut« zwingen wird, ihre Erzeugnisse nur da zu verkaufen, wo sie am niedrigsten bezahlt werden. Uebrigen- besteht der Korn wucher keinesweg» in dem Verkauf der Brodfrüchte zu hohen Preisen, sondern in dem künstlichen, «nnatüelichen Hinauffchrauden dieser Preise. Und wenn, wie der Verfasser selbst bemerkt, dieser Preis durch dasAngebot und dieNachfrage bestimmt wird, so liegt auch sonnenklar auf der Hand: daß der Schlußzettelunfug, durch welchen blos der zu gewinnenden Differenzen halber übermäßig große Quantitäten Getreide, welche die Schlußzettelspieler »eder liefern, noch geliefert haben «ollen, verhandelt «erden, eine unverhält nismäßig« „Nachfrage" und ein zu geringe- und immer geringer wechende- Wirkliche- Angebot von Brodfrüchte« erzeugt und dadurch eine künstlich erzwungene Preissteigerung Hervorrust. P?«n »her demungrachtet gewisse Leut« noch nicht einsrhen wolle«, daß dieser Schlußzettetunfug der eigentliche gefährliche Korn- «ucherer ist, dar un- die Lebensmittel künstlich vertheuert, so könne«, um mit den Worten jene-Aussätze-zu »de«, diese Leute au-purer Furcht vor der -reßgn Macht de« Schluß- zettelspiel«r sich nicht dazu entschließe», der Sache auf dm Grund zu gehen; oder sie könnten auch der Gesellschaft der Korn wucherer näher befreundet sein und wünschen, !daß man in punoto de- Kernwuchers niemals Heller sehen solle. Da sich nun aber über
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