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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.11.1847
- Erscheinungsdatum
- 1847-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-184711136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18471113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18471113
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1847
- Monat1847-11
- Tag1847-11-13
- Monat1847-11
- Jahr1847
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.11.1847
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Anzeiger. ^ SI7. Sonnabend, dm 13. November. 1847 Presse und Reformation.*) Es dürfte wohl überhaupt nicht überflüssig sein, je zu weilen den Blick auf den innigen Zusammenhang hinzu lenken, welcher zwischen der Presse und der gesammten Bildung einer Zeit, namentlich der Bildung der mittleren und unteren Stände, mit einem Worte zwischen der Presse und der Bildung des Volkes stattfindet Denn eben solche Be trachtungen lehren nicht allein die Thätigkeit und den Segen der Presse, sondern zugleich die Thätigkeit und Unentbehrlich keit aller Derjenigen nach ihrem eigentlichen Werthe erkennen und würdigen, deren Geistesarbeit und deren Federn im Dienste der Presse stehen. Sie lehren einsehen, daß gerade diese es sind, in deren Händen unendlich viel für die Er« leuchtung und Hebung des Volke- ruht. Am nächsten aber liegt und am geeignetsten erscheint eine solche Betrachtung gerade im Angesichte deS Refor mationsfestes. Warum? Weil die Erfindung der Buch- druckerkunst im 15. Jahrhunderte (1446) die Morgenröthe des Reformations-Sonnenaufgangs im 16. Jahrh. (1517) war; weil ohne die Macht der Presse Luther'S und seiner Freunde Wort und Werk eben so wenig verdreituna nach außen und Herrschaft über die Gemüther nach innen gefunden hätte, wie Huß und andere Vorläufer der Reformation trotz aller heißen Kämpfe ihre Sache zur Sache der Nation zu machen im Stande gewesen waren. Die Presse mit ihren Erzeugnissen, die Literatur mit ihren geistbewaffneten Schaaren waren die Bundesgenossinnen der Helden, welche die Christen heit, vor Allem Deutschland, zur Freiheit des Glaubens und der Gewissen zurückführten. Mit Hülfe dieser Bundesge nossinnen ward der Kerker der Glaubensknechtschaft aufgethan und die Fesseln der Gewiffenstyrannei gesprengt. Ihre Hand hat das Licht der evangelischen Wahrheit, das ausgelöscht und unter den Scheffel gestellt war, wieder angezündet und auf die Berge hinaus gestellt, wie denn von Luther'S Ueber- setzung des N. T. binnen wenig Monaten an 10,660 Erempl. verbreitet waren. Von den Bergen aus aber scheint das Licht allem Volke ins Herz, die „Obrigkeit der Finsterniß" verliert immer mehr und mehr an Gebiet, und Niemand kann eS sehen, ohne an das Wort des Paulus Gal. 5, v. 1 zu denken: „ So stehet nun fest in der Freiheit, damit Euch Christus befreiet hat, und lasset Euch nicht wieder in das knechtische Joch fangen." Nun wissen wir freilich eben so gut, wie unsere Leser, daß bei diesem Einflüsse der Presse auf die Anfänge wie auf die Fortsetzung und Weiterführung des großen Reformations- werkeS, daß bei dem Einflüsse der Presse auf die Fortbildung des Volkes das Meiste auf den Inhalt der von der Presse erzeugten Schriftwerke ankomme. Wir erklären uns voll kommen mit Denen einverstanden, welche die namhafte Ver schiedenheit dieses Inhaltes in Anschlag bringen und den Anspruch erheben, dieser Inhalt müsse die Bedürfnisse deS Volkes ins Auge fassen und befriedigen, müsse den Geist er leuchten, das Herz erwärmen, den Willen kräftigen, müsse belehrend und hebend auf das Volk einwirken, wenn die Presse ihre große Bestimmung erreichen solle. Aber eben so wenig laßt sich die Behauptung widerlegen, welche sich jüngst unserer Betrachtung der Vergangenheit und Gegen wart entgegendrängte, und die wir dem nahen Reformation-- feste gegenüber auszusprechen uns gedrungen fühlen; die Be hauptung, daß auch die äußere Form, in welcher die Presse ihre Erzeugnisse darstellt, im wesentli chen Zusammenhangs mit der Zeitrichtung und mit dem Einflüsse der Presse auf die Volksbil dung, auf die Fortführung der Reformation stehe, daß es also keineswegs zufällig und gleichgültig sei, in welcher Form diese Erzeugnisse als die Ergebnisse der Geistesarbeit seit der Reformation bis auf den heutigen Lag erschienen sind und jetzt erscheinen, daß sich vielmehr auch hierin die Zeiten charakterisiren. Denn — um diese Behauptung in Etwas weiter auS- ruführen und näher zu begründen — bekanntlich hat das 16. Jahrhundert, das Reformation-zritalter, die meisten seiner Schriftwerke den Zeitgenossen Ln zahlreichen Folianten übergeben. Beweis genug, daß damals die Aristokratie der Gelehrsamkeit herrschte. Gelehrte schrieben vorzugsweise für Gelehrte, und nur wer einen großen Reichthum an Kennt nissen in sich aufgespeichert halte, nur in wem eine Helle Flamme des Wissens brannte, nur in wem ein Strom von Einsicht in göttliche und menschliche Dinge wogte, ward für berufen erachtet und hielt sich für berechtigt, die Feder zu ergreifen und die Presse zu benutzen. Wie einst daS Volk unten am Fuße des Sinai stand, während MoseS unter Donner und Blitz mit Jehova redete, so stand die Menge der Uneingeweihten in ehrfurchtsvoller Entfernung von dem Heiligthume der Literatur. In dieser Weise schrieben die eroen des 16. Jahrhunderts, Luther und Melanchthon, rasmus und Zwingli, Brenz und Calvin, und die Presse häufte die Menge ihrer literarischen Thätigkeit in Folianten zusammen. Aber sie ließ die reiche Fülle dessen verloren gehen, was die große Menge kleinerer Geister ringsum in deutschen Landen dachte, und, was das Schlimmste war, eben dieses Aufhäusen in Folianten war daS größte Hinder niß für den Einfluß der Literatur auf das Volk und für die Sichtung der Geistesproducte, für die Sonderung de- Weizens von der Spreu durch die Wurfschaufel der öffent lichen Meinung. Denn mochte auch das lebendige Wort jener Männer, so lange sie noch lebten, ihrer Wirksamkeit zu Hilfe kommen, so waren sie doch für das Volk gestorben, als ihr Mund verstummte. Ihre Gedanken waren nichts weiter, als große Todte in den steinernen Särgen ihrer Werke. Diese Werke selbst wurden in den unzugänglichen Katakomben der Bibliotheken aufgehäuft und nur von den eigentlichen Gelehrten zu Nutz und Frommen der Wissenschaft geöffnet. An eine Benutzung durch das Volk und für das Volt war wenig zu denken. Das Volk wußte und weiß noch heut zu Lage wenig von ihnen. Denn Folianten *) Au< der sächsischen Dorfzeitung.
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