Man wäre versucht zu glauben, dass ohne das Zusammenwirken der grossen Baugesellschaften, ohne die enorme Ausbildung, welche das Baugewerbe in Oesterreich, und speciell in Wien erfuhr, die Ausführung des Weltausstellungs-Gebäudes in jener kurzen Zeit von nur wenigen Monaten, die zu Gebote stand, eine Unmöglichkeit gewesen wäre. Hat doch die Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft das Quantum von circa 20 Millionen Stück Ziegeln binnen 3 Monaten zum Baue des Ausstellungs-Palais allein beigestellt, und damit gewiss ein glänzendes Zeichen ihrer enormen Leistungsfähigkeit gegeben. Die Verhältnisse dieser Gesellschaft mögen in Folgendem mit we nigen Worten eine Besprechung finden, und damit mag der Versuch gemacht werden, das Bild einer Industrie zu entwerfen, die in Oesterreich in der vollsten und schönsten Entfaltung begriffen ist. Die Geschichte der allmäligen Entwicklung der grossen gesell schaftlichen Werke, deren Beschreibung, deren Betriebsergebnisse und die Aufzählung jener Institutionen, welche die Unternehmung zur Heran bildung und Erhaltung eines tüchtigen Beamten- und Arbeiterpersonales in’s Leben rief, soll zeigen, welchen Höhepunkt diese Gross-Industrie unter einer gewissenhaften und eminent fachmännischen Leitung zu er reichen vermochte. II. Geschichte der industriellen Unternehmungen der Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft. Zur Zeit der Besetzung des Wiener Thalbeckens durch die Börner, jedenfalls aber schon um das Jahr 70 n. Chr., wurde an der Südseite Wien’s, dort wo der sogenannte Wienerberg die Grenze der Auswaschung des Donauthaies markirt, das treffliche, dort lagernde Bohmateriale, ein plastischer, schwarzblauer Thon, zu Ziegeln und Thonwaaren verarbeitet. Die alten Ziegeleien befanden sich damals an Punkten, welche heute der inneren Stadt angehören, so „am Bergl“, in der Nähe der Seitenstätten- und Kothgasse. Ziegel mit dem Zeichen der XIII (gemina) und X (pia fidelis) Legion, mannigfaches Thongeräthe, Terracotta-Figuren, allerdings meist in höchst primitiver Ausführung, welche heut noch ab und zu in jenen Gegenden gefunden werden, und die mit eingepressten oder erha benen Marken versehen sind, geben hierüber Gewissheit. Die fortwährende Ausdehnung Wien’s drängte diese Industrie aber immer weiter hinaus an die Peripherie der städtischen Ansiedlung. l*