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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.03.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185603084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18560308
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18560308
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1856
- Monat1856-03
- Tag1856-03-08
- Monat1856-03
- Jahr1856
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.03.1856
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8SV . - ^ ^ sie zurück «O kam« M ZV. SeptlM, »85H wieder in New-Uork an. Diese ExOtzditlon^seSchnek ffch Wks-ndcks dadurch aus, daß beide Schiffs v«k d« Mitck des Septbr. 18lß dm ganze» Winter hintzurch biä zum Mai -Ws, gpWtenchetts <W t>m nwichtltzsn Eis schichten fest, km arktischen Mskrs machtlos hin- und herge trieben wurden — ein uckkrMtes Ereigniß. Dadurch hatten die Mitglieder der Expedition Gelegmheit, über die Phä-- nomene der arktischen Natur mitten auf dem Meere während de? langen Winters, in einer Ausdehnung, wie es noch nie zuvor arktische Reisende (also selbst Roß und Parry nicht) im Stande aewesen waren, Beobachtungen anzustelle«. Umwdem -ft auch der Bericht über diese abenteuerliche Reise von dem Befehlshaber der Expedition, vr. Kane, in einer anziehenden Weise geschildert worden, so daß einige durch ihn mitgetheilte Bilder von jenem nordischen Winter vielleicht willkommen sein dürften, damit man sich der milden Sonne des Vaterlandes desto mehr freuen könne. Jener Amerikaner sagt z. B.: „Alle unsere Eßwaaren wurden zu lächerlich aussehenden festen Körpern der allerverschiedensten Formen und es erforderte keine geringe Erfahrung, ehe wir lernten, mit den Eigentümlichkeiten ihres veränderten Zustandes fertig zu werden. So z.B. wurden die getrockneten Aepfel zu einer festen Masse voll an einander gedrängter Ecken und Winkel, ein Conglomerat in Scheiben zerschnittenen Ehalcedons; die getrockneten Pfirsichen desgleichen. Diese aus dem Faß oder das Faß aus ihnen herauszubringen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Wir fanden nach verschiedenen Ver suchen, daß der kürzeste und der beste Weg der war, das Faß sammt den Früchten mit wiederholten Schlägen einer schweren Axt auseinander zu hauen und dann die Klumpen zum Aufthauen hinunterzuschaffen. Sauerkraut sah aus wie Glimmer oder rich tiger wie Talkschiefer. Ein Brecheisen mit ciselirter Scheide brachte die Platten nur schlecht heraus, aber es war vielleicht das beste Werkzeug, das wir hätten finden können. Der Zucker bildete ein höchst drolliges Compositum. Man nehme ein hinreichendes Quantum Korkraspelspäne, thue dazu wieder ein hinreichendes Quantum flüssiger Gutta Percha oder Kautschuk, lasse die Mischung hart werden — und man erhält durch dieses aus dem Stegreife gegebene Recept den braunen Zucker unserer Winterkreuzfahrt. Herausbringen muß man ihn mit der Säge; nichts Geringeres als die Säge führt zum Ziel. Butter und Schweineschmalz, die sich weniger verwandeln, erfordern einen schweren Schrotmeisel und Schlägel. Ihr Bruch ist muschlig mit hämatitischer (eisenerzsinniger) Oberfläche. Mehl erleidet wenig Veränderung und Melasse kann bei — 28" (ca. — 27"R6aum.) zur Hälfte ausgeschöpft, zur Hälfte mit einem derben eisernerl Koch löffel herausgeschnitten werden. Schweine- und Ochsenfleisch sind seltene Probestücke Floren- tinischer Mosaik und wetteifern mit der untergegangenen Kunst der Versteinerung von Eingeweide-Monstrositäten, die man auf den medicintschen Schulen von Bologna und Mailand sah —: her mit dem Brecheisen und dem Hebebaum! denn bei — 30" (ca. 271/2" Röaum.) ist die Axt schwerlich im Stande, es zu spalten. Ein in zwei Hälften zersägtes und zwei Tage lang bei -4- 76" (-j- 191/r" R.) in der Combüse aufbewahncs Faß war noch ganz so widerspenstig wie Kiesel ein Paar Zoll unter der Oberfläche. Ein ähnlicher Klumpen Lampenöl, der aus den Faß dauben losgelöst war, stand da wie eine gelbe Sandsteinwalze für einen Kiesweg. EiS zum Dessert kommt natürlich ungebeten in aller denkbarm und undenkbaren Mannichfaltigkeit. Ich habe meine Erfindungs kraft an einigen Sorten geprüft. Ein römischer Punsch, noch ein gut Theil stärker als der vornehmste Römer je kostete, entsteht unverweilt bei — 20" (— 23" R.). Man nehme einige mit Zucker bestreute Moosbeeren (erLnderi-ies), rhue dazu etwas Butter und siedendes Wasser, und man hat ein extemporirtes Erdbeer-EiS. Manches liebe Mal habe ich bei den muntern Abendgesellschaften, wie sie bei uns in Philadelphia üblich sind, wahrzunehmen ge glaubt, wie die Frau vom Hause, trotz ihrer mit so viel Anmuth affectirten Ruhe, doch oft genug einen verstohlenen Angstblick auf die girrenden Hauben warf, deren EiSherzen auf dem Eßtische vor der Zeit in Eins zusammenschmolzen. Auf diese Dinge verstehen wir uns am Nordpol besser. So groß ist die „Festigkeit und wilde Energie" unserer Eissorten, daß wir sie auf einem Besen stiel auS z<chem Wallnußholze serviren. So hart ist der Eiscylinder am obern Ende, daß er als Knittel dienen könnte, um einen Ochsen niederzuschlagen. Die einzige Schwierigkeit liegt in dem weiteren Verfahren, um damit fertig zu werden. Es erfordert Zeit und Energie, um mit dem Tranchirmesser in das Eis eiazudringrn, und mai, sein« Söffet geMkt « tztnOnb« «isst,, ch«n„ er sich nkcht an hie AuStge omsa-laen fsli. Elfter öE uns«» Gack ließ sich dieser ÄBge durch sie kt-ffalswe DurchsichtiWit eines ckts- zapfenS OOfühlM, ibn im Ormse zerÜBßsNM D-sffbtze war, daß ein Stück a«d seine Mnge, zttU andere an seine Lippen anftoren und jedes ckn Stück Mut mit wegnahm ; das Thermo meter zeigte — 28" (— 261/2" R.). Soviel über unsere Fourage, wie wir sie hier am Nordpol zur Verfügung haben. Ich brauche nicht erst zu sagen, daß unsere eingemachten Speisen vortreffliche Kanonenkugeln abgeben würden, prächtige Kartt^schen! Jetzt wollen wir zur Abwechselung einen Spaziergang machen, gehörig eingepackt in das erforderliche Nordpol-Costüm. Das Thermometer steht, wir wollen einmal sagen, auf — 25", nicht niedriger, und eine noble Breeze weht, aber nur gan» gelinde. Wir machen die Lippen für die ersten zwei Minuten fest zu und lassen die Luft durch Nasenlöcher und Schnurrbart vorsichtig ein. Alsbald athmen wir eine trockene, scharfe, aber doch noct, gnädige und angenehme Atmosphäre. Bart, Augenbrauen, Augen wimpern und die daunigen Härchen an den Ohren bekommen eine zarte, weiße und vollkommen einhüllende Decke von ehrwürdigem Reif. An Schnurrbart und Unterlippe bilden sich schwebende Perlen baumelnden Eises. Steckt man die Zunge heraus, so stiert sie so gleich an diese Eiskruste an, und eine schleunige Anstrengung und gehörige Nachhülfe mit der Hand ist erforderlich, um sie wieder frei zu machen. Je weniger man spricht, desto besser ist es. Das Kinn hat eine besondere Leidenschaft, an die obere Kinnlade anzu frieren vermittelst des Klebens des Bartes. Sogar meine Augen sind oft zusammengeleimr gewesen, und ich habe erlebt, daß schon ein bloßes vorübergehendes Schließen der Lider gefährlich werden kann. Indem wir weiter gehen, entdecken wir auch noch, daß das Eisen an unfern Büchsen durch die beiden Paare wollener Faust handschuhe durchzudringen anfängt und eine Empfindung wie von heißem Wasser verursacht. Aber wir haben angenommen, daß wir dem Wind den Rücken zukehrten, und sind wir gut acclimatisirte Unterthanen seiner Majestät des Nordpols, so hat sich schon eine warme Gluth eingestellt und ein reichlicher Schweiße^uß ist ihr gefolgt. Jetzt machen wir einmal Kehrt und gehen dem Wind entgegen — was zum Teufel ist das für eine Veränderung! Wie werden unsere Ausdünstungen weg geblasen! Wie schneidend rinnt die Kälte Einem am Nacken herunter, wie dringt sie durch die Taschen ein! Ho! ein Matrosen messer in meiner Hosentasche, das bis dahin unästhetisch warm gewesen war, ist plötzlich so kalt geworden wie EiS und so heiß wie Feuer. Machen wir, daß wir nach dem Schiff zurückkommen! Ich habe es erlebt, daß ich einmal drei Meilen von der Brigg von so einem erfrischenden Winde überfallen wurde, und war schon so weit, daß ich fürchtete, ich würde sie schwerlich'jemals Wieder sehen. Meinem Begleiter Martin erfroren die Backen, und ich fühlte eine lethargische Betäubung, wie sie in Märchenbüchern oft geschildert wird. Es ist Washingtons Geburtstag, der Tag, wo „jedes Herz fröhlich sein sollte"; aber wir haben keinen Wein für die Mittagstafel und zu künstlicher Lustigkeit ohne Wein sind wir zu krank. Unsere Schiffsmannschaft jedoch, gute patriotische Schlucker, brachten eine theatralische Vorstellung zu Stande: „der irländische Advocat", Pierce O'Hara, von dem bewundernswürdigen Bruce, unserm Crichton, gefangen genommen. Das Schiffs-Thermometer draußen zeigte — 46" (— 341/2" R.). Im Innern brachem wir es trotz Zuhörerschaft und Acteurs, trotz Lungen und Lampen, trotz Dach und Fach bis auf 30" unter Null (— 271/2" R.), nur 62 unter dem Gefrierpunkte! — wahrscheinlich der niedrigste Temperatur stand, dessen eine theatralische Aufführung sich rühmen kann. Es war überhaupt eine höchst wunderliche Geschichte. Die Ver dichtung der Atmosphäre war so außerordenttich, daß man die Schauspieler nur eben sehen konnte; sie bewegten sich in einer Dunstwolke. Jede ungewöhnlich kräftig vorgetragene Stelle war von Rauchwolken begleitet. Die Hände dampften. Wenn ein leidenschaftlich erregter Thespisjünger seinen Hut abnahm, so rauchte er wie eine Schüssel Kartoffeln. Wenn er wartend da stand, über eine Antwort sinnend, so stieg der Dampf in Ringeln von seinem Halse auf. — Dieser Thermometerstand war 30" (13" R.) niedriger als der niedrigste bei den Nord-Georgischen Aufführungen Parry's. Als ich heute mit der Hand in meine Rennthierkappe fuhr, fühlte ich, wie sich da Etwas rührte. Dieses Etwa- hatte eine raschelnde, insectenartige Bewegung. Ob ich nun zwar gegen
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