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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185603209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18560320
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18560320
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1856
- Monat1856-03
- Tag1856-03-20
- Monat1856-03
- Jahr1856
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1856
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Anzeiger. 80. Donnerstag den 20. März. 1856. Eine Wanderung durch Leipzig* *). Gilt mit Recht die Stätte für geweiht, welche ein großer Mann betrat, so gewährt ein Gang durch die Straßen Leipzigs, so arm die Stadt an architektonischen Denkmälern ist, vielfaches Interesse, denn wenige Städte von dem Umfange Leipzigs beherbergten längere oder kürzere Zeit so viele berühmte Männer. Hier wohnten der Ablaßkrämer Tetzel und der Reformator Luther; Wallenstein und Gustav Adolph, Tilly und Piccolomini, Pappenheim, Holk, Banner und Torstensohn; Peter der Große und Napoleon, Friedrich der Große und die drei alliirten Monarchen; Kosciuszko und Ponia- towski; Leibnitz, Thomasius und Kästner; Klopstock und Lessing, Weiße und Kleist, Gottsched und Gellert, Goethe und Schiller, Jean Paul und Kotzebue, Seume, Thümmel und Platner, Theo dor Körner und Amadeus Hoffmann, Schelling und Schlegel, Grabbe und Herloßsohn, Marschner und Lortzing ; Schumann und Wagner; Oeser und Schnorr v. Carolsfeld; der ewige Jude**), Schrepfer und Hahnemann; die Mara und Corona Schröter, die Neuberin und Robert Blum und Andere mehr. Wollen die Leser eine Wanderung durch die kleine innere Stadt mit uns machen, und treten wir diese vom Mittelpunkte, vom Markte an, so stehen wir sogleich am Eingänge zur Grimma'schen Straße j an ÄuerbachS Hofe, der 153Ü erbaut wurde und seinen Namen von dem Erbauer, dem berühmten Arzte Strö'hmer, hat, welchen man nach seiner Vaterstadt Auerbach nannte. „Er ist von außen zwar nicht gar ansehnlich," schreibt Jccander, „doch hat er oben proper ausmeublirte Zimmer, worinnen kein Graf und Fürst sich zu logiren schämen darf. Vor allem andern aber ist er wegen derer vielen darinnen befindlichen Gewölben, in welchen vornehmlich zu Meßzeiten die größten Künstler fast von allen Enden der Welt ihre Wunderwerke von Silber, Gold und Edelsteinen zum öffentlichen Verkauf und zum Erstaunen aller Vorbeigehenden auslegen, in die größte Consideration zu ziehen." Es war dieses Haus mit seinem langen Hofe, einer kleinen Straße, früher allerdings der Mittelpunkt der Messe, namentlich für alle Luxus- und Modewaaren, und in wie außer den Messen gab sonst die elegante Welt hier zwischen zwölf und ein Uhr sich ein Rendezvous, wobei die neuen Moden rc. zur Schau getragen wurden. Berühmter noch als Auerbachs Haus und Hof ist Auerbachs Keller, der sich hoch und breit gewölbt unter dem ganzen Hofe hinzieht und in welchem sich von jeher, schon vor Erbauung des jetzigen Hauses, ein Weinschank befand. In diesem Keller erschien Faust mit Mephistopheles; aus ihm ritt er auf dem Weinfasse hinaus, und zwar im Jahre 1525, wie eine Inschrift über der Kellerthür besagte, die wenigstens 1727 noch zu lesen war: Doctor Faust zu dieser Frist AuS Auerbachs Keller geritten ist Auf einem Faß mit Wein geschwind, Welches gesehen viel Menschenkind. Solches durch subtil Kunst qethon, Und des Teufels Lohn empfing davon! —— - *) Diesen interessanten Aufsatz haben wir aus Nr. IU der bekannten vielgelesenen Zeitschrift „Europa" genommen, und glauben damit unseren Lesern aefällig zu sein. Der geehrte Herr Verfasser desselben, Herr Aug. Diezmann, wird e- uns gewiß Nachsehen, daß wir auch aus diese Weise seine gute Arbeit zur weiteren Kenntniß des Publicum- bringen Die Red. ") Im Jahre 1642 ließ er ssch sehen, ein Bettler nämlich, welcher, die Sage von Ahasver benutzend, das mitleidige Leipzig in Contribution setzte. Goethe, der als Student oftmals in diesem Keller gesessen und wahrscheinlich hier zuerst den Gedanken zu seinem „Faust" gefaßt, hat durch dieses unsterbliche Gedicht dem Auerbach'schen Keller ein ewiges Gedachtniß gestiftet, und kein literarisch Gebildeter aus irgend einer Nation kommt nach Leipzig, ohne den Keller zu besuchen, den Sage und Poesie gefeiert haben. Gehen wir in der Grimma'schen Straße fort und treten dann von ihr rechts in die nächste Straße ein, die von Süden her in sie einmündet, so finden wir links rAben dem großen Eckhause, dessen Räume zu ebner Erde ein berühmtes Banquiergeschäft inne hat, „die große Feuerkugel", ein Haus ebenfalls mit einem Hofe oder Durchgänge, der zwei Straßen mit einander verbindet, eine Eigenthümlichkeit Leipzigs, das an solchen großen Gebäuden sehr reich ist. In diesem Hofe wohnte Go ethe in seiner Studenten zeit. Er selbst schreibt in „Wahrheit und Dichtung": „Ganznach meinem Sinn waren die mir ungeheuer erscheinenden Gebäude, die, nach zwei Straßen ihr Gesicht wendend, in großen, himmel hoch umbauten Hofräumen eine kleine Welt umfassend, großen Burgen, ja Halbstädten ähnlich sind. In einem dieser seltsamen Räume quartierte ich mich ein und zwar in der Feuerkugel zwischen dem alten und neuen Neumarkt. Ein Paar artige Zimmer" — im zweiten Stock an der linken Seite von dem Eingänge vom Neumarkt herein, — „die in den Hof sichen, der wegen des Durch ganges nicht unbelebt war, bewohnte der Buchhändler Fleischer während der Messe und ich für die übrige Zeit um einen leidlichen Preis." Hier lebte der junge Dichter Anfangs „ wie ein Vöglein auf einem grünen Aestlein iy allen seinen Freuden", bis ihn Liebes- leid überkam. Im Brühl werden wir das Haus finden, in welchem sein Käthchen wohnte. In seiner Wohnung „suchte er das, was ihn quälte, in einem Lied, in einem Epigramm, in irgend einem Reim loszuwerden", und endlich konnte er es nicht lassen, seine Situation sogar dramatisch zu behandeln. — Weiter hinauf in derselben Straße (Neumarkt) sehen wir einen Theil des Gewand hauses, das nach vier Straßen Front macht. In ihm sind zu ebner Erde Verkaufslocale und Niederlagen angebracht; „oben", schreibt der alte Jccander, „werden in Meßzeiten die Tuche ver kauft, außer den Messen aber pflegen die Herren Fechtmeister ihre Exercitien da zu halten." In diesem Gewandhause befinden sich die reichhaltige städtische Bibliothek in einem sehenswerthen großen Saale, der Concertsaal, in welchem die berühmten Gewand- hausconcerte gehalten werden, und ein schöner Ballsaal für die exclusiven „Gewandhausbä'Ue"; auch hatte sonst der elegante Professor Platner sich hier ein schönes Auditorium mit Malereien von Oeser einrichten lassen. Der südliche Theil des Gewandhauses war sonst das Zeughaus für die Festung Leipzig. Gehen wir durch das Gäßchen an diesem südlichen Theile des Gewandhauses in die nächste Straße (Universitätsstraße) hinüber, so gelangen wir zu einem vielfach merkwürdigen Hause, dem Breitkopf-Härtel'schen, in welchem die berühmte Firma mit den weitverzweigten Geschäften heute noch blüht. „Bernhard Christoph Breitkopf," schreibt Goethe, „der eigentliche Stifter der Familie, der als ein armer Buchdruckergeselle nach Leipzig gekommen war, lebte noch und bewohnte den „goldenen Bär", ein ansehn liches Gebäude, mit Gottsched als Hausgenossen. Einen Theil ihres ansehnlichen Vermögens glaubten sie nicht besser anwenden m können, als indem sie ein großes neues Haus „zum silbernen Bär", dem ersten gegenüber, errichteten. Gerade zu der Zeit des Baues ward ich mit der Famlie bekannt. Der älteste Sohn mochte einige Jahre mehr haben als ich, war ein wohlgestalteter junger
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