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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185608112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18560811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18560811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1856
- Monat1856-08
- Tag1856-08-11
- Monat1856-08
- Jahr1856
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1856
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224. Montag dm 11. August. 1856. Das neue Waisenhaus*). Die frohe Kunde, welche unS Nr. 198 d. Bl. brachte, giebt mir die Feder in die Hand, um mich über das neu zu erbauende Waisenhaus wenigstens in einigen Puncten auszusprechen. In der Hauptsache ist vorgesehen, es soll das neue Waisenhaus auf einem freien und gesunden Platze erbaut werden, und kann es sich hierher bezüglich nur noch darum handeln, wo ist ein solcher zu finden? Den Waisenhaus-Garten neben der Gasanstalt halte ich nicht für den besten und geeignetsten, und zwar wegen seiner Nachbar schaft und wegen seiner tiefen Lage noch obendrein in der Nähe des Wassers. Ebm so erscheinen mir die Niederungen des Iohannisthales nicht passend, wogegen der Garten neben dem Taubstummen- Jnstitute, am Wege nach dem Thonberge, einen vortrefflichen Bauplatz geben würde. Dort käme das Haus sammt Garten hoch zu liegen, dort ist eine freie, gesunde Lage. Nur allein die weite Entfernung würde der Lehrer halber störend sein, worauf wir weiter unten noch einmal zu sprechen kommen. Der beste Vorschlag, den man machen kann, ist auf jeden Fall der: „man schaffe das neue Armenhaus zum Waisenhause um, und gebe die in dessen Nähe befindlichen Gärten des St. Johannis- hospitalS dazu." Hier läßt sich Alles vereinigen, besser wird keine Localität passen. Das will ich in kurzen Andeutungen beweisen. Für ein Armenhaus sind schon allein die Stuben des neuen Armenhauses zu groß und zu hoch erbaut. Für alte Leute muß man niedrigere Stuben erbauen, damit sie sich erwärmen können, und damit diese Stuben ihren früheren Wohnungen mehr gleichen. Sollte das Armenhaus für zweckmäßig erbaut erachtet werden, so hätte in die vorhandene Mauerhöhe recht gut noch ein ganzes Stockwerk mit in allen Stockwerken niedrigeren Fenstern eingebaut werden können oder müssen. Dann erst würde es für alte Leute wohnlich geworden sein. Ganz anders ist das in einem Waisenhause. Hier braucht man hohe Stuben der gesünderen Luft halber. Kinder beginnen erst den Lebenslauf, und müssen sie wohl einfach, sehr einfach, aber doch mit dem Blicke ins Weite, in die große weite Welt erzogen werden. Darum ist es nicht unangemessen, daß man ihnen auch eine schöne Wohnung giebt. Das neue Armenhaus entspricht nach Größe, Lage und Be schaffenheit allen Anforderungen an ein gutes Waisenhaus, und sicher würden die hier und da zu machenden Einbaue und Ver änderungen leicht und ohne großen Kostenaufwand hergestellt werden können. DaS HauS ist groß genug, um auch alle Lehrer und Erzieher mit aufnehmen zu können. Und die Lehrer mit ihrm Familien gehörm in das Waisenhaus; sie haben nicht blos in den Lehrstunden Unterricht zu geben, sie müssen — und das ist die Hauptsache — die Kinder erziehen, sie müssen mit ihrm Frauen Vater- und Mutterstelle an den Kindern vertreten. Diese Ver pflichtung darf den sogmannten Erziehern und Erzieherinnen nicht allein überlassen werdm, so vortrefflich auch diese sein mögen. Ebm das, was den Waisenkindern fehlt — die Familie, der sorgende Vater, die liebmde Mutter — soll ihnen im Waisen haus« so weit als nur möglich erseht werden, und es ist, wohnen erst die Lehrer mit ihrm Familien im Waisenhause, gar wohl ein Familienleben herzustellen, in welches auch die Waisenkinder mit hineingezogen werden können. Bleibt auch die wesentliche Sorge *) «ingegangen am 17. Juli. für Ordnuna, Reinlichkeit, körperliche Bedürfnisse, äußere Zucht, ja sittliches Verhalten im Allgemeinen in der Hauptsache dm Er ziehern und Erzieherinnm überlassen, so wird und muß doch da- oberauffehende Auge des Lehrers meist mehr sehen, wird und muß die mütterliche Liebe der Gattin des Lehrers segensreich auf das ganze Institut einwirken. Und so soll eS sein. Ich weiß recht gut, daß jetzt schon ein Lehrer im jetzigen Waisenhause wohnt, aber für einen Lehrer ist die hier zu tragende Last zu groß, diese muß auf alle Lehrer vertheilt werden. Die Waismversorgung hat nach meiner Ansicht die Pflicht, den ihr anvertrauten Kindern eine solche Erziehung zu geben, nicht wie sie dieselbe von ihren eignen Aeltern würden erhalten haben, sondern, welche die Versorger und Lehrer der Waisen ihren eignen Kindern ertheilt wünschen müssen. Den untergebrachten Kindern muß so weit immer thunlich eine häusliche Erziehung ge geben werden, wie sie in einer gut geordneten Familie möglich ist und stattzufinden hat. Hierunter verstehe ich keineswegs, daß die Kinder mit äußerem Prunke umgeben, mit unnützen und schäd lichen Bedürfnissen überhäuft werden müssen, wie dies leider in so vielen Familien bemittelter Aeltern geschieht rc., im Gegentheil bin ich der Ansicht, daß die Ktnver aller Stände mit dem, was die Körperpflege erftrdert, höchst einfach und nur so weit eS die wirkliche Nothwendigkeit fordert, versorgt werden müssen, daß man dagegen in Betreff geistiger Nahrung, geistiger und sittlich religiöser Ausbildung allen Kindern ohne Unterschied des Standes mit der größten Um- und Vorsicht aus reiner Menschenliebe den Verhält nissen angemessen das Beste gewähren müsse, was man hat. Da mit man mich hier nicht falsch verstehen und glauben möge, ich wollte, es sollten alle Waisenkinder sofort für die sogenannten höheren oder reicheren Stände planmäßig herangebildet werden, was durchaus nicht meine Meinung ist, weil die gute Erziehung, von der ich spreche, sich in jedem Stande vorfinden kann, mache ich darauf aufmerksam, daß ich von den ersten Lebensjahren rede, wo Kind Kind ist, und nicht gefragt werden darf, wer und was waren dessen Aeltern. In den ersten Lebens- und Lehrjahren kommt es Alles darauf an, einen gesunden Körper und eine gesunde Seele heranzuerziehen, und das Kind lernfähig zu machen. Warum sollte ein Waisenknabe nicht auch fähig gemacht werden dürfen, in eine höhere Lebenssphäre eintreten, und einst ein großer Mann werden zu können! — Und gerade durch eine recht einfache, aber sittlich und geistig gut berechnete Erziehungsweise kann der beste Grund dazu gelegt werden. Zur Erziehung von Waisenkindern (wie bei allen Kindern) ist die Bewegung in freier Luft vorzugsweise nothwmdig, schon darum, weil sie nicht selten schon arg verwahrloset in vir Waism versorgung kommen. Hieran schließt sich eine zweckmäßige Kost, Bäder und der gleichen, damit noch gerettet wird, waS noch zu retten ist. Hierbei will ich nur auf Eins aufmerksam machen. Wir alle wissen, und sind hierin erst neuerdings wieder von einem hiesigen bekannten und von vielm Seiten anerkannten Arzte sicher gemacht worden, welche vortreffliche Speise für schwächliche Kinder, -wenn sie zumal an Blut-Leere oder an schlechten Säftm leiden, rohe Eier, und im Sommer grüne frische Gemüse und Obst, im Winter getrock nete- Obst ist. Au Beiden gehört ein großer freier Garten, in welchem sich die Kinder aufhalten, und in welchem das erforder liche Gemüse unter Beihülfe der Kinder gebaut werden kann. In den Gartm gehören auch Bäume, die Schatten und frische Lebenslust schaffen. Alles die- kann der eine große Garten, welchen
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