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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185204084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18520408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18520408
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-04
- Tag1852-04-08
- Monat1852-04
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1852
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1118 sein, da- die Regierung dabei nur eine« solchen Weg einschlagen werde, welcher dem Rechte und der Gerechtigkeit entspreche. Wenn der Herr Vicepräsident v. Erlegern der Regierung daraus einen Vorwurf aemacht zu haben scheine, daß der fragliche Gesetzentwurf nicht aleich zu Anfänge de- Landtag- vorgetegt worden sei, weil dadurch für die Behandlung der Frage Erschwernisse entstanden, so könne er dem nicht beipflichtm; er glaube vielmehr, daß selbige sich verringert hätten, und so hoffe er, daß der gleiche Sinn der Billigkeit, welcher bisher in beiden Kammern gewaltet, auch dann vorhanden sein werde, wenn die Vorlage an die Kammer gelangt sein werde. Mehrere Redner verzichten nach dieser Erklärung de- Herrn Staat-minister- auf da- Wort, andere beschränken sich auf nur wmige Bemerkungen. Endlich wird auf Antrag de- Herm Abg. Schubart der Schluß der Debatte angenommen und zur Ab stimmung verschritten, bei welcher der Landtag-ordnung gemäß mit dem Majorität-gutachten der Anfang gemacht wurde. Resultat der Abstimmung: ») Annahme de- PuncteS 1 de- Majorität-gutachten- und sonach Ablehnung de- Beschlusses der ersten Kammer gegen 4 Stimmen; d) die Annahme de- PuncteS 2 bi- zu den Worten „verloren haben" gegen 13 Stimmen, nachdem vorher seiten- der Deputa tion die Einschaltung de- Worte-: „Jagdstrafgelder^ nach dem Worte: „Jagdkarten" genehmigt worden war ; e) die Ablehnung der Worte: „und nach Befinden" bis mit: „nicht belastet wird" (Braunscher Antrag) mit 46 und beziehend lich 42 Stimmen; 6) die Annahme de- PuncteS 3 gegen 8 und beziehendlich 11 Stimmen; s) die Annahme de- PuncteS 4, sofem er sich auf Nr. V. de- Deputation-bericht- bezieht, gegen 17, und soweit er auf Nr. VI. sich erstreckt, gegen 14 Stimmen; l) die Annahme de- PuncteS 5 gegen 2 Stimmen. Schonet die Sänger! Ein Mahnung-wort von vr. W. H. Von einem wilden König wird erzählt, der in grauer Vorzeit mit eisemer Faust ein große- Volk beherschte und dessen Grau samkeit so berüchtigt war, daß scheu selbst der vor ihm floh, dem er eine Liebe erweisen wollte. AuS fernem Land kam einst ein blondgelockter Jüngling an diese- König- Hof, ein Sänger, der die Harfe gar künstlich zu schlagen und dcmr die schönsten Lieder zu singen wußte. Vielleicht zum ersten Male in seinem Leben empfand der finstere Wütherich auf dem Thron bei Harfenklang und Liedersang ein menschliche- Gefühl; er gewann den Jüng ling lieb, wie eben ein blutdürstiger Gewalthaber einen Menschen lieb gewinnen kann, und befahl ihm an seinem Hofe zu bleiben und täglich vor ihm zu spielen und zu singen. Vielleicht auch floh, wie einst bei David- Saitenspiel dem König Saul, der böse Geist auf so lang au- seiner Brust, als die weichen Töne ihn in Vergessenheit und neue Träume wiegten. Aber der Sänaerknabe hatte Eltern und Geschwister; sein Herz hing mit tausend Banden an der lieben Heimath und er weigerte sich, dem Befehl eine- Ge bieter- zu gehorchen, der nicht der seinige war. Und als der König in furchtbarem Zorn ihm bei seinem Leven geboten hatte, zu bleiben und nach wie vor ihm lustige Lieder zu singen, da suchte der Jüngling durch Flucht sich zu retten; an schwankem Seil ließ er sich, die Harfe umgebunden, vom hohen Thurm de- König-schlosse- yerab. Aber die Harfe stieß an die Mauer und ihr durch die stille Nacht weithin schallender Klang rief die Wacht stehenden Söld linge herbei, die dm Flüchtling einholten und vor dm König brach singen, währmd ihm die heißen Lhräuen au- den leeren Augen höhlen troffen. Der König aber lachte dann in grimmer Wuth unv rief: „Ein blinder Vogel singt am besten!" Aber er sang nicht lange, der arme blinde Vogel; sie fandm ihn gar bald in seinem Käfig tobt, gestorben an Heimweh und Verzweiflung. Die Geschichte, ist noch nicht au-. — Wmige Jahre warm vergangen, , de- König- Feinde sein Schloß und nahmm ihn ehr gefangm, dmn nun zeigte sich -, daß er keinen ld besaß. Und, o der gerechten Vergeltung! sie blen- Augm und schloffen ihn mit einer schweren Kette an den Pfeiler de- Saale-, damit sie währmd Tisch- und Zech gelagen ihre Freude an seinen Qualen hätten. Wenn er sich dann wand^wie ein Wurm unter dm spitzen Speereffm und dm glühen den Zangen, die sie ihm in da- Fleisch drückten, so antwortete seinem Gewinsel da- Hohnwort: „Ein blinder Vogel pfeift am besten!" Vielleicht ist diese Geschichte bloS ersonnen; wohl dem, der zur Ehre der Menschheit sie nicht glauben will. Jedenfalls aber wird Niemand sie lesen oder hören, der nicht sagt, daß solche Thatm nur in den finstersten Zeiten der Geschichte möglich gewesen, heut zutage aber auf dem ganzen Erdboden unmöglich seien. Ich aber habe eine Zeit lang in der belgischen Stadt VervierS gelebt und dort Folgendes gesehen. An jedem Wochenmarkte war der schöne Platz der Franziskaner (äv8 Üvcollel») über und über bedeckt mit kleinen Holzkäfigen, in welchen je ein Singvogel eingesperrt war. Diese Gefängnisse waren so klein, daß da- Thierchen sich kaum umdrehen konnte. Der Handel schien bloS in dm Händen von Knabm und halberwachsenen Burschen zu sein; wenigsten- trieb sich auf dem Platze umher, was nur die Stadt an blaubebloustm Straßenjungen (eamins) besaß, und da- war rucht wenig, dmn VervierS ist eine Fabrikstadt. Anfang- erstaunte Ich nur über diese außerordentliche Vogelliebhaberei, bald aber machte die- Gefühl dem de- AbscheueS und de- Entsetzen- Raum. Dmn da und dort, umdrängt von einem dichten Kreis Neugieriger, darunter die Mehrzahl Schulknaben vom zartesten Alter, waS sedoch keineswegs hinderte, daß Jeder den kurzen braunen Pfeifenstummel zwischen den Zähnen hielt, saßen auf umgestürtten Marktkörben Burschen in sonderbarer Verrichtung begriffen. Da ich, von fem zuschauend, au- deren Thun und Treiben nicht klug zu werden vermochte, trat ich näher hinzu und sah — waS nie gesehen zu haben der Mensch für ein große- Glück erachten muß! Jene Burschen waren soge nannte (^reveur8, Blender, und ihre Kunst bestand darin, dm Singvögeln mit einer eigenen Nadel die Augen auSzubohrm und dann ein gewisse- Pulver in die Wunde zu streuen, welche- die Entzündung mildem soll. Die- geschieht, weil allgemeiner Sage nach die Vogel besser schlagen und singen, wenn sie da- Tage-licht nicht mehr schauen; da- Verhängen ihre- traurigen Gefängniffe- aber mit Tüchern und dergleichen wäre viel zu umständlich oder zu kostspielig. Ihr seht, daß alte Geschichten sich Wiederholm können. Also singe nur, armer kleiner Vogel, singe nur, damit dein Herr und Gebieter sich an deiner Stimme ergötzen kann; vielleicht sind deine tiefen flötenden Klänge der Aufschrei gräßlicher Verzweiflung au- ewiger dunkler Nacht; aber waS schadet'-? dein Herr und Gebieter freut sich darüber; er freut sich darüber, daß du den Wechsel von Tag und Nacht, von Frühling und Winter nicht mehr zu unterscheiden weist und immerfort singst und singst, bi- die kleine Kchle dir endlich zerspringt, wenn du nicht früher da- Köpfchen an den Drahtstäben deine- Kerker- eingestoßen hast. Es hält schwer, nicht bitter zu werden, wenn man darüber nachdenkt, daß dergleichen schauderhafte Grausamkeiten noch jetzt in einem Lande Vorkommen können und dürfen, daß sich zu dm gebildetsten der Welt zählt. Ach leider ist eS Belgien nicyt allein, in welchem solche Thaten eine Schmach de- Menschenthum- bildm! Die Liebhaberei von Singvögeln und deren Haltung ist zu entschuldigen; aber zu verdammen ist sie, wenn sie in unnütze ver werfliche Quälerei auSartet. E- ist schon schlimm genug, daß, um der Laune Einzelner zu stöhnen, die Natur entvölkert und ihre- schönsten Schmucke- frevelnd beraubt wird. Denkt Euch nur Wälder und Felder ohne den fröhlichen Dogelgesang, denkt Euch die Luft nicht mehr von ihren lustigen Schaaren durckgau- kelt, nicht mehr der Amsel Ruf au- dem geheim versteckten Laub- gezelt, nicht mehr der Lerche schmetternde- Lied über den grün wallenden Saaten, nicht mehr der Nachtigal vollen berauschenden Schlag au- dem Dickicht de- Busche-, — wie leer, wie tobt wäre die Schöpfung, welch ein wichtige- liebliche- Derblndung-glied fehlte zu dem vollkommenen Einklang der Natur! In Südamerika giebt eS 100 Meilen lange Wälder, ln deren Mitte kein Vogel lebt. Reisende, welche sie durchwandert haben, können nicht genug dm seltsamen, wahrhaft schaurigen Eindruck schildern, den die tieft ununterbrochene Stille, da-* regung-lose Schweigen und die Ab wesenheit eine- jeden sichtbaren thlettschen Leben- dort auf sie ge macht habe und der sich bei Einigen bl- zum Wahnsinn steigerte, bi- endlich, wenn sie sich dem Rande de- Urwalde- näherten, da- häßliche Gekrächze der Papageien ihnm wie liebliche Musik erklang. In der Stube freuen sich nur wenige Menschen am Gesang eine- Vogel-, draußm aber Viele, Alle. Ihr nehmt dem Thier- chen seine Freiheit, denkt aber weder an dasselbe, noch an Andere,
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