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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185205068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18520506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18520506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-05
- Tag1852-05-06
- Monat1852-05
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1852
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1762 Dresden gebracht. Bon nun an war er fast allein auf sich selbst gewiesen, denn er mußte fich auch seine« Lebensunterhalt durch Singen und UnterrichtSertheilung verdiene«. Aeitt weil diese Lebensweise sehr beschwerlich war, theilS hauptsächlich aber, weil er durch sie vom eigentlichen Studium abgehaltm werden mußte, wollte Rei ch die begonnene Carriere aufgeben und sofort zum eigent lichen Lehrerfache übergehen; der Conrector Bräuniger aber, ein Mann, der von Reich stets hochverehrt worden ist, machte ihm Muth und ermahnte ihn zum AuSharren. So kam eS, daß er eilf Jahre lang Kreuzschüler blieb und sich zuletzt als Prüftet des SingechorS eine Summe Geld erspart hatte, mit welcher er die Universitätsstudien bestreiten zu können glaubte. Im Jahre 1807 bezog er mit einem mühsam erworbenen Vermögen von circa 250 Tha- lem die hiesige Universität, um Theologie zu studiren. Da e- ihm auch geglückt war, ein Stipendium zu erlangen, so lebte er zwei Jahre ziemlich sorgenlos, studirte mit aller Liebe und großem Fleiße und bewegte sich in dm Musestunden gem im heitem Kreise seiner Freunde. Aber schon im dritten Studienjahre fingen die Nah- rungSsorgm wieder an, ihn zu drücken, und so kam eS, daß er wieder seine Zuflucht zum Stundengeben nehmm mußte. Da geschah eS, daß ein anscheinend geringer Aufall, wenn eS einen solchen giebt, und nicht vielmehr Alles weise Fügung deS Allmächtigen und Allweisen ist, sein LooS zum Heile der Menschen entschied. Reich wohnte mit seinem Freunde Bernstein (der später als Rector der Stadtschule zu Colditz gestorben ist) zusammm. Die damalige Direktorin der Taubstummenanstalt, die ehrwür dlge Gattin Hein icke'S, kannte die Wirthin der beiden Studen ten, und fragte sie eines Tage-, ob nicht einer von diesen Lust haben dürfte, Lehrer am Taubstummen-Institute zu werdm, sie bedürfe eines solchen. Die Wirthin bestimmte sich für Bernstein, und nur dann, wenn Bernstein eS ablehnen «erde, solle Reich gefragt werden, ob er das Amt übernehmen wolle. Während dies von den Frauen verhandelt wurde, befanden sich die Freunde in den Fersen. Auf der gemeinschaftlichen Rückreise nach Leipzig trifft Bernstein der Unfall, daß ihm die Schuhe so zerreißen, daß er unterwegs rasten muß, bis der Schuhmacher ihm zur Weiterreise verholfm hat. Reich kommt daher eher an, die Wirthin theilt ihm daher auch den Plan eher mit, er geht zur Hein icke — und wird Lehrer am Taubstummen - Institute (am 1. Mai 1810). Bernstein hat später geäußert, daß er bei ihm gemachtem Amrbieten die Stelle ohne Bedenken angenommen haben würde. Obwohl Reich von jeher Neigung zum Lehrerstande gefühlt, so hat ihm doch die Annahme der Stelle im Taubstummen-In stitute großen Kampf gekostet. Er glaubte sich der Lroßen Aufgabe nicht gewachsen, und gab daher auch im Anfänge nur wenige Stunden, bis er sich nach und nach heimisch fühlte, und ganz seinem Berufe ergab. AuS dem nur angedeuteten Grunde hatte er in der ersten Zeit seines Wirkens in der Anstalt dm Gedankm, Geistlicher zu werdm, noch nicht aufgegebm. Damm übte er sich nebenbei im Predigen, und emtete Beifall dabei ein. Sein Vor trag und seine Persönlichkeit hatten etwas ungemein AngmehmeS und Anziehendes. Im Jahre 1813 sollte er auch wirklich einem Prediger substituirt werden; allein bereits war die Neigung zu dem erwählten neuen Bemfe so gewachsen, und nLchstdem fesselte ihn die Liebe zur jüngsten Tochter der Heini cke so, daß er sich entschied, in Leipzig und in der Anstalt zu bleiben. Auch die durch den Krieg herbeigeführten Drangsale der Stade Leipzig, welche auch die Taubstummenanstalt nicht unberührt lassen konnten, legtm ihm die Pflicht auf. die Anstalt nicht zu verlassen, indem sie gerade in jmer Aeit*Hr Hülfe eines pflichtgetreum Mannes nicht ent behren konnte — und Reich war nicht der Mann, der dm Mühseligkeiten des Leben- so wie des BemfeS auSzuweichm suchte — er scheute vielmehr dm Kampf mit dm Beruf-pflichtm nicht, und hat gar manche Widerwärtigkeit, deren keine hier besonder- erwähnt werdm soll, glücklich besiegt. Im Anfänge de- Jahre- 1814 folgte Reichs Vater der bereit- 1801 verstorbenen Mutter im Tode, und hatte der Sohn noch die Freude zu sehm, daß dem Vater in den letzten Lebensjahren bessere Tage gewordm warm. Die Gemeinde Watdhetm hatte dem würdigm Manne einige Aemtchm Übertrags, die ihm ein feste- Einkommm gewährten. Er bewährte abemHDH seine Trme, denn als sich bei dem im Jahre 1814 herrHMen Nervmfieber Krankenwärter nicht finden wollten, übernahWLMmln solche- Amt, ward von der Epidemie mit angesteckt unWMM daran. Im Jahre 1815 wurde Reich Mitdirector der Anstalt. Im nächstfolgenden Jahre hetrachete er die von ihm bi- an ihr Lebens ende innig und treu geliebte Reaine Amalie Heinicke (geh. 21. Mai 1783) die Tochter de- Begründer- der ersten Taubstum menanstalt in Deutschland (htm in Leipzig), SamuelHei nicke'-, und dessen um die Bildung der Taubstummen gleichfalls hochver dienten Gattin Anna Katharine Elisabeth geb. Kludt. AuS dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor, Karl Ernst (geb. 26. Decbr. 1817 und als voet. me6. unverheirathet gestorben 1847) und Juliane Amalie Elisabeth (geb. 11 Aug. 1820), welche gegenwärtig mit dem Bicedirector der Anstalt Herm 31 Gotthelf August ELchler verheirathet ist. Schon im Jahre 1817 hatte Reich die Magisterwürde bei der Universität Wittmberg erworben. So viel wir wissen, ist er der letzte der von der Sächs. Universität zu Wittenberg creirten Ma gister gewesen. Bis zum Jahre 182S theilte Reich die Direktion de- Institut- mit seiner Schwiegermutter Heinicke? Nachdem diese sich in Ruhestand versetzen lassen, leitete er da- Ganze und zwar bi- zum Jahre 1849 allein. Im Jahre 1835 wurden seine Verdienste durch Verleihung deS Orden- deS CivilverdiensteS geehrt. Am 6. Aua. 1840 starb seine Schwiegermutter im 83. Jahre, und am 11. Septbr. 1843 verlor er seine treue Gattin. Dieser Verlust war der härteste Schlag, der ihn im Leben getroffen hat. Hatte er schon früher nur wenig dem Vergnügen nach außen hin gelebt, so zog er sich von dieser Zeit an ganz zurück und lebte nur noch seinem Hause und Berufe. Nach dem Tode der Gattin, welche ihm die treueste Gehülsin in seinem schweren Berufe gewesen, trat die Tochter, die oben er wähnte verehel. Frau 31. Eichler als liebende und sorgmde Mut ter der Taubstummen ein, und wirkt in dieser Eigenschaft noch jetzt mit Segen. Im Jahre 1849 bat er um seine Emeritirung, weil er sein Amt allein nicht mehr verwalten könne; er ließ sich jedoch leicht zu fortgesetzter Thätiakeit gewinnen, als man ihm dm nachherigen Schwiegersohn hl. Eichl.er zum Substitut gab, und so hat er 42 Jahre lang bis zu dm letzten Tagen seine- Leben- für seine Anstalt gelebt und gewirkt. Die Geburt eine- Enkels am 3. Septbr. 1851 hat ihm im Familienleben noch einen sehr heitern LebenSabmd bereitet. Es darf nicht Wunder nehmen, daß ein Kinderfreund wie er, die groß väterlichen Freudm Ln erhöhter Maße genoß, und eS war oft rüh rend, daß er sich eS nicht nehmen ließ, da- Kind bi-weilm herum zutragen, und ihm scherrweise ReminiScmzm au- alter Aeit vor zusingen, wobei er sich so zu sagen selbst verjüngte, und nammt- licy in die als Kreuzschüler in Dresden verlebte Aeit versetzte. Wir geben diesm Aug seine- Herzen-, weil er einm tiefen Blick in sein wahrhaft kindlich fromme- Gemüth thun läßt. Am 16. April d. I. wurde er von einer plötzlichen Schwäche befallen. Einen zuweilen heftigen Husten hatte er seit beinahe 20 Jahrm. Dieser Husten war im Anfänge der Krankheit ganz gewichen, er stellte sich aber am 19. April verstärkt ein, und mit ihm nahm die Krankheit einen nervösen Charakter an. In der Nacht zum 20. April hatte er sprechende und heitere Phantasien. Er lebte unter seinm Schülern, lehrte, unterrichtete sie, und gegm 11 Uhr glaubte er einige confirmirm zu müssen z er ermahnte und segnete sie. Auletzt äußerte er: „nun will ich mein letzte- Wort sprechen", worauf er von seinen Schülern Abschied nahm und sagte: „Be haltet, wa- ihr gelernt habt, und thuet immer damach." Mit diesm Worte« brach alle Kraft, er athmete ruhig «och 1V Minutm; >/»12 Uhr mdete sodann ei« guter Mensch sein se gen-reiche- Leben und Wirken. Die Aahl der taubstummen Kinder, welche Reich unterrichtet und entstammt hat, beläuft sich auf überhaupt 346, und er hat an den meisten Freude-erlebt, dmn nm wenige habm ihm durch spätere schlechte Aufführung Kummer gemacht. Er blieb mit allen Kindern auch nach ihrer Entlassung au- der Anstalt in Verbindung, alle nannten ihn wie in der Anstalt ihren Vater, und eS ist nur bei einem Unverbesserlichen vor- gekommm, daß er fich solche Bmmnung verbeten hat. Da- war aber auch für ihn ein so großer Kummer, daß er noch in der letzten Krankbeit mit großer Betrübniß davon sprach, und mit dm Sein« fich beriech, wie denn doch der Verlorne noch zu retten sek.
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