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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.07.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185207290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18520729
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18520729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-07
- Tag1852-07-29
- Monat1852-07
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.07.1852
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Tageblatt und Anzeiger. 2H. Donnerstag den 29. Juli. 1852 Die Sterbestunde von Marals Strickerin. ' >T»d««kampfe vorjügl^beschLfttze-, si« murmrlt« m einem fort da« ^ IWort „drnts." Anfangs konnte ich mir dies nicht erklären; Der Oberarzt der Marine und des HoSpitals am Bagno zu ! endlich brachte sie aber deutlich die Worte „Tyrann" und „vrntus" Toulon, H. Lauvergne, hat unter dem Titel: „Die letzten Stun-1 hervor. — So träumte also die Unglückliche von Voltaire und von den und der Tod in allen blassen der Gesellschaft" eine Schrift Idem Trauerspiele, welches Cäsar- tragisches Ende darstellt, geschrieben, in welcher höchst interessante Beobachtungen, die er in I Abends befand sie sich etwas besser, und da man ihr gesagt den Sterbestunden verschiedener Menschen gemacht hat, mitgetheilt! hatte, daß man sie bereits todt geglaubt, und daß sie ihre Wieder find. Diese sind um so bedeutender, als man durch diese Mittheilungen I erweckung mir zu danken habe, so wurde ich mit einiger Aufmerk- biS tief auf den Grund der Uebel schauen kann, an welchen das I samkeit von ihr empfangen. Aber, sagte sie, meine Zeit ist ab französische Volk aus Veranlassung und in Folge seiner Revolu-1 gelaufen; ich habe auf die unbestechliche Republik gewartet, tion leidet. Inun muß ich mich doch entschließen, mein Fleisch in einem Loche Lauvergne hat mit großem Scharfsinn seine Forschungen, die er I unter der Erde verfaulen zu lassen. — Gute Frau, wir werden alle auS dem Gesichtspunkte der Humanität, Physiologie und Religion I verfaulen, aber unsere Seele wird wieder jung werden, und was gefaßt, angestellt und mit Muth voraetragen. I noch besser ist, wir können ihr eine Seligkeit ohne Ende bereiten. Indem er seinem Volke einen Spiegel vorhält, thut er dies! Unsere Seele! Fragen Sie einmal meine Haube da, ob ich auch für andere Völker. I eine Seele in meinem Kopfe habe! — Und bei diesen Worten holte Jetzt wollen wir ihn da- erzählen lassen, was er von dem! sie unter ihrem Kopfkissen die wohlbekannte rothe phrygische Mütze Lebensende jener Unglücklichen, die sich MaratS, des blutigsten I hervor, die sie jeden Abend beim Schlafengehen aufsetzte, und schicke Ungeheuers der ftanzösischen Revolution, Strickerin nannte, be-1 sich an, mir eine Darstellung dessen aufzuführen, was sie gewesen richtet. Später können wir vielleicht Anderes aus dem angezogenen I war, als man sie in dem Costüm einer Göttin durch Paris getragen Werke mitcheilen. lund sie unter dem „vivv I» Udertä" (es lebe die Freiheit) mit Nachdem Lauvergne ein Beispiel davon erzählt, daß selbst der I Huldigungen berauscht hatte. Ihr vergilbtes und bis zum Perga- verstockteste Bösewicht, der sein ganzes Leben hindurch nur kalte I mentartigen vertrocknetes Gesicht erglühte von Aufregung; die kleinen Grausamkeit und stupide Gleichgültigkeit gezeigt, an den Stufen I Augen blitzten ein düsteres Feuer; die eingefallenen Wangen spannten des Schaffst- durch die Schrecken des Todes fähig gemacht wer-1 sich über die breiten gewölbten Backenknochen; die fast dem Tode den könne, Mitleid für einen unschuldig Verurteilten zu empfi'n-1 nahe Figur erhob sich einen Augenblick mit so viel Kühnheit und den und daß diese Regung seine- Gewissen- der Anfang zu seiner I Frechheit, daß ich fast in Verlegenheit gerieth. — „Ihr seht so Besserung geworden, die er später, zur Galeere begnadigt, dort be-1 nicht sehr schön aus, alte Frau, und wenn Ihr es so forttreibt, wiesen, und nachdem er jenes Verbrechers Gefühle mit den Worten I so könntet Ihr wohl mit Eurem Göttinnenanputz heute Abend in erzählm lassen: „Ja Herr, ein paar Minuten vor dem Tode da! des Teufels Küche den Topf abschäumen," sprach ich zu ihr. Diese war mir-, als ob ich ein ganz anderer Mensch geworden sei; nie-1 Worte trafen mitten auf den fixen Punct der Eitelkeit diese- Weibes; mal- vorher hatte ich je Mitleiden empfunden. Ich ließ, als I zum ersten Male vielleicht und ohne daß die Rache folgte, hatte ich da- dumpfe Schluchzen meine- Mitgefangenen M. hörte, der, I man dieser Göttin eine Beleidigung gesagt. Daß sie einst das obwohl er unschuldig war, mit mir da- Schaffst besteigen sollte, I Symbol der Freiheit gewesen, nahm noch jetzt das ganze Denken meinen Richter, Herrn Olivier, rufen und sagte ihm: Der arme! und Dichten dieses elenden Geschöpfes ein ; und jetzt zerstörte ein Schelm darf nicht guillotinirt werden; das Verbrechen, dessen er I unglückverkündendes Wort die ganze Einbildung ihrer Jugend und angeklagt ist, hat P. L. begangen und ich war dessen Helfer--1 ihrer alten Tage. Noch sehe ich sie, wie sie mit ihrer dürren, Helfer," fährt er sott: I zitternden Hand ihr schmuzigeS Diadem aus den wenigen grau- Wäre hier der Ort, so könnte ich leicht beweisen, daß in! blonden Haaren riß, einen Augenblick nicht ohne Widerwillen be- zwanzia Fällen gegen einen, Menschen, die dem Tode nahe sind, l trachtete, und dann wie einen alten Lumpen voll Verachtung in fich bessern, wenn sie am Leben bleiben. Die Sterbestunde und Iden Winkel warf. die Geschichte de- Todes geben fürchterliche Lehren. Ein Beispiel I Nach etlichen Tagen ließ sich diese- Weib, einst durch ihre Grau- maa mitgetheilt werden. I samkeiten, ihre Unzucht und ihren RepublikaniSmuS berüchtigt. Eine Frau von 60 Jahren lag im Sterben, und ich wurde I bereden, einen Priester anzunehmen. Ihre Krankheit, die sich in gerufen^ um ihr ärztlichen Beistand zu leisten. Man hatte einen! die Länge zog, aber unvermeidlich mit dem Tode mden mußte, Augenblick benutzt, wo sie im Delirium war, um mich Holm zu! hatte alle Flammen der gehässigen Leidenschaften, welche sie ver lassen; denn sie hatte bestimmt erklärt, ohne Arzt und Priester* zehrten, in ihrer Seele angefacht; jetzt aber schmolz diese Seele sterben zu wollen; weder dem einen noch dem andern hatte sie jemal- Vertrauen-eschenkt. Kein Mrgärengrficht Ist mir je so abscheulich erschienen, al- da- diese- Weibe-; alle Arte« wüsten LebmS hatten ihre Spurm darauf aegraben, und, wie gewöhnlich, der Schädel charakterisiere aufs Genaueste ihre bösen Leidenschaften und ihren Hang zum Morde. Ich wunderte mich gar nicht, al- ich hörte, daß sie tüchtig mitgemacht hätte, und daß sie sich bis heute noch Marats Strickerin nenne. Währmd meine Verordnungm ausgeführt wurde«, wollte ich um jeden Preis gern wissen^ wa- sie in ihrem endlich an der sanften Wärme christlichen Anspruch-, und die mild tätigen Frauen ihre- Wohnort- schenkten ihr ihre Theilnahme. Aber da-Abendmahl wollte sie niemals nehmm; in diesem Punkte blieb sie hartnäckig jedem Zureden verschlossen. Ich wollte gern die Ursache davon wissen und drang in sie im Namen der „hei ligen" und „unveränderlichen" Freundschaft (wie sie es nannte), die sie gegen mich hegte. „Nein," sackte sie endlich, „so weit kann ich da- Spiel nicht treiben, an den Gewissensbissen über meine vielm Sünden erleide ich so schon hundertmal den Tod, ehe ich sterbe. Ich wollte gem da- Kreuz de- gutm Gottes statt der i i ,s 'i
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