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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185208097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18520809
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18520809
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-08
- Tag1852-08-09
- Monat1852-08
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1852
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Anzeiger. - — 222 Montag den 9. August. I8S2. I Endes in dem noch zarten Alter, wo unS die Welt nur in ihrer /7 ' I ganzen Schönheit anlachen sollte. Unsere Civilisation ist wirmch (Schluß.) I antisocial, insofern sie zu frühzeitig den Knaben zum Mann Jetzt befindet sich unser junger Mann ohne Führer in Paris. I machen will. WaS er hier thut, ist leicht zu errathen: er verpufft das Leben in! Wir führen also, unfern Beobachtungen gemäß, dm Lebens- der heißen betäubenden Atmosphäre des Theaters, der Bordelle, der I Überdruß und den in einem Augenblicke von Geistesverwirrung aus luftigen Freunde. Dann kommen die Schulden, die Gaunereien,! ihm entspringenden Selbstmord auf die Leerheit der Seele zurück, die heimlichen Krankheiten und brinaen ihn physisch und moralisch ! eine moralische Krankheit, die mehr und mehr um sich greifen wird, herunter; er wird düster und hat Langeweile, er liebt das Ver-1 wo Verleugnung und gänzliches Vergessen der Religion, Bersch- gvügen und das Vergnügen reibt ihn auf; ein junger Greis wird l tung ihrer Formen und die Lehren eines philosophischen Materia- er von dem Gefühl seiner Ohnmacht gepeinigt, und bereits nennt! lismus so allgemein sind und wo, wenn man ja einen Urgrund er ftch den Bürger, der des WeltekelS voll ist. Endlich sieht der! aller Dinge, ein höchstes Wesen annimmt, man sich sehr wenig junge Mann, in Täuschung über das Leben aufgewachsen, dieses I um die von ihm gewollte Bestimmung des Menschen in diesem Leben wie es ist. Alles hat er gekostet und Alles ist ihm zum! und jenem Leben bekümmert. Ein Mensch, der an nicht- Heber- Schlimmen ausgeschlagen; es war also wahrlich nicht der Mühe > sinnliches glaubt, mag seine Seele nähren womit er will, mit wetth auf die Welt zu kommen, um darin so unglücklich zu leben. I eitler und stolzer Wissenschaft oder mit dem sinnlichen Vergnügen Daß er nun lebensmüde ist, gehört mit zu den Folgen einer Er-! dieser Welt ; sehr bald wird sie dich Nahxupg satt habm, die üchung, die die Periode der jugendlichen Anstrengungen und Lei-1 überladet, ohne den angebornen Geschmack zu befriedigen. Früher ftmgen übersprungen hat und die noch grüne Frucht mit Gewalt I oder später, nachdem er die materielle Welt ausgekostet hat, bricht reift« wollte. Nur zu sehr wird es vergessen, daß das Gehim erst I er hinfällig und über alles Vergängliche enttäuscht, zusammen und i« z«a»zigsten Jahre vollkommen auSgebildet ist; erst dann also ! sehnt sich nach Vernichtung. Da thut er das erste Gelübde des sollte man daran denken, die Kinderzucht zu beendigen und den! Selbstmord-; er erneuert es noch oft, bis endlich der Tag kommt, künftigen Mann sich selbst und seinem Berufe zu überlassen. I wo er in einem Anfälle von Verzweiflung über die tausend schar- Der Gedanke an den Selbstmord setzt eine Verwirrung des ! fen Dornen des Lebens es erfüllt unter Umständen, die die Menge GeifteS voraus, die nicht leicht zu besiegen ist. Wo er in jungen! in Erstaunen setzen. Ein paar Beispiele mögen hier stehen. Gemütheru austaucht, die dem Anscheine nach mit dem, was sie! *** hat kaum das zweiundzwanzigfte Jahr angetreten, aber besitzen, vollkommen zufrieden sein könnten, da darf man sicher sein,! schon mehrmals gegen seine fröhlichen Freunde geäußert, daß er sich das sie an einem schwer heilbaren moralischen Uebel leiden. Die! das Leben nehmen möchte. Er war ein schöner, kräftiger Jüng- Seele ist ein harmonische- Instrument; frühreife Leidenschaften! ling und allen Arten der Wollust mit brennendem Verlangen naL zerren gewaltsam an seinen Saiten, und wenn sie zerreißen, so zer-1 jagend. Schon frühzeitig sich selbst überlassen, hatte er das Unglück bricht der verzweifelnde Künstler den unnütz gewordenen Körper.! gehabt, auch sehr bald in alle Sophismen des Unglaubens und in Da- ist die ganze Geschichte de- Selbstmord- junger Leute. ! alle Künste der vornehmen Liederlichkeit eingeweiht zu werden. Seine Alle heftigen Leidenschaften der Jugend zählen ihre Opfer. Wehe! Gönner hatten ihm ein anständige-, doch nicht überreichliches Aus- dem, der nicht, da es noch Zeit war, manchmal Zaum und Gebiß ! kommen verschafft; dieß schmolz und reichte nicht zu fü.r seine Schul gefühlt hat, die ihm seine natürlichen Erzieher anlegten ; der nicht > den und sein wüstes Leben. Vom Wein und von Ausschweifungen den bittem Kelch der anstrengenden Arbeit gekostet und sein künf-! zerrüttet schimpft er einmal voll Verzweiflung auf seinen kranken tiges Leben auf die einfachen Grundlagen des schlichten Menschen-! Magen, der nicht ein Glas Champagner vertragen wolle, und auf Verstandes erbaut hat. Er kann vielleicht ein Pflegling der Ge-1 seine vollkommene Ohnmacht in den Armen seiner Geliebten. Von lehrsamkeit werden, aber gegen die unzähligen Angriffe des Neides ! diesem Augenblicke an trug er sich im Stillen mit dem Gedanken und der Falschheit ist er aewiß nicht gerüstet. Endlich muß man! an Selbstmord herum und nährte ihn durch das Lesen von Ro- zugeben, daß zwar die Liebe zum Leben eigentlich stärker ist als! manen der neuen Schule, wo daS Leben bloß Genießen ist und jedes andere Gefühl, und so ist eS bei den allermeisten Menschen! nicht mehr Genießen jeden Augenblick dm Tod leiden. Unser Freund der Fall; daß aber doch einzelne den Keim zum Lebensüberdruß I setzt also seine Todesstunde fest, und weil er aus dem Leben gehen fast schon von Geburt an in sich tragen, daß ihnen lange ihr Da-1 wollte wie Mirabeau, so ordnete er ein Festin ay, zu welchem sei« zur Last ist, bis endlich eine bitter getäuschte Hoffnung in der! etliche seiner Gesellen mit ihren Phrynen geladen wurden. Man Liebe, der Freundschaft, in den Bestrebungen um Rang oder Ver-1 stößt fleißig an zu Ehren des künftigen Hingeschiedenen, und es «Hm die innere Gährung zum Ausbruch bringt und den Men schen zum Selbstmord treibt. Geringere- und auch Größere- kann ihn herbeisthren; dann aber ist die eigentliche Ursache meist schwer, anfzuftnben, sie verliert fich in dem ChaoS überschwenglicher Ideen, vle kn einem epcentrischen Kopfe durcheinander fahren und die man gewöhnlich glaubt mit demWortb Lebensüberdruß ebenfalls richtig bezeschnst zu habm. I» «Im Fälle« aber ist das Aufgeben des gesunden Menschen- . von dem verzogenen Kinde bis zu dem, der m o-r AMnschaft oher im Leben eme unerschöfliche Wollust zu stndW,Me, U Ach pechhcht, stets die erste Ursache eme- tragischen muß wenigstens bemerkt werden, Niemand glaubte an da- Vor haben, worauf er als Lebend - Todter mit stoischer Kaltblütigkeit fein Wort gegeben hatte. Au Hause augekommen schickt er seinen Mantel zum Schneider als Abschlagszahlung auf eine Rechnung, die dieser nunmehr nicht wird eintreiben können; darauf ladet er die Pistole, schreibt ein Abschiedsbillet und setzt dann an. Aber er zaudert, und voller Scham über seine Schwachheit läuft er zu einem neben ihm wohnenden Freunde und erzählt ihm, was er seine elende Feigheit nennt. „Kannst Du Dir es wohl denken! ich setzte die Pistole ans Auge und die Kälte der Mündung brachte mich von meinem Vorsatze ab; das hätte ich nicht geglaubt. Ich bin
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