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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185210228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18521022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18521022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-10
- Tag1852-10-22
- Monat1852-10
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1852
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und Anzeiger. 296. Freitag den 22. Oktober. 1832. Napoleon. Noch ist kein halbes Jahrhundert verflossen und doä) sind die Ereignisse in den Octobertagen des Jahres 1813 in Folge der neue sten Begebenheiten so in den Hintergrund getreten, daß es bisweilen so scheint, als sei die große Völkerschlacht bereits vor Jahrhunder ten geschlagen worden. Außerhalb Sachsen wird der 18. October 1813 hier und da festlich begangen, in Sachsen und namentlich in Leipzig ziehen diese denkwürdigen Tage fast spurlos vorüber. Es ist hier nicht der Ort, die Ursachen dieser Erscheinung zu unter suchen, wiewohl sie Stoff genug zu einer interessanten Betrachtung geben müßte. UnS kommt es jetzt nur darauf an, einige interessante Scenen auS jener Zeit unfern Lesern vorzuführen, um weitere Reflexionen zu veranlassen. — Die Zeit, wo man über Napoleon, den gestürzten Tyrannen, wie man ihn nannte, bloß schimpfte, ist vorüber; die Geschichte verlangt ihr Recht, sie erklärt cs uns, wie es möglich war, daß der groß« Mann so viel durchsetzen konnte, und läßt eben ihn groß und seine Zeitgenossen oft sehr klein erscheinen. Friedrich »schlitz giebt unS eine Scene vom 16. October, welche hier eine Stelle erhalten mag; er sagt: Napoleon war in die Stadt selbst gar nicht gekommen, sondern durch die Vorstadt sogleich zu den Seinen geritten. Kaum eine Viertelstunde weit zum Grimma'schen Thore hinaus, mithin Wolk- witz als Hauptpunkt im Auge, wählte er seinen Standpunkt auf offenem Felde und nahe an der Wurzener Straße. Ich sah ihn da. Auf daS Stoppelfeld war ein Tisch von mittlerer Größe aus einem Landhause gestellt, ein Stuhl dahinter, ein loderndes unge heureS Wachfeuer daneben. Eine Charte, die man — es war rauheS, stürmisches Wetter — auf den Tisch genagelt, ein kleiner Tubus, meist in seiner Hand, doch nicht oft gebraucht, das war Napoleons ganzer Apparat. Die kleinen Nägel, welche die Charte befestigten, hatten bunt gefärbte Kuppen, wahrscheinlich, um die Stellung der HeereShaufen anzudeuten, denn ihrer waren weit mehr alS zum Festhalten des Blattes nöthig, und es wurden ihrer ver schiedene von Napoleon, indem er mit Berthier darauf deutete, ver ändert und umgesteckt. Man konnte dies leicht beobachten, denn Niemand war behindert, nach Gefallen so nahe zu treten, daß man nur nicht gerade im Wege war. AlS Napoleon hinauSritt, sahst er finster, verschlossen, gewissermaßen starr auS; da nur aber erst die Kanonen mächtiger donnerten, öffnete sich gleichsam das verschlossene Gesicht, er ward gesprächig, beweglich, seine Miene -kied nur Herrischernst, nicht mürrisch, und änderte sich nun auch M Ebllft 4t§ lebhaften, doch wie es schien immer nur in kurzen Gätzeü hiOaeworftnen Gespräch- fast so wenig alS die Miene einer Motske. -vieS Feststehende, ich möchte sagen Gefrorne, zusammen MK dem Unruhigen, fast Krampfigen in seinem Greifen (mit der LabakVdrft, dem Schnupftuch, dem Fernrohr, mit nichts nach nichts) und Mit' dem Hastigen, etwas Eckigen seiner Bewegungen hatte etcka-— soll ichs Leder- oder bloß Außermenschliches nennen? kurz rfttzä-, daß einem ganz unheimlich, fast grauenvoll dabei ward ; rMtz kann ich nicht bestimmen, in wie weit dies« Empfindung un- N6ßkel-ake Folge de- Eindrucks oder in wie weit dieser erst von «<Mek Phantasie zugekocht sein mochte. Napoleon saß — auch WM» er^ die Charte befragte über einen Punkt, worauf er den 'Finger legte, wenn er Unterzeichnete u. s. w. — nie länger als etwa zchsti Minuten, dann richtete er sich hastig wieder empor und ging auf und nieder. Alexander Berthier war immer an seiner Seite. Die andern Großen seiner Umgebung standen im Halbzirkel ehrer bietig unfern dem Tische, und ich habe in der Zeit von etwa an derthalb Stunden ihn nur einige Mal Caulincourt und einmal Maret anreden gesehen. Mit kältester, erdrückender Gleichgültigkeit behandelte er mehre der vornehmen Herren, die sonst und oft weit unerträglicher als er selbst uns despotisirten, und die nun in gänz lich resignirender Ehrfurcht etwas dümmlich dastanden. Adjutanten und auch andere Ofsiciere ohne deren Abzeichen flogen von allen Seiten unaufhörlich herbei, alle wurden direct an ihn verwiesen. Er nahm ihre Papiere, lief sie blitzschnell durch, schrieb ein flüch tiges Wort oder gab mündlich im Augenblick Antwort, die letzte meist gegen Berthier hin, der dann, wie es schien, seine kurze Ent scheidung den Männern weiter auseinandersetzte; zuweilen winkte er auch diese nahe zu sich, fragte, fertigte ohne Awischenredner ab, mehrentheils nickte er bloß ein leichtes „gut!" und winkte mit der Hand ein „hinweg!" — Sein Gang traf einige Mal so, daß er Trupps Verwundeter, die zum Theil in jämmerlichem Zustande auf der Straße nach der Stadt gebracht wurden, ganz sicher er kennen mußte, er wendete weder den Schritt noch den Blick um; die Sache war ihm völlig gleichgültig. — Dies alles und noch tausenderlei zusammengenommen, was sich nicht wohl in Worte fassen läßt, ohne, wie bei einer im Einzelnen geschilderten reichen Landschaft, das Gesammtbild, worauf allein eS ankommt, viel eher zu zerstören als zu vollenden, dies, sag' ich, bringt einem daS Zau berische, Geisterbannende seiner persönlichen Nahe unwiderstehlich in den Sinn, und erklärt so durch das Gefühl, wenn gleich nicht durch den Begriff, wie z. B. Männer, selbst wie Johannes Mütter, der Herzog *** und Andere dadurch und nicht bloß für den Moment gleichsam erlagen; wie selbst eisernen Kernmenschen (denken Sie an *** in Rom, an *** in Schlesien) die Hand mit dem Gewehr wie gelähmt daniedersank, als nun er, dem sie den Tod geschworen, ganz wie sie ersehnt kam und ihnen bloßstand. — Älso, meine Herren und werthen Freunde, wollt ihr diesen Gewaltigen ferner auch zum Teufel machen, so macht ihn nur nicht zu so einem in grimmig geifernden, prahlerisch pochenden, popanzigen SatanaS, wie ihn eine dürftige, zage Phantasie hinmalt, zu einem Dinge, das am Ende aus lauter Verneinungen zusammengeflickt ist, son dern erkennt ihn, mit dem Evangelio zu sprechen, als den „Fürsten seines Reichs," den keines „eurer Kinder" austreibt, sondern einzig „GotteS Finger." — Äinder; uch 1. Es ist eine interessante Erscheinung, daß sehr oft daS, wa- ganz nahe liegt, in der Ferne gesucht wird. So klagt man jetzt so vielfach über die Verwilderung der Jugend und wetS sich nicht zu helfen. Wodurch ist denn das Uedel entstanden? Durch Ver wilderung der Alten; und wie ist dann zu Helsen? Durch Zucht bei Alt und Jung. Wollt ihr das nicht glauben und wollt ihr keine Zucht ein führen — nun dann tragt die Uebel und beklagt euch nicht. Neulich wurde in einem öffentlichen Blatte Folgende- erzäblt: Ein Mann geht mit seiner Frau spazieren, da begegnen ihm drei junge Bengel von 14 — 16 Jahren und rennt der eine so an die Frau an, daß diese hinfällt. Der Mann setzt den hoffntmgsvollen Staatsbürger darüber zm Rede, spfort satten alle drei Beugel über ihn her, prügeln dir
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