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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185212212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18521221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18521221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1852
- Monat1852-12
- Tag1852-12-21
- Monat1852-12
- Jahr1852
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1852
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Tageblatt und Anzeiger. ^ ss« Dienstag dm 21. December. 1852. Das Automat. Ein Weihnachtsbild von B. G. Der Weihnachtsabend war herangenaht. Adelheid, die zwanzigjährige, höchst liebenswürdige Tochter des reichen und an gesehenen Banquier Sternberg stand betrübten Blickes am Fenster und schaute gedankenvoll den Schneeflocken zu, die sich in dichten Massen und in den zierlichsten Figuren vom Himmel herabwälzten. In den schönen blauen Augen glänzten zwei große Thränen wie Brillanten und drohten jeden Augenblick, auf ein vor ihr liegendes, prachtvoll gesticktes Ruhekissen hrrabzustürzen, daS sie mit eigener kunstgeübter Hand gefertigt und dem Heißgeliebten bestimmt hatte; wenigstens ließ dies ein darauf liegendes, an Herrn AlfredBirkner adressiere- Briefchen vermuthen. — Aber warum war Adelheid so traurig? Fühlte sie sich unwohl, oper glaubte sie vielleicht, heute nicht reichlich genug beschenkt zu werden? Kein- von beiden. Sie erfreute sich der beste» Aesunbheit, und eS wäre ihr gewiß ganz gleichgültig gewesen, wenn sie nicht daS geringste Geschenk erhalten hätte, da fie ja Alles im Ueberfluß besaß. Worin lag also der Grund ihrer Thränen? Ich will Dir, freundlicher Leser und schöne Leserin, kein Räthsel aufgeben, sondern eS Dir sogleich erzählen. Adelheids Vater war eben auf ihrem Zimmer gewesen und hatte Bi» ziemlich lebhaftes Gespräch mit ihr geführt) er hatte ihr wieder holt und nachdrücklich erklärt, daß er seine Einwilligung zu einer . Heirath mit dem jungen Birkner niemals geben werde, weil dies eine Mißheirath sti, indem derselbe gar kein Vermögen besitze, und daß er sie allen Ernstes bitten müsse, Vernunft anzunehmen, eine folgsame Tochter zu sein und einer Neigung zu entsagen, die kein erfreuliche- Ende nehmen könne und werde. Herr Sternberg hatte vor mehreren Jahren seine Gattin ver loren, welcher Verlust ihn tief erschüttert hatte ; nur die Alles ver mögende Zeit war im Stande gewesen, die Wunde einigermaßen zu heilen. Sie hatte ihm in einer fünfzehnjährigen, höchst glück lichen Ehe sechs liebe Kinder geboren, wovon aber nur noch vier am Leben waren. Nach ihrem Tode übertrug er seine ganze Liebe auf seine Kinder, in denen er daS Ebenbild ihrer seligen Mutter erblickte; er ließ ihnen die sorgfältigste Erziehung geben, um sie zu guten und brauchbaren Menschen heranzubilden. Am liebsten verlebte Herr Sternberg die Abende im Kreise seiner wohlerzogenen Kinder, die sich immer enger an ihn anschloffen. Nach eingenommener Abendmahlzeit mußte sich Adelheid an den Flügel setzen und ein hübsches Lied singen, wozu sie sich selbst be gleitete, oder eine Sonate von Beethoven, Mozart u. dgl. vortragen, da ihr Vater ein großer Verehrer klassischer Musik war; jedoch gestattete er ihr auch gern, zuweilen mit den Erzeugnissen neuerer Komponisten abzuwechseln, bei deren Auswahl er ihrem guten Ge- schmacke ganz allein vertraute. War sie ermüdet oder gerade nicht aufgelegt zu singen und zu spielen, so mußten sie ihre jüngeren Geschwister, die auch schon recht hübsch spielten, adlösen, um ihrer seits dem geliebten Vater zu zeigen, welche Fortschritte sie gemacht hatten. War er mit ihnen zufneden, so lobte er sie und ermahnte sie, in ihrem Fleiße nicht zu ermüden; kurz in solchen Augenblicken fühlte er sich ganz glücklich. Ganz glücklich? Nein! Ein- fehlte noch, um sein Glück voll kommen zu machen, und die- war — ein Schwiegersohn nach seinem Wunsche. E- wäre nämlich sein innigster Wunsch in Er füllung gegangen, wenn sich Adelheid, die zur blühenden Jung stau herangereist war, hätte entschließen können, mit dem Referendar Max von Bergmann, der sich eifrig um sie bewarb, ein Ehe» bündniß einzugehen; sie hatte ihm aber ein Körbchen in schönster Form gegeben. Max war übrigens ein gebildeter, angenehmer, und wenn man seine etwas stark ins Hochrothe htnüberspielenden Haare — die ihm aber gar nicht schlecht standen — abrechnet, auch ein hübscher junger Mann. Er war zwar erst Referendar, doch durfte er bei dem Ansehen seines hochgestellten und vielgeltenden Herrn Papa auf eine baldige und glänzende Carrivre im Staats dienste rechnen. Zwei andere sehr vortheilhafte Anträge hatte Adelheid ebenfalls abgelehnt, unter dem Vorwände, daß sie noch zu jung sei und sich noch nicht entschließen könne, schon jetzt da- älterliche Haus zu verlassen. Ob dies wohl der wirkliche Grund war, warum sie so flott Körbe austheilte? Ihr Vater glaubte eS wenigstens nicht, obgleich er von ihrer Liebe zu ihm vollkommen überzeugt war; wir können daher nichts Besseres thun, als unS ihm anschließen. Herrn SternbergS Hause gegenüber befand sich die Werner- sche Buchhandlung, die angesehenste in der Stadt, au- welcher Herr Sternberg seinen nicht unerheblichen literarischen Bedarf bezog. Wünschte Adelheid irgend ein Buch, Musikstück oder Kunstblatt, so pflegte sie gewöhnlich selbst hinzugehen; sie hatte dabei den Vortheil, die eben angekommenen Neuigkeiten anseh,n zu können, was ihr große- Vergnügen gewährte. Bei dieser Ge legenheit fiel ihr ein schöner junger Mann auf, der dort die erste Gehülfenstelle bekleidete und sich durch sein bescheidenes, zuvorkom mende- Wesen vortheilhaft auSzeichnete. Anfangs war ihr der junge Mann ziemlich gleichgültig gewesen, aber, wie dies im menschlichen Leben zu gehen pflegt — nach und nach nahm sie immer mehr Interesse an ihm; sie hatte sich unter der Hand nach ihm erkun digt und erfahren, daß er Alfred Birkner heiße und der Sohn eines armen, aber geachteten Landpredigers sei. Die- machte ihn in ihren Augen nur noch interessanter und übte eine wahre magne tische Kraft auf sie aus; ihre Besuche in der Buchhandlung wurden von da an noch häufiger. Herr Werner, mit der Sternbergschen Familie seit vielen Jahren befreundet, veranstaltete von Zeit zu Zeit musikalische Soiröen, zu denen Freund Sternberg und seine älteste Tochter stet- gebeten wurden. Herr Werner war ein äußerst biederer Mann und seinem Handlung-personal mehr Freund als Principal; seine Gehülfen durften bei seinen Soireen nie fehlen; dazu kam noch, daß Alfred ein Virtuos auf der Violine und aus diesem Grunde doppelt will kommen war. Gewöhnlich wurde vor Tische musicirt, und nach aufgehobener Tafel machten die jungen Leutchen ein Tänzchen nach dem Flügel, während die älteren Herren und Damen sich bei einer Partie Boston oder Whist amüsirten. — Hier war eS, wo sich Adelheid und Alfred immer mehr genähert, die innigste Neigung zu einander gefaßt und sich endlich ewige Treue gelobt hatten. Ohne viele Worte hatten sie sich bald verstanden; die Augen sprechen ja oft deutlicher als der Mund. Alfred hatte ihr zwar offcn bekannt, daß er außer seinem Gehalte nicht da- geringste Vermögen besitze und unter diesen Umständen wenig oder keine Hoffnung habe, sie einst alS Gattin heimführen zu können; sie hatte ihn aber gebeten, den Muth nicht sinken zu lassen und Alles von Gott und der Zu kunft zu hoffen. Herrn Stern birg war da- Verhältniß zwischen seiner Tochter und Alfred nicht verborgen geblieben, eS hatte ihm schon manche trübe Stunde, ja sogar manche schlaflose Nacht bereitet. Seit längerer Zeit war er stiller Beobachter gewesen, bis zufällig ein
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