innerlich gepackt fühlt. Es ließe sich im einzelnen noch so Manches über seine Art zu predigen sagen. Was ihm die Herzen der Hörer öffnete, war eben, daß man ans der zwingenden Kraft seiner Gedanken heraus stets den Pnlsschlag suchender Liebe fühlte. Von dieser seiner seelsorgerlichen Liebe und Treue wissen insonder heit die zu erzählen, welche als Studenten seinem homiletischen Seminar und dann als Kandidaten dem Prediger-Kollegium zu St. Pauli an gehört haben. Während er in seinen Predigten uns als ein leuchtendes Vorbild gegenüber stand, deni wir »achzustreben suchten, zeigte er uns hier, wie man ein gegebenes Schriftwort, oder auch ein Stück der christ lichen Glaubenslehre, welches für die Predigt besondere Schwierigkeiten bietet, anzufassen und Praktisch zu verwerten hat. Wie haben wir ihn in den von ihm geleiteten Textbesprechnngen und in der Art, wie er unsre Predigten beurteilte, oft geradezu bewundert, wenn er an einem spröden, scheinbar wenig ergiebigen Text uns doch zeigte, wie derselbe für die Predigt nutzbar zu machen ist! Wie ihm selbst dabei die Ge danken immer nur so znströmten, so wußte er solche auch ans uns heraus zu katechesieren. lind mit welcher Meisterschaft verstand er es, die kirchlichen Tagesfragen niit uns zu besprechen und sie aus einem einheitlichen Prinzip heraus zu entwickeln! Der Segen dieser Unter redungen ist »ns erst dann so recht zum Bewußtsein gekommen, als wir selber im geistlichen Amt standen und auf unsere eigene Meditation und Invention bei unserer nmilichen Tätigkeit angewiesen waren. Es nimmt uns Wnnder, daß in den vielen in der Gegenwart erschienenen, die Fragen der Homiletik behandelnden Schriften und Broschüren seiner so gut wie gar nicht gedacht wird, während wohl alle, die damals Zeugen seiner Tätigkeit gewesen sind, es mir bezeugen werden, daß er neben dem so ganz anders gearteten, in seiner Weise unübertroffenen, wie ein allverchrter Patriarch in seiner Gemeinde stehenden Ahlfeld, der auch sein Beichtvater gewesen ist, als Prediger den mächtigsten Eindruck gemacht und die größte Zugkraft ansgeübt hat. Als er Leipzig verließ, hat er oft versichert, daß es ihm besonders schwer werde, gerade seine Tätigkeit im homiletischen Seminar und im Predigerkolleginm anfgeben zu müssen. Er tröstete sich damals damit, daß ihm in Berlin sofort eine ordentliche Honorarprofessor in der theologischen Fakultät übertragen wurde und daß er auch hier in dieser seiner Stellung ein homiletisches Seminar begründen konnte. Er hat cs aber nach wenigen Jahren wieder aufgegeben. Nicht etwa, wie cs in verschiedenen Nekrologen hieß, wegen amtlicher Uberbürdnng. Dieser Mann von so eisernem Fleiß und so unverwüstlicher Arbeitskraft hat kein Amt „wegen Arbeitsüberhänsnng" anfgegeben. Nein, was ihn veranlaßte, dieses sein Seminar in Berlin wieder eingehen zu lassen, war — ich weiß es von ihm selbst — der Umstand, daß bei der großen räumlichen Ausdehnung des Königreichs Preußen es ihm nicht mehr möglich war, die einzelnen in ihrer Entwickelung weiter zu ver-