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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.07.1854
- Erscheinungsdatum
- 1854-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185407012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18540701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18540701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1854
- Monat1854-07
- Tag1854-07-01
- Monat1854-07
- Jahr1854
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.07.1854
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Anzeiger. 182. Sonnabend dm I. Juli. - 1854. Die Türken in Europa *). Das oSmanische Reich erschien auf dem Schauplatze der Welt zuerst im vierzehnten Jahrhundert. Seine Kindheit, seine Jugend und sein Alter erstrecken sich über die letzten fünf Jahrhunderte der neuern Zeitrechnung. Mit einem Fuße in Europa, mit dem an dern in Asien in Afrika — die Meerenge der Dardanellen und die Straße nach Indien in seiner Gewalt, wird es, wenn die Stunde seines Falles gekommen ist (eS müßte sich denn noch einmal er holen), mit seinen Trümmern drei Wrlttheile und zwei Drittel des ehemaligen römischen Reiche- bedecken. Selbst gegenwärtig ist sein Gebiet noch ungeheuer und erstreckt sich von den Donaufürsten- thümern zu dem schwarzen Meere, dem Kaukasus, dem kaspischen Meere, dem persischen Meerbusen, der syrischen See und den Küsten de- adriatischen Meeres — noch nicht zu sprechen von Aegypten und den andern afrikanischen Provinzen, über welche es noch eine schwache Oberherrschaft aueübt, obgleich die Wahrheit unS zu dem Geständnisse zwingt, daß es dieselbe nicht mehr besitzt. JeVerMänn muß frei bekenne«, daß die Türken in der That ein tapferer Stamm waren, als sie von den Hochebenen der Tartarei au- in da- tiefste Herz Asiens eindrangen und dann, die Meer engen Überschreitend, welche sie von Europa trennten, Ungarn, Po len, Deutschland und selbst Italien überfluteten. Sie maßen ihre Kraft mit Tamerlan, dem Kriegerkönige; sie demüthigten Karl V. und Ludwig XIV. ; sie empfingrn die Huldigungen Englands, ge währten Karl XII. Almosen. Von allen Nationen Europas war die Republik Venedig die einzige, welche ihnen trotzte. Die türki- und verdient diesen hohen Grad persönlicher Selbstach- My« züwnlln durch die öffentlichen Handlungen ihrer Herrscher; ffe -ist nüchtern., geduldig, fanatisch in der Religion wie bei dem Streben yach Ruhm, und dennoch tolerant ; sie ist gastfreundschaft lich, obgleich hochmüthig, geschickt und besonnen in der Diplomatie und in der Beobachtung der Verträge das ehrenwertheste Volk der Erde. Innere Fehler allein konnten immerhin einen so wunderbar gesunden Körper gefährden, und es ruhen in der That einige tief liegende Gebrechen in den religiösen wie in den bürgerlichen Ein richtungen, in der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten, in dem Zustande der militärischen Verfassung, den Finanzen und in der ganzen Organisation. Schon in der Mitte des vierzehnten Jahrhundert- (1338) hat ten die Türken ihre Einfälle in Europa begonnen, wohin sie unter der Führung SolimanS, Sohn, des Orcan, vordrangen, nachdem sie zuerst in Kleinasien die weibischen Griechen besiegt hatten ; sie machten in diesem Lande auch einige Fortschritte unter Amurat I., einem andern Sohne Orcans. Die Expeditionen, welche sie dies- seit des Bosporus unternahmen, waren indeß nicht- als Raubzüge und Jagden auf Männer oder vielmehr auf Weiber. Nach Dukas, dem Geschichtschreiber der paläologischen Kaiser, hielten die Türken, nachdem sie die griechischen Weiber gesehen hatten, dieselben für reizender wie ihre eigenen und verliebten sich gewaltig in sie. Das rvar jedoch lange bevor sie es wagten, Konstantinopel anzugreifen. Sir wagten diesen Vorsatz nicht vor der Regierung BajazedS zu *> Aus der bei G. Rrmwel»ann,hier erschienenen Hchrist „der Czar und der Sultan" von A. Gilson fassen, und selbst dann führten sie ihn noch nicht aus und zwar aus einem sehr weisen Grunde, in welchem wir da- erste Tagen jener klugen Geschicklichkeit sehen, welche später die Politik der oSmanischen Regierung so oft charakterisier hat. AlS Bajazed, nachdem er die Hauptstadt der Griechen belagert hatte, auf dem Punkte stand, zum Sturme zu schreiten, nahm sein Großvezier sich die Freiheit, ihm davon abzureden. Er stellte ihm vor, daß daS Reich schon mehr Ausdehnung alS Festigkeit böte; daß es ein Beweis der Klugheit sein würde, sich, wenigstens für einige Zeit, mit seinen ausgedehnten Besitzungen in Asien zu be gnügen; daß die Einnahme Konstantinopels nur eine allgemeine Reaktion unter den christlichen Fürsten Hervorrufen würde und daß von dem Tage an, wo das griechische Kaiserreich, das Bollwerk der Ehristenheit, über den Haufen geworfen würde, die osmani- schen Eroberungen gefährdet sein könnten. Er rieth ihm daher, Gesandte abzuschicken, um dem Kaiser Paläologus Friedensvor schläge unter der Bedingung machen zu lassen, daß derselbe einen jährlichen Tribut zahle. Dieser Rath wurde befolgt; Bajazeb schickte Gesandte ab, die den Auftrag erhielte«, ihre Forderungen nach der Haltung cinzu- richten, welche die Regierung annehmen würde; und diese Gesandten spielten eine Rolle, welche der analog war, die der Fürst Mentschi- koff unlängst gespielt hat, nur mit glücklicherm Erfolge. Sie schüchterten den Kaiser ein, und dieser Fürst, der ängstlicher war, alS es seiner Würde geziemte, nahm voll Eifer viel nachtheiligere und herabsetzendere Bedingungen an, als Bajazed oder sem Groß vezier beabsichtigt hatten. Auf diese Weise verpflichtete er sich nicht nur zur Zahlung eines jährlichen Tributs, sondern, was noch viel wichtiger und bedeutungsvoller war, er willigte auch ein, in Kon stantinopel eine türkische Moschee erbauen und einen Gerichtshof begründen zu lassen, dessen Jurisdiction, waS freilich wahr ist, jedoch so beschränkt war, daß bei jedem Streite zwischen einem Griechen und einem Türken das Recht, die entscheidende Stimme zu geben, dem christlichen Patriarchen zukam. So hatten also die Türken nicht nöthig, Konstantinopel zu erobern, um daselbst Fuß zu fassen ; dies bewirkten sie nach den Grundsätzen eine- entstehen den verständigen Systems, das dazu bestimmt war, sie in künftigen Tagen zu der Erreichung großer Dinge zu führen. Dieser feige Kaiser sah nur ein Mittel, sich gegen die Türken zu vertheidigen. Nachdem er einen so schmählichen Beweis seiner Schwäche gegeben hatte, schickte er Gesandte an Tamerlan, einen Mann, der, aus dem Volke stammend, durch Wahl König der Skythen war und dessen Heere das obere Asien bedeckten. Heuch lerisch erbot er sich, Tamerlans Vasall zu werden, wenn dieser ihn von der Herrschaft der Türken befreien wollte. Tamerlan, ein Mann von wildem, doch großem Geiste, schickte auf diesen niedri gen Vorschlag ein- Antwort zurück, durch die er seine Verachtung darüber aussprach. Da er indeß den Krieg liebte und er und Bajazed eben unthätig waren, führte er sein Heer gegen diesen und in der furchtbaren Schlacht bei Prusa in Bithynien machte er ihn zum Gefangenen, und behielt ihn in Gefangenschaft, in welcher er starb. Erst unter der Regierung MohamedS II. (1453) zogen die Türken in Konstantinopel ein. Bevor wir in die nähern Umstände diese- wichtigen Ereignisses eingehen, wird es nicht ohne Nutzen sein, zu schildern, wie zu jener Zeit die Gefühle und der Civilisa- tionsstand der Griechen und der Osmanen waren. Wenn wir zu einer richtigen Würdigung der großen geschichtlichen Ereignisse ge-
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