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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.07.1854
- Erscheinungsdatum
- 1854-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185407062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18540706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18540706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1854
- Monat1854-07
- Tag1854-07-06
- Monat1854-07
- Jahr1854
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.07.1854
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2554 namentlich theure Preise für die Leben-mittel eintreten, auf schmale Kost sehen muß. Man hat in neuerer Zeit bei Einrichtung und Durchführung der öffentlichen Speiseanstalten so gründliche Erfah rungen gemacht, daß man diese nur annähernd in Anwendung zu -ringen braucht, um keine Fehlgriffe zu thun. Ich will damit nicht etwa sagen, daß man für die HoSpitaliten in gleicher Art und Weise kochen solle, obwohl viele, wo nicht die meisten Speisen, steht man von der Quantität des Fleische- ab, welche- hier nur gegeben werden kann, auch für solche alte Leute sich eignen würden; ich will bloS andeuten, daß man nach der hier gelernten Rechnungs weise recht leicht den Maßstab finden kann, nach welchem beurtheilt werden kan«, wie man verfahren muß, um bei der Verpachtung einer solchen Gpeiseanstalt, auch wenn man bessere Speisen verab reichen wollte, beide Theile, sowohl den Pachter, den Speisewirth, alS auch die Speiseempfänger, die HoSpitaliten, zufrieden zu stellen. Weiß man im Allgemeinen, welche Speisen alle alte Leute ver tragen können, und das weiß man (denn von wirklich Kranken kann hier nicht die Rede sein, für diese muß anders gesorgt werden), und weiß man, für welche Preise solche Speisen nach durchschnittlichen Preisen der Lebensmittel gut und genießbar hergestellt werden kön nen, und das weiß man jetzt auch — so ist die Möglichkeit vor handen, das zu leisten und leisten zu lassen, was mit Recht ge fordert werden kann, und wird eS in Betreff der Ausführung nur darauf ankommen, eine fortwährende genaue und strenge Aufsicht führen zu lassen, und zwar zum Schutze für beide Theile, der Ho-pitaliten, daß sie wirklich die bedungenen Speisen gut und für die Gesundheit zuträglich bereitet erhalten, und für den Speisewirth, daß er gegen ungegründeten und ungerechten Tadel von Seiten der Ho-pitaliten gesichert und geschützt wird. Es ist eben so schlecht, wollte der Speisewirth sich auf Kosten der alten Leute contractbrüchig bereichern oder seine Sache nachlässig besorgen, als eS schlecht von den HoSpitaliten wäre, wollten sie ungegründeten Tadel aussprechen, wollten sie auf Kosten de- Speise- wirth- verlangen, daß dieser sie gegen den eingegangenen Contract mit Leckerbissen und Raritäten regaliren solle, je nachdem eS gerade dem besondem Appetite de- Einzelnen gefallen würde. Soll aber eine Küche revidirt werden, so muß eine gründliche Revision sich auf tagtägliche und fortlaufende Untersuchung stützen, und hierbei die Billigkeit in so weit zur Geltung kommen, daß man einzelne Zufälligkeiten, die selbst der geübteste Speisewirth nicht vermeiden kann, nicht zu hoch anschlägt. So kann es z. B. Vorkommen, daß an einem Tage das Fleisch sich einmal hart gekocht hat, ohne daß man die Schuld davon der Köchin beimessen kann, und so kann zu andern Tagen dies oder jenes einzeln mißglücken — und da- darf nicht als der eigentliche Grund zum Tadel angenommen werden. Dergleichen kommt in jeder Haushaltung, selbst in der besten vor, und würde es von einem sehr unbilligen und sachun- kundigen Urtkeile Aeugniß geben, wollte man von solchen einzelnen Fällen einen Schluß aufs Ganze machen. — Einzelne Menschen thun dies freilich, daS weiß ich wohl, aber ich weiß auch, daß diese Menschen lieblos, tadelsüchtig und undankbar sind. — Solchen Urtheilen, wobei gewöhnlich au- einer Mücke ein Elephant gemacht wird, traut die größere Menge nur zu leicht, und nicht allemal au- schlechten Gründen — mehr aus Schwachheit, die au- der sogenannten Humanität entspringt. Man glaubt sich verpflichtet, die alten Leute ohne Weitere- selbst auf Kosten der Gerechtigkeit gegen Andere in Schutz nehmen zu müssen, und gleicht hierin den Aeltern, welche ihren kleinen Kindern in Allem recht geben, sich wohl gar an deren Unarten ergötzen, weil sie ihnen drollig und possirlich Vorkommen. Nicht- ist aber bei Beurtheilung so wichtiger Dinge gefährlicher, alS eben die heut zu Tage so im Schwange gehende sogenannte Humanität, die ohne alle genaue Untersuchung nur helfen will, um einem augenblicklichen Gefühle der Milde, des Mitgefühl- und de- Mitleid- zu genügen, oder vor den Augen der Welt als rechter Menschenfreund, der die Schwachheit stützt, zu erscheinen. Ein- ist so tadelnSwerth wie da- Andere — höher steht die Wahrheit und die unparteiisch urtheilende Gerechtigkeit, denn wer durch fal sche- Mitleid die Rechte Anderer verletzt, gleicht dem Diebe, der da stiehlt, um Arme unterstützen zu können. — Und so kommen wir wieder auf da- zurück, worauf wir am Schluffe de- Aufsätze- in Nr. 186 bereit- hingewiesen haben und behaupten, daß eS eine unabweisbare Pflicht der Aufsicht führen- -en Behörde ist, nicht blos streng darüber zu wachen, daß allen solchen Ho-pitaliten da-, was sie zur nothdürftigen Erhaltung ihre- Körper- bedürfen, in ordnungS- und vorschriftmäßiger Weise ge währt wirb, sondern auch darüber, baß die Ho-pitaliten mit Dank anerkennen, daß für sie so viel geschieht, daß sie sich bescheiden mit dem zu begnügen haben, waS ihnen so gewährt wird, daß sie un ausgesetzt darauf hingewiesen werden, wie der Lebenszweck nicht in der bestmöglichsten Befriedigung körperlicher Genüsse, sondern in der Ausbildung und Vervollkommnung de- Geiste- besteht. Wenn irgendwo die Seelsorge ein große- und fruchtbringende- Feld hat, so ist dies hier der Fall, denn ihre Aufgabe ist eS, in den Seelen ihrer Pfleglinge den Frieden herzustellen, welcher ein ruhige- und zufriedenes Beisammenleben möglich macht. So ehrwürdig da- Alter an sich ist, so ist eS doch erlaubt zu sagen, daß eS wahrhaft betrübend ist, wenn wir bemerken müssen, daß die ganze Thätigkeit eine- HoSpitaliten in der Sorge für das tägliche Brod aufgeht, daß er sonst weiter nichts zu thun hat, zu anderer geistiger Thätigkeit nicht angeleitet wird und daß er daher die letzten Tage seine- Leben- meift im Nichtsthun verbringt. Will man gründlich helfen, so muß man das Befferungswerk hier angreifen, und hierbei müssen beide Behörden, die geistliche und weltliche, Hand in Hand gehen. Wird man unausgesetzt nach allen Seiten hin die strengste Auf sicht führen und die einzelnen vorkommenden Fälle genau unter suchen und streng richten, dann wirds bald besser werden. Die größte Strenge gegen Unwürdige ist die größte Gerechtigkeit gegen alle Würdige, und nur unerbittliche Gerechtigkeit kann die Ord nung im Hause erhalten, welche jeder rechtliche Bewohner desselben mit Recht fordern kann und gewiß auch wünschen wird. ß. Drei nicht unmaßgebliche Vorschläge, sondern drei unfehlbare Mittel zur Milderung der Sdoth. (Eingesindet.) Erstens mögen die Begüterten, welche vermögend genug sind, um den Wechselfällen der Ereignisse mit ruhigem Blick entgegen sehen zu können, ihre Bedürfnisse nicht beschränken, sondem darauf bedacht sein, die Ausgaben, so viel die Mittel erlauben, zu erhöhen. Es ist jedenfalls besser, durch Arbeit mit Opfern zu unterstützen, als zu warten, bis die öffentliche Mildthätigkeit in Anspruch ge nommen wird. Zweitens unterstütze man den Mittelstand kräftig und nach drücklich durch Beitritt zu Creditvereinen für Gewerbtreibende. — Man kann dem jüngst hier in s Leben gerufenen Institut allen Segen wünschen; aber die Anlage muß viel größer sein, wenn eine derartige Anstalt durchgreifcn soll. DieS hier weiter auszuführen, möchte der Raum nicht gestatten; wir verweisen aber des Beispiel- wegen auf einen in dem letzten Grenzbotenhefte (Nr. 27) enthaltenen Artikel: „Ueber Discontogesellschaften." Drittens Geduld gegen seine »Nebenmenschen und Vertrauen auf Gott. Endlich muß eS doch besser werden. Vermischtes. Taubstummheit. Ein Taubentstummter, oder wie man schlechtweg sagt, „Taubstummer", wa-, beiläufig gesagt, nicht einerlei ist, fühlt sich bei Lesung des Tageblatte- vom 3. Juli veranlaßt, auch ein Scherflein zur Aufklärung beitragen zu wollen. Die an's Wunder grenzen sollende Anekdote von einer taub geborenen Frau, welche in Folge de- Schreck- über da- ge fallene Kind plötzlich dem menschlichen Ohre vernehmbar die tönenden Worte: „Mein Kind" au-rief, nöthigte aber ihm, dem Taub- entstummten, ein Lächeln ab, weil er es für Mystifikation hält, und zwar au- folgenden Gründen. Wenn die bewußte Erzählung den Sachverhalt treu und wahr berichtet, so erklärt er diese Frau entweder für eine Betrügerin, welche bei dem Schrei sich vergaß und die Worte unwillkürlich aussprach, oder für eine solche furcht same Natur, die ihre früher erlernte Aussprache in ihrer Schule nach der Entlassung nicht zur Geltung kommen ließ, aber jetzt bei einem außerordentlichen Falle in der Affection unbewußt sie hervor brachte und erst bemerkt wurde, sonst ist ein anderer Fall nicht denkbar; denn 1) da- Sprechen können, ohne dabei zu hören, ist eine Kunst, welche durch viele Mühe und Geduld von Seiten der Lehrer erlernt sein will (die- geschieht aber in Frankreich ge wöhnlich nicht, oder nur sehr vereinzelt und mangelhaft); 2) da- Sprechenkönnen in Folge de- eben erhaltenen plötzlichen Ge höre- will aber auch erst noch erlemt sein, ehe man spreche» kann, weil da- Ohr erst die Töne hören muß, ehe der Mund «achzu-
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