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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1854
- Erscheinungsdatum
- 1854-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185409120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18540912
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18540912
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1854
- Monat1854-09
- Tag1854-09-12
- Monat1854-09
- Jahr1854
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1854
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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 255. Dienstag den 12. September. 1854. Die Flucrcompagnien in Amerika*). Die Feuercompagnien und deren Stellung sind charakteristische Züge der Zustände in den Vereinigten Staaten. Sie bestehen aus Freiwilligen, welche für ihre Dienste nicht bezahlt werden, sondern dafür von der Miliz frei sind. Im Laufe der Zeiten haben sie eine hervorragende Stellung eingenommen und gehören zu den Hauptpersonen des großen Straßentheaters. In gewisse Distrikte vertheilt liegen die Spritzenhäuser, welche sich im Aeußern nicht sonderlich auszeichnen und deren kleine hölzerne Warten auch keinen hervorragenden Zug in der landschaftlichen Physiognomie der Stadt bilden. Diese Spritzenhäuser sind das Hauptquartier der Com pagnien, wo dieselben beständige Wacheü halten. Auf das erste Alarmzeichen stürzt diese Mannschaft aus dem Spritzenhause heraus und läuft mit der Spritze oder dem Schlauchwagen unter dem bei solchen Gelegenheiten in Amerika üblichen Geschrei nach dem Orte des Feuers. Die große Feuerglocke auf City Hall giebt in tiefen, aber hörbaren Schlägen an, in welchem Distrikt das Feuer ist. Die übrige Mannschaft der Compagnie eilt im Laufen nach dem Orte de- Feuers. Die Spritzen oder Schlauchwagen werden nicht von Pferden, sondern von de« Feuerleuten selbst oder den der Compagnie attachirtm Rowdies gezogen. Unter fortgesetztem Brüllen stürzt der Zug in schnellem Laufe durch die Straßen und wächst wie eine Lawine, denn Amerika ist das Land, wo Feuerlöschen ein Ver gnügen ist und das Feuer öfter- von den Feuerleuten selbst angelegt wird. Viele Leute, welche gerade Vorbeigehen, laufen mit den Spritzen, und, wie aus der Erde gewachsen, springen aus Kellern und Nebenstraßen eine Menge halbwüchsiger Jungen herbei, welche dann mit hochgehobenen Beinen nebenher rennen und den Lärm vermehren. Dazwischen tönt da- Klingeln der Glocken, welche an der Spritze oder dem Schlauchwagen angebracht sind. Selbst Gentlemen in eleganter Kleidung, welch« eben noch mit Stolz und Menschenverachtung einherschritten, habe ich oft neben der Spritze hertraben sehen. Die Spritzen selbst sind Prachtstücke in ihrer Art, kosten oft mehrere Tausend Dollar- und sind Gegenstände des Luxus. Gestelle und Räder sind weit leichter als «n den europäischen, aber doch fest und zweckmäßig. Der Kasten in der Mitte ist mehr hoch als lang und nach Verhältniß klein, aber reich verziert. Ein Europäer könnte die Spritzen für glänzende Equipagen halten. An den Seiten sind Gemälde angebracht und da- meiste Metallwerk ist blank geputzt. Eben so sind die Schlauchwagen leichte, ja geschmackvolle Fuhrwerke. In der Mitte ist der Schlauch zwischen zwei glänzend verzierten Rädem aufgerollt. Bei« Löschen entwickelt dli Mannschaft Muth und Geschick lichkeit und zeigt auch in Rettung der Menschen Aufopferung und Kühnheit. Jnoeß hat man die Fertigkeit der amerikanischen Feuer leute zuweilen Übertrieben, und gut organisirte Pompiers leisten anderwärts dasselbe, wen« nicht mehr, ohne den Unfug, der stets im Gefolge der amerikanischen Feuercompagnien ist. Dle junge Mannschaft rechnet es sich nämlich zur Ehre und zu« Vergnügen, Mitglieder einer Feuercomp die höheren Massen sich jctzt mehr als früs Nu« sind aber auch RowdieS oder doch Leute ähnlichen Schlages d , - . ^ _ »agnie zu sein, obgleich höheren Massen sich jctzt mehr als früher fern davon halten, c auch RowdieS oder doch Leute ähnlichen SchlageS uuter den Feurrcompagnien, ja es -Lebt an Manchen Orten Com- No- Rew-Aork. Atlantische Studien. 2r Bd. pagnien, die wohl ganz au- RowdieS bestehen. Dergleichen Leute finden in diesen Compagnien Halt und Organisation. Diese Volks massen sind gewohnt, sich von den Feuercompagnien etwa- gefallen zu lassen, und die Feuerleute betrachten sich als eine bevorrechtete Claffe. Oft sind organisirte Banden RowdieS den Compagnien attachirt, rechnen sich zur Ehre, mit deren Spritzen zu laufen und finden bei den Compagnien Protection. Ob nun gleich unter den letzteren tüchtige und ehrenhafte Leute sind, so läßt sich doch die Grenze gegen den RowdyiSmus hier nicht berechnen, wie auch Thatsachen nur zu häufig zeig:n. Die Geschicklichkeit der Feuer leute wird in vielen Fällen dadurch paralysirt, daß sich dieselben, statt zu löschen, mit der Polizei oder unter einander prügeln; ja nicht selten liefern sich die Compagnien Gefechte, in denen durch Steinwürfe oder Pistolenschüsse auch da- Leben Unbetheiligter ge fährdet wird. Die New-Uorker Compagnien gehören zu den besten und ge regeltsten, bei denen dieser Unfug nach Verhältniß seltener ist als anderwärts, obwohl er hin und wieder auch vorkommt. Dagegen ist der Rowdyismus unter den Philadelphier Compagnien sehr ein gerissen, und wer mit den dortigen Zuständen vertraut ist, wird wissen, daß eS Sonnabends und Sonntags in Philadelphia brennen muß. Die Amerikaner kommen übrigens immer mehr davon zurück, ihre Feuercompagnien für unübertrefflich zu halten. In Boston hat man bereits bezahlte Pompiers. In Philadelphia ist vor Kurzem ein Comite zusammen getreten, um für Errichtung desselben Institutes zu agitiren. Man hat dort Vergleichungen mit den Pompiers von London und Paris angestellt und scheint zu dem Resultate gekommen zu sein, daß dieselben de« amerikanischen Feuer compagnien vorzuziehen sind. Unsere europäischen Leser werfen vielleicht die Frage auf: Aber wie ist eS möglich, im Feuerlüschen ein so hinreißende- Vergnügen zu finden, um das Feuer blos des Löschens wegen anzulegen? — Niemand, der längere Zeit in Amerika lebte, wird diese Frage aufwerfen, und wenn sie ein neuer Ankömmling an einen Deutsch- Amerikaner richtet, so wird Letzterer vielleicht sagen: „Sie sind noch viel zu grün." Stadttheater. Die komische Oper „der Wildschütz, oder die Stimme der Natur" von Albert Lortzing wurde am 10. d. M. neu einstudirt gegeben, nachdem sie seit mehreren Jahren von unserm Repertoir verschwunden war. Es gehörte diese Oper früher zu dm Lieblings-Piecen de- Leipziger Publicum-, und auch bei dieser Aufführung hatte sie eine« günstigen Erfolg. Die jugendlich frische und harmlos auftretende Musik paßt vortrefflich zu dem lebendigen und eine wirkliche schlagende Komik enthaltenden Sujet, von dem nur zu wünschen wäre, daß eS auf besserer Grundlage stände und eine edlere Tendenz verfolgte. Das Lustspiel von Kotzebue „der Rehbock", nach welchem die Lortzing'sche Oper bearbeitet ist, gehört bekanntlich zu dem Schlüpfrigste« und Unsittlichsten, was die deutsche Literatur erzeugt hat, ja eS übertrifft in dieser Hinsicht fast die obscönsten Theaterstücke und Romane, welche in Pari- für den vornehmen und geringen Pöbel fabricirt werden. Je mehr Talent sich in dergleichen Werken zeigt, je geistvoller sie gefaßt find, desto verwerflicher und gefährlicher find fie. Auch dle komische
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