Von Wagner nimmt die neue Weber - Deutung ihren Ausgang. Kein großer Tondichter hat über Weber und den Freischütz so viel nach gedacht und so Wesentliches gesagt wie Richard Wagner. Die ge schriebenen und gedruckten Äußerungen erstrecken sich über sein ganzes denkendes Leben, von den bedeutenden Aufsätzen in der Pariser Kevue et Oarette inusicale der Jahre 1840/41 und den zu gleicher Zeit für die Dresdner Abendzeitung Th. Hells geschriebenen Feuilletons bis hin zu den letzten Gedanken des alternden Meisters in den Bayreuther Blättern. Wagners Weber-Aufsätze sind teils Erlebnisberichte, teils Schriften erzieherischen, rechtfertigenden, streitenden Inhalts. Sie stehen zwischen dem eigenen Ich und dem Gegenstand „enthusiastischer", grenzenloser Verehrung. Der Freischütz dominiert in diesen Be trachtungen durchaus. Eurhanthe wird in der ersten greifbaren Äußerung (in „Oe In musique allemancke", 1840- Gesammelte Schriften: „Über deutsches Musikwesen") mit auffallender Kühle abgetan- gegen Ende seines Lebens gibt Wagner über die unglückliche Oper das bezeichnende Urteil ab, daß „trotz alles Verrufes ob ihrer Langweiligkeit doch jedes einzelne Musikstück mehr wert ist als die ganze Opera seria Italiens, Frankreichs und Judäas" (1879). Mit Bezug auf den Oberon wird in „Oper und Drama" dem Meister des Freischütz beinahe der Vor wurf gemacht, daß er fleißig in arabischer Musik geblättert habe, indem „die heimische Blume welkte". Im Gegensatz zu solchen reflektierenden, auf die eigene Doktrin abgestimmten Äußerungen bricht das Freischütz- Erlebnis der Kindheit in heißem Strom immer wieder durch. Es wird festgestellt, daß Weber noch vor Beethoven die Phantasie des Knaben aufwühlte („Zukunftsmusik", 1860): „schwärmerischer Ernst" war die Grundstimmung jener Dresdner Tage. Soweit das Gedächtnis reicht,