in diese Entdeckungsperiode fiel, neben anderen, erschütternden Herzens wirren, die Wiederbegegnung mit Caroline Brandt. Ein gutes Jahr lang, vom Sommer 1814 bis zum Herbst 1815, dauerte es, bis beide Menschen sich zueinander durchkämpften. Manchmal hat es den An schein, als ob ihre Liebe mehr einer verstandesklaren Bewußtheit als einer Leidenschaft entsprungen sei. Aber es war gleichwohl eine Passion der Seelen, die ihre Beruhigung schließlich nur aus der starken Sittlichkeit beider Naturen empfing. Aus dem Briefwechsel Webers und Carolines, der in Abschrift in der Iähns-Sammlung auf der Preußischen Staatsbibliothek liegt — Julius Kapp hat ihn in der Neu ausgabe seiner Weber-Biographie 1930 erstmals weitgehend aus gewertet —, geht dieser sittliche Grundzug ihres gegenseitigen Ver haltens klar hervor. Carolines Bild wächst ins Große, wenn man ihre innere Aufrichtung nach Webers frühem Tode, ihre Haltung während der zweieinhalb Jahrzehnte des Witwenstandes beobachtet- wenn man aus der Erzählung der Weberschen Nachkommen, unter denen ihr An denken lebendig geblieben ist, oder aus schriftlichen Zeugnissen erfährt, welch hohes charakterliches Vorbild sie zeitlebens gab: eine gottstarke, glaubensfeste, schlichte Frau, die der Lebensdevise ihres Mannes: „Beharrlichkeit führt zum Ziel" eine Art höchster testamentarischer Verpflichtung entnahm. Für uns mag es genügen, festzustellen, daß mit dem Erwachen der geistigen Natur Carolines auch Weber im Suchen seines Weges als Dramatiker fortschreitend klarer wurde. Caroline war ihm nicht nur die „häusliche Galerie" mit der vernünftigen prak tischen Kritik, sondern auch gleichsam das Objekt seines dramatisch psychologischen Studiums, indem er sich mit ihrer Seele die weiblichen Gestalten seiner Phantasie erfüllt dachte. So wurde diese Frau für das Werden von Webers Freischütz-Werk unendlich bedeutsam. Von ihrem Vorbild nimmt jener seelenkundliche Zug im musikdramalischen Schaffen seinen Anfang, der nachmals bei Wagner in seine breitesten Veräste lungen geriet. Aber nicht nur vom privaten Hintergrund des tonkünstlerischen Seelenlebens her werden die Jahre vor Webers Berufung nach Dresden immer bedeutsamer, auch die Umwelt gewinnt immer mehr Einfluß auf die Bildung seines Charakters und damit auf die Richtung seines dramatischen Ideals. In dieser Zeit erwachte der politische