sich in die Stimmung einer Zeit versetzen, der schon das bloß Ne gative nicht allein genügte, sondern Bewunderung erweckte. Es ist der Reiz des Kontrasts, der uns den Triumph dieses Klassizismus verständlich macht. Man mußte den Rausch der Ungebundenheit, der malerischen Ueberfülle und Ueberkraft erlebt haben, um für das Glück der Nüchternheit, den Glaubenseifer des Regelzwangs und die Maiestät der Kahlheit vorbereitet zu sein. Die dekorative Skulptur In einem Briefe vom 4. Juni 1755 belehrt Winckelmann seinen Freund Berendis, der Zweck der ihm übersandten Erstlingsschrift sei unter anderem auch die Widerlegung Berninis. Man müßte hiernach erlebte starke Eindrücke dieses Künstlers annehmen; aber in Dresden waren kaum zwei Stücke von ihm. Man sieht also, wie Bernini ihm ein Begriff geworden war. Es waren seine damaligen Führer, die ihm die zahlreichen, unter den letzten Kurfürsten von Ita lienern und Franzosen für Dresden gelieferten dekorativen Bild werke oder das, was damals an ihnen mißfällig zu werden anfing, als die Schuld des römischen Bildhauers bezeichnet hatten. So hat sich gleich bei seinem Eintritt in die Kunstbewegung der Zeit die Vorstellung von Bernini als dem großen Kunstverderber, dem Wi derspiel der Schönheit und der Antike in ihm befestigt. Es war das eigenartig französische Wesen, die galante Grazie, die Winckelmann abstieß. Von seinem streng antiken Standort aus konnte er im Modernen nur das Abweichende sehen. Und so flössen ihm Italienisches und Französisches, Vulgäres und Raffiniertes, Gedunsenes und Zartes, der BerniniSmus des siebzehnten und der Stil des Zeitalters Ludwigs XV. in eine mg88L j,e,ämoni8 zusam men. Dies muß man bei den folgenden Auslassungen über das Moderne im Auge behalten. Moderne Skulptur fand er in den Statuen und Gruppen des Gro ßen Gartens wie in einem Museum vereinigt. Satyrn und Zentauren standen am Tore und auf den Rampen des lachenden Gartenpalais, mit dem einst (1680) Johann Georg lV. die Reihe der Dresdener Prachtbauten eröffnet hatte; sie luden mit schelmischem Grinsen in das Innere. Allegorien des Ruhmes, der Wahrheit, der Bildhauerkunst wechselten mit ebenso mvsteriösen Taxusgebilden; in der Mitte von Beeten mit Buxbaumarabesken