tikisierenden Geschmackes aus, der sich bald nachher über Künste und Leben verbreitete. Schönheit und Anmut hielt Lippert für das wichtigste, was aus den Gemmen zu lernen sei; nach diesem Gesichtspunkte hatte er auch seine zweite Sammlung ausgesucht. Das Wesen der Schönheit fand er in den Linien, die jedoch die guten Verhältnisse voraussetzen. Er erläutert die Schönheitslinien an den Vasen; es ist eine Linie, „die weder der Kreis, noch die Ellipse, noch die Hyperbel, noch die Eierlinie, sondern die Parabel ist; sie gewährt bei der großen und edlen Einfalt eine angenehme Abwechselung, und die schönverbun denen Teile beschäftigen das forschende Auge." Die Anmut fand er in der „wahren Natur", deren Charakter „das Edele und Ungezwungene der Handlung" ist, möge diese nun ge mäßigt oder heftig sein; es ist jene „Leichtigkeit im Einfachsten wie im Erhabenen, voll gesitteten Anstandes und frei von jeder Ueber- treibung; ein Geist, der auch den sanftesten Charakter belebt". Man darf wohl sagen, alles, was Winckelmann von Italien aus über griechischen Stil lehrte, wäre ohne Lipperts Werk leerer Schall geblieben. Noch 176z empfiehlt er diese Abdrücke, „die zur Kenntnis des Stils und der Schönheit ungemein viel helfen könnten". Einen nicht geringeren Dienst glaubte Lippert den Gelehrten zu er weisen . Es waren nicht bloß mancherlei Darstellungen von Dingen, die in den Schriftstellern als selbstverständlich nicht erwähnt oder durch Worte nicht mitgeteilt werden können; auch nicht bloß die Er läuterungen dunkler und halbverstandener Stellen, deren Lippert aus alten Dichtern Tausende (?) zählte, „die in den Noten der besten Ausgaben oft übel erklärt seien". Das Neue und Unerhörte war die Welt der Anschauung, die sich jetzt auftat. Die ersten Schriften Winckelmanns versetzen uns in das goldene Zeitalter der Glyptographie. Ueberall erscheinen die Gemmen als Belege; man sieht, er verdankt seine Anschauungen mehr den ge schnittenen als den gemeißelten Bildern. Gemmen geben dieBeispiele her für das „geringe Verdienst der ägyptischen Nation um die Kün ste", für das große Auge griechischer Köpfe, für die Formen antiker Kinder. Der herrliche Kopf der Julia, Tochter des Tims, ein Berg kristall mit dem Namen des Evodus, beweist, „daß die Griechen in Porträts derWahrheit derNamr folgen,wo das sanfte griechische Profil ohne Nachteil der Achnlichkeit nicht anzubringen war". Un ter den Vignetten der Winckelmannschen Schrift darf wenigstens