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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186205305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18620530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18620530
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-05
- Tag1862-05-30
- Monat1862-05
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1862
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Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. W 150. Freitag den 30. Mai. 1862. Verpachtung. Die diesjährige Obstnutzurig auf der Berliner und Mockauer Straße vom Gerberthor bis an die Flurgrenze der Petscher Mark, so wie die Obstnutzung auf der PeterS-Chaussee, sollen an den Meistbietenden gegen sofortige baare Zahlung mit Vorbehalt der Auswahl unter den Licitanten verpachtet werden. ES haben sich darauf Reflectirende den 3. Juni Vormittags 9 Uhr in der MarstallS - Expedition einzufinden, ihre Ge bote zu thun und sodann weitere Nachricht zu gewärtigen. DeS Raths der Stadt Leipzig Deputation zur Dekonomie und zu den Chausseen. Die für das städtische Museum projectirten Wandmaiereien. Motto: Die Sach' verdient noch ein weiter Wort. Das Resultat der vom Leipziger Kunstverein ausgeschriebenen Concurrenz für die projectirten Wandmalereien unseres Museums ist in mehr als einer Hinsicht ein höchst interessantes. In den achtzehn eingeganaenen Entwürfen ringen die entgegengesetztesten Richtungen und Zweige der Malerei um den Preis. Mythische und biblische Gegenstände, stylistisch und naturalistisch, ja profan behandelt; Historisches und Culturbezügliches aus Leipzigs ältesten und jüngsten Tagen, bald als Allegorien, bald in genrehaster Realität, bald mit Pathos vorgetragen; Landschaftliches in hoher und in romantischer Auffassung: Alles ist in Vorlage gekommen. DaS Bedeutende ist selten, das Gute in mäßiger Quantität, das Schwache und Schwächliche vorherrschend vorhanden. Dennoch hat eS etwas Erfreuliches, so verschiedene Kräfte auf verschiedenen Wegen mit Hingabe nach demselben Ziele streben zu sehen. Die meisten der Entwürfe leiden daran, zu viel geben zu wollen. Man möchte in dem engen Raum der schmalen Loggia alles anbringen, was jemals in Leipzig Bedeutendes vorgekommen, oder gar alles Bedeutende, das je zu Leipzig in Beziehung getreten. Man pointirt in Haupt- und Nebenbildern, was sich zugetragen von der ersten Fischerhütte des wendischen Dorfs Lipsk bis zu den heutigen Messen und Gewandhaus - Concerten; von der Erschaffung der Welt bis zum Bau des Museums; von den Raubrittern, welche einst die Güterwagen der reisenden Kaufteute überfielen, bis aus bas heutige Direktorium des Leipziger KunstvereinS; von der Einführung des Christenthums durch Bonifacius bis zum Be freiungskriege; von dem asiatischen Urstier, der das Wellenei zer stört, und von der nordischen Kuh Audumplah, die den ersten Menschen aus einem Salzstem geleckt haben soll, bis auf die Ent stehung der Künste - von Adam bis zu den vrer Evangelisten; vom Chaos der griechischen Mythe bis auf Raphael u. s. w. Man verschmäht es dabei nicht, die Rumpelkammer der abgedroschensten mythologischen und allegorischen Beziehungen zu plündern und mitunter den hausbackensten Realismus mit idealen Vorstellungen in Verbindung zu bringen. In jedem Winkel, auf jedem Zwickel und schmalen Wandstreifen sollte sich etwas Bildlich - Didaktisches geltend machen. Man wollte alles Erdenkliche zum Besten geben und vergaß darüber das zunächst Passende, den speciellen Charakter der zur Verfügung gestellten Räumlichkeit und das Eigenthümliche unseres Museums zu berücksichtigen. Worin dies letztere bestehe? fragt man vielleicht. Wir denken darin, daß unser Museum nicht der Liebh<cherei und gnädigen Protection eines fürstlichen Mäcens sein Dasein verdankt; daß es nicht die prangende Blume einer Pracht und Ueppigkeit entfaltenden Zeit, auch nicht das Ergebniß einer gelehrten, philosophirenden Kunstanschauung ist, sondern daß eS aus dem Bedürfniß des empfänglichen Sinnes hervorgegangen, der nach den Mühen eines strebsamen, thätigen und mit Erfolg gekrönten Berufslebens fick auch an der Welt im bildlichen Abglanze, sich am Kunstschönen, als der herrlichsten Blüthe emeS geklärten Phantasieleben- erfreuen will. Ja, dies ist reckt eigent lich — hier bewußt, dort unbewußt — die Pnl-ader der Kunstliebe unserer Kunstfreunde. Wir hätten daher an dieser Stelle vor Allem einen dieser Voraussetzung entsprechenden Gedanken poetisch entwickelt gewünscht, nicht in weithergeholten, complicirten, schon oft dagewesenen mythischen Andeutungen, sondern in leicht verständ lichen idealen Gruppen, deren Zusammenhang durch ergänzende Arabesken vermittelt worden wäre. An sprechenden Motiven, Bezug habend auf die Fülle des sinnlichen Lebens, auf Denken, Dichten und Streben, auf den äußern und innern Frieden, auf die zahlreichen Momente der Schönheit — Anmuth, Würde, Feier lichkeit, Pracht, Großheit rc. rc. — auf den Zusammenhang der Kunst mit Bildung und Gesittung, auf den Reiz des Phantaste- lebens rc. würde es wohl nicht gefehlt haben. Allerdings hätte es sich auch hierbei mehr oder minder um Personificiruugen gehandelt, die wir aber auch nicht mit dem ästhetischen Bann belegen möchten, wenn sie von neuer Erfindung, m der Form schön und von poetischem Gehalte sind. Der Gedanke, die Eigentümlichkeit des Bodens und der Ver hältnisse, auf und aus denen das Museum entstanden, zu berück sichtigen, liegt freilich in mehreren der Entwürfe vor, greift aber, wie wir schon angedeutet, meist zu weit aus oder venrrt sich in das Gebiet des Seltsamen. Letzteres ist in einem ans Komische grenzenden Grade bei dem Entwürfe der Fall, der das Motto trägt: „Wenn ein echter Künstler sich um einen Preis bewirbt, so hat er schon gewonnen, denn nur die Freude, daß dem Vaterland ein besseres Werk geliefert wird, als er es bieten konnte, kann ihm den Sieg vertreten." Dessen Urheber hat sich die Verherrlichung Schlette?s zur Aufgabe gestellt. Schletter — un modernen Ueber- rock — hat allen Ernstes den Genius der Kunst, der sich mit der Grazie einer Salondame bewegt, bei der Hand und führt ihn zum Museum, an dessen Stufen er von der personificirten Lipsia, den Honoratioren der Stadt, den Facultäten der Universität und dem Direktorium des KunstvereinS freundlichst empfangen wird. So auf dem einen Hauptbilde. Auf dem andern wird Schletter von Karl August und Giotto in den Kreis der Unsterblichen geführt, wobei der Gefeierte eine Handbewegung macht, als wollte er sagen: Das ist denn doch zu viel! Weshalb aber der Künstler dem seligen Kunstfreunde gerade Karl August und Giotto zur Seile giebt, ist mit einem Blick auf die Schletter'sche Sammlung durch aus räthselhaft. Während in der Lünette der Mtttelwand das Thema allegorisch weiter spielt und eine etwas sehr röthUche und styllose Aurora ausfahren läßt, zeigt die Lünette der rechten Ein- gangswand in dürftiger, genrehaster Auffassung Felix Mendelssohn vor dem Diriaentenpulte im Gewandhause. Diese Compositton hat noch das Mißliche, daß man nach der Haltung und den Be wegungen Mendelssohns auf eine gewisse Unzufriedenheit mit dem, was geleistet wird, zu schließen genöthigt wird. In einer ArabcS e unter dieser Lünette werden wir an König David, Volker und Wolf ram von Eschenbach erinnert. Wir möchten fragen: weshalb? Nicht weniger wunderlich, sowohl wegen der gewählten Motive als wegen der derb realistischen Auffassung erscheint der Entwurf mit dem Motto: „Wa- ich zu Leipzigs Schmuck erdacht, WärS doch zu meiner Ehr' vollbracht." Doch liegt hier ein consequenterer Plan, eine geistvollere Durch führung und überhaupt eine größere künstlerische Tüchtigkeit vor.
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