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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.01.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186201098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18620109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18620109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-01
- Tag1862-01-09
- Monat1862-01
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.01.1862
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138 Sie endlich, meine Herren, die Sie nunmehr vaS Collegium bilden, werben uns gestatten, noch einige Worte hinzuzufügen, die uns nicht minder ums Herz sind, einige Worte der Anerken nung und des Dankes. Wie schon erwähnt, ist seit der Epoche der constitutionellen Wiedergeburt ein Zeitraum von vollen 30 Jahren mit dem eben beschlossenen Jahre 1861 abgelausen, ein langer Zeitraum, wenn man das Einzelleben entgegenstellt, da er die ganze Durchschnitts dauer eines Menschenlebens umfaßt; eine kurze Spanne Zeit aber, wenn das Gemeinde- und Staatsleben, wenn die Geschickte gegenübersteht. Fragen wir, was in dieser Zeit für unsere Ge meinde und unsere Stadl geschehen sei, so dürfen wir mit gerecktem Stolze antworten: Vieles und Großes ist geschehen m dieser 30jährigen Periode des constitutionellen Systems, so Bedeutendes und Bedeutungsreiches, wie vorher wohl kaum in einem ganzen Jahrhunderte; Leipzig, unsere theuere Stadt, ist vor unseren Augen unverkennbar in rascher Progression zu einer Größe und Bedeutung emporgestiegen, welche man im Jahre 1831 nicht geahnt und kaum zu hoffen gewagt hätte. Beide Factoren der städtischen Verwaltung haben — nächst der Gunst der Verhältnisse und dem Segen des Friedens — dazu jeder zu seinem Antheile redlich bas Ihrige beigetragen. Ob auch zuweilen ein harter und langer Kamps der Meinungen dem End entscheide vorhergegangen war, es ist fast stets ein Kampf gewesen, welcher belebend für das wahre Gemeindeinteresse und läuternd auf die Ansichten gewirkt, schließlich aber die ersprießlichsten, segens reichsten Folgen für unser geuebtes Leipzig gehabt hat. — Und wenn dies Ziel erreicht wird, dann ist auch unsere beiderseitige Aufgabe erfüllt. Lasten Sie uns deshalb auch fernerhin im Frieden oder im Kampfe, aber dennoch immer gemeinschaftlich nach diesem unseren Bürgerherzen gesteckten Ziele streben und in diesem Streben nie ermüden, es gilt dem Heile Leipzigs. Heil unserer Stadt! Darauf nahm der zeitherige Verstehn- des Collegium, Joseph, das Wort: Er danke zunächst den Herren Rathsdeputirten für die veranstaltete solenne Einführung der Stadtverordneten zu neuer Wirksamkeit im begonnenen Jahre. Bei dieser Gelegenheit das im verflossenen Jahre Erstrebte und Erlebte vor dem inneren Auge vorübergleiten zu lassen und einen Hinausblick ins kommende zu kalten, sei eine hergebrachte und Allen werth gewordene Sitte, ähr folgend beginne er aus dem geistigen Gebiete der Stadt. Es sei auch im verflossenen Jahre nicht zn verkennen, daß die Stadt verordneten mit vorzugsweise Liebe die an sie gebrachten, die Volksbildung, die Träger und Stätten derselben betreffenden Fragen behandelt habe. Ihr Bemühen für Besserung der Lage aller Lehrer an unseren Schulen sei in diesem Jahre mit Erfolg gekrönt worden, indem der Rath die durch die Zeitverhältniste bedingten Gehalts erhöhungen den Lehrern zn gewähren beschlossen und seit fenem Jahre bereits gewähre. Die Stadtverordneten hätten nicht mit den Schulen sich beschäftigen können, ohne zugleich für Beschaffung neuer, durch das Wachsthum der Bevölkerung gebotener, den Vor schriften des Schulgesetzes und der Gesundheitspflege entsprechender Gebäude sich besorgt zu zeigen. Die Uebersüllung einzelner der selben werde aufhören, insbesondere wenn der beschlossene in diesem Frühjahr beginnende Bau einer Bezirköschule in der Zeitzer Vor stadt vollendet sein werde, und würde sie nicht aufhören, so würden es Rath und Stadtverordnete nicht sein, welche eine noch weitere Abhilfe scheuen und um die Mittel dazu kargen wollten. Unweit dieser Schule würde das Waisenhaus, welches zugleich ein Denkmal des WohlthätigkeitSsinnes und edler Freigebigkeit eines Leipziger Bürgers, des Herrn Kauf- und Handelsherrn Mende, sei, gegründet, Arbeiten für dasselbe seien bereits ausgeschrieben. Mit derjenigen Theilnahme, welche die Stadtverordneten Allem zollen, was die Universität zu Leipzig angeht, erlebten sie die Ein weihung des Observatoriums. Die Lücke, welche durch den tief beklagten Tob des Rectors der Thomaöschule, welchem nur kurze Zeit es vergönnt war, der Nach folger des würdigen Stallbaum zu sein, sei wieder ausgt^üut worden. Dem neuen Rector gehe ein Ruf voraus, welcher ver spreche, daß jenem Gymnasium eine vorzügliche, sowohl philologisch elastische als pädagogische, so wie eine lichtvolle Leitung, wie sie Leipzig erwarten könne, gesichert sei. Es sei dies eine Wahl, welche, wie er sagen zu dürfen glaube, die Stadtverordneten mit um so größerer Freude vernommen hätten, als sie in den beiden Gymnasien unveräußerliche Kleinodien des selbstständigen Gemeinde lebens erblickten und schätzten. An diese Wahl habe sich die Nachricht von der Berufung eines für das Lehrfach begeisterten und aufgeklärten Mannes, welchen die Stadtverordneten in ihrer eigenen Mitte kennen und würdigen zu lernen Gelegenheit gehabt hatten, des Stifters des modernen Gesammt-Gymnasiums, an die Spitze einer neuzubildenden Be zirksschule gereiht. Auf dem materiellen Gebiete der Stadt sei die erfreuliche Wahr nehmung zu machen gewesen, daß der Unternehmungsgeist der Bürger durch keine Wolke am politischen Himmel sich habe schrecken lasten. Kelle, Zimmerbeil und Hobel hätten nicht gefeiert, fast in allen Enden der Stadt seien stattliche Gebäude aus der Erde rasch emporgewachsen, welche fernhin dem Ankömmlinge freundlich ent gegen lachen. Da- Lob großer Salubrität der Stadt sei auch im verflossenen Jahre gewahrt. Bedeutend erhöhete Aufwendungen auf Besserung der Straßen und Fortführung des Schleußennetzes seien gemacht worden. * Das Princip der Concurrenz bei Vergebung von Arbeiten und Lieferungen sei immer tiefer in die Verwaltung eingedrungen. Dieses Princip werbe mißverstanden, wenn man es als ein Haschen nach dem Billigsten betrachten wollte; die Güte der Arbeit und Waare und Solidität der Ausführung seien vielmehr auch in ihm zu hauptsächlicker Beacktung berechtigt. Ein nicht geringer Vor zug desselben bestehe darin, daß es jedes Talent, jede Arbeitskraft ermuthige und anziehe und die Vergebung selbst unter die Augen Aller stelle. Ein kühnes Unternehmen sei vom Rathe beschlossen, das der Anlegung einer großen Verbindungsstraße nach dem bayer'schen Bahnhofe durch eine Vorstadt, welche dadurch lebhaften Verkehr, Erhöhung des WertheS des Grund und Bodens und Umgestal tung zu freundlicherem Ansehen gewinnen werde. lieber der Schilderung des Erreichten möge aber das unerreicht Gebliebene, wenn auch Erstrebte, nicht vergessen werden. Dahin gehöre die dem durch die Gerberstraße gedrängten Ver kehre unentbehrliche parallele Straße nach dem Berliner Bahnhofe. Die Verzögerung der Ausführung derselben sei nicht , durch ein Verkennen des dringendsten Bedürfnisses, sondern nur durch den Widerspruch einzelner Adjacenten eines Parthenarmes gegen die Art der Regulirung desselben zu erklären. Die Führung einer Straße durch das Hermann'sche Grund stück und Veräußerung des Areals desselben zu Baustellen sei bis jetzt an Bedingungen Beteiligter gescheitert. Eines der bedauerlichsten Ereignisse aber sei unstreitig der Ein bruch des neuerbauten Gasometers und leider habe man nack eingegangcnem Gutachten die Ursache nickt in unvorhergesehenen Umstanden, als vielmehr in Mangelhaftigkeit der Conftruction desselben durch den Techniker, sowie der Ausführung der Arbeit selvst, zu suchen. Die Rückerinnerung des Collegiums würde insbesondere durch die Gefahr und den jemaligen Verlust der Ausübung des Rechtes der Ergänzung des Stadtraths durch Neuwahlen, — an Wichtig keit nicht des kleinsten, ja nächst dem Rechte der Controle und der Zustimmung bei Beschlußfassungen über Feststellung des Haus haltplanes unstreitig des belangreichsten, — schmerzlich gefesselt. Denn es sei ihm auch in diesem äahre nicht gelungen, die ge troffene Wahl zu verwirklichen, obschon sie mit seltener Größe der Stimmenzahl ausgesprochen und auf Männer gerichtet gewesen, denen der Platz unter den besten, einsichtigsten, durch Gediegenheit und Festigkeit der Gesinnung ausgezeichnetsten und geachtetsten Bürgern Leipzigs Niemand streitig machen würde. An solchen Männern ein Recht zu wagen, sei verstattet ge wesen. Sei es dennoch in einzelnen Fällen verloren gegangen, so habe es zur Vorbereitung der in die allgemeine Ueberzeugung immer tiefer eindringenden Nothwendigkeit gedient, daß die Macht der Nichtbeftätigung, welche nicht mehr die Einzelnen zu treffen, sondern die Wählbarkeit ganzer Kategorien aufzuheben scheine, auf dem Wege der Gesetzgebung eingeschränkt werde. Dem Bewußt sein der Stadtverordneten bleibe die Hoffnung dieses Auswegs als letzter Trost. Die jüngst verflossene Zeit bilde aber auch einen Wendepnnct in der Fülle der Hülfsnuttel des Haushaltes. Die Volkswirth- schaftslehre habe auf ihrer unaufhaltsamen Bahn Fortschritte ge macht, denen finanzielles Wohlbehagen mit auf Handel und Wandel, auf den Verkehr gelegter schwerer Hand auf die Dauer nicht widerstehen könne. Sie habe früher die Fortsetzung der Stempel steuer verhindert, jetzt das Marktrecht mit seinem reichen Ertrage preisgegeben und sie nähere sich schon in scharfen kritischen Zügen dem Damm- und Brückengelde. Dem Opfer geselle sich die Aus sicht auf das Wachsen der Bedürfnisse der Zukunft hinzu. Wenn aber auch die Zukunft eine Erhöhung der Steuern bringen sollte, so würde dies nicht eine Last für die Gemeinde sein. Der Werth der Steuern werde richtiger nickt nach der Höhe der Ziffer, sondern nach dem, was dagegen geschaffen und gewährt werde, bemessen. Eine mit starken Steuern belegte Gemeinde könne höheren Wohlstand haben, glücklicher sein, als eine Gemeinde, welche kaum fühlbare Steuern kenne, aber auch ihren Bürgern nichts oder wenig biete. Auch hierin sei die Gemeinde nur ein Abbild der Staaten. Wer wolle nicht lieber einem Staate angehören, in welchem er alle Kräfte seines Geistes und der Arbeit unverkümmert entfalten könne, oder wer nicht lieber und mit höher sich hebendem Herzen einem Staate, in welchem er jene Freiheit, in der die Würde des Mannes wurzelt, Selbstverwaltungsreckt genießt, — wer nicht lieber einem Staate, welcher Achtung, Ansehen und Einfluß nach außen besitze und dadurch seinen Angehörigen einen gerechten Stolz einflöße, als einem Staate, von dem man nicht viel Bessere- sagen könne, als daß er wenig oder weniger Steuern zu erbringen habe - So könnten auch die Stadtverordneten hoffen, daß in der Ein-
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