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Dresdner neueste Nachrichten : 28.08.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-192908288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19290828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19290828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1929
- Monat1929-08
- Tag1929-08-28
- Monat1929-08
- Jahr1929
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 28.08.1929
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groß-en Bureaud und audgedelmtetn Mitarbeiterftad, die im Rheinland sähe und jederzeit den deutschen Behörden ins Handwerk plulcden könnte. Die- ietzt geplante Kommission hat von sich Aus keinerlei Jnitiativrecht, sondern tritt nur in Funktion« wenn eine der beiden Regierquen sie unmit. Sie hat keinerlei Ueberwachltvssbefuguis, keinerlei Recht, irgendwelche Untersuchun gen vornunebmem keinerlei Recht zu irgendwelcher Kontrolle. Tritt ein Zwischeniall ein« io wird sie in Form einer ersten Instanz einen Schlichtungsveriuch machen-. Jn zweiter Instanz tritt dann der Völkerbunddrat in Atti-on. Das ist alles, was von den berüchtisgten »616monts sit-bleich von den ilir alle seiten im Rheinland tätigen sinntrollkommissionen übrtggedlieben ist« Das Scheusal liegt also zwar noch nicht ganz in der Wolfdichlucht, aber Streic mnnn hat dlhm die Giftzähne ausge brochen. « · . . I So schen die Dinge im Haag wirklich aus. Und nun vergleiche man das, was in einem Teil der deutschen Preise darüber gesogt wurde, wie in der letzten Zeit ans jedem Hunger Kulissenbericht eine nnumstößliche Tatsache gemacht, ans jeder Aenßernng irgendeines untergeordneten Deleggtionsmitgliedes eine Waffe gegen die deutsche Delegation gefchmiedet wurde. Man hatte sehr häufig den Eindruck, daß einige deutsche Blätter geradezu mit Behagen deutsche Demütigungen im Hang zu tonstruieren suchten, nur um Herrn Dugenberg gefällig zu fein und Strescmann zu schaden. Auch ein Beitrag sum Kapitel »ngtionale Opposition«, iiir dic der Reichs außenminister angeblich nicht »das nötige Verständ nis-« gezeigt hat. Was nationale Opposition in Wirklichkeit bedeutet, das könnte unsre Rechte zur Zeit in England lernen, wo selbst die extremsten Zionservativen sich hinter den Sozialisten Snoivden gestellt haben. Aller dings auch unsre Nationalisten sind merkwürdig be geistert von diesem britischen Arbeitersührerund sind dabei, ihn zu einer Art »Nationalheros« zu machen. Sie iauchzen über jede neue ltnhöslichteit, mit der er die übriaeu Delegierten bedenkt, und jubeln über jeden Fiinnhatem den er seinen französischen Gegnern ver setzt. Politik wird selten mit Vernunft gemacht. Diese Vegeisterung siir Snowden ist der beste Beweis dafür. Die Rechte vergißt über ihrer Freude über das schöne Borichanipicl ganz, dasz Snowden ja gar nicht daran denkt, etwa Deutschland irgend welche Lasten abzunehmen, daß er ja absolut kein Gegner des Baum-Planes ist, daß er die deut schen Leistungen stir absolut erträglich hält und daß er nur deswegen mit seiner Unterschrift zögert, w eil ihm die Bezahlung nicht hoch genug ist. Für 48 Millionen im Jahre enttäuscht er alle seine merkwürdigen nationalis siischen Freunde in Deutschland. Th. seh. Snowden hat es wieder eilig Telegramm unsres nach dem Hang »Ys.t»l,tssandten Sondertorrespondenten fl. Den-Hinsi, 27, August 12 Uhr « Im Grand Hotel berät zur Zeit die englische Delegation, ob das Membrandnm der vier Reva rationsempfänaer mit einem detaillierten schriftlichen G e g e n v o r s ch l a g beantwortet werden foll. Snowden hält weitere Auseinandersetinngen stir iibcrsliissig und empfiehlt die Fortsetzung des Streitcs aus dinlomatischem Wege. Der Stab seiner Sachverständigen aber hält eine Verständigung im Haag noch siir möglich. falls die Entscheidung nicht an wenige Tage gebunden wäre. »J· n z w ei W o ch e n «. meinen die englischen Fachleute, käme nach langetn Tiskutieren die Verständigung sicher zustande. Snowden hat es aber ietzt plötzlich sehr eilia. Anf seinen Wunsch soll iiir Mittwoch oder Donnerstag die Schlußsitzuug anbe r a n mt w e r d e n. Er rechnet auf das ~Abgleiteu« der vier Opfermächte und die daraus sich ergebende Aendernng des Verteilungsschltissels in letzter Minute. Auf jeden Fall liegt die Gefahr vor, daß Snom den, mn ein Wort Dr. Wirtlpö an gebrauche-. »durch seine Unnachgiebigkeit auch poli tisches Porzellan zerbrechen wird«. Diese Gesqhk ist mn so sedsey da sowohl die sinnst-nie der Bergleichssotsnel tidet den ~Vctsiihnungsansschnst« ais anch die Vesiiinmnnq des endgültigen siiinunnqötersins von der Juni-e des ppuussPianeö abhängig sind. Alle ddcstistdeu cit kaimqen missen solanse net-tagt werden. dis zwischen den Mändisetn Deutschlands Ue anisnns yollzosen ist« Es herrscht trotzdem noch kehre aus qesprochene Übdrnchöstimmnnq. Von Kosserpacken wird nicht gesprochen, doch Niedergeschlagenheit säszt sich ans allen Gesichtern. anch bei den Engläudetn et tennen. Es ist die nnetanickcichsie nnd de schiiinendste Krisis. die ie einer internatio nalen Konserenz beschieden war. Opfer der französischen Propaganda « Telegramm unsres nach dem Hang entsank-ten Sonderkortefpondenten kl. Den pa«g, 27. August Jn einem Kreuzseuer der französischen Rechts presse und gewiss-er deutscher Blütteravuppen stehend, sah sich die deutsche Delegation vor die unabweisbare Notwendigkeit gestellt, auf aebitssiqe und unrichttae Situatiosnsschilderungen eindentia Fu antworten. Unter Zugrundelegung tendensiös gefärbter Muße rungen des französischenslußenministers veröffentlichte man in Pariser Zeitungen Mitteilungen über den «gro Ben Erfolg-C den Briand und Hymans hin sichtlich der Gestaltung des sogenannten K on t r o lli ausschusses für das entmilitarisierte und ge räuntte Rheinland errungen hätten. Sehen wir von der innenpolitischen Einstelluna dieser Pariser Presse berichte ab und schalten wir die offenbar für den französischen Außensminister geltenden Beweggründe aus, durch die Rechtsoresse nicht angegriffen zu werden, so läßt sich erkennen, daß allses,was in den fran zösischen Zeitungen über die angebliche neue Kontroll kommission erzählt wird, auf reiner Phantasie beruht. Gewisse deutsche Blätter sind bietet inggestivcn Kraft der frauzbfiichen Propaganda wieder einmal erlegen. Flut der deutsch-en Delegation wurden die aus fran zösischen Quellen kommenden Ausführungen über das ~Kontrollkomitee" nicht allein widerlegt, sondern es wurden uns auch ausschlußreiche Mitteilungen über den Inhalt des künftigen SechsmiichtesEntfcheids in dieser Frage gemacht. Es handelt sich, wie wir nun mehr aufs beftimmtefte wissen, um eine Abmathntny welche die bestehenden Verträge nicht im geringsten autaitet und Deutschland keine neuen, wie immer gearteten Leistungen auferlegt. Die in den LoearnosVertriigen vorgesehenen beiden Schiedskommissionen können nach der neuen-Vereinbarung von den beteiligten Staaten Frankreich, Velgien, Deutschland ebenso an gerufen werden, wie der Völkerbunsdsrat, sobald es sich umvermeintliche Uesberschreituugen der Artikel 42 uwd 48 des Versailler Vertrags handelt. Deutschland steht also setzt das Recht zu, zwischen diesen Schieds kommsissionen und dem Völkerbundsrat zu wähle-n. Alle Behauptungen der französischen Rechtsvresie und gewisser deutscher Zeitungen, daß Abänderungen in den bestehenden Verträgen zur ~Einschränkung der deutschen Handlungssreiheiit" vorgenommen worden sei-en, sind haltlos. Es wurde in den stundenlangen Verhandlungen zwischen Briand, Henderson, Streic mann, Wirth und Humans ein harter Kamps geführt. Briands Forderung einer vereinigten Rheinlansdkons trolle, in der ein Franzose, ein Belg-ier, ein Englänsder und ein Jtalisener einem Deutschen gegenüber sitzen sollte, drang nicht durch. Daraus lässt sich ersehen, das in dieser Frage ein klarer deutscher Erfolg festzustellen ist. Selbstverständlich ist die Verwirklichung dieses deut schen Erfolgs von der finanziellen Regelung und von einem 111-kommen über die Räumungstermine ab hängig. Die deutsche Delegation nashm sodann Stellung zu den in der Presse des Jn- unsd Auslande-S veröffentlichten Nachrichten, daß die deutschen Kassen leer sei-en und es »deshalb eine Kntaftrophe für Deutsch land bedeuten würde, falls am l. September weitere Dawesssahlungen geleistet werden müßten. Diese Berichte scheinen in den Vereinigten Staaten einen sehr unangenehmen Gindvuck gemacht zu haben. Ob wohl mehrfach von »der deutschen Delegativn gegen teiligie Erklärungen abgegeben war-den, hielten fran zösische Blätter an der Behauptung fest, Deutschland sei unbedingt gezwungen, infolge der äußerst ungünstigen Finanzlage gegen noch weitere repa rationspolitsische Zugeständnisse die Verwirklichung des Votum-Praxis adzukanfen Demgegenüber steht nach den uns gemachten Mitteilungen fest, daß der Etat bis zum l. April 1980 auf Grund des Durstes-Plutus aufgestellt ist. Der deutsche Vorftoß wurde deshalb unternommen. weil endlich einmal Klarheit über die wahren Auf gaben diefer Konferens geschaffen wer-den follte, unsd weil es die deutsche Delegaision für notwendig hielt, ihre reparsationspolistifchen Ansprüche, wie sie sich aus der Pariser Sachverftändigenkonferenz ergeben haben, anzumelidetu Die Reform der Arbeitslosenversicherung VDZ. Berlin, 27. August« iEigener Drahtberichtt Der Sozialpolitische Ausschuß des Reich stag e s beschloß, dakß nach § 112 des Arbeits losenversicherungsgefetzes ünstig Verdienst iiiid Arbeitslosenuiiterstiitziiiig zusammen 120 Prozent des Wochennntcrftiitziingssatzes nicht übersteigen dürfen. Eingexügt wurde ein neuer-s 116, wonach eingehend geprii t werden soll, inwieweit für anständig Be schäftigte der Bezug von Arbeitslosenunterstiitiung Bedürfnis ist und an welche Voraussetzungen ein An sprug aus Arbeitslosenunterstützung zu knüpfen ist, in neu beschlossener § 148a will darauf hinwirken, daß die B e f r e i u n g s a n z» e i g e rechtzeitig erstattet wird. Ger ngsügige Beschastigungen sollen in Zu kunft grundsätzlich versicherungssrci sein« jedoch bleibt die Beitragspflicht des Arbeitgebers be stehen, soweit die ger ngsiigige Beschastiaung der Krankenversicherung unterliegt. § 170· wurde dahin Zlesaßn daß der den Antrag auf UnterstiiZung stellende rbeitslose glaubhaft zu machen hat aß und auf welche Weise er die Anwartschaft aus Unterstützung erworben bat. Bot neuen Kämpfen in qaiäsiina sondettabeldienst der Dresdner Neuesten Nachrichten J: Jernfalennt, N. Ungnfn fDnrch United PrefzJ Die Arnber follen gn einem Unariff anf Tel Aoio, die bekannte jiidiftbe Siedlnng, nach hiesigen Qnelletn in der Nähe der Stadt Kräfte zufammen ziehen. Eine Abteilung englifcher Trnpnen ift bereits an Hilfe gefandt worden. Ferner heißt es. daß die Araber die Kolonie Regobot angegriffen hätten. Jn Kairo gehen, nach Meldnngen oon dort. Ge rüchte tim- dud die Palitftinasmegiernng die anfges ldften jtidifthen Regintenter bewaffnet habe. Anker den bereits abgefandten Trnnnen bat ein weiteres englifches Regiment Kairo in der Rich tung anf Paläftina verlassen. Weitere Trnpnengiigr. die anch Urtillerie nnd Panzerantos mit sich flihren. werden bald folgen. Uns Malta wird gemeldet. daß die dort ftationiserte Zerftdrerflottille feebbar gemacht wird. Das Flngzengnintterfthiff »Er-gle« wird bereits hente auslaufen. Ueber die Ereigniffe in Paläftina bis gnni Sonn tag inorgen ift noin Kolonialniinifterinni in London eine Erklärung herausgegeben worden. Das ift die nenefte amtliche Bekanntgabe. die zur Verfügung ftebt. In ihr heißt es, daß in Hebron 45 Jndcn getiitet nnd 59 fchwer verletzt worden feien. während die Verlnfte anf arabifcher Seite acht Tote nnd gehn Crhwerverletzte betragen hätten. 450 Juden hätten in der Polizeikaferne von Hebron Schutz gefunden. Die Rnhe in der Stadt fei wiederhergeftellt worden. Dagegen hätten die Behörden die Lage in den Vor orten von lernfnleni noch nicht vollkommen beherrftht. Die jtidifkhe Gartenftadt Tel Pioth fci oon ihren Be wohnern g e r ä n mt worden. « Der« Ausstand greift um sich Sonderkabeldtenft der Dresdnet Neueften Nachrichten .- Beir n t, 27. August. Wan United Pres) Eine nicht zencnricrte Meldung des Korrespon denten der United Prcß berichtet. daß die Unruhen in Paläftina mit rafender Schnelligkeit in den kleinen Städten nnd in den Dörfern nm lich greifen. Die Lage wird dadurch noch verfehiirft, daß sich an vielen Orten die Christen mit den Arabern verbindet-. Beriitene Vcdnincn tibcrfielcn die jiidiiche Niederlassung in Affon l i e . die ans zwanzig Hänfem besteht nnd brannten die ganze Siedlnng nieder. Englilche Flug zengpattouillen bewerfen alle Menschenanfammlnngen mit Bomben. , Die Rückwfrkung in England . Emguug in den Kvlonien Teleqramm unftes Korrespondenten . RR London, 27, August Die tatfszchlicheu Berchwste tm Pqtzsksma stehe · Zekmftsch itsnåchtd MS itJiEihne MUFW W EHUTYI«· a r u en, v ammcn at . « .. e« sowie 69 Verletzte an. W un« Christen, Der dmtliche Bericht in srsusfalem gibt tpessentlikh höhere Zabkm D. Lisan jetdoch noch Hirn-e Asbsandcnuskpg erfahren, dalxxä Zahl der Tote-n von den Tuinsuilstm in Hebkkm M ietzt nicht feststeht-. Der Bericht, Wß englische Trup pesn üibetsfsallesn wsovdesn sieisenk hat sbgøchr kctmc Bestäti giung gefunden-. Das eizmlsissche»Pailcjfnnsachchwadcr be steht ietzt asnø einan Li«n-ienssch«kss,·csmscm Kreuzen zwei Fbuqswgmutstsersfchtssem nat-d mer Tospehobomzm störet-m Die Liancdtmtppem haben- eine Starke von dket Bsaiasillonen mit den notwendigen Tant-, PMan und Signalasbtiesisiungiem Die Bedeutung der Unruyen »in sasliisftsina liegst dar-in, daß sie- iw der gan » moszammedawiichen Welt eiincn unzgeek heuren Eindruck gemacht haben. Die Ek» vegung unstsor sdscn Mo»hgminledsa«ti-ep-11»shat sich bis weit nach 111-Mein hin-ein erstreckt, w«o sdto Zeit-mka M Ewig-wisse aiwf »das genaue-sie wi«e-dicr·gc«bcn. Sie he, mckckcsm daß sie msit Schmerzz mvd Sorgci diic Methode seiden-, die sdiio Mattsdatigrogztserunig von Paliiftiinn »- gr«issscn hat. Sie warme-n Ost-e eazsglsischse Regierung W ein-er Pol-Mk in arabisfchen Lan-dem zugunsten d» Zsionlsmsus. Die Folg-en- könsnten unabseh« ba r s est n-. Das equilcheyingreifen der englischen Regierung " hat dazu beiaetragiem die Regierung Mardonald W seiner Ksollscaen auch in d·e«n Kreise-n weiter zu he fcitigm die einer Artbeiterregierung nicht wohl, wollend gegesnidbcrstandeinx Die Vorgänge werden dazu führe-m daß.stch die Atjbeiterregieruna über die zukünftige Politisk in Palästma und, im Nahen Osten klar wird. In England find deutlich drei politische Richtungen zu selben. Die eine-, steht den aivnistifchcn Kreisen nahe und verlangt eine Becsdeqkzaltung des Memme Sie findet in der liberalen ·re·sje· ihren Ausdruck. Die zweite ist die rein iinipermlistische·, die an der Macht, die sich England im Nahen Olten erworben hat, festhalten will. Die dritte Richtung, die durch dis- Presse des Lord Roth e- r me· er es und des Lord V e a vesr b ro o k vertreten wird, ist der Ansicht, daß England zu große Lasten überniomnien hat, die keinen Gewinn versprechen. Sie setzt sich dassür ein, daß England sich seiner Ausgaben un Nahen Oqten bald mdsglichst entledi»gst. Zwischen diesen Richtun gen wir-d die Arbeite-rregie«r«zing mahlen niüssen Sterben derf Klassiker Von Ernst B. sobwitzky Jetzt pseisen es schon die Spatzen an allen Tischen nnd aus allen Dächern des Berliner Romanischen Cachs, daß die Klassiker tot sind. An der klassischen Stätte des literarischen und theatralischen Klatsches ist der Klassiker als Biihne.nfchriststeller, mag er Goethe, Schiller, Schatcspeare heißen, voin Grillparszey Kleist. dchbel zu schweigen, ein definitiv toter und erledigter Mann. Sie alle müssen sich begraben lassen, im Massengrab der Dramatiker. Uebrig bleiben nur noch: von Shakespeare »Vcnus und Adonis«, von Goethe die Farbenlebre, von Schiller »Die Schau biihne als moralische Anstalt betrachtet«. ~Götz« nnd »Faust« und ~Lear« nnd »Hamlet« und »Tell" und »Wallenstein« werden beigesetzt. ganz obne«Pomp, sa, ohne Träne. Wie alte Leute,"die zuletzt nur noch im Wege waren und deren Leichenrsede lantet: Es war sür ihn selbst und alle eine Erlösung. Seltsam. Jetzt denke ich der lange-n Geschichte ihres Sterbens nach und sage mir, wie lange es doch dauert, ehe so ein zäher Klassiker sich endlich verab schiedet und ins Gras beißt. Es ist ja über zwanzig Jahre her, daß ich zum erstenmnl sehr ernsthaft von sääm bevorstehenden Sterben der Klassiker habe reden ren· Es war gewissermaßen ein Arzt, der zuerst die Prophezciung aussprach Einige junge ente. die dem Lesbcn hosssnuwgsvoll entgegengingen und unter idenen auch ich mich befand, saßen um diesen Arzt eines schönen Nachmittags herum-wie die Schüler des Dr. Tuip aus »der Nembrandtischen ersten Anatomie. Zwischen uns lag aber keine Leiche, wie aus dem be rühmten Bild, und unser Meister hatte auch keinerlei Schere in der Hand, um einen Armmnskel zu er schneiden. Zwischen uns lag vielmehr etwas anger ordentlich Lebendigeö und der Arzt fühlte ihm mit ehender Hand den Puls und sagte uns mit Fe chlossenen Augen, was der P ls klopfte und was er Uls schlug. Dieses Lebendläe war die Zeit. Und ider Arzt, der den Tals behorchte, war eigentlich kein Arzt, sondern ein hilosvph. Und ich erinnere mich noch deutlich, wie der Wild-forth sagte: Der Körper der Zeit gebt seiner Auf lösung entgegen. Der Tag ist nicht mehr fern. an dem uns die seft noch so vertrauten Züge dieses zeit lichen Geschdp es sremd nnd sFremder erscheinen werden, iwo viele-s, was wir gewi ermaßen nur durrls das Medium dieser Zeit, in der wir gewachsen un geworden sind, verstehe-n und liebe-n können, uns nicht mehr das sein und sagen wird, was es uns heute noch ist und sagt. Die Zeit ist, wie Sie wissen, sagte der Philosoph, seit Kant ein sehr irreales Wesen ein Schemen unsd eine Kategdorir. Aber glauben Sie milc, in meinen stillsten Stun en habe ich gesunden, daß die Zeit das Allerreabste ist, was es überhaupt gibt, und daß man nichts begreift, wenn man sie nicht versteht, in der Form und den Flormem in denen Czhie sich«uns daobiete , zwischen dem ugenblick unsrer eburt und unsres Todes. Je näher an »der Zeit, um so näher werden Sie im Mittelpunkt der Dinge sein. Wenn die Zeit zerbricht, so zerbrechen sie mit ihr, und seien Sie überzeugt, es ist der einzige Weg, am Leben und in der Nähe der Wahrheit zu bleiben. Das war schön und ein wenig dunkel gesprochen, und es fragt sich, ob wir damals mehr die Schönheit oder die Dunkelheit dieser Wahrheit liesbten. Denn die Jugend, die die Helle ist, lebt das Dunkel, das dunkle Alter aber das Helle und Durchsichtigr. Als die Zeit, der wir angehörtens uns von sich korndchickte in das Leben hinaus uns in M Dut wer en, lüsfmen sich auch uns ringsumher die-Schleier über den glänzenden Erscheinungen, und Schritt für Schritt fingen wir an bellbörig unsd hewsichtig zu werde-n un manches zu vernehmen, was uns früher verborgen blieb. So erinnere ich mich, stkon bald nach dieser philo xophifchen Unterweisung e nes Abends in Dresden en WallenfteiM gesehen und mit neuen Augen ge sihen zu haben. Es war woklim the 1910. Lothar esnert spielt-e den Wallen tem. er Naturalismug sblti te noch und die Aufgabe war problematisch. Mehnert hatte alles Pathos Æstrichen und sprach den Vers Schmerz wie er Gert Hauptmann sprach. Er drapierte nicht, Calb, was er hatte, nicht mehr, war natürlich. Und man emkifand es als eine Erlösung, war ibei allen Pietätsgeftih en gegen Schiller dankbar für diese mutiae Flucht aus »der anvention, aus dem ad aetragenen Kleid, aus der modrigen Lüge Es laa wie ein Hoffen auf eine neue Form, auf eine Gestal tung in neue-n Darstellung-mitten iisder den ersten vier Ist-M « Aber die Hoffnung sollte zuschanden werden. Denn nun kam die große Elegie des fünften Aqu zugs, das breite, große Adagio, in das der große Schiller die Trilooie aussklingen läßt, und langsam wie- auf großen Woge-n näherte sich der ergreifen-de Moment des finalen Maestoso: »Ich denke einen langen Schlaf zu tun denn dieser letzten Tage Qual war groß.« Wie groß war bis dahin immer dieser Moment im Drama gewesen, wie groß ist er im Gefüge des Ganzen, auf welche Hist-he ist die Empfindung von ge stalterifcher Dramatikerkrast hinaus-gesteigert ein ausgehaltenser Askikord voll Tragik, voll echtester Schiller-Größe vielleicht für uns voll Sent-iment, aber ohne Frage von klassischem Formsat. Und sda geschah es, daß dieser große Augenblick klanglos blieb, leer. Ohne stützende Misse, ohne tragisch dumpfe Trommeln ohne großes Schweikzem ohne atemlose Pause und Pauke, kam statt es aihnungsvollen Wortes vom ~langen Schlaf-« und-von der »großen· Qual« nur ein winziges, armes, kleines nnd fo müsdes »gute Nacht-« von den Lippen dieses Wallens stein. Ein sehr natürliches, sehr verständliches, pathoss loses »gute Nacht«, aber eisn »gute Nacht« ohne alles, was Schillerfche Gröer geheißen hatte bis dahin unsd klassisches Format. Und es lag nicht am Dar steller, der tat, was zu tun war. Es lag schon - an der Zeit, die ihrer selbst müde zu werde-n begann und in ihrem Innern sich vielleicht tiefer noch wie der Schillersche Held sehnte, nach einer tiefen Lust und Qual den langen Schlaf zu tun. Den Genossen und Genießern iener Tage ist die Müdigkeit und Schlassehnsucht der großen Gast- Feberin Zeit kaum zum Bewußtsein gekommen. Es siegt in der Natur der Dinge daß die großen künstle rischen Symposien, die opulentesten Gastmäkler in den Tempeln der Kunst am Abend der Zei en Fe- Bliert wer-den, in Augenblicken, die ein Dichter er elancholie mit den Worten beschrieben bat, »du viel schon müde wird«. Die Genugtsucht und die Genuß -äbigikeit der Menschen ist vor dem ~lanZen Schluss« am höchsten. »Und haben nicht gewußt-C l'szt Schnitz ler in der ~Versü-hrung« einmal einen alten Menschen so schön sagen, daß das Leben immer köstlicher wird, ie weniger davom zu leben übrig bleibt. »Heute ist es Mode geworden, die Zeit vor 1914 zu verdammen und zu schmälen aber ein neuer Talleyrand könnte doch ein beriibmkes Wort dahin variieren, daß, wer nicht vor 1914 gelesbt hat »ne- oonnait pas lie- douoeur de vxvre.« Freilich ist solche ancien rägime donation iolche asbendliche Süßigkeit nie meshr ganz gesund. Gesund schien was das Theater betrifft, in jenen Tagßen nur noch der Appetit des großen und immer Nil er werdenden Publikums auf die Klassiker och verbürgte sich jeder Theaterkassierer für »Maria Stuart«, die reiizende-«Minna" war sicheres Geld, und jeder Theaterdirektor baute Hoffnung nnd Land hauschen aus den festen Grund des Glausbe-ns,»daß ~Kabale und Liebe« ein volles Haus machen wurde- Heutez wo es nichts zu feiern gibt, macht man »Jen spiele , aber damals waren Klassikerabende gewollt oder ungeiwollt immer ein wenig Feftabende, menn es auch ssraglich blieb, wesn man feierte-, den Filaiitkek oder sich selbst, den Stolz, den hohe-n Mut, beicheidem kokett, gedämpst, im schönen Mäntelchen: denn er war unser, Da trat man goethi«sch, schillerisch oder ihakss isoearisch auf, olympisch, idealisch, weltumipaiinend, wie es das Asbonnemeint eiben brachte, um im Grunde nur das zu fein, was jede Zeit vor dem Fall ist, itvll in der Brust und siegesbewußt Aber die Zeit hat es gelehrt, man war vor dem Ende. Der Sieg ließ vier Jahre lang aus sich WEIMU und kam dann in Gestalt eines Trauerspiels. Und dem Klassisker ging es nur wenig besser. Als auch die UstUWlksttscheU Farben zu verblassesn begannen irhminkte man ihn grell und bunt in« der Art der Expressionisten, gab ishm höllische Tränke ein, die sent Nervensystem verwüstete-n, und riß die lhohen Gebilde einer hohen Kunst zu Sensationszwecken im Blickst itii an die ins Paireit hineinichkeiende Raume-»Man gab an- tpeit sichtbarer Stelle den Traumgestalten großer Dichter rote Fahnen in die Hand, man ver wandelte die Monologe in erregte politische Bekennt nisse und revolutionäre Broschürem man zog M ktaisiichen Helden aus dem historischen Kostenle brachte sie uns im Stahlhelm näher und einem Pyjama aus Cråpe de C-hine. Ueberwältigt von den ungeheuren Bezebenhetten aus dem großen thi tbeater, an den and und an die Wand gedrückt vUU Wirklichkeiten iiver Wirklichkeiten von sit-wenden Thronem Massen-katastropben, Schickssalswandlungtib verlor die Bühne, in der Eitelkeit ihrer Eitelkeit lie trossen, in ihrem notwendigen Lebens-wahn. Mittel punkt der Welt zu sein den Rest ihrer längst Ek; ichtitterten Nerven und·stürzte, eine irre Königin M« ersobenen Röcken hinter der Wirklichkeit drein, Um si an jedem Spitte v- u,nd-Gendarmen-marskt miUM Seite 2 Grad-er Neueste Nacht-tosen Mittwoch, B. August 1929 Nr. 200
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