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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1864
- Erscheinungsdatum
- 1864-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186409056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18640905
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18640905
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1864
- Monat1864-09
- Tag1864-09-05
- Monat1864-09
- Jahr1864
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1864
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4682 jährliche und Unnatürliche de- Grundsätze- anerkannt hatte, daß dem Staate daran gelegen sein müsse, darüber zu wachen, daß da- BolkSvermögen nicht verschleudert, die Familien nicht auSgesogen würden, und daß da- augenblickliche Bedürfniß Nothleidender und Geldbedürftiger listige und gewandte Menschen nicht in die Lage bringe, sich de- EigenthumS Anderer um emen Spottpreis zu be mächtigen. Zwar ist die Zahl Derer nicht gering, die noch heut zu Tage mit der aufrichtigsten Miene von der Welt die Ueberzeugung auS- sprechen, die Wuchergesetze unserer Zeit seien eine sittliche Noth- wendigkeit und sie würden daher selbst dann bestehen müssen, wenn ernstliche Gefahren für die Freiheit des Verkehr-, für die Ent wickelung der Production und für die materielle Wohlfahrt des Staates von ihrer Erhaltung zu besorgen wären, — daß also ein geordneter Staat sie nie entbehren könne. Auch die Volksansicht neigt sich noch zum größten Theile dahin, indem sie die Existenz harter Strafgesetze beharrlich mit der Berufung auf die Noth- wendigkeit rechtfertigt, dem Geldwucher zu steuern. Wer hätte nicht schon unbillige und ungerechte Aeußerungen über Capital- besttzer gehört, wenn diese größere oder kleinere Summen um einige Procente höher ausgeliehen hatten, als der landesübliche Zinsfuß vorschrieb? Wem wären die keineswegs ehrenhaften Benennungen unbekannt, welche man gemeinhin diesen Leuten beizulegen keinen Anstand nimmt? Und mit welcher Geringschätzung wird solchen Leuten im gewöhnlichen Leben begegnet? Als ob sie, die Besitzen den, die Verpflichtung hätten, mit ihrem Gelde Diejenigen ohne Entschädigung zu unterstützen, welche ihre Hilfe nachsuchten und erlangten! — So lange man hofft, Geld, dessen man bedarf, sagte ganz richtig ein berühmter englischer Recht-gelehrter, zu erhalten und noch einige Zeit, nachdem man es erhalten, betrachtet man Den jenigen, ver eS geliehen, als einen Freund und Wohlthäter; aber bald ist das Geld ausgegeben, und nun kommt die gefürchtete Stunde, wo man bezahlen soll. Da muß der Wohlthäter seine Natur geändert haben: er ist nun nichts mehr als ein Tyrann, ein Unterdrücker; denn es ist eine Unterdrückung sein Geld zurück zuverlangen, während eS ganz natürlich erscheinen sollte, Das, waS man schuldig ist, nicht zurückzugeben. Und wie sehr auch die strenge Gerechtigkeit ganz für den Darleiher, den Gläubiger ist, der nur verlangt, was ihm gebührt, — da- Mitleid, das Mitgefühl neigt sich im gewöhnlichen Leben stets dem Schuldner zu. Man fühlt, daß dieser, wenn er die Schuld zurückerstallet, zum äußersten Elend gebracht wird, während der Gläubiger leben kann, auch wenn er 2)aS, waS er zu fordern hat, nicht zurückerhält. Dieses Gefühl findet statt selbst in dem Falle, wenn das Darlehn ganz umsonst und unverzinslich war, um wie vielmehr also, wenn ein Zins stipulirt war! — Aber sind denn die Capitalisten wirklich jene Hum meln, die sich nur von den Früchten fremden Fleißes nähren? Sollen Leute, die einen großen Theil ihres Lebens hindurch fleißig und sparsam waren, um in ihren alten Tagen von den Früchten ihrer Arbeit und Mühe, sondern auf irgend eine zufällige Weise in den Besitz von Vermögen und Reichthum gelangt sind, deshalb ver pflichtet sein, ihre Gelder ohne Entschädigung auszuleihen? Solchen und ähnlichen Vorurtheilen muß uut größter Ent schiedenheit gegenübergetreten werden. WaS ist denn Capital? — Capital ist eine Ansammlung von Stoffen, denen durch menschliche Arbeit, durch Dienstleistung vorher Werth beigebracht worden ist. Eine solche Summe von Werthen nennt man Capital im Allgemeinen. Capital im Besonder« da gegen, im wirthschastlicken Sinne nennt man nur eine Anzahl solcher werihvoüer Stoffe, welche reproductiv consumirt werden, d. h. welche ge- und verbraucht werden, um neue Werthe zu schaffen. DaS Capital besteht also vorzugsweise aus Grund und Boden, Vorräthen, Werkzeugen, Stoffen zur Verarbeitung. Metall geld. Das Haus, worin der Arbeiter wohnt, die Lebensmittel, womit er sich nährt, die Zeuge, in welche er sich kleidet, die Werk zeuge, deren er sich zur Arbeit bedient rc., das Alles ist Capital, waS während der Erschaffung neuer Wertherzeugnisse consumirt wird. Wenn nun durch die neue Werthschaffung stets etwas mehr rgebracht wird, als daS Alte, Consumirte Hervorgebrae so kann dieses bewealichen Erwerbsmitteln, Letzteres, also legt er diesen Vorrath als Capital au, so entgeht ihm natürlich für den Augenblick der Gütergenuß, den er haben würde, wenn er den Vorrath aus schließlich für seine Person verbrauchte. Aber er muß auch in diesem Falle nicht selten noch die Gefahr des Verlustes Wer- nehmen oder mancherlei Kosten für die Erhaltung seines CapitalS aufwenden. Al- Ersatz dieser Gefahr und dieser Ausgaben muß ihm ein Bortheil anderer Art zufließen, nämlich ein gewisse- Ein kommen. welches so lange dauert als sein Capital. Diese Ver gütung für das Darleihen eines Capital- heißt Zins und wird Zinsfuß genannt, wenn der ZinS als ein Theil (Bruch) de- Capital- gedacht wird. Ist für den Darleiher genügende Sicher heit pünktlicher Zinszahlung vorhanden, so wird ein besonderer Kostensatz bei der Verleihung Wegfalles im entgegengesetzten Falle aber, wo jene ^ ^ übernimmt, da gütet werden (sog. Afsecuranzv, Gefahr kann Kalo in der Persönlichkeit de- Schuldner- seltst, bald in der VerwendungSart der darzuleihenden Summe, bald in äußeren Umstände liegen. Der Maßstab, nach welchem der ZinS im Allgemeinen sich be stimmt, liegt hauptsächlich theilS in der größeren oder geringeren Sicherheit und Bequemlichkeit der Anlage des Capital-, theilS in dem Verhältniß von Vorrath (Angebot) und Nachfrage. Der Zinsfuß steht hoch in Zetten oder Ländern, wo die recht liche Ordnung noch wenig befestigt ist und entweder die Gesetze oder die Art ihrer Vollstreckung den Darleihern nicht volle Sicher heit für ihre Forderungen gewähren. Gute Rechtspflege dagegen und ein geordnetes Hypothekenwesen bewirken, daß der Zinsfuß geringer wird. wenn der Zinsgläubiger sich durch verpfändete Grundstücke oder Faustpfänder völlig gesichert sieht; am höchsten, wenn der Gläubiger die Gefahr einer gewagten Unternehmung zu tragen hat. Aber auch das Verhältniß zwischen Angebot und Begehr von Capitalen regelt, wie bemerkt, zu jeder Zeit und in jedem Lande den Zinsfuß. Ist der Vorrath an irgend einer Waare groß, die Nachfrage der Consumenten dagegen gering, dann ist bekanntlich der Preis solcher Maaren gering, umgekehrt ist er hoch. Ganz eben so verhält eS sich mit dem Capitalgewinn. Ist ein großer Vorrath von Capital in einem Lande vorhanden und die Nach frage von Solchen, die eS zur Erzeugung anderer Waare rc. ver wenden wollen, weniger stark, nun so muß sich der ZinS niedriger stellen. Der Capitalist kann sein Geld nicht zu hohen Zinsen unterbringen, wenn Niemand danach verlangt. Ueberstelgt dagegen die Nachfrage nach Capitalen den vorhandenen Vorrath derselben, so muß natürlich der Gewinn durch die Concurrenz der darum Nachsuchenden in die Höhe gehen. „Der Capitalgewinn richtet sich absolut nach diesem Naturgesetz und entzieht sich allen künst lichen Hindernissen, welchen die bürgerliche Gesetz- ebung demselben etwa in den Weg legen könnte.* Kann also der Staat den Zinsfuß unmittelbar nicht beherrschen, so ist er eS dock mittelbar im Stande: er kann, indem er die An sammlung des Capitals erleichtert oder erschwert, vorteilhaft oder ^theilig auf ihn einwirken. Die Lehren der Geschichte beweisen unwiderleglich da- Gesagte: g die Wuchergesetze waren und sind wirkungslos, weil der Zinsfuß sich regelmäßig nach den Gesetzen der Volkswirtschaft bestimmte und nicht nach denjenigen des Staates; der Zinsfuß stieg unge achtet der vorhandenen Wuchergesetze und sieh, obgleich man keine derartigen Gesetze erließ! Lassen sich also die Zinsen als der Mietpreis für die Benutzung aufgeborgter Capitale ansehen, so sind, wie em österreichischer Nationalökonom ganz richtig bemerkt hat, die sogenannten Wucher gesetze kaum etwas Anderes als mißlungene Versuche, Etwas zu fixiren, was seiner Natur nach veränderlich ist, was sich nicht ein für alle Mal sestftellen läßt. Diese Veränderlichkeit, sagt er weiter, ist zum Theil schon eine Folge de- wechselnden Kosten- Preises der Capitalien, der bekanntlich keineswegs in allen Ländern und zu allen Zeiten der nämliche bleibt, noch weit mehr aber de- wechselnden Marktpreises, bei dem — hervorgehend aus dem Verhältniß zwischen Angebot und Nachfrage — so oft Ursachen Vorkommen, durch welche eines oder daS andere Uebergewicht ge winnt, wie dies überhaupt bei Gegenständen geschieht, die frei auf den Markt gebracht werden. Denn bekanntlich ist da- Steigen de- Marktpreises lediglich eine Folge der den Anbretenden günstigen Concurrenzverhältnisse und keineswegs schon an sich ein Uevel, insbesondere aber daS Steigen des ZinSmaßeS dann nicht, wenn es eine Folge der gestiegenen Nachfrage nach Capitalen von Seiten besonnener Unternehmer ist, da diese die fremden Capitale unter solchen Umständen nicht suchen würden, wenn mit denselben nicht. verhLltnißmäßig viel zu gewinnen wäre. Steigen aber die Ge winne aus der Anwendung der Capitale, so ist eS, wie zugegeben werden muß, in gar keiner Weise unbillig, wenn auch den Eapi- talisten ein größerer Antheil zufällt, und es wäre sicherlich ganz unpassend, hier von Wucher zu sprechen, wo der Darleihende ein stark gesuchtes Mittel der Production geliefert hat und der Aus borgende sich nicht nur in keiner Nothlage befindet, sondern unge achtet der geforderten hohen Zinsen selbst noch einen angemessenen Gewinn zieht, ja oft bei dem Geschäft noch reich wird. Wenn dagegen eingewendet worden ist, daß dann, wenn man den Consumenten zu niederen Preisen zugänglich gemacht werden
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