59! In neuerer Zeit sind gleichwohl über die Zulässigkeit von Expropriations bestimmungen in Localstatuten Zweifel entstanden und insbesondere von den Justizbehörden Bedenken dagegen erhoben worden. Es hat dies zu einer Unsicher heit geführt, die in praktischer Hinsicht von großen Unzuträglichkeiten begleitet ist und schon dadurch nachtheilig wirkt, daß sie zu Nechtsstreitigkeiren 'Anlaß giebt. Ein solcher Zustand der Rechtsnnsicherheit kann in einem geordneten Staate nicht forldauern, vielmehr erscheint es nöthig, durch ein besonderes Gesetz die ob waltenden Zweifel zu Heden und dem Rechtsbewußtsein in diesem Punkte Befrie digung zu verschaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt diesen Zweck und wird sich insoweit im Allgemeinen als ausreichend gerechtfertigt darsteUeu. Jndeß mögen dabei doch noch zwei Vorfragen einer näheren Erörterung unterzogen werden. Sie beziehen sich eines Theils darauf, ob es ein Bedürfniß sei, die Localbauordnuugen mit dem Rechte zur Ausnahme von Expropriationsbestimmungen anszustatten, und anderen Theils darauf, ob es auch au der Zeit sei, diese Specialität für sich be sonders im legislativen Wege abzumachen? In der elfteren Hinsicht dürfte der Hinweis genügen, einmal, daß es an einem allgemeinen, auch aus die im örtlichen Interesse nöthigen Enteignungen anwend baren Expropriationsgesetze fehlt, und zum anderen, daß von den bestehenden Localbauordnungen, deren Zahl gegen 7 0 beträgt, die bei Weitem meisten Expro- priationsbestimmungen enthalten und daß dadurch der Beweis geliefert wird, daß das Expropriationsrecht ein für die Gemeindeverwaltung eben so allgemein, als dringend gefühltes Bedürfniß ist. In einem Lande wie Sachsen, von so dichter und stets wachsender Bevölkerung, so reger Gewerbsthätigkeit und so lebhaftem und immer zunehmendem Verkehre kann es nicht fehlen, daß die allgemeinen und die Privatinteressen in einen schärferen Gegensatz treten, als anderswo, und daß dieser Conflict das Recht der Zwangsenteignung in den Fällen, in welchen den obwaltenden dringenden Bedürfnissen des öffentlichen Lebens auf andere Weise i nicht genügt werden kann, entschieden nothwendig macht. Was dagegen die andere Frage anlangt, so würde derselben wohl eine Be- i rechtigung dann zuzugestehen sein, wenn der Erlaß eines, das Bauwesen im ? Allgemeinen umfassenden Gesetzes in nähere Aussicht genommen werden könnte. Die Staatsregierung läßt diesen Gegenstand zwar nicht aus den Augen und ü verfolgt unausgesetzt den Weg, welchen in dieser Richtung die Gesetzgebung anderer -) Staaten einschlägt. So viel bekannt, ist fedoch bis jetzt noch in keinem Staate ck der Versuch geglückt, ein für das gesammte Bauwesen und Baurecht geeignetes l) Gesetz zu schaffen. Vielmehr hat man sich bei den großen Schwierigkeiten, welche