15 ihrer wissenschaftlichen Mittel darbietet, so legt sie ihm andererseits auch eine Reihe von Verpflichtungen auf, in deren Erfüllung sie die Bedingung des Genusses der akademischen Rechte erblickt. Sie fordert Fleiß, ordnungsmäßige Benutzung der akademischen Lehrmittel, sittliches und der Würde der Universität entsprechendes Verhalten, Beobachtung des öffentlichen Anstandes, Gehorsam gegen die akademischen Vorgesetzten und die Wahrnehmung der den Lehrern und Beamten der Universität gebührenden Rücksichten. Erwägt man hierbei, daß auf einer Universität Hunderte von jungen Männern zusammenkommen, welche den verschiedensten Schichten der Gesellschaft angehöreu, den verschiedensten Gegenden deutscher und fremder Länder entstammen, welche größtentheils in einem Alter stehen, in dem die Charakterbildung noch unvollendet ist — und erwägt man, daß alle diese nach Maßgabe der Zielpunkte der Universität zusammengehalten und geleitet werden sollen, so wird die Nothwendigkeit einer eigenen akademischen Disciplinargewalt in der That keiner besonderen Begründung bedürftig erscheinen. Am augenscheinlichsten tritt sie hervor auf Universitäten, welche in größeren Städten bestehen, da in solchen die Gefahr, daß der Einzelne dem Zwecke des akademischen Lebens entfremdet werde, sofern er nicht von einer der Universität angehörenden Autorität überwacht wird, in ungewöhnlichem Maße wachsen muß. Der Gedanke, daß eine solche überwachende und strafende Disciplinargewalt den allgemeinen Polizeibehörden überlassen werden könne, wird kaum der Widerlegung bedürfen. Es ist von vornherein klar, daß eine solche im Geiste der Universität wirksame Gewalt nur von ihr selbst gehandhabt werden kann, und daß die im deutschen Culturleben so hoch gehaltene Eigenartigkeit ihres Wesens völlig auf gehoben würde, wenn sie machtlos und ohne selbstständigen Einfluß auf die sitt liche Haltung ihrer Studirenden zuwarten müßte, bis eine fremde Behörde ihre inneren Lebensinteressen zu befriedigen unternähme. Der Begriff einer Disciplinarstrafgewalt ist nun freilich kein so bestimmter, daß nicht über den Umfang desselben verschiedene Auffassungen möglich wären. Darin stimmen sie aber fast alle überein, daß sie anerkennen, es gebe eine Grenze, deren Ueberschreitung nicht mehr den Thatbestand eines Discipliuarvergeheus, sondern der Verletzung einer höheren und allgemeineren Autorität enthalte und mithin auch der Competenz der Behörden des Staats anheimfalle. Es liegt darin das Bekenntniß, daß der Studirende zwei Rechtskreisen angehöre, dem engeren Pflichtverbande der Universität und dem weiteren der allgemeinen bürgerlichen Ordnung, daß er durch den Einkitt in jenes engere Verhältniß seiner allgenieinen bürgerlichen Verpflichtungen keineswegs enthoben und daß ein Verhalten möglich sei, welches nicht mehr blos nach dem Gesichtspunkte einer Verletzung der der Erste Abtheiluug, 4. Baad. 3