17 kleinen Stadt werden die Störungen bei Tag und Nacht, welche daS in seiner Munterkeit überschreitende Studentenleben begleiten, leichter getragen, weil die Bürger derselben sich bewußt sind, daß sie eben diesem Studentenleben ihre Nahr ung verdanken, und die Unbequemlichkeiten desselben mit den für sie daraus her vorgehenden Erwerbsvortheilen compensiren. Dazu kommt, daß die Universität in einer kleinen Stadt in der Regel das einzige Institut ihrer Art ist, und daß keine Classe junger Leute außer den Studirenden besteht, welche analoge Ansprüche zu erheben hätte. Ganz anders sind die Verhältnisse in einer Stadt wie Leipzig. So bedeutend und wichtig es auch immer für Leipzig bleiben wird, der Sitz der Universität zu sein, so ist doch die Beziehung der letzteren zu den Bewohnern Leipzigs von der oben gekennzeichneten wesentlich verschieden. Der Gedanke, daß eine Classe von Bürgern von der Universität ihre Nahrung ziehe, wird begreiflich in einer Handelsstadt von dieser Bedeutung nur eine sehr geringe Wirkung haben. Die große Mehrzahl der Bürger hat ihre Erwerbsquellen nicht in der Universität; die Stadt würde auch ohne letztere eine reiche und blühende Handelsstadt bleiben. Dessen ist sich der Leipziger Bürger bewußt; er schätzt und ehrt die Universität als eine hohe Zierde seiner Vaterstadt, aber er ist nicht geneigt, sich die Störung der Nachtruhe und der öffentlichen Ordnung durch junge Leute gefallen zu lassen, von denen er sich in ökonomischer Hinsicht größtentheils völlig unabhängig gestellt weiß. Man kann nun zwar nicht der Meinung sein, daß die Fortdauer solcher Störungen mit der Fortdauer der akademischen GerichtScompetenz nothwendig zu- sammenhängt, indem sie vielmehr als die natürlichen Begleiter der Jugend und der akademischen Freiheit gewiß auch dann noch Vorkommen werden, wenn man ihre Aburtheilung der allgemeinen Polizeibehörde überantwortet; aber eS ist von großer Bedeutung, daß der Bürger den Glauben hat, diese Ausbrüche jugend lichen Muthwillens hingen mit der Exemtion der Studirenden von der Competenz der Polizeibehörde und ihrer Unterstellung unter ein besonderes akademisches Ge richt zusammen, daß er die Studentenschaft als eine privilegirte Classe betrachtet, deren besonderes Recht darin bestehe, ihn ohne ernstliche Ahndung belästigen und stören zu dürfen. Das communale Selbstgefühl sträubt sich gegen die Anerkennung jener Exemtion. Hierzu kommt aber insbesondere, daß in Leipzig die Studentenschaft keineswegs die einzige Classe junger Leute dieser Art bildet, da eS hier eine große Menge anderer junger Männer von ähnlichen gesellschaftlichen Verhältnissen giebt, welche keine solche Ausnahmestellung genießen. Lassen sich auch in der Lage der Studirenden immer noch Unterschiede von der jener anderen Classen junger Männer finden, so sind sie doch nicht von der