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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186502054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18650205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18650205
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1865
- Monat1865-02
- Tag1865-02-05
- Monat1865-02
- Jahr1865
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1865
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«70 Erkundigungen einzuziehe» oder sonst wie vorzugehen. Wir hielten eS für nöthrg, dem Anträge einige Motive hinzuzufügen, um durch dieselben nachzuweisen , daß unS die Sache überhaupt berührt, da man doch vielleicht sagen könnte: . waS mengt ihr euch hinein, es gehört ja nicht in euren Geschäftskreis." Wir wollten daher auf die moralische Seite der Sache Hinweisen, welche uns allein schon ein Recht geben würde, etwas verlautbaren zu lassen, ebenso auf die rechtliche Seite, welche eine Beeinträchtigung erlitten zu haben scheint. Der Inhalt unserer Motive ist nur ein Ausdruck des öffentlichen Gewissens, sie wollen nur sagen, wie man nach dem, waS vorliegt, uriheilt und wie man urcheilen würde, falls sich die bisherigen Angaben als wahr heraus stellten. Es soll also durchaus keine Veruriheilung bei einer Sache ausgesprochen werden in welcher wir noch nicht vollkommen unterrichtet sind, die aber, wenn sie wirklich so vorläge, wie sie dargestellt worden ist, eine bedeutende Aufregung Hervorrufen müßte. Den bisherigen Angaben nach liegt die Sache so: ein Deutschkatholik ist um seines Glaubens willen von einer an sich unschuldigen Handlung zurückgewiesen worben und zwar unter Androhung materieller Gewalt. Meine Herren! Wir können der verschiedensten Ansicht über den Werth des DeutsckkaiholiciSmuS sein, wir können eS für gerechtfertigt, für zweckmäßig halten ober nicht, daß Jemand zu dieser Lehre Über tritt, wir können sein Bekenntniß für richtig oder für im höchsten Grade irrthümlich halten — aber anerkennen müssen wir, daß zum Bekenntniß dieses Glaubens ein gewisser Muth gehört. Sie Alle erinnern sich, wie vielen Anfeindungen diese Religion unterworfen gewesen ist und werden daher zugeben, daß ein größerer Mannes- muth dazu gehört, sich zu dieser religiösen Ueberzeuguvg zu be kennen , als mit dem Strome zu schwimmen, im gewohnten Gleise zu gchen. Dieser Much wird umsomehr anzuerkennen sein, als mit rem Uebertritt zum DeutschkatholicismuS keine äußeren Vor- theile verbunden zu sein pflegen; wenigstens ist mir kein Fall, außer einem einzigen von untergeordneter Natur, von welchem ich erst heute gehört habe, bekannt worden, wo dies der Fall gewesen wäre; im Gegentheck sind oft Anfeindungen und Zurücksetzungen die Folge gewesen. Ganz abgesehen hiervon aber, wir leben in einer Zeit, die, wenn sie auch noch nicht lange diesen Charakter trägt, doch immer mehr und mehr zu einer Zeit der Duldung wird. Seit Lessing, Friedrich dem Großen und Joseph dem Zweiten hat eS sich im VolkSbewußtsein immer mehr ausgeprägt, daß jede Religion eine Herzenssache ist, die nicht aufgedrungen werden darf. Niemand rst berechtigt, seines Glaubens halber Jemand zu verfolgen. Wir zumal leben in einer Stadt, welche durch ihren Weltverkehr, durch ihre Bildung einen höheren Grad der Duld samkeit erreicht hat, als er im Ganzen wohl verbreitet ist. In Leipz'g hat eS die Bevölkerung gelernt, auch fremdes Wesen, ihrer Denkweise Fernstehendes ohne störende Einwirkung auf- kommen und bestehen zu lassen. Wir leben ferner in einem Staate, wo die Demschkatholiken eine anerkannte NellgionSgenossen- schaft sind, welcher selbst unsere Gemeinde seit Jahren bereits hat Unterstützung zukommen lassen und welcher sie ihre Existenz durch Gewährung eines LccaleS für ihre Versammlungen erleichtert hat. Schon das einfache Gefühl des Menschen, der bloße Anstand schon muß Jedem sagen, daß eine Religionsgesellschaft, welche vom Staat geduldet, von der Stadt unterstützt wird, nicht auf der andern Seile zurückgesetzt und beleidigt werden darf. Schon aus diesem Grunde muß eine solche Sache, wie die, welche vorzuliegen scheint, nicht todtgeschwiegen werden. Wer die Ansichten einer solchen ReligionSgeslleschaft bekämpfen will, möge es nur thun wo sich ein rechtschaffenes Feld zum Kampfe eröffnet, er möge sich aber nicht über sie erheben, sich nicht als bevorzugt betrachten, nicht als Höherstehender auf sie herabsehen. Ich mache Sie aufmerksam, meine Herren, daß gerate einer unterdrückten Religionsgesellschaft gegenüber, wie die Deutschkatholiken in mancher Beziehung immer hin noch sind, das menschliche Gefühl um so lebhafter aufgestachelt wird, wenn eS ihr eine neue Zurücksetzung zugefügt sieht. Be züglich ter UeberzeugungStreue füge ich noch hinzu, daß wir uns an das erste Entstehen des ChriftenthumS selbst erinnern müssen. Welcher Muth gehörte in seinem Anfänge dazu, sich zu ihm zu bekennen. Wir Alle stehen auf den Schultern derer, die für den Glauben ins Feuer gegangen sind und danken ihnen unsere ganze Cultur. Wenn nun auch die Demschkatholiken nicht mehr, wie es vor fast 2 Jahrtausenden geschah, gerädert oder geköpft werden: permanente kleine Nadelstiche sind auch nichts Ergötzliches. Ich habe noch auf einen andern Punct einzugehen. Durch jene Zurückweisung ist in der öffentlichen Meinilng das Gefühl hervor gerufen worden, als ob ein Aergerniß am offenen Grade gegeben wäre. Mag eS sein, daß vielleicht gerade ein solches habe vermieden werden sollen; man hat vielleicht von andrer Seite geglaubt, am Grabe eines Evangelischen dürfe nicht aus dem deutschkatholischen Gesangbuche gesungen werden — jedenfalls ist das Aergerniß nur um so größer gt worden. Sollte aber auch vom Standpunkte des Betreffenden aus die Zurückweisung gerechtfertigt gewesen sein, wohin sollten uns die Consequenzen, z B. den Reformirten gegen über, führen? Vielfach sind wir durch Nachrichten aus südlichen katholischen Ländern erfreut worden, wenn wir z. B. vernahmen, daß ein Evangelischer auf dem katholischen Friedhofe ausgenommen worden war, Katholiken vielleicht an seinem Grabe gesungen hatten. Man hatte dort vielleicht auch kein evangelische- Gesangbuch, aber selbst auf «nS Fernstehende, wieviel mehr aus die dabei Anwesen den hat solch ein Vorkommuiß stets einen erfreulichen Eindruck her vorgebracht. Sollten wir consequenterweise eS nicht dulden, daß bei einem evangelischen Begräbniß aus dem Gesangbuche der Reformirten gesungen würde, was sollte aus unseren friedlichen Zusammenleben werden. Daß der nöthige Tact bei allen derartigen Angelegenheiten dem Volke selbst innewohnt, daS glaube ich nach meiner Erfahrung versichern zu können. Wie oft ist kein Geistlicher bei einem Begräbniß zugegen, ohne daß deshalb irgend etwas Un passendes geschähe. Gerade das große Anstandsgesühl. welches das Volk in Allem, was daS Mitgefühl erregt, besitzt, würde jede Be einträchtigung des Zartgefühls selbst zurückwerfen. Indeß macht man vielleicht von Seuen Einiger einen Unterschied zwischen Deutschkatholiken und Reformirten, man betrachtet wohl die Deutsch- katholiken als Abtrünnige, wie die Katholiken vor 400 Jahren die „Ketzer" ansahen. Zu solchen Anschauungen ist aber eine Zeit nicht geeignet, in welcher ja selbst das Iudeathum sich immermehr zur Gleichberechtigung aufschwingt. WaS nun noch die juristlsche Seite der Frage anlangt, so muß ich vorausschicken, daß von dem geistlichen Herrn, selbst wenn er nach dem Gesetz im vollen Rechte gewesen wäre, immerhin ein zarteres und milderes Auftreten zu erwarten gewesen wäre. Hat die Sache aber wirklich so stattgefunden, wie sie dargestellt worden ist, so liegt zugleich ein Eingriff in die Rechte des SladtrathS vor. Die hier einschlagende gesetzliche Verordnung vom Jahr 1856 besagt: „daß Jeder, der bei einer Beerdigung am Grabe des Ver storbenen eine Rede halten will, hierzu aber an sich nicht durch sein AmtSverhältniß berufen ist, von dieser seiner Absicht zuvor und rechtzeitig den Beichtvater des Verstorbenen oder in dessen Ermangelung den Pastor des Kirchspiels, in welchem der Verstor bene gewohnt, in Kenntniß zu setzen und ohne dessen Vorwlssen und Zustimmung sich des Sprechens gänzlich zu enthalten bat." Sie sehen, meine Herren! daß hier nur vom Sprechen die Rede ist, nicht vom Singen. Eine solche Anordnung ist sicher ganz zweckmäßig und eS mögen, dem Tact gemäß, auch andere am Grabe vorzunehmende Handlungen dem Geistlichen angezeigt werden, nur hat derselbe kein Recht, sie zu verbieten. Sollte der fragliche Geistliche aber wirklich mit Anwendung von materieller Gewalt (der Todtengräber) gedroht haben, so wäre das ein wei terer Eingriff, denn die Oberherrschaft über die Todtengräber und die Polizei über den Friedhof hat nur der Rath. Im Interesse des Geistlichen selbst, sowie in dem unserS durch die vorliegende Darstellung verletzten Gefühls verlangen wir nun, daß der Sachverhalt aufgeklärt werde. Wir werden unS innig freuen, wenn es sich anders herausstellt und kein Makel auf dem Manne, der vielseitig hochgeehrt wird, haften bleibt. Die Unter zeichner des Antrags sind auch weit entfernt, einen Stein des Vorwurfs auf ihn schleudern zu wollen, wir verlangen nur Auf klärung der Angelegenheit. Lassen Sie Sich nicht durch ein oder das andere Wort der Motivirung ansechten, auf welche eS ja nicht ankommt, dem Anträge selbst, glaube ich, können Sie alle zu stimmen. Eme Debatte wird wohl jetzt kaum angebracht sein, da unS eben nr.ch keine festen Thalsachen vorliegen; eS würde daher geeignet erscheinen, wenn Sie Sich entschließen könnten, den An trag ohne Weiteres möglichst einstimmig anzunehmen, wie ver schieden auch Ihre Ansichten über Einzelnes dabei sein mögen. Ich hoffe doch, daß wir uns alle in dem Einen Geiste der Dul dung begegnen werden r;nd daß wir alle in dem alten Bibelwort übereinfllmmen, daS leider noch so oft vergessen wird: „unter allerlei Volk, wer Gott fürchtet und recht thut, der ist ihm angenehm." Herr Geh.-R. v. Wächter glaubte bei der bevorstehenden Abstimmung von der Voraussetzung auSgehen zu dürfen, daß nicht Jeder, welcher dem Anträge beistlmme, damit zugleich auch die von den Herren Antragstellern beigegebene Motivirung in jeder Beziehung zu der seinigen zu machen habe. Der Antrag der Herren vr. Schildbach und Gen. ward darauf einstimmig angenommen. Sitzung der Stadtverordneten. (Vorläufiger Bericht.) Leipzig, 3. Febr. Wegen schleuniger Erledigung der Bera- lhung des städtischen Haushaltplans war Beschluß gefaßt worden, mehrere außerordentliche Sitzungen abzuhalten. Nachdem man am vergangenen Mittwoch damit begonnen, fand bereits heute eine weitere Sitzung statt. In Vertretung des behinderten vr. Joseph hatte Herr Avvocat vr Günther den Vorsitz übernommen. Für den Bauausschuß referirte zunächst Herr Näser über die ContiS 36 und 39 (Buden und Chausseen und Wege betr.). Für die vom Rache beantragte Erhöhung für Unterhalt rc. der Buden auf 500 Thlr. ward Genehmigung erlheilt, so wie bezüglich der an den Rach zu richtenden Anfrage, ob die Buden so behandelt würde», wie eS das Interesse derselbe» erfordere. Bei Conto 39 sprach
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