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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.03.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186503242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18650324
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18650324
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1865
- Monat1865-03
- Tag1865-03-24
- Monat1865-03
- Jahr1865
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.03.1865
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1888 »«geeignet und in seine» Nutzen verwendet zu haben. Seinen Angaben zufolge halte er sich ungefähr 14 Tage nach Ostern v. I. auf die Wanderschaft begeben und dabei wiederholt Dresden berührt, ohne Leipzig geseden zu haben. Gleichwohl ist als erwiesen anzu nehmen, daß er AuSgangS deS MonatS April v. I. am hiesigen Platze mehrere Tage hindurch sich aufgehalten und theilS im Gast hof zum Bamberger Hof, theilS in der „goldenen Sonne* Quarjier genommen, auch wir einem Schuhmachergesellen, mit welchem er auf dem Wege nach Leipzig in der Nähe von Reichenbach zusammen- getrcfsin, in Lindenau einem aus Plauen gebürtigen Ziegeleibesitzer einen Besuch abgestattet hatte. Weiler ist durch die beeidete Aus sage eines hiesigen Restaurateur- als festgestellt anzunehmen, daß Schenk am 28. April 1864 in besten am Königsplatze belegenen . Locale einen Brief angeblich an seine Aeltern nach Scholas bei Elsterberg geschrieben und den Restauration--Inhaber gebeten hatte, die zu erwartende Antwort in Empfang zu nehmen, daß auch einige Tage später eine solche unter der Adresse eine- gewissen Treibmavn, für welchen er sich in dem dortigen Locale ausgegeben, mit 6 Thlr. Inlage hier angelangt, und von dem Angeklagten in Empfang genommen worden ist. Dazu kommt, daß Schenk von zwei andern Zeugen als die jenige Person recogno-cirt worden ist, welche um die gedachte Zeit in den Eingangs erwähnten Gasthöfen logirt, auch semen Namen in die dortigen Fremdenbücher eingetragen, so wie daß der ver- :fliä»tete Sachverständige, welchem obiger Brief so wie die Hand- chrift Schenk- zur Beurtheilung Vorgelegen, mit größter Wahr- cheinlichkeit für die Identität der Schriftzüge sich ausgesprochen Me. Schließlich ist zu gedenken, daß Schenk auf dem Wege hie,her die Familienverhältnisse seine- College«, de- vorgedachten Schuhmaibergesellen und Sohne- de- Betrogenen zu erforschen, auch m Erfahrung zu bringen gewußt hatte, daß sein Begleiter außer dem Reisegelde auch einen in den Bund seiner Beinkleider (für den. äußersten Nothfall) eingenähten Ducaten mit sich führte, ein Umstand, welchen er geflissentlich in dem an den Vater seines Begleiter- gerichteten Briefe zur Täuschung des Erster« , welcher wegen der fremden Handschrift an der Echtheit de- Briefe- an fänglich gezweifelt, zu benutzen gewußt hatte. Ungeachtet seines Läugnens gewann der königl. Gerichtshof die Ueberzeugung von der Schuld de- Angeklagten und veruriheilte ihn wegen durch Fälschung ausgezeichneten Betrug-, mit Rücksicht auf seine Vor bestrafungen, zu einer einjährigen Zuchthausstrafe. Eine Vertheidigung fand nicht statt. Verschiedener. D Leipzig. 23. März. In der Tauchnitz'schen Osficin am Griwmaischen Steinweg verunglückte gestern Nachmittag der dort als Punctirer beschäftigte 16 Jahr alte Friedrich August Gustav Handrick von hier. Während de- Gange- der Schnellpresse wischte er einen an der einen Seite derselben angebrachten Cylinder mittelst eine- Lappen- ab, als letzterer unvermuthet von einem Lreibrade erfaßt und seine rechte Hand mit hineingezogen wurde. In Folge der dadurch erlittenen Verletzungen, namentlich starker Quetschungen der Finger, mußte er im IacobShoSpital unter gebracht werden. — Am heutigen Tage ist einem unsrer wohlverdienten Mit bürger, Herrn Buchhändler Leopold Voß, welcher vor wenigen Tagen die Leitung seines buchhändlerischen Geschäfts allhier, dem er 47 Jahre lang mit anerkennenSwerther Solidität und Auszeich nung vorgestanden, in die Hände seine- Sohne-, Herrn Buch händler Julius Voß niedergelegt hat, die freudige Genugthuung zu Theil geworden, von Sr. Majestät dem Könige mit dem Ritter kreuze de- Verdienstorden- decorirt zu werden. Dasselbe wurde ihm heute Mittag durch Herrn KreiSdirector v. BurgSdorff überreicht. lieber den Rechnungsabschluß der Gothaer Leben-- versccherungS bank für 1864 verlautet, daß derselbe sich gün stiger als in irgend einem der früheren Jahre gestaltet. Der Zu gang an neuen Versicherungen erreichte die Höhe von 4'/z Million uhrler, die Ausgabe für Sterbefälle blieb um nicht weniger als 138000 Thaler unter der rechnungsmäßigen Erwartung. Der Zugang dauert in steigendem Verhältnisse auch im neuen Jahre fort, so daß der Versicherungsbestand bereit- auf 47 Millionen Thaler und der CapitalfondS, fast nur in Hypotheken von Land gütern angelegt, auf 12»/» Million Thaler sich erhoben hat. Die Versicherten, welche mit dem wachsenden Umfange der Anstalt durchschnittlich immer höhere Dividenden empfingen, erhalten jetzt 38 Procent ihrer Beiträge zurück, wodurch der BersicherungS- aufwand auf ein ungemein niedriges Maaß sich herabstellt. Clermont, 14. März. Eine Anklage, die in der Criminal- geschichte der neueren Zeit ohne Beispiel ist, wird so eben vor den Ässisen in Clermont verhandelt. Sie enthält so schauderhafte und unglückliche Detail-, daß man fast wünschen möchte, daß sie durch die Verhandlung als grundlos hergeftellt werden. Der Angeklagte, Jean Pelrssier, ist ein Muster von Rohheit und wildem Unmuth. Er sympaihisirte von jeher mit jenen Verbrechern, die sich der Be strafung entweder ganz oder zum Theile entzogen hatten. Die jenigen, welche mit den Gesetzen in ewigem Kriege lebte», waren ihm theuer, sein Freund war em unverbesserlicher Baguo-Bewohncr. Seine Mutter sagte einst wie prophetisch von ihm: er ist für da- Verbrechen geboren, während er selbst, als er von seinem 70jähr. Vater und der 66jähr. Mutter sprach, die Sitte jener wilden Völker lobte, welche „die Alten und Gebrechlichen* als unnütz au- der Welt räumten. „Ein Streich*, meinte Pelissier, „und Alle- ist vorüber.* Dabei waren seine Aeltern nicht mittellos und nicht auf seine Unterstützung angewiesen. Der Vater, ein alter Mann, der die Napoleomschen Kriege mitgemacht hatte, besaß ein hinrei chende- Auskommen, eben so Jean Pelissier, der kinderlos war, und seine Schwester, Fran-oise, eine verheirathete Morand, Mutter zweier Töchter. ES war am Anfang de- Jahre- 1860, da wußte Pelissier seine Aeltern zu bewegen, wegen eine- ProeesseS, in welchen die Familie durch ihn verwickelt wurde, von MaringueS, wo sie wohnten, nach Riom zu fahren, um dort einen Advocaten zu Rathe zu ziehen. Mit Ueberredung und Gewalt wußte es P. durchzusetzen, daß Nie mand außer ihm die Aeltern nach Riom begleitete. Dort wurden diese zuletzt gesehen. Er kehrte allein zurück und erzählte den übrigen Mitgliedern der Familie, daß Vater und Mutter einen alten Kriegsgenossen de- Vater-, einen Herrn Baufort in Arcou- sat, besucht haben. Später las er seinem Weibe und seinen Ver wandten wiederholt Briefe vor, nach welchen die Aeltern sich in Marseille niedergelassen hätten und sich eines vortrefflichen Gesund heitszustandes erfreut«»: ja zweimal reiste P. von MaringueS ab, um seine Aeltern in Marseille zu besuchen. So ging eS durch mehr als drei Jahre. Im Anfänge de- Jahres 1864 heirathete eine Nichte de- Angeklagten. Da sagte er der Schwester, er sei von den Aeltern beauftragt, der Enkelin 3000 Franken auSzubändigen; er gab ihr auch thatsächlich 2200 Fr. Im weiteren Verlaufe des Jahres erklärte jedoch Fran-oise, daß sie die Aeltern sehen müsse, und daß sie daher im Monat Mai nach Marseille abreisen werde. Da producirte Jean Pelissier am 16. Mai einen Brief de- Herrn Sene (in dessen Interesse nach Angabe de- Angeklagten die Aeltern beschäftigt waren) mit der Anzeige, daß die Mutter und drei Tage darauf der Vater gestorben seien. Der Angeklagte schien untröstlich. Er reiste augenblicklich ab, um mit Herrn Senö zu sprechen. Diese plötzliche Abreise machte die Familie stutzen. Man fing an Verdacht zu schöpfen. Man erkundigte sich auf der Post, wann der Brief vom 11. gekommen sei, und erfuhr, daß damals und früher kein Brief kam. Die Briefe sowohl wie die Besuche waren Lügen. Als P. zurückkehrte, da rief ihm die ganze Familie ent gegen: „Wo hast du unfern Vater und unsere Mutter?* Der Angeklagte, todtenblaß, antwortete lange Zeit nicht-. Endlich sagte er: „Sie sind todt." — „So zeige uns ihren Leichnam*, erwiderte man ihm. Eine Verwandte, welche die furchtbare Entwickelung ahnte, führte ihn auf die Seite und rieth ihm sich selbst zu er stechen, damit er nicht zur Schande der ganzen Familie das Schaffst besteige. „Nicht einmal den Stich einer Stecknadel werde ich mir versetzen*, höhnte Pelissier zurück. Er will der Schwester Geld geben, um sie zu besänftigen. /Nicht Geld will ich,* ruft sie, „ich will meine Aeltern.* Der Angeklagte führt sie hierauf in ein Seitenzimmer. Was er ihr dort sagte, ist nicht an den Tag gekommen. Man weiß nur, daß Frantzvise eines Tages sagte: „O, eine Schwester soll ihren Bruder auf da- Schaffot bringen! Was soll ich thun?* Nach einigen Tagen fand sie da- Mittel, sie hatte sich ms Wasser gestürzt. Von da an brach das Lügengebäude de- Angeklagten rasch usammen. Die Gerichte nahmen die Sache in dre Hand. ES anden sich Zeugen, welche seine Aeltern mit ihm in Riom gesehen, und fand sich ein Kutscher, Namen- Oliron, der aussagte, daß Pelissier ihn zur Beförderung eine- Koffers, groß genug, um zwei Leichen zu fassen, gemiethet, diesen Koffer (auf welchem der Ange- genauesten Erhebungen nicht zur Auffindung der Leichen führten, de- AelternmordeS angeklagt vor den Gefchwornen. In der Untersuchung und bei der öffentlichen Verhandlung hat Pelissier geläuanet, die That begangen zu haben. Er wisse nicht, was aus den Alten geworden, und habe seine Beunruhigung um deren Schicksal seinen Angehörigen nicht mittheilen wollen, deshalb Unwahrheiten aufgetischt. Von den Leichen hat man keine Spur entdeckt; man vermuthet, daß er sie zerstückt, in der Kiste verpackt nach Hause gebracht, und sie mit Kalk überstreut vergraben habe. Die gegen ihn vorliegenden Indicien waren aber so stark, feine Versuche, sie zu widerlegen, so schwach und verworren, daß eine Verurtheilung nicht auSbleiben konnte. Er wurde nun auch am 19. d. M., wenn auch nicht zum Tode, doch zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurtheilt. Das Volk fand diese Strafe zu gering. Schon in dem Gerichtssaale ertönte der Ruf: Es ist nicht genug! Derselbe wiederholte sich auf der Straße, und die Entrüstung des Volkes war so groß, daß die Soldaten nur mit Mühe den Ver- urtheilten nach seinem Gefängniß bringen konnten.
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