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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186506181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18650618
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18650618
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- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1865
- Monat1865-06
- Tag1865-06-18
- Monat1865-06
- Jahr1865
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1865
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f. 3746 Standpunkte au- zu, um auf diese Weise die Möglichkeit anzn- bahn«, daß der volle, gauze Meusch gebildet werde. Gestatt« Sie wir deshalb zur größeren Vollständigkeit auch von meinem Standpunkte au- Etwa- zuzufügen, zur Ergänzung de- Gehörten. Ihn« zunächst liegt e- allerdings ob, den Geist zu behüt«, zu bewahr«, zu überwachen, zu bilden, zu regier«. Uns, meine Herren! die wir uns die bescheidenere Aufgabe erwählt Hab«, uu- liegt eS ob (oft in unangenehmer Weise) vom Geistigen abzusehen und dem Materiellen unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Aber wir lernen dabei auch die hohe Bedeutung der somatischen Sphäre schätzen und benutzen, — und wir müssen erkenn«, daß gar oft in der Schule diese Bedeutung mißkanut und noch öfter mißachtet werde. Deshalb glaube ich von meinem Stand punkte au-, daß die Schule, — wenn sie ihre Aufgabe der Ent wickelung de- voll« und ganz« Menschen erfüll« soll und will, — auch gewillt sein muß. auf diese somatische Sphäre ein Gewicht zu legen; ich bin der Ueberzeugung, daß die Schule auch die rein körperlichen Beziehungen nicht vernachlässigen darf. — daß, so wie sie die Erziehung de- Charakter- nicht allein der Familie überläßt, sie auch nach der anderen Richtung hin der Familie Anregung. Beihülfe und Anleitung gewähren muß! — In dem Staate, in welchem diese hochverehrte Versammlung tagt, haben die leitenden Gewalten, diesen Grundsatz zur That werden zu lassen „bereit- nach Möglichkeit in der Gesetzgebung angestrebt. Sie wißen, daß Sachsen in Bezug auf turnerische Frag« für viele andere Staaten de- deutschen Vaterlandes ein Vorbild gegeben hat. Sie wißen, daß man in unserer Stadt vor Kurzem einen Spiel- und Lümmel-Platz für Kinder eröffnet hat, wie mindestens Voihof und Umgebung einer jeden Schule eS sein müßte. Noch fehlt aber etwa-, nock ist man in Einem zurück geblieben und hat kaum das äußere Moment erfaßt. Noch fehlt, daß man über die körperliche Sphäre dem jugendlichen Geiste einen ewißen Aufschluß gebe, so weit er ihn zu faßen vermag; — noch ehlt: daß man dem Schüler lehre, wie er sich künftig kräftigen möge und leiblichen Uebeln vorzubeugen selber im Stande sei. In Sachsen ist diese Forderung seit 30 Jahren — seit der Ver ordnung vom 9. Juni 1835 — den Schulen zur gesetzlichen Pflicht gemacht, und daß sie nicht durchweg zur Ausführung gelangte, kam im Wesentlichen daher, weil die GesundheüSlehre bis zum heutigen Tage, um mich so auSzudrück«, eines allgemeinen Prin cipe- entbehrte, vermöge welches sie in möglichst einfacher, kurzer, leicht verständlicher Werse dem Kinde zugänglich gemacht werden könnte. Immer haben wir bemerkt, daß Lehrbücher der Gesund heitspflege seit den ältesten Zeilen zwei Richtungen verfolgen: da- eme Buch ruht auf Anatomie, da- andere auf Physiologie. Unzweifelhaft sind die- die richtig« Grundlagen; aber sie ge hören nicht in die Schule. Weder da- Kind vermag eine solche Wissenschaft zu'erfassen, noch ist eS von dem Lehrer zu verlangen, daß er neben seinen anderweiten Lernaufgaben oder Berufsarbeiten da-, was der Student in 6 Semestern sich anzueignen versucht, auf dem Wege des Selbststudiums erringe. Somit komme ich, d.e Zeit drängt, zum Schluß. Deuten Sie mir es nicht schlimm, wenn ich eine persönliche Erwähnung mir gestatte, ich vermag in diesem Augenblicke über den fraglichen Gegenstand nicht ander- zu sprechen. — TS ist mir Lebensaufgabe und wird es mir stet- sein, Gesundheitspflege in alle Kreise ein zubürgern, in denen eS möglich ist, ihr Zutritt zu gewinnen. In diesem Zntereße habe ich vergangene- Jahr zu den Architekten in Wim gesprochen und mit ihnen gearbeitet; in dieser Absicht stehe ich auch heute vor Ihnen. Da es aber nicht möglich ist, in dm wenigen Minuten, welche mir vergönnt sind, durch allgemeine Darlegung in den Kern der Frage emzudring« und jedem Zuhörer klar zu werden, so ver weise ich darauf, daß ich versucht habe, da- für Kinder Zweck mäßigste der Gesundheitslehre in einem Dimiuutivbändchen von zw« Druckbogen zusammenzufaffen. Ich bin gern bereit in einer Fachversammlung denen, die sich speciell dafür interessireu, da- Wettere im Detail nachzuweisen. Für jetzt nur da- Eine: um dem Lehrer da- Abhrlten einer Unterrichtsstunde über GesundheitS- lehre in den Classen zu erleichtern und um ihm die nöthige Unter lage zu gewähren, habe ich ein größere- Buch geschrieben: „DaS Buch der vernünftigen Lebensweise-, welches dem Lehrer bietet, was er für seinen Unterricht braucht, — so daß also dieses Werk zu der «wähnten kleinen »Gesundheitslehre für Schulen" sich verhält, wie der große Katechismus zum klein«. — Sie «kennen jetzt, was mich nöihigte, auf meine persönlichen Be strebungen einzugehen. Hätte ich Ihnen nur gesagt: »Macht eS bester; führt die Ge sundheitslehre in den Schulen ein". — so hätte man mir mit Fug und Recht antworten können: »Wir wißen, daß seit 30 Jahr« schon in Sachsen gesetzlich verordnet ist, dm Unterricht in der Ge sundheitspflege auzubahnen; aber die Mittel wüsten hinzu «st gegeben werden." Diese Mittel zu beschaffen, dem Lehr« die Wege zu ebnm, da- war eben da- Ziel meiner Arbeit. Prüfen Sie dieselbe und «tscheidm Sie. Ihr Uriheil wird mir sagen, ob e- gelungen ist, dem praktischen Bedürfniste zu entsprechen. Ab« Eine- muß ich wiednholen! ES wird keine gute Volks schule in der Zukunft geben, wen» die Schule fortfährt dett Körper de- Kindes zu vernachlässig« und gniug zu acht«. Es wrrd nicht Anleitung zur Charakterbildung allgemein in da- Volk hivein- getragen werden können, bevor nicht d« ganze Mensch in Psychi sch« und somatisch« Beziehung gleichmäßig ausgebildet wird! DaS beste Mittel, welche- wir gegen jene weit verbreitete Krankheit un ser« Tage besitz«, gegm welche auch Sie in den Schulen an- käwpfen, — da- beste Mittel gegen da- Versinken in sinnlichen Genuß, und gegm das träumerische Behagen an kränklich« Em- pfindungSduselei, an Müßiggang und Gedankenlosigkeit, — da- ist d« gesunde thatkräftige Körper, dn zum Arbeiten drängt, — da- ist da- Vollgefühl d« Kraft, welche- als körperliche- Bewußt sein d« Gesundheit uns «blüht, und welche- neben dn Wider standskraft gegen äußne schädliche krankmachende Einflüsse auch zu gleich eine Beihülfe gewährt für innere geistige Selbststän digkeit, zu welch« die Schule die nöthige Anleitung gegeben. D« menschliche Organismus besteht nun einmal au- LebeuSauße- rungen in zwei verschiedenen Gruppen, deren eine nicht ohne Nach- theile für dw andere «krankt. Selbstständige Fortbildung nach d« Schulzeit, Selbsterziehung und Festigung de- Charakter- bedingen in höherem Maaße eine gewisse Selbstständigkeit und Festigung de- körperlichen Sein-, als die meisten Lehrer glaub« oder glau ben mögen. Wollen Sie daher wirksam auch für spätere Lebens zeit d« ethischen Verirrungen Ihr« Schüler vorbeug«, so ver nachlässigen Sie eS nicht, dieselben auch vor körperlicher Schwäche nach Möglichkeit zu bewahren. Bilden Sie wirklich den ganzen vollen Menschen aus, indem Sie das lang ihr voremhaltene Recht d« „GesundheitSlehre" wiedergeb«. Vnbünden Sie sich für Einführung derselben als Gegenstand de-Unterrichte-. Wirken Sie dafür in Ihren Kreisen! — »Man muß da- Gute sag«, und muß es wieder sagen, und muß eS immer wieder sagen, bis es gehört wird!" — Ltadttheater. Theodor Dörings Gastspiel begann am 16. Juni mit seinem unsterblich« Bankier Müller im „ LiebeSprotokoll", ein« Leistung, durch die er ein sehr sterbliche- BauernfelbscheS Stück seit 25 Jahren Wohl schon mehr als 300 Mal über dem Wasser gehalten hat, so wie mit dem kaum mindn berühmt« und eben so häufig gegeben« CommissionSralh Frosch im alten Kotzebueschen Schwank: „Der Verschwiegene wider Willen". Niemals sah man auf deutsch« Bühne Lustspielgeftalt« von höherer. LebenS- wahrheit, als diese Beiden; es sind Persönlichkeiten uns«« Ge sellschaft, wie sie jedem täglich begegnen, so bestimmt, so scharf der Wirklichkeit entnommen, wie sie leib« und leb«. Ein we sentlicher Theil der Döringschen Kunst bestand von jeher in der individuell ausgeprägten und konsequent festgehaltenen Charakter maske; da- ist auch in jenen zwei Rollen der Fall. Ab« diese Fähigkeit, daS Wirkliche, Reale treu und lebendig in die Einbil dungskraft aufzunehmen, daß eS sich auf da- Gebot de- Willen- im Aeußer« wiederspiegelt, übt ihre Herrschaft nicht allein über daS Antlitz, sondern auch über Ton, Haltung, Gang und Be wegung. So entstehen die Plastisch ausgearbeiteten, ganz« und voll« Figuren de- Menschen bildenden Künstlers Döring. Jener Müll« im Bauernfeld'schen Stück, wie ihn* unser Gast aufgefaßt und hingestellt hat, ist bekanntlich das hundertfach nach geahmte Prototyp der unt« dem Namen »jüdisch« Bankier" auf der deutschen Bühne eingebürgerten Charakterrolle geworden; die Nachfolg« find uns damit leider nur allzuoft in den Weg ge kommen, wofür ab« Döring nicht verantwortlich zu mach« sein wird. Und keiner dies« Imitatoren konnte sich mit ihm messen; entweder haben sie da- Ziel nicht erreicht, d. h. sie blieben wir kungslos, od« sie trafen üb« das Ziel hinaus, d. h. sie über trieben. Jedoch da- Geheimniß des unvergleichlichen Effect- dn Döringschen Leistung liegt gerade in dem Fernsein jeglicher lieber- treibung, in dem durchgängig beobachteten Maß. Wir sehen, wie man mrt den einfachsten Mitteln den schlagendsten komischen Ein druck hervorbringen kann. Dasselbe gilt natürlich auch von dem Commissionsrath Frosch, einer Figur, die ganz die gleiche typische Bedeutung, wenn schon in speciell«« Weise, für sich in Anspruch nehmen kann: sie ist ein daS Leben überlebendes, künstlerische- Urbild od« Abbild de- dahingegavgenen Philistertum- des alt« BnlinS, mit deutlichere» Worten: des Berlins dn alten »KönigS- stadt", dn Zeiten Angcly's und Schmelka'S, de- BnlmS d« Weißbierstub«, da da- „Neu-Bayrisch" noch nicht die »kühle Blonde" verdrängt hatte, da man noch in dn Chaise, nicht auf dem Schienenstrang nach Potsdam fuhr und die „Zelte" im Thier- ganen wirklich noch Zelte waren, nicht stolze Paläste mit gaS- erlevchtet« Sälen. D« Empfang, den da- hiesige Publicum unserem verehrten Gast schon an diesem ersten Abende bereitete, war ein außerordent licher: dn Beifall, daS Herausrufen nahm fast kein Ende. Die nächst« Rollen Döring- dürsten nun auß« »HanS Lange" noch Falstaff, Nathan, dn „Jude", d« »alte Magister", der Doctor im »Störenfried" u. s. w. sein. — Die Unterstützung, welche dem fremden Künstler unsere einheimisch« Mitglied« zu Theil werden
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