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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186509056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18650905
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18650905
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1865
- Monat1865-09
- Tag1865-09-05
- Monat1865-09
- Jahr1865
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1865
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die Nichtbestätigung einfach ohne Motive ausgesprochen worden, so würde sich «ach unserer Verfassung, wie sie letzt besteht, nicht viel dagegen sagen lasten. Es sind hier aber Gründe ausgesprochen worden, die wir «m der Ehre des Collegiums halber bekämpfen müssen. Die KreiSdirection hat gemeint , daß auf Herrn Häckel'S Verfassungstreue nicht viel zu rechnen sei. WaS will sie mit dem Wort „Verfassungstreue" sagen? Ich sollte meinen, gerade von oben herab hätte man Beweise genug gegeben, wie man auch ande rer Anschauung hierin sein könnte. Wenn nicht der blinde Glau ben an den Buchstaben der thatsächlich bestehenden Verfassung ge meint sein soll, dann wird wohl mancher Zweifel über di« Ver fassungstreue in höhern Regionen gerechtfertigt sein. Wirst man dem Gewählten vielleicht besten Theilnahme an den Bestrebungen nach politischem Fortschritte vor, so sei diese gewiß nicht verfassungs untreu, schreibe ja selbst die Kreuzzeitungpartei ein: Vorwärts für König und Vaterland auf ihr Panier. Wenn man im viel gelobten Preußen sich auch gemüßigt sieht, gegen Bestätigung von Stadträthen und selbst Stadtverordneten von Oben anzukämpfen, so wünsche ich nicht, daß wir in Sachsen ein gleiches Vorgehe» immer und immer wieder zu befürchten hätten. Wir müssen also gegen das Aufstellen einer solchen Auffassung des Begriffs „Ver fassungstreue" Verwahrung einlegen. Sollen vielleicht alle die, welche die Petition für Wiederherstellung der Verfassung und des Wahlgesetzes unterschrieben haben, und eS sind deren Viel« in die sem Saale, als Verfassung-ungetreue betrachtet werde« - Daun könnte eS vielleicht auch VerfaffungSuntreue sein, wenn man sich gegen die allzugroße Beschränkung der den Stadtverordneten ein geräumten Rechte, z. B. bezüglich unserer Vicebürgermeisterwahl, ausspricht. Im Interesse der Erhaltung des GememsinneS ist eS zu wünschen, daß solche Gründe, wie die hier angeführten, zurück- gewiesen werden; es wäre gegen die Ehre des Collegiums, ste anzuer kennen. Stadtverordneter Ru dl off: Wenn eS stets Aufgabe des Stadtverordnetencollegiums ist, erledigte StadtrathSftellen mit den besten Kräften zu besetzen, so mußte eS um so schmerzlicher sein, daß wir eine Zeit emtreten sahen, wo eine ganze Anzahl von Männern deshalb die erforderliche Bestätigung nicht erhielten, weil sie patriotisch fühlten und für die Entwickelung eines einigen Va terlandes eintraten, eine Zeit, wo es hinreichte, Mitglied deS Na tionalvereins zu sein, um zu öffentlichen Aemtern unfähig zu wer den. Wenn eS neuerdings den Anschein hatte, die Regierung habe über den Nationalverein eine andre Ansicht gewonnen, und eS er hielten nunmehr auch solche Männer, die ihm angehörten, die Be stätigung, so ist anderseits es umsomehr zu verwundern, daß ein Mann, wie Herr Häckel, wiederum nicht bestätigt wurde. Er ge hört seit vielen Jahren unserm Collegium an und die Bürgerschaft zollt ihm hohe Anerkennung — ich erachte es daher für Pflicht, daß man sich dem Anträge deS vr. Schildbach anschließe. Herr Lorenz: auch rch stehe nicht an, offen auszusprechen, daß ich ra vielen Fragen, welche in diesem Saale zur Erörterung ge langt sind, nicht mit Herrn Häckel auf einem Standpuncte ge standen habe. WaS di« politischen Ansichten des Herrn Häckel betrifft, so kenne ich dieselben nicht genauer, da ich ihn auf diesem Felde noch selten oder gar nicht erblickt habe. UebrigenS aber handelt eS sich jetzt auch keineswegs darum, ob ich seine Wahl ge wünscht habe oder nicht, auch nicht darum, ob ich in allen Dingen mit ihm einverstanden bin oder nicht, sondern einzig um die Ab wehr einer zu weiten Ausdehnung des allerdings der Regierung jetzt noch unzweifelhaft zustehenden Bestätigungsrechts und damit einer Beeinträchtigung der gemeindlichen Selbstverwaltung. Be kanntlich hat die KreiSdirection keine Verpflichtung, ihren ablehnen den Beschlüssen Motiv« beizufügen. Hat sie dies dennoch in neuerer Zeit mitunter gethan, so ,ft da« vielleicht sogar dankenSwerth, ob freilich aber Herr Häckel selbst Grund hat, für diese Motivirung jetzt' dankbar zu sein, das steht bei ihm. Wenn die Behörde aber einmal Motive äußert, so ist auch eine Besprechung derselben ge rechtfertigt, und ich glaub«, daß im gegenwärtigen Falle ein« solche Besprechung geradezu herauSgefordert ist, indem der Wählerschaft indirect der Vorwurf gewacht worden ist, nicht mit der nöthigen Vorsicht und zwar eine Persönlichkeit gewählt zu habe», gegen welche die KreiSdirection den schweren Vorwurf erhebt, gelegentlich einmal verfassungswidrig handeln zu können. Meines BedüukeuS sollte in einem Rechtsstaate, den wir, als in einem konstitutionellen Gemeiweseu lebend, eigentlich bereits haben sollten, den wir indeß freilich in vielfacher Hinsicht erst noch zu erstreben haben, eine Be- urtheilung nur über bereits feststehende Thatsachev stattfinden. Noch nicht lange ist e«, als in einem Nachbarlande ein großer politi scher Proceß geführt wurde, dessen Einleitung sich di« conservative Presse desselben Landes nicht scheute, als einen Act der Präventiv- justiz zu bezeichnen. Ein Vorgehen im Sinne der uns heute vor liegenden Regierungsmotive dürfte uns aber ebenfalls einer solchen Piäventivjuftiz nahe führen und eS ist Pflicht jedes Bürger-, gegen solche Maximen Adhülfe zu erstreben, weshalb ich den Antrag des Herrn Vr. Schildbach auf RecurSergreifung unterstütze. Vielfach hat Herr Häckel sich in öffentlichen Aemtern bewegt, wie man ihm aber »ach seiner Wirksamkeit in denselben, al- bei der Communal- garde, als Präsident der Gewerbekammer, beim Vorschußverein, beim Feuerlöschwesen u. f. w. hier iF diesem Saale de» Vorwurf machen kann, er könnte möglicherweise einmal seinen der Verfas sung geleisteten Eid brechen, die- ist mir nicht klar. Wir Alle ollen verfassungstreu sein, denn die Verfassung haben wir be- chworen; welche- ist aber das Kriterium der Verfassungstreue? Den Eid, den Jemand als Staatsbürger schwört, und dessen don» Läs Auslegung, hat er vor keiner Behörde, sondern nur vor Gott und seinem Gewissen zu verantworten. Gerade in unserer Stadt haben wir in der traurigen Zeit de- Jahres 1850 glänzende Beweise von Verfassungstreue gesehen: so in der Person des Bürgermeister Koch, so in der Mehrheit des akademi schen Senats. Nachdem jene Männer damals gemaßregelt worden sind, weiß ich nicht, ob die Regierungsbehörde bei ihrer Forde- derung der Verfassungstreue eine solche Verfassungstreue im Sinne hat, welche sich unerschrocken auch der Macht entgegenstellt, wenn man dieselbe auf dem Pfade des Unrecht- vermuthet? Denn dir Regierungsbehörde wird da- Wort verfassungstreu doch nicht gleich bedeutend erachten wollen mit der Unterordnung unter jedes Machtgebot von oben? Ueberhaupt erscheint eS bedenklich, wenn gerade unsere Behörden da- Wort verfassungstreu so sehr iu den Vordergrund stellen, wo doch, wie im vorliegenden Fc die genügst« N rm vorliegende» Falle, nicht othwendigkeit dazu geboten ist. Jedermann weiß, daß üb«r die Verfassung-Mäßigkeit unserer staatlichen Zustände Zweifel obwalten. An anderer Stelle würde rch mich über diesen Punct deutlicher aussprechen, wie ich die- bereits gethan habe, in diesem Saale ist jedoch nicht der Ort zu solchen Erörterungen. Ich will daher hier als einfacher Gcmeindebürger nur constatiren, daß, wenn von der Regierung eine lange Reihe von Jahren hin durch fortwährend behauptet worden war, der Erlaß vom 3. Juli 1850 sei gesetzmäßig gewesen, doch bei den Verhandlungen des letzten Landtags die Frage nur noch auf dem Gebiete der Zweck mäßigkeit gespielt hat. Wer die bezüglichen Verhandlungen der zweiten Kammer aufmerksam liest, wird finden, daß von der Mi nisterbank kein Wort mehr gefallen ist, welches das Recht jene« Erlasses betont hätte, da- man gehabt zu haben vermeinte; es wurde vielmehr immer nur von der Zweckmäßigkeit und in erster Linie von der vermeintlichen Unmöglichkeit gesprochen, nach 14 Jahren wieder auf die früheren Zustände zurückgreifea zu können. An der Kammer selbst haben wir von einem hervorragenden Mit glieds der Regierungspartei, einem höhern Richter in unserm Lande, das erstaunliche Wort vernommen, daß er sich damal- über den RechtSpunct keine Scrupel gemacht habe! Darnach wird eS wohl Jedermann gestattet sein, über die RechtSbestävdigkeit unserer BerfassungSzustände mindestens Zweifel zu hegen. So lang« diese Zweifel aber nicht gelöst sind, so lange ist eS sehr be denklich, irgend Jemandem ohne Nachweis geschehener Tbatsacheu dm Vorwurf zu machen, er könne seinen Eid auf die Verfassung brechen. (Bravo!) Stadtverordneter Advocat Helfer: Wir haben Herrn Häckel in der vollen Ueberzeugung gewählt, daß er als Stadtrath auch der Stadt nützen werde; hätten wir diese Ueberzeugung nicht ge habt, so hätten wir das Interesse der Stadt nicht gewahrt. Hier nach müssen wir auch Alle- thun, um die Bestätigung zu erlangen. Ich übergehe den politischen Standpunct der Frage ganz, hebe aber ebenso wie schon Herr Lorenz gethan, die Bürgertugenden HäckelS hervor, der sich in vielen Angelegenheiten um die Stadt verdient gemacht hat. Ich finde eS indeß für nothwevdig, daß wir nicht nur selbst den Antrag annehmen, RecurS an die Regie rung zu ergrei en, sondern daß wir auch dem Rath anheim gedm, diesem RecurS beizutreten, und stelle darauf den Antrag. Stadtverordneter Häckel: Erwarten Sie nicht von mir, daß ich irgendwie eine Veriheidigung gegen die schwere wider mich vor- zebrachte Anschuldigung einlegm werde. Nur das Eine will ich agen, daß ich aufrichtigen, herzlichen Dank zolle für da- mir vor 4 Jahren und jetzt wiederum bewiesene Verträum, welches sich auch in den heutigen Verhandlungen wieder so ehrenvoll ausge sprochen hat. Wenn Sie den RecurS beschließen sollten, so werde ich der Entscheidung der Regierung ruhig entgegen sehen. Herr Lorenz: Ich gebe eS Ihrer Erwägung anheim, meine Herren, ob e- gut ist, dem Anträge de- Herrn Adv. Helfer bei- zutretm. Ich zweifle zwar keinen Augenblick, daß der Rath in materieller Hinsicht mit uns einverstanden sein werde, indeß bin ich auch der Meinung, daß wir dieser Unterstützung nicht bedür fen, da unsre Sache auch ohne dm formellen Beitritt deS RatheS ihre Würdigung in Dresden finden wird, wo ja, vielm officiösm Versicherungen nach, jetzt eine so liberale Strömung sein soll. Äch bin gegm dm Helferschm Antrag, da ich mich eine- Falle- erinnere, wo der Rath in einer ähnlichen Angelegenheit RecurS ergreife» wollt«, e- ihm aber von der KreiSdirection unter Berufung auf die Gesetze verwiesen worden ist. Ich wünschte daher nicht, daß hier irgend ein Formfehler vorfiele, der die Sache möglicherweise in ein andere- Gleis bringen könnte, was bei einer engherzigen Auslegung der Städteordnung immerhin möglich wäre. Da ich einmal da- Wort Hab«, so will ich de» vorhin ange führten Beispielen von Verfassungstreue aus dem Jahre 1850 noch einen Namen beifügen, den ich, wa- mir selbst unbegreiflich ist, vorhin zu erwähnen vergessen habe, einen Mann, dm wir zu
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