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Sächsische Volkszeitung : 18.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192310184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231018
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- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231018
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1923
- Monat1923-10
- Tag1923-10-18
- Monat1923-10
- Jahr1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 18.10.1923
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Donnerstag, den 18. Oktober 1923 Nr. 2»2, Leites und Verusspflichten; sc> mancher Wunsch, s» manche liebe Eriune» ^nng, so mancher heitere Ausblick in die Zukunft ni*.mt lebhafte Gestalt an; in den feine.«, vielverzn eitlen Nerveugäiigen des Ge hirns erfolgen gewissermaßen Rückschläge, Negative des Gedachten «der Erlebten, und diese entwickeln sich dann, n e s« unvollkommen, nech häufiger aber !n teizerrtcr oder crwe -srter Forni zu jenen lGestaltunge», die wir Träum- nennen. Was ist nun aber von den Träumen zu halten? Nicht viele, vielmehr die meisten Menschen legen denselben eine«« zu hohen Wert bei; sie haben :m Grunde genominen überhaupt keinen Wert oder höchstens den: leichtgläubige Menschen in gewisse» Fällen zu beruhigen. Lange genug hat es eine „Kunst" gegeben, die Tcaumdeuterei; selbst jetzt trotz unserer aufgeklär ten Zeit, soll fix zuweilen gewisse Orgien feiern. Durch diese „.Deutungen" werden jedoch abergläubische Menschen gewöhnlich tin höchste Aufregung versetzt und Las Ilebel, einen unruhigen Schlaf zu haben, wird nur noch verschlimmert. Wer also au un ruhigen, beängstigenden Träumen leidet, sollte zu derartigen« Ilnfug des „Deutens" nicht greifen, sondern vernünftige, liotur- geniäste Mittel zur Erlangung eines ruhigen Schlafes anwende». Es gibt aber auch Menschen, die stets im Wachen Zu stande träumen, zwar nicht so, wie der schlafende Mensch; aber sie sind ini Zustande dieses wachen TräumenS meist so geislesal-wesend, das; sie von ihrer Ilmgebung nichts höre» und nichts sehen, das; wer weis; was in ihrer Gegenwart geschehen kann, ohne das; sie eine Ahnung davon haben. Die menschliche Seele geht in solchem Zustande — gewissermaßen — ihre eigenen Wege, unbekümmert, das; der Mensch in seinem animalischen Teil nur ganz automatische bezw. mechanische Tätigkeiten ausübt, in seinen Gedanken, als Ausfluß der Seele, sich aber in andere Regionen versetzt glaubt. Dieser Zustand eines Menschen ist selbstredend ein krankhafter und kann sehr leicht zu UnglückS- sällcn oder auch wirklichen erheblichen Erkrankungen führen. Man sollte diese träumerischen Veranlagungen deshalb nicht zu leicht nehme». Nur in einem gesuiiden Körper kann ein ge sunder Geist, d. h. eine gesunde Seele wohnen, und solcher Mensch braucht sich durch Träume i» keiner Weise zu beunruhigen; sie sind naturgemäße Vorgänge, weiter nichts; ihre Ursachen haben »vir vorstehend klar zu mache» versucht; sie in ruhige Bahnen zu lenken hat jeder Mensch mehr oder weniger Macht und Gelegen heit. Deutsche Mädchen als Handelsware DaS deutsche wirtschaftliche Elend suchen die Verbrecher lall er Nationen zu ihrem Vorteil auSzubcuten. Jetzt komint die Nachricht, das; auch der schändliche Mädchenhandel über die deutsche Grenze wieder in Heller Blüte steht. Ein t» Deutsch land sestgeiioinniener Mädchenhändler hat eingestanden, das; er in Verbindung mit einem Holländer in, Laufe des Sommers etwa 50 Mädchen nach Holland gebracht hat, die angeblich in Holland gutbezahlte Stellungen erhalten sollten aber von dort in ameri kanische Bordelle weitergebracht wurden. Ein Brief an einen in Deutschland in Haft sitzenden anderen Mädchenhändler, den die Berliner Zentralstelle zur Bekämpfung des internationa len Mädchenhandels ausfing, gibt ein entsetzliches Bild von dem Trüben dieser Verbrecher. Es heisst in ihm »ämlich n. a.: „Die 5 Mädchen sind gut angekominen und gesichert. Sie sind unter wegs nach Neii York, Im Hafen von Hamburg wimmelt es von Polizisten. Nach mühsamer Arbeit haben wir sie aufs Schiff gebracht. Zwei hätten nnS durch ihr Weinen verraten, aber Tu weifst ja, dast Chloroform gut wirkt. Bill ist verhaftet worden. Jcmny ist an seiner Stelle. Ich habe die Mädels nach San Franzisko, Blue Vird, gebracht. Da können sie nach Vater und Mutter schreien soviel sie wollen." Gegenüber diesem ver brecherischen Treiben ist die schärfste Aufmerksamkeit der deut schen Polizei erforderlich, aber wie sich schon in FriedenSzsitcn hcrausgcstelll hat, kann sie ohne die Hilfe der internationa len Polizei in diesen Fällen nur wenig machen. Man sollte «»einen, das; besonders die holländische und amerikani sche Negierung, die sich sonst so viel auf ihren sittlichen Hoch stand zugute tun und sonst die ihnen unerwünschte Einwanderung mit den schärfste» Mistnahmen zu bekämpfen wissen, auch im Falle deS Mädchenhandels andere Abwchr»ias;rcgeln ergreifen könnten. Aber auch die deutschen Verantwortliche» Persönlich keiten in Siadt und Land, insbescmdere die Frnnenberbände, haben jetzt ihr? Abwehrmastnahmen zn verdoppeln. Das Diktat Grossist S t r c b e n> a ii n hatte einen weiblichen Steno graphen. Diese berufstätige Dame war sehr tüchtig, aber nicht -nnsehlbar, und eines Tages hatte sie einen der Sätze Strebe- nianns mistverstanden. Ein gewaltiges Donnerwetter prasselte aus dem Munde des Gewaltigen ans sie hernieder. „Ich dachte . . ", stammelte sie verlegen und ärgerlich. „Ach liebes Fräulein, lassen sie blos; das Denken sein," rief Herr Strebcinauii Unwillig aus. „Ich bin derjei.iig-c, der zu d?nken Lll.'.'.'ck..-—' t'IM, , hat. Ihre Aufgabe ist nur zu schreiben. Verstanden!? Schrei- den Sie jetzt bitte, aber genau so, wie ich Ihnen diktiere!" Der erste Brief, den Herr Strebemann jetzt seinem Bürofräulein diktiert? und den sie ihm dann zur Unterschrift vor letzte, hatte folgenden Wortlaut: „An den Grossisten... ja, wie hieß er nur mit Vor namen? Ach ja, Heinrich! An den Grossisten H. Land. Als Antwort auf Ihr Geehrtes vom . . . zum Kuckuck — wo habe ich seinen letzten Brief? Aha, da ist er! Also. Geehrtes >om 16. ds., worin Sie mich fragen. . Ja, was fragte er mich eigentlich? Kein Mensch kann hier seine Krähenfüstc entziffern, der hat wohl auch niemals einen ordentlichen Unterricht genossen. Wollen sehn! Ach ja, jetzt Hab? ich's . . — worin Sie mich nach der letzten Notierung für prima Butter fragen. Wir bekommen jetzt eigentlich 600 pro Kiste — dem können wir vuhig 880 an- rechnen. Wer solche Krähenfüste schreibt, kann gerne mehr be zahlen. Also — teile ich Ihnen mit, dast ich unter besonderer Berücksichtigung Ihrer geschätzten Kundschaft Mindestpreis von 580 pro Kiste in Anrechnung bringe. Ja, das war nun alles. Mit ausgezeichneter Hochachtung — dast man hochachtungsvoll schr?iben must, an einen Mann, den man nicht einmal mit der Zange aiifassen möchte, unerhört! l I Wenn eS nicht des Ge schäftes wegen wäre . . .1 Ihr ergebener Strebemann", Aus aller Welt ft Der Erstürme«: der Panzerfcste Baux verunglückt. Aus Groß Moitzow bei Treptow a. N. ist au den Folgen eines Un- glüstsfalles der Erstürmer der Panzerfeste Vanx vor Verdun (2. Juli 1916), Oberleutnant Kurt Rackow, gestorb?». Beim Pflügen mit einem Ta-mpfpflug hatte er den Maschinisten ab- gelöst, tvar abgcstür,t und uberfahren worden. 1' Im Kaisen-WilchclnxKan'al stießen bei Kiel unweit der Landwehrfähre der von Brunsbüttel kommende Dampfer „Seine" und der westlich fahrende Hamburger Dampfer „Audalusia" zu sammen. Die „Seine" soll schwer beschädigt sein und sich im sinkenden Zustande befinden. Der Kanal wurde gesperrt. ft Das grösste elektrische tteberlandiverk der Welt, das Vayernwcrk, wurde jetzt in den gesamten Fernleitungen fertig- gestellt. Die Leitungen umfassen vom Walchenseekrastwerk bis Aschaffenburg und Hof das ganze rechtsrheinische Bayern mih 906 Kilometer Länge. In einigen Wochen werden auch oie Umspann- aulageu fertig sein. ft Pasteurs erster Putient gestorben. In einem Pariser Vor ort ist dieser Tage im Alter von 54 Jahren jener Jupille ge» starben, dessen Name mit einer der grössten wissenschaftlichen Ent deckungen der Welt für immer verbunden ist. Er war als Hirten junge von einem tollen Hunde, der in die Herde eingobrochen war, nach einem wilden Kampf gebissen worden und schien unrettbar verloren, als einer auf den Gedanken kam, mit ihm nach Paris zu Pasteur zu fahren, der damals gerade sein Serum gegen die tzuudswiut entdeckt, bisher am Menschen aber noch nicht erprobt hatte. Nach einigen Schwanken erklärte sich der Gelehrte auch bereit, au dem Hirtenjungen sein Mittel zu probieren, mit dem Erfolg, das; dieser geheilt wurde. Er blieb dann 30 Jahre im Institut Pasteurs als Gehilfe. Jupille ist auch iu der Bronze gruppe dargestcllt, die im Vorhof des Pariser Institut Pasteurs steht. ft Eine neue Großkraftwasseranlage in Oesterreich. Ans Wien wird uns gemeldet: Ein neues grandioses Werk moderner Jngeiiieurkunst ist gegenwärtig in Oesterreich im Entstehen. Es ist dies die Ubbs-Wasserkraftanlage G ö st l i n g - O p p o n i tz, die das Gefälle des Ubbsfliusses zur Energiegewiniiung in der Weise ansnützt, das; durch Anlegung cin?s grasten Wehrs bei Göstliiig in der Sekunde 10 Kubikmeter Betriebswasser entnom men und durch eine 11,3 Kilometer lauge Oberwasserleitung den Turbinen des Kraftwerkes bei Opponitz Angeführt werden. Von Opponitz wird die hier erzeugte Energie nach Transforma tion auf 110 000 Volt Spannung mittels einer 1-10 Kilonieter langen Hochspai>iiiinasl?itniig in das Netz der Wiener städtischen Elektrizitätswerke geleitet. Bemerkenswert ist, dast bei dieser Grostwasserkraftanlage insgesamt nund 10 000 Meter Stollen-bau- ten anSzuführen sind. Durch den Bau des Opponitzec Werkes werden 7000 Waggon Kohle im Jahre gespart, was bei den ge genwärtigen Preisvcrhältuisscu einem Aufwand? von 56 Milli arden Kronen glcichkommt. ft Ein Fest der Spanier in Berlin. In der Aula der Ber liner Universität fand am Freitag ein von den hiesigen spanischen «und deutsch-spanischen Organisationen Veranstalters Rassen fe st der spanisch -sprechenden Völker zum Gedächt nis der Entdeckung Amerikas chstatt. Nach Begrüstungsworte» des Rektors der Universität, Geheimrat Dr. Hefter, gedachte der argentinische Generalkonsul Caustioti in deutscher und spani scher Sprache der Bedeutung des Tages. Nach Vorträgen von Dr. Nohrbach und Tr. Greif, in denen ans die herzlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den spanisch,sprecheiiden Nation?» hingewiescn wurde, wurde die Feier durch eine An sprache des spanischen Geschäftsträgers Garde nas geschlossen, welcher dem Wunsche Ausdruck gab, dast die ideelle Vereinig»», der spanisch sprechenden Völker dem Fried?» der Welt dienen möge. Unter den sehr zahlreichen Teilnehmern befanden sich neben den diplomatischen mid konsularischen Vertretern Spaniens und der spanisch-südamerikanischen Staaten, u. a. der Reichstags Präsident, der Oberbürgermeister von Berlin, sowie Angehörig« des Auswärtigen Amtes, der Marineleitung und des pre-ustischest Ministeriums für Wissenschaft -und Kunst. ,1 ft Dollarfresser. Am iSrael. Neujahrstag erhi?lt die Witwe Jordan, während sie in der Synagoge war, einen Brief aus Amerika. Ter Postbote schob ihn wie üblich zur Türspalt? hinein. Der eingesperrte Hund zerriß jedoch den Brief samt einem in liegenden 5 Dollarschein und fräst ihn bis auf einige kleine Fetzeis zum Schrecken der Heimkehrenden auf. /I ft Zu viel Spenden für Japan. Die „Times" melden aus Osaka, daß die Mengen an Lebensmitteln und Kleidungsstücken, die nach Japan nach den« Erdbeben geschickt wurden, die Nachfrage weit üb?rstiegen. Die Folge ist, das Tokio, Jakohama und die anderen Städte im Kanlondistrikt nicht imstande sind, die großen Quantitäten zu absorbieren. So sind Niesenmengen von Lebens mitteln dem Verderben preis ge geben und es werden sogar Magazine zur Aufbewahrung der nicht leicht verderblichen Gegenstände erbaut. Der Benzinvorrat in Tokio war kurz nach r Katastrophe erschöpft, aber durch di? reiche Hilfe, die man Japan angedeihen liest, hat man dort nun so viel Benzin, dast die Schiffe nach ihren AusgaugShäfen zurückkehren, ohne ihre Ven- zinlad'.mgen zu löschen. ,j ft Auch die Zigeuner streiken! „Wo alles liebt, kann Kar! allein nicht hassen!" Auch die Zigeuner sind von der Streikwelle der Zeit ergriffen worden. Die als Volksmusikanten in Ungarn sehr geschützten Nomaden, die als „Zigeunerkapellen" Weltruhm b?sitzcn, sind in der ungarischen Stadt Pecs in Streik getreten, da ihnen die Hotel- und Kaffeehausbesiher die geforderten Löhn« nicht bewilligen wollten. Die Lokalbesitzer ließen die Fiedel- und Ziinbelküustlcr ziehen. Da gabs eine Ueberraschungl Das Publikum erklärte sich mit den Zigeuern solidarisch und bohlot- ticrte die Restaurants und Hotels, in denen keine Zigeunerkapel len musizerten. D?r Streik der Zigeuner endete mit ihrem Sieg. Infolgedessen hat die Streikbewegung der Zigeunerkapellen in Pecs anfgehört, hat aber gleichzeitig auf ganz Ungarn überge- griffen. Bttcherttsch „Die Unruhe zu Gott." Erinnerungen eine? Maler-Mönches. Von Willibrord Verlade, O. S. B. Mit einem Bildnis, 16.—26. Tausend. Oktav (VIII u. 248 S.) Freiburg i. Lr. 1923, Herder. Geb. G. 5.50 (4.50). G. gleich Grundzahl) mal Schlüsselzahl gleich Berlags-Markpreis; dazu Teuerung^ znschlag. Die Ziffer in Klammern ist der Schtveizec-Franken^ Preis. . , Die geheimnisvolle Unruhe einer durch und durch moder nen Künstlerseele, eine Unruhe, die zum Suchen antreibt und nicht rasten läßt, bis die Ruhe im Höchsten gefunden wird, biloet den Inhalt dieses köstlichen Buches. Das hier geschilderte Suchen und Finden der göttlichen Wahrheit, Schönheit und Liebe wirkt deshalb so spannend, weil er auf so eigenartigen Wegen vor sich geht. Das frei bewegte echt holländische Kindheits- und Jugend-, leben, die Jahre eifrigen Lernens an der Akademie, die Ausübung der erworbenen Kunst in Stadt und Land, der Aufenthalt in Paris und der Verkehr im hochstrebcnden Künstlcrkreise der Sym bolisten, die stille Arbeitszeit in der Bretagne, neuer Aufenthalt i» Holland, abermaliges Leben iu Paris und in der Bretagne, viel Suchen und Nachdenken, Lesen und Besprechen, Ringen und Beten — alles wirkt zusammen, führt dem unbekannten und doch so heißersehnten Ziele entgegen. Auf. den Eintritt in die Kirche folgt die Verfestigung im nengewonneiien Leben. Die Erinmft riingen führen uns von der Bretagne nach Italien. Tort lebt er glücklich mit einem dänischen Malersreunde. Er tritt in nähere Beziehung zu den Franziskanern zu Fiesole. Auf der Rückkehr nach Holland führt ihn der Weg nach Beuro», wo er von Kunst und Gottesdienst der Benediktiner mächtige Eindrücke empfängt. Nach kurzem Aufenthalt in Holland geht er nach Dänemark und erringt dort seine ersten künstlerischen Erfolge in der Oeffentlichkeit. Und dann lenkt er den Schritt abermals nach Beuron, wo er schließlich eintritt, um Gott lind seiner Kunst zn leben. Das Buch, so ernst i» seinem Grundthema, ist doch beseelt vom Geist herzlicher Freude und großer Güte. Tie Schilderung ist von lebendiger Anschaulichkeit. Zahlreiche köstliche Erinne rungen beleben das Ganze. Alles ist mit Künstlerauge» geschaut und mit künstlerischer Unmittelbarkeit beschrieben. Manch einer dürfte sich an der iingeschniinklen Lebenswahrheit und kernigen Lebensweisheit dieses Buches gesund lese», viele werden sich durch seinen hohen Ernst und fröhlichen Humor gestärkt und erquickt fühlen, alle aber können sich erneuern und vertiefen an den Idealen der Kunst und Frömmigkeit, die hier gleich anziehend wie lmaufdriiiglich verkündigt werden. Türken und Araber Lord C n r z o n hat in seiner jüngsten Rebe cs als einen Er bst; der englischen Orientpolitik gebucht, daß >ie die arabiscl-en '-ebiele in Vordcrasien vom türkischen „Joche" befreit habe. Aus icser Aenßcrnng geht hervor, daß trotz der widerwilligcn Aner kennung des türkischen Sieges über Griechenland, wie sie bei den Zriedensverhnndlungen von Lausanne zutage trat, die leitenden Näniicr Englands die unselige T ü r ke n se i n ö s ch a f t der Llladstonc-Zeit innerlich noch immer »ich t überwunden haben. Ter Tag dürfte nicht allzu fern liege», au dem der größte Irr!»», sich offenbaren wird, in den diese Türkenfeil,oschaft die mglische Politik gestoßen hat. Daß, wenn auch nicht friedlich, ö doch schiedlich, die staatliche Gemeinschaft des Tiirkentilms ml den christlichen Völkerschaften nunmehr ziemlich restlos anf- gehrbcn ist, dir „in seinen Hütten wohnten", mochte berechtigt geworden sein, nachdem nun einmal der Grift oer Auflehnung >egeu die andersgläubige Negierung von außen her in jene Nation hineingetragen war. Tenn von vornherein nn- vertrüglich kann ihr Stammes- und Glaiibensl'cwnßtsein mit bei» türkischen Staatsgedankcn nicht gewesen sein, oa in den langen Jahrlnmdertcn seit der vsinanischen Eroberung niemals auch mir der geringste Aufruhr vorgekommen ist, che im Jahre 1804 die Serben von Konstantinopcl ans änsgctvicgelt wurden/ um den das Sultanat selbst bedrängenden Janitscharen eine Ab lenkung z» verschaffen. Erst a» ihre» eigenen Erfolgen hat sich dann das schlummernde Selbstbewusstsein der Nachkommen initlcl- tilte lichcr Herrlichkeit von neuem entzündet, und die gleich zeitige Ausgrabung ihrer halbvcrklungcnen Volkspoesie bot ihnen »ick die verächtlichste Wegzehrung auf ihrem schwere» Waffen- gan e. Und nach ihrem Beispiel haben sich dann Griechen, Bulgaren »sw. der Reihe nach befreit, auch schließlich die A > »i e >> i e r sich gegen die moslemischen Herren empört, von denen sie jahrhundertelang geradezu verhätschelt, mit den ein« trüg ichsteu Posten i„ der Staatsverwaltung versorgt Ware». Daß aber die Araber Mesopotamiens und Sy riens von dem türkischen Reich losgcstrebt hätten, darüber ist vollends nichts bekannt geworden. Auf der eigentlichen Halb insel Arabien bestand freilich seit Jahrzehnten vor dem Welt kriege ein Gebiet nnailfhörlicher Widerstünde gegen die Türken- mac-st aber »nr in ihrem südlichsten Teile. Und auch dort wird die Flamme des Aufruhrs in der Hanplsache durch Einflüsse ge nährt worden sein, die in der englischen Festung Aden ihren llrsgrmig Hallen. Erst aber während des Weltkrieges hat sich dst'e Bewegung nach den« Hcdschas, der Landschaft von Mekka »n>d Medina, sorlgcvflanzt, und cs dürfte nicht ernstlich zn be zweifeln sein, daß der Großschcrif der heiligen Stadt und seine t ,,'nnm gägenosscn, die damals sttr England Partei ergrifft». direkten Bestechungen erlegen sind. Es war ja Englands drin gendes Interesse, die von den Tnrlenheeren drohende Gefahr für Aeghpten durch Erregung von Aufständen in ihrem Rücken zn beschwören. — Die arabischen Staaten, welche nach den Niederlagen der türkischen Verteidigung in den Jahren 1918 und 1919 geschaffen sind: Hcdschas, Mesopotamien, TranSjorda- »ien nsw., sind »nr als künstliche Gebilde zu werten. Schon die Ausbreitung der panislainischen Idee in der dem Kriege voransgcgangenen Periode, nicht zuin wenigstens durch die vom Sultan Abdul Hamid II. betriebene Propaganda, macht es im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß die gegenwärtige Tren nung der beiden rein mohammedanisrlien Nationen von Dauer sein werbe. Diese „Könige" von Hcdschas und Meso- Po tamien sind außerstande, jene Achtung zn erwerben, die orientalische Völker überlieferiingsgemäß ihren Herrschern, und seien sie noch so untüchtig, entgegeiitragen. Instinktiv lvendeten sich die Gesinnungen von oen Puppen eines fremden Eroberers ab. Und je wester dis wirtschaftliche Ansbentung des Gebietes durch die Fremden sorlschreitet, desto bewußter wird die Ab neigung werde». Der Gedanke, das Araberin»« im Gegensätze znni Os- m aiicntn m an den Trinmpfwagen der großbritannische» Welt herrschaft vorzuspciiiuen, entstammt übrigens nicht dem anti- türkischen Evangelium der eigentlichen Gladstoiie-Jüngcr. Seine Befürworter mögen sich vielmehr auf Acnßernngen von Glad- -stones Widerpart Tisracly berufen, der in seinen Romanen eine Art romaiitisch verklärter großsemstischer Nenaissance verkündet hat. Aber er- hatte sie sich in dem Sinne gedacht, daß das Arabe» tum im Rahmen des ottomanischen Staatsgebäudes die führende Nolle zurückgcwiiinen solle, keineswegs in dem einer unnatürlichen, durch äußere Einmischung bewirkten AnSeiiiaderreißniig der ge schichtlich miteinander verwachsenen Völker. Dementsprechend be mühte er sich auch als Minister »m eine Stärkung der asia tischen Türket als Ganzem; einen Zweck, dem vorzüglich sein im Mai 1878 abgeschlossener Bürgschaftsvertrag für die Unversehrt heit des türkische» Gesamtbesitzes in Asien dienen sollte, der von seinen Nachfolgern so schmählich gebrochen worden ist. llchcrhcinpt hat das nationale Se l b st b e st im mun g S r e ch t, das am Ende des Weltkrieges von oessen Ge winnern so prahlerisch verkündet wurde, auch die Seite, daß Völker, die znsammcngehörcn wollen, weil sie durch eine ge-t meiiischnftliche Geschichte aneiiiandcrgckettet worden sind, nicht gewaltsam an der Erfüllung ihres Willens gehindert werden sollten. Wie in Vordcrasien, dürfte auch in Mitteleuropa eins gar nicht allzu ferne Zukunft den Verächtern dieses Grundsatzes noch schwere Enttäuschungen bereiten. — Soeben trifft die Nach richt ei», daß die Provinz De inen in Siidarabien bereits ihren Wicderanschlnß an das Türkenrcich in Angora angemcldet hat. Ilnd das war vor dem Kriege gerade die einzige rirabstche Pro- vin.z. in der eine aistitürkiicbe. zu unaushörlichen Aufständen bereitwillige natürlich von England ans gehaltene — Partei bestand! Beiläufig sollen neuerdings auch große Slcinkohlen- lager in Veine» entdeckt sei». ^ 14 Zahre am Rande elries Vulkans In einem kleinen Holzhause am Rande deS Kraters deS tätigen Vulkans von Kilanca auf der Insel Hawai lebt seit vier zehn Jahren der amerikanische Professor T. A. Jaggar. der sein Loben dem Studium der Vulkanologie gewidmet hat. Die merk würdigen Erlebnisse und Abenteuer, die der Gelehrte in den vier zehn Jahre» „im ewigen Feuer" gehabt hat, werden in einem Aufsatz geschildert. Ans Hunderten von Spalten und Kegeln des Vu-lkans strömen beständig Dampf- und Nauchiiiassen, die den Beobachter stets daran gemahnen, das; Muiter Erde in ihre» Tiefen noch ungeheure Feuer unterhält. In Steinwurfweite von dem feurigen Loch, in dem die Lavaniasscii des Kilanca brodeln, lebt und arbeitet Jaggar und hat so intime Beobachtungen gemacht, wie kein Gelehrter vor ihm. Unter anderem gelang es ihm, den Ansbruch des- Mauna Loa, von dem der st?ts mit kochender Lava gefüllte Kilanca nur ein Nebenkrater ist, im September 19l9 aus nächster Nähe wochenlang zu studieren und die gewaltigen Zer» störnngen zu berfolge», die die Eruption hcrvorricf. DaS war ein Schauspiel, das die Einwohner von Hawai mit größtem Schrecken erfüllte. Jaggar aber spricht davon wie von etwas ganz Gewöhnlichem. Lavaströmc, die hund?rte von Fuß in die Luft geschleudert werden, können ihn ebensowenig erschrecken, wie, die Seen von flüssigem Feuer, die sich die Berge hmnbwälze».' Er ist das alles von seinen Beobachtungen ans dem Kilanca ge< wohnt. Als der Gelehrte die Beobachtung zu mach?« glaubte, daß die Lava in dem Krater des Kilauea sich mit einer gewissen Regel mäßigkeit hob und senkte, verlegte er seinen Beobachtmigspostcil noch näher an den Krater heran, um diese Ebbe- und Flnterschei- nungen näher kennen zu I?rne». Er wollte feststcllcii, wie hoch mid wie oft sich die Lava emporhebe und in welchem Zusammen hang diese Flut mit anderen Naturerscheinungen stehe. Nm nun vier Wochen lang jede Viertelstunde die Hebungen und Senkungen deS Lavanicercs genau messen zn können, gnarlierte er sich in eine»! Unterschlupf ganz nahe an dem Lavasee des Kraters ein. Seine Beobachtungsstätte bestand aus einem Leinwanddach, daS über vier rohe Holzpfosten gespannt tvar; darunter stand ein, Tisch, ilm die »öligen Papiere darauf zu leg?», eine Kerzcn- laterne und ein Stuhl. In, Laufe des MonatS, in dem Jagipir hier seine Studien machte, stieg die Hitze der Lava so, dast sie die unteren Teile der vier Holzpfoslcn verbrannte! Der Professor Mies mit seiner Frau nicht allzuweit von dics?m Unterschlupf entfernt in einem kleine» Zelt, umwogt von Dampf- und Rauch massen die sich von der Lava herüberwalzten. AIS sich-beide einest Tages au der Beobachtungsstätte befanden,, barst plötzlich der. Boden und eine Flamme heißen GaseS schlug daraus empor. Die! Hitze wurde unerträgich, so daß der Beobachter doch schließlich gex zwnngeil wurde, diese Stellung anf.zuaeben!
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