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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186907225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18690722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18690722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1869
- Monat1869-07
- Tag1869-07-22
- Monat1869-07
- Jahr1869
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1869
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1 6622 gemäß die alten Administratoren de- IrmnobiliercreditS (Pereire und Genossen) mit 'Ausnahme eines Einzigen verurtheilt, die Aktionäre schadlos zu halten ; und zwar sollen diejenigen, welche die Titel in der Zeit vom April 65 vis dahin 67 erstanden habe», den vollen Kaufpreis, die Käufer von früher her die Hälfte des Nominalwerthes (250 Francs) erhallen; alles mit Zinsen. Die Indemnitätserklärung der Generalversammlung ist als ungültig erklärt. Grund der Verurteilung: die lügenhaften Angaben der Administration über die Geschäftslage, die Verl Heilung von sictiven Gewinnen, um die Aktieninhaber zu täuschen. Ist nun die Frage, wie die höhere Instanz darüber denkt. — Dann möchten auch die Aktien seit jener Zeit vielfach in andere Hände übergegangen sein, und das Uriheil so dem bekannten Messer ohne Klinge und Stiel gleichen. Die Wiener Börse raffte sich, angestachelt von ''Paris, erst am Ende der Woche zu einer gewaltigen Hausse auf. Die Börse war heute fast geschäftslos, lautete ein Bericht vom Montag. Die Papier ewiesen meist Rückgänge gegen Sonnabend auf, die sich indeß schon am Tage vorher vollzogen hatten. Die Ursache lag haupt sächlich in dem Mangel einer großen Spekulation, welche der Coulisse zu ihrer Baisseliebhaberei Raum und Zeit gab. Auch hatten sich die Prolongationsverhältnisse noch immer nicht günstiger gestaltet. — Die todte Saison, lautete es vom Dienstag, scheint nun doch über die Bör sämmtlichen Effecten be welches unumgänglich nö e gekommen zu sein. Der Verkehr in chrankte sich auf dasjenige Minimum, thig war, um den politischen und finan ziellen Verhältnissen des Augenblicks den börsenmäßigen Ausdruck >u geben. Da nun die Geldknappheit etwas nachgelassen hatte, o trug auch das Spiel des heutigen Tages einen freundlicheren LharaNer an sich, ohne daß derselbe jedoch in den Coursen selbst einen entschiedenen Ausdruck gefunden hätte. — Das charakte ristische Merkmal der Börse vom Mttwoch bildete eine totale Ge schäftsstille. Die Zuflüsse aus den Semestereingängen begannen immer spärlicher zu werden, und da es auch sonst an jeder An regung fehlte, so feierte die Spekulation. Die Geldklemme hatte zwar aufgehört, aber die Prolongation war noch immer nicht mit Leichtigkeit zu bewerkstelligen. — Am Donnerstag hatte sich die Physiognomie der Börse mdeß gründlich geändert. Gestern noch schien es, als sollte die Campagne Heuer beendigt sein, und die todte Zeit wie alljährlich ihre Herrschaft über die Börse ausüben, und heute schon hatte es den Anschein, als sollte für dieses Jahr gar keine Unterbrechung eintreten und jeder folgende Tag den vor hergegangenen an Regsamkeit überbieten. Die Börse trat plötzlich aus ihrer Stagnation heraus und zeigte sich wie ein Jüngling voll Muth, das Waghalsigste zu unternehmen. Die Umsätze waren lebhaft und die Spielpapiere erfuhren bedeutende Erhöhungen. Vom Freitag meinte em Bericht, daß die Hausse an der Börse keine Grenzen mehr zu kennen scheine. Ein Tag überbiete den andern, und die Haussiers seien von ihren Erfolgen selbst überrascht. Diese Erfolge lockten aber ein immer zahlreicheres Publicum herbei, das an den Gewinnen Antheil nehmen wolle. Der Taumel sei ein allgemeiner geworden. An besonders anregenden Momenten fehle es zwar gänzlich, indeß die Börse wolle eben die Hausse; da ihr Geldmittel wieder reichlich zur Verfügung ständen, so lasse sie sich durch nichts beirren. — Am Sonnabend bildeten namentlich Eisenbahnactien das Centrum der Spekulation. ES sollen sich die ersten Anzeichen von Getreide export zeigen, und die Spekulation beeilte sich, die zu erhoffenden Mehreinnahmen zu cscomptiren. Indeß waren die Gewmnste, welche seit dem Tage vorher eingeheimst werden konnten, zu ver lockend, um nicht Realisationen zu veranlassen, die starke Cours schwankungen zur Folge halten. Wir haben schon einmal darauf aufmerksam gemacht, daß man in Wien jedweden Maßstab für Agio verloren zu haben scheine, und daß dasselbe ebenso seinen Werth eingebüßt hat, wie in unserer Zeit etwa das rothe Bändchen im Knopfloch. Credit stiegen von 286 bis 296.90. Von fremden Valuten schlossen London 124.80, Napoleons 9.98, Silberagio 122. Wahrhaft vulkanisch war die Hausse in Galiziern, welche von 234 bis 253 aufwärts schnellten. Böhmische Westbahn notirten 212. Ein Wiener Blatt giebt die Uebersicht des Börsenarrangements eines einzigen Tages (des 5. Juli), an welchem nicht weniger als 96 Millionen Effecten durch das Arrangement liefen. Davon be trugen in runder Summe: Creditactien 35*/- Millionen, Anglo- bank 7*/s Millionen, Franco-Auftrian 7 Millionen, 60er Loose 3*/i Millionen, Lombarden 19^ Millionen, Carl-Ludwigsbahn 2 Millionen und Franzosen blos 576,000 Gulden. Von den Galizischen Bahnen heißt es im Eisenbahn-Central- blatt, daß besonders der Verkehr in Holz und Vieh zugenommen habe. Da sich auch der Getreidetransport wieder zu entwickeln beginne, so seien auch in den nächsten Monaten günstige Erträg nisse zu erwarten. Wir haben bereits im Winter darauf auf merksam gemacht, daß an den Ludwigsbahnactien einst viel Geld verdient werden würde; daß die Spekulation die Frucht vom Baume zu pflücken pflegt, ehe sie reif, ist freilich bei der Börse herkömmlich. lieber dre türkischen Bahnprojecte finden sich wieder allerlei Nachrichten in den Zeitungen. Manche wollen wissen, die Süd bahn beabsichtige zur AnschassrÜig der Äetriebsüiittel für dieselben die Ausgabe neuer Aktien, obwohl det Postdertrag nur auf zehn Jahre lautet, was der Fundirung eines Theils der Anleihe darauf etwas Unverständliches erlheilt. Die „Presse" berichtet aar von einer Fusionsbestrebung der Süd- und Staatsbahn zum Bau der türkischen Bahnen. Für die Gesellschaften käme gewiß nichts dabei heraus, wohl aber für die an der Spitze stehenden Banqniers, welche sich die Taschen vollfüllen. Nie wäre den blutsaugerischen Finanzbaronen ein größerer Streich gegen das Capital gelungen, wenn sie mit ihren türkischen Projekten wirklich das Publicum zu übertölpeln verständen. Uebrigens möchte die ganze Sache von der Ausführung noch weiter entfernt sein, als die Leiter glauben machen wollen. Vieles Aufsehen machte in Wien der Proceß eines Haupt- faiseurs der dortigen Börse gegen den Redakteur eines Börsen blattes. ,Der größte Theil der Börsen - Millionäre mußte zum Ergötzen'des Publikums vor den Geschworenen als Zeugen er scheinen, und die Frage von unmoralischen Börsengeschäften wurde mit einem Eifer zu erhärten gesucht, welcher einer besseren Sache werth gewesen wäre. Die Börse ist aber ein gefeiter Ort, wo Alles erlaubt ist, was nicht mit den Strafgesetzen in direkte Col lision kommt; und worin unterscheiden sich denn eigentlich die Syndikate, welche ihre neugebackenen Maaren am Markte auH- schreien lassen, um sie den Leichtgläubigen aufzuhängen, oder die Verwaltungsmitglieder einer Aktiengesellschaft, welche ihre Wissen schaft der Verhältnisse ausbeuten, so sehr von den Faiseurs auf anderen Geschäftsgebieten? An der Börse wird der Gewinnende gepriesen, der Verlierende ausgelacht. DaS ist der einzige Para graph in ihrem Gesetzbuche, und so lange es Börsen giebt, wird es nie anders sein. Wenn es daher einerseits komisch wirken muß, daß das Haus Rothschild seinem Agenten, eben jenem klägerischen Bankier, ein Leumundszeugniß auszustellen sich bemüßigt findet, so gewährten andererseits die Proceßverhandlungen einen abschrecken den, wenn auch nicht überraschenden Einblick m die Demoralisation der Wiener Presse sowohl wie der ganzen dortigen Geldwirthschaft. Ein Verwaltungsrath der Creditanstalt, welcher als Vertreter des Anklägers sigurirte, scheut sich nicht, den Präsidenten des Syndikats für die Innerberger zu der öffentlichen Erklärung zu zwingen, es seien dem verklagten Zeitungsinhaber nach einem tiefverletzen- den, publicistischen Angriffe desselben auf die Creditanstalt und deren Direktion nicht weniger als 300 Stück Aktien zum Kaufe von 30 gegeben worden, während sie 80 notirten, und der Direktor der Escompteanstalt erzählt, daß derselbe Verklagte, welcher bereits 400 Stück Baubankactien im Syndikate und damit einen Gewinn- antheil von circa 7000 Gulden erhalten habe, unter direkter Berufung auf seine „Gemeinheit" ihn zur Rückgängigmachung eines Geschäftes in denselben Aktien, worauf ein Verlust von über 8000 Gulden, gezwungen habe. Wo, sagt ein Berichterstatter mit Recht, solche Abnormitäten zu Tage treten und das Publicum sich nicht degoutirt von der Hexenküche abwendet, in welcher derlei gebraut wird, da ist alle Logik verloren und jede Warnung vergebens. (Schluß folgt.) Stadttheater. Leipzig, 21. Juli. „Gounod ist doch noch ein ganz anderer Tondichter als Thomas", — so werden mit uns manche der gestrigen Theaterbesucher gedacht haben, welche sich nicht durch die rothen Warnungstafeln abhalten ließen oder sich moralisch ver pflichtet fühlten, der Verlegenheitsaufführung von Gounod's „Faust" mit beizuwohnen. Fräulein Erl, welche an Stelle des plötzlich erkrankten Fräulein Ehnn die Rolle der „Margarethe" schnell übernommen, hatte dem enttäuschten Publicum gegenüber einen schwierigen Stand. Dazu kam, daß ihre Stimme noch die Spuren einer eben erst überstandenen Heiserkeit an sich trug und deshalb etwas spröder klang als sonst. Nun ist aber nicht zu ver kennen, daß Fräulein Erl seit ihrem ersten hiesigen Auftreten in dieser Rolle Fortschritte gemacht hat. Ihr Streben verdient Auf munterung, ihre tüchtigen Stimmmittel Beachtung, und wir wollen hoffen, daß sich die Mängel ihres Anfängerthums mehr und mehr verlieren. Wo die Sängerin stärker aufzutragen hatte, klang ihre kräftige Stimme nicht selten voll und schön. Nur muß sich Fraulein Erl vor dem Ueberschreien in der hohen Lage hüten. Fräulein Friedrich erschien wieder einmal als aushelfender „Siebel" auf der Bühne. Diese Partie liegt ihr besser, als die der „Nancy", und wenn auch das Volumen für die großen Räume des Theaters nicht immer ausreichte, so wirkte doch mitunter der anmuthige Klang ihrer geschulten Sopranstimme recht vortheilhaft. Herr Rebling („Faust") suchte als Eiffatzmann für den beur laubten Heldentenor seiner Stimme und Figur soviel als möglich Würde und Pathos zu verleihen, und der von seinem Urlaub zurückaekehrte Herr Hertz sch löste seinen mittlerweile durch einen Druckfehler in einem hiesigen Blatte zum Docior vromovirten Stellvertreter Herrn Ehrte als routinirter. musikalisch tüchtiger „Mephisto" ab. — Die Rolle de- „Valentin" war durch Herr*
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