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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186908090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18690809
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18690809
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1869
- Monat1869-08
- Tag1869-08-09
- Monat1869-08
- Jahr1869
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1869
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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. M 221. Montag den 9. August. 1869. Zur Grubenerplofion im Plimcnschen Grunde. — Einem Berichte des königlichen Bezirksamtes vr. Pfaff in Dresden, welcher am 4. August mit den Herren Bergamtsdirector Braunsdorf, Bergmeister Müller, Oberkunstmeister Bergrath Bräunsdorf aus Freiberg und Berginspector Köttig aus Dresden in dem „ Got 1 es - Segen - Schachte" angefahren ist, entnehmen wir (nach dem „Dr. I.") folgende Einzelheiten: Einem Drahtseile von der Stärke eines schwachen Hühnereies vertrauten wir unser Leben an und in gebückter Stellung erwar teten wir das Signal zur Abreise in die Unterwelt. „Noch ein Mal halte fest, du treuer Strang!" Die Klingel erklang: noch ein „Glück auf!" aus voller Brust und das Fahrzeug mit seinen 4 Insaffen senkte sich herab. Die 5—6 Minuten der unheimlichen Fahrt in eine Tiefe von fast 960 Ellen dauerten sehr lange und der Pulsschlag war meine Uhr Endlich nach fünfmal 72 Puls schlägen, noch 30—35—46 — da hielt das Schiff und wir betraten festen Grund und Boden. Die überaus musterhafte Bauart des Schachtes flößt auch dem Laien im bergmännischen Fache auf den ersten Blick Vertrauen ein. Die Commission war unten am Füll orte vereint, die Grubenlichter wurden in Orvnung gebracht und die unterirdische Reise begann. Der Wetterzug (Luftzug) war deutlich bemerkbar und so frisch, daß man gegen die hohe Tempe ratur der Außenluft sogar ein leichtes Frösteln bemerkte, daS reilich in den ferneren Schichten des Bergwerks bald ver- chwand und bei Abnahme des Sauerstoffgehaltes der Met er (Luft) bald in eine gelinde Transspiration überging. Hunderte von Ellen und Lachtern ging der Zug vorwärts, bis die ausgemauerte Wölbung verschwand und die durch Zimmerarbeit gestützten Strecken begannen. Die Zimmerlinge hatten in der kurzen Zeit Unglaubliches geleistet, wenn auch allent halben noch Trümmer von Balken und Bruch, Spuren fürchter licher Verwüstung herumlagen, wenn auch der Fuß der schweig samen Wanderer strauchelte über den blutigen Boden, wo noch kurz vorher zahlreiche menschliche Leichen gelegen hatten (ein ab gerissener menschlicher Arm und weiterhin ein Stück eines halb verkohlten menschlichen Oberschenkels wurden mit dein Gruben lichte beleuchtet und bei Seite geschoben); vorwärts, unaufhaltsam vorwärts ging der-Zug in die finstere Nacht hinein.. Plötzlich nach langer Wanderung standen wir an einer gewaltigen Bruch stelle. Eine große graue Felsenmasse, durchzogen von einer weißen Quarzader, abgelöst von der hohen schwarzen domartigen Wöl bung, hemmte unsere Schritte. Diese Fclsenmaffe lag vor unS wie ein erratischer Block m nordischer Einöde. Hinter derselbe« lagen, wie sich später ergab, 26 halb verbrannte menschliche Leich name, fünf davon fast übereinander liegend, die ungeachtet der gewaltigen Hindernisse schon nach 24 Stunden zu Tage gefördert und dein Grabe und Sarge übergeben waren. Zurück ging unser Weg nach einer andern Richtung hin bis an den Anfang einer stark ansteigenden, mit Trümmern besetzten Stelle. Unser Führer, Herr Markscheider Schaffrath, machte Halt und Herr Berginspector Köttig commandirte das Auslöschen oder Wegsetzen des Grubenlichtes und requirirte Davy'sche Sicherheits lampen. Der Führer nahm eine derselben zur Hand, ihm folgte ich und 'zwei Andere ohne Licht, darauf folgte wieder einer ver Herren mit einer Sicherheitslampe, dann wieder 3 CommissionS- mitglieder ohne Lampen und so fort. Schweigend standen die Bergleute zur Seite, um uns passtren zu lassen, und Herr Berg inspector Köttig ermahnte sie ernst und eindringlich, ja nicht ohne Sicherheitslampe vorzugehen. Wir erstiegen eine steile Strecke Uber Stein- und Balkentrümmer, und die Luft wurde immer sauerstoffärmer. Die Temperatur wechselte oft, bald war sie frisch, bald warm, und nach uno nach wurde der Athmungsproceß abnorm verändert. Kein Wetterzug, hier und da etwas Modergeruchs aber überall deutlicher Geruch nach Carbolsäure, welche die drei Meilen langen Straßen der unterirdischen Stadt allenthalben imprägnirte. Nirgends eine Spur des ck-arakteristischen Leichen geruchs. AlS die Wetter sich mehr und mehr verschlechterten, rieth ich wegen offenbarer Sauerstoffabnahme zur Rückkehr, und eine andere Richtung wurde eingeschlagen. So kamen wir von Bruch zu Bruch, und nachdem die Herren ihre bergmännischen Notizen an den verschiedenen Strecken niedergeschrieben, wendete sich der Zug zurück nach dem Füllorte, wo ein erfrischendes Wetter unsere Lungen erquickte. Die Bergleute wurden von mir inflruirt, wie der Leicheniransport und die Desinfection der Leichen am Auffindungsorte angestellt werden sollte, und sie waren von ver herrlichen Wirkung der Carbolsäure überrascht. Freilich mußten sie darauf aufmerksam gemacht werden, das Desinfectionsmittel nur sehr verdünnt anzuwenden, damit der Carbolsäuregeruch, die ^.ura eardoliea des Scl^achtes, nicht zu stark würde. Die in dem Schachte Vorgefundenen, auf ungeheuere Gewalt des schlagenden Wetters hindeutenden Verwüstungen machten auf mich den Ein druck, als wenn dort ein unterirdisches heftiges Gewitter statt- efunden hätte. Die ersten 4 Commisionsmitguedcr betraten daS Fahrzeug und fuhren zu Tage. Endlich nach 10—15 Minuten, nach einer mehrstündlichen Wanderung in der Unterwelt, schlug auch für uns vier wieder die Stunde der Erlösung; noch 5 bis 6 Minuten auf dem schwankenden Fahrzeuge und wir kamen oben an, tief einathmend und mit inniger Begrüßung des gewohnten Sonnenlichts. Se. Excellenz Herr Kreiödirector von Könneritz empfing uns an der Förderungsstelle und nahm einen kurzen mündlichen Bericht über den Befund entgegen. Das Resultat der Untersuchung des Schachtes vom medicinal- polizeilichen Standpuncte war ein überaus befriedigendes. Nirgends deutlicher Leichengeruch und offenbar entschiedener Nutzen der Carbolsäure. Die Förderung der Leichen kann eifrig fortgesetzt werden. Tagesgeschichtliche Ueberslcht. In Folge der Kriegseinheit für den gesammten Norddeutschen Bund unterscheidet sich die diesjährige Uebungsreise des Großen Generalstabes von den früher stattgehabten wesent lich, und zwar zunächst dadurch, daß dieselbe in diesem Jahre zum ersten Male in ein außerpreußisches Terrain stattfindet, sodann aber auch dadurch, daß an derselben außer den preußischen nicht nur andere Bundesofficiere, sondern auch Ofsiciere von süd deutschen Truppen Theil nehmen. Unter den 40 Officieren, welche an dieser Uebungsreise Theil nehmen, befinden sich nämlich 4 Ofsiciere des 12. Bundesarmeecorps (der sächsischen Armee) und 6 Ofsiciere des württembergischen Heeres, welche letztere von dem königlich württembergischen Kriegsministerium hierzu commandirt find. Die Reise wird sich auf das ganze sächsische Landesgebiet auSdehnen und sich speciell längere Zeit auf das an der öster reichischen Grenze belegene sächsische Terrain erstrecken. Die Teil nehmer an derselben oegebcn sich am Dienstag (10. d. M.) früh mittelst Extrazuges nach Dresden, wo der Chef des Generalstabes, General der Infanterie v. Moltke, von seinem Gute Schloß Kreisau aus mit ihnen zusammen trifft und die weitern Dis positionen über die Reise selbst ausgeben wird. Bei dem großen Schützenfeste, weläM im nächsten Monate in Lüttich gehalten werden wird, scheinen die deutschen Gäste eine Hauptrolle spielen zu sollen, etwa in der Weise, wie die eng lischen Gäste vor zwei Jahren in Brüssel, wenigstens liegt dies nach Mitteilungen der „Köln. Ztg." m der Absicht der Ver anstalter des Festes. Wie man damals in den Personen der eng lischen Freiwilligen der englischen Nation einen Beweis von Achtung und Sympathie zu geben bemüht war, so denkt man bei dem gegenwärtigen Feste den deutschen Nachbarn ein herzliches Ent gegenkommen zu beweisen und eine brüderliche Hand darzureichcn. Es ist deShalo auch Lüttich, die Deutschland nächste Stadt und welche die engsten und vielfachsten Beziehungen zu Deutschland hat, zum Orte des Festes gewählt worden. Man hofft auf vielen Zuzug und wird sich auch wohl nicht darin täuschen; jedenfalls
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