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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186909247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18690924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18690924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1869
- Monat1869-09
- Tag1869-09-24
- Monat1869-09
- Jahr1869
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1869
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8606 Polizei-Prästdiims, sowie mit den risüesten Schritten der englischen Gerichte in Zusammenhang bringen. Aus Wien wird der „Magdeb. Ztg." folgendes Curiosum gemeldet: Es ist bereits bekannt, daß der Exkönig von Han nover in der dem Herzoge von Braunschweig gehörigen und ihm gastfreundlichst und aus verwandtschaftlichen Rücksichten eingeräumten Billa in Hietzing bei Wien eigenmächtig Localveränderungen vorgenommen und dann dem Herzoge von Braunschweig erst durch Uebersendung der Kostenrechnung davon Nachricht gegeben hat. Dies scheint dem letzteren doch über allen Spaß und folglich auch über den Verstand gegangen zu sein, denn wie wir auS guter Quelle vernehmen, hat der Herzog von Braunschweig, der sich gegenwärtig in Wien aufhält, die Gelegenheit, wo der Exkönig von Hannover sich noch in Gmunden am Traunsee aufhält, be nutzt, sein Palais in Hietzing selbst zu beziehen und so den Ex könig von der Weiterbenutzung desselben auszuschließen. — Ferner wird als Curiosum berichtet, daß, als in letzter Zeit ein loyaler Hannoveraner dem Exkönige in Gmunden seinen Besuch machte und ihm seine Ergebenheit bezeugte, dieser ihn mit den Worten entließ: Sie sind der einzige meiner Unterthanen, der mich hier besucht und nicht angebettelt hat. (?) Wenn man nicht schon daran gewöhnt wäre, man würde es nicht glauben, daß die Pariser sich schon wieder durch einen ganzen Schwarm von Angstgerüchten haben aufregen lassen: Die Proscriptionslisten für den neuen Staatsstreich, den die spa nische Partei bei Hofe ausführen wolle, seien schon aufgestellt, und zwar für das ganze Reich; nach dem Staatsstreiche solle Preußen der Krieg erklärt werden, um eine Diversion zu machen; Beust und Gortschakow seien, um das Compagniegeschäft schnellstens zwischen den Cabinetten von Paris, Wien und Petersburg zur Theilung Deutschlands abzuschließen, an der französischen Gränze, und was derlei Tollheiten mehr nicht blos gefesselt, sondern auch geglaubt wurden! Man war einmal wieder rm steigenden Paroxis- mus. Die Pariser betrachten, beiläufig gesagt, Beust wie den Knecht Ruprecht der Kaiserin Eugeme; „er wurde hergerufen", erzählte man sich, „um den diplomatischen Feldzug zu eröffnen, der den militärischen einleiten soll". Auch das bezeichnet die Lage, daß Rouher als derjenige genannt wurde, der Beust berufen habe. Diese Saturnalien der Feigheit und gänzlichen Unkenntniß der europäischen Lage beweisen, daß das Kaiserreich in keiner gesunden Haut steckt; denn nur bei sehr krankhaften Zuständen kann man solche Albernheiten glauben. Die Presse ignorirt im Allgemeinen letzt diese Vorfälle oder sie trägt doch Nichts mehr dazu bei, sie hervorzurufen oder zu steigern. Es ist dies ein Segen der freieren Preßverhältnisse. Zu außerordentlich schneller Beseitigung der vorstehend bezeich nten Gerüchte trägt hauptsächlich ein Zwischenfall bei, dem wir hier eine eingehendere Erwähnung widmen müssen, da er leicht den Ausgangspunct zu großen und wichtigen Ereignissen auf dem Gebiete der katholischen Kirche in Frankreich bilden könnte. Der als trefflicher Prediger in der Kathedralkirche Notre-Dame zu Paris berühmt gewordene Carmelitermönch Pater Hyacinthe, ein Mann von energischem Geiste und festem Charakter, hat gegen die immer unverschämter auftretenden Zumuthungen der jetzt allmächtigen Iesuitenpartei, welche auch chm das Gewissen be drücken und einen Wechsel der Gesinnung und der öffentlichen Lehr- und Predigtweise aufzwingen wollten, einen energischen Protest erhoben und veröffentlicht. lVergl. den Wortlaut desseloen in der Beilage.) Es weht aus diesem Absagebriefe, welchen wir der Aufmerksamkeit der Leser ganz besonders empfehlen, ein so emi nenter Geist des „Protestirens", daß selbst die blasirte voltairianische Gesellschaft von Paris nicht umhin kann, aufzuhorchen bei diesem Schmerzensschrei des Gewissens, das sich erdrückt fühlt von dem Uebergewickte des Ultramontanismus. Es wäre verwegen, schon jetzt einen Schluß über die Tragweite ziehen zu wollen, welche der Schritt des Barfüßers haben kann; aber man darf schon heute constatiren, daß der Boden in Frankreich, wenigstens was den Clerus anbetrisft, einer religiös-freisinnigen Bewegung durchaus nicht ungünstig ist. Msgr. Maret, der Bischof von Sura, Pater Gratry, der Canonicus Bazin und selbst der Azbischof von Paris, Msgr. Darboy, dürfen so zu sagen als Generalstab einer Armee von Clericalen gellen, denen das lesuitisch-ultramontane Gewissens joch unerträglich geworden und die sich nach den Gerechtsamen der gallicanischen Kirche zurücksehnen. Der feurige Bischof von Orleans, Msgr. Dupanloup, in seiner Art auch ein Liberaler unter den Clericalen, ist kein entschiedener Gegner mehr des Gallicanismus; der unter dem niederen Clerus, vereinzelt freilich und ohne daß sie noch Fühlung unter sich hätten, die entschieden sten Anhänger zählt, so daß es nicht unmöglich wäre, die Kundgebung des Pate« Hyacinthe zu dem Tropfen werden zu sehen, der den vollen Becher überlaufen macht. Was besonders in geistlichen Kreisen Veranlassung zu Beschwerden und Klagen giebt, ist der Gewissensrath und geistliche Wohlfahrts-Ausschuß, der sich in der Rue de Stores in Paris unter Msgr. Sigur schon seit längerer Zeit aufgethan hat und dessen jesuitischen Denunciationen daS Verfahren gegen Msgr. Darboy wie gegen die Patres Gratry und > - Hyacinthe kohl hauptsächlich züzuschreiben ist oder wenigstenS/M geschrieben wird. 0O0 Leipzig« 23. September. Glaubwürdigem Vernehmen nach ist die lange Zeit hindurch in der Schwebe gewesene Frage der neunen Uniformirung der sächsischen Postbeamten jetzt entschieden worden. Die hellblaue uniform fällt, und an deren Stelle tritt ein dunkelblauer einreihiger Waffenrock von demselben Schnitt, wie ihn das sächsische Militair trägt. Als Kopfbedeckung wird für den gewöhnlichen Gebrauch die Dienstmütze, wie sie bis her in Preußen getragen, für den Gebrauch bei feierlichen Gelegen heiten die Pickelhaube eingeführt) Degen mit goldenem Porte- Epee und Epauletten vervollständigen den Anzug. Leipzig, 23. September. Gestern raffte der Tod einen jungen liebenswürdigen Privatgelehrten, Karl Rudolf Trömel, Mitarbeiter des Conversations-Lexikons, hinweg, der dem Hause Brockhaus seine Kräfte gewidmet hatte, wie auch sein Vater viele Jahre als Druckereifactor für dasselbe gewirkt und sein äüerer Bruder, Paul Friedrich, sich derartige Verdienste um die Firma erworben hatte, daß er Neujahr 1861 zum Associi ausgenommen ward und heute noch unvergessen ist (f 1. Januar 1863). (Paul Trömel war der Gründer der jetzt so blühenden Abtheilung des Brockhaus'schcn Geschäfts „Sortiment und Antiquarium".) Der Verstorbene, Karl Rudolf Trömel, ftudirte hier in den Jahren 1852—57 Theologie und Philologie. Kränklich wie seine ihm im Tode vorangegangenen Brüder, konnte er sich dem Lehrfache nicht widmen, sondern nur als Stubengelehrter wirken. Er ist nur 33 Jahre alt geworden. r. Leipzig, 23. September. Vorgestern ist einer der im Berufe ältesten Leipziger Buchhandlungsgehülfen heimgegangen, dessen Andenken in der Collegenwelt fortleben wird, da er Mil gründer und wiederholt Vorstand des 1833 ins Leben getretenen Leipziger Buchhandlungsg eh ülfen-VereinS war: C.H. Strabel (bei C. H. Reclam). Von den Gründern des Vereines, die noch Mitglieder desselben wären, lebt nun keiner mehr (außer Herrn Lißner im Hause Breitkopf L Härtel). Im Jahre 1858, als der Verein sein 25jähriges Jubelfest beging, waren auch nur noch drei Mitglieder am Leben. C. H. Strabel war in den Jahren 1841—42 und 1842—43, sowie 1853—54 und 1854—55 Vorstandsmitglied. In der Collegenwelt genoß er den Ruf einer ftupenden Sortimentskenntniß, und man benutzte ihn als leben diges Lexikon, um schwierige Sortimentsfragen zu lösen, den unbekannten Verlag verkaufter oder vertauschter Artikel zu er mitteln u. s. w. 8—I. Leipzig, 23. September. Unsere Stadt ist abermals um ein der Freude und heiteren Unterhaltung geweihtes Etablisse ment reicher geworden, und zwar eines, dessen ganzer Habitus so recht zum fröhlichen Genießen animirt. Die am Sonntage er öffnet „Westend-Halle" — eine Name, der ihr wegen ihrer Lage fast unmittelbar an dem Berührungspuncte der Elster- und Frankfurter Straße mit Recht gebührt, — macht sowohl ihrem Erbauer wie ihrem Decorateur alle Ehre. Während die ungemein zweckmäßige, ja meisterhafte Verwendung des gebotenen Raumes beweist, daß man sich bereits zu Ruf gelangte derartige Anlagen weislich zum Muster dienen ließ, läßt auch die Art und Wesse, wie der decorative Theil der Aufgabe gelöst worden, erkennen, daß ein nach dieser Richtung sehr geläuterter Geschmack maßgebend gewesen ist. Auch das Debüt der „Westend-Halle", mit welchem sie in die Oeffentlichkeit tritt, ist ein glückliches zu nennen, indem sie für die Unterhaltung und das Wohlbefinden ihrer Gäste in reichem Maße sorgt. Das Concert der rühmlich bekannten Matthies'schen Capelle, die vorzüglichen choreographischen Leistungen' der Damen Maakens und Schulz —Beide zugleich sehr gra ziöse Erscheinungen — und die eminente Fertigkeit und Sicherheit des Velocipediften Herrn Kayser und seiner Schülerin Fräulein Clara, dazu die brillante Beleuchtung, die auch mit einem aller liebsten „Effecte" überrascht, die aufmerksamste Bedienung und Speisen und Getränke bester Qualität — das AlleS bildet ein Ensemble, welches dem neuen Unternehmen die Gunst des Publi- cums gewinnen muß. Und daß Herr Meyer sich diese wird zu ^ sichern und zu erhalten wissen, hoffen und wünschen wir in gegen seitigem Interesse. Möge die Westend-Halle zu Leipzig in dieser Beziehung so glücklich sein, wie ihre berühmten Namens schwestern in den Hauptstädten Europas! H Leipzig, 23. September. Gestern Abend in der achten Stunde entstand ein ziemlicher Menschenauflauf am Grimma'schen Steinwege in Folge eines heftigen Streites auf der Straße zwischen einem jungen Manne und einer Frau. Da der Zank in Tätlichkeiten ausartete, mischte sich zum Schutze der Frau das Publicum und bald auch die Polizei ein. Der junge Mann als Urheber deS Straßenexcesses wurde festgenommen und nach dem Naschmarkt abgeführt, woselbst sich herausstellte, daß Arrestant, ein Cigarrenmacher aus Reudnitz, nur ein zärtliche- Verhältniß geordnet und seine zukünftige Schwiegermutter abgeprügelt hatte, um die schnellere Einwilligung zu seiner Verheirathung mit ihrer Tochter zu erlangen. — Einen bedenklicher» Exceß gab es in der Nacht in einer Weinstube. Dort mochte sich ein als Gast
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