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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185911248
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18591124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18591124
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1859
- Monat1859-11
- Tag1859-11-24
- Monat1859-11
- Jahr1859
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1859
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5LV8 und Böhmen ward Ihnen mit Ausmerzung der Protestanten und Utraquisten die Kraft gebrochen. Der dreißigjährige Krieg vollendete die Abtödtung staatsbürgerlichen Selbstgefühls und Recht-stnns; der deutsche „Michel" wuchs auS dem Pfuhl hervor. Die Per rücken - und Zopfzeit wischte den Rest der schlichten MannSehre hinweg. Die höheren Stände gingen voran. Die Gesandten in Regensburg wurden lächerliche Virtuosen des Ceremoniells; der Ahnenstolz der Junker blieb in seinem Gleise, aber seine Unbeholfen- heit in den Bewegungen der Neuzeit gab auch ihm etwas Linkisches. Der Mittel- und Gewerbsstand/ im vierzehnten und fünfzehnten Jahrkundert von trotzigem Kraftgefühl, verfiel in muthlose Schwäche, des städtischen Bürgerthums altfränkisches biderbeS Wesen entartete zu spießbürgerlicher aufgespreizter Philisterei. In den Fürstenstädten bahnten Rangsucht, Titelgier, Hoffärtigkeit und Vornehmthuerei die Wege zur Gunstbuhlerei um Brosamen von höfischer Anrichte und um Aierlappen tn Titeln. Mit dieser ging Hand ln Hand die schon oben besprochene übermäßige Bescheidenheit und Höflich keit im Gesellschaftsverkehr de- Bürgerstands und der nieder» Beamtenwelt, Ergebniß längst verjährter Entwöhnung von Unab hängigkeit und Haltung deS MannS als Mann, ungefähr gleich zeitig mit dem Abkommen de- Ihr in der Anrede. Vor lauter Rücksichten auf da-, wa- Anderen zukomme, kam man nicht zu Feststellung deS eigenen Ich. Man ließ sich zum Ceremoniell einschulen; eS ist die Zeit, wo statt des ironischen GrobianuS früherer Jahrhunderte fade Complimntirbücher aufkamen. Die Staatsgewalten waren in wenig gehemmten Fortschritten zur Unumschränklheit, der willige Gehorsam im Junehmen; fürstliche Dienerschaft und stehende- Heer warfen breite Schatten über da- StaatSbürgerthum; Cabinetsjustiz beirrte die Begriffe von Recht, Pflicht und Willkür im Staate; in dem Dunstkreis der Höfe kam der freie Mann zu gänzlicher Vergessenheit seiner selbst, zu der berufenen Hundedemuth und Staatslakeiengesinnung. Von dieser Versunkenheit ward auch dem geistlichen Stande, dessen theologische Streitfertigkeit adnahm, sein Theil in Minderung von Ansehen bei den Gewalthabern und von Freimüthigkeit gegen diese. Seit Friedrich dem Großen begann die öffentliche Meinung aus ihrer gedanken- und willenlosen Nichtigkeit sich aufzurichten. Willigkeit zum Gehorsam und landständische Ohnmacht blieben zwar wie zuvor, und gerade Friedrich ließ hier am wenigsten etwas Neues aufkommen; aber die Schnellkräsiigkeit des königlichen Krieg-Helden und seine Unermüdlichkeit in selbstthätiger Siaats- walmng gab über Preußen hinaus dem denkenden Theil unserer Nation Stoff zur Bewunderung und den Ansichten von Fürsten beruf eine wohlthätige Klärung. Als nun Friedrich's Vorgang Begeisterung hervorrief, hatte die Anschauung von Fürsten und Staatsmännern, die auf des Staat- und Volks Wohl bedacht waren, ansehnlichen Zuwachs. Mochte auch der bisherige Schlen drian pflichtvergessener Genußlust an manchen Höfen sortbestehen und kleine Despoten arge Willkür üben: die öffentliche Meinung hatte für dergleichen nun einen andern Maßstad als in der frühern demutksvollen Preisgebung an die Willkür. Es kam zu öffent lichen Rügen durch die Presse und zu Darstellungen böser Minister, Präsidenten und Secretaire auf der Bühne. Das blieb freilich ohne praktische Einwirkung auf's L.ben, das Volk ohne Regung politischen Triebs. Die Unzufriedenheit in den Herrenländern, wo volksfeindliche Gesinnung, gewissenlose Genußgier oder krasse Igno ranz dem zur Besserung mahnenden Geist der Zeit Trotz boten, ward bei Weitem überwogen von dem Wohlgefühl Derer, die, ob schon autokraiischer Bevormundung und Schatzung unterworfen, in dieser guten Willen und Intelligenz zugleich erkannten. Die deutsche Treue war hier nicht blinde, stumpfe und knechtische Hul digung; man ließ sich die selbstwillige Staatswaltung mit klarer Erkenntniß ihrer Wohlthätigkeit gefallen, man traute ihr da- Beste zu. So lag denn eS auch nicht in den Gemüthern, aus der staatsbürgerlichen Unmündigkeit herauszustreben. Die- die Stimmung drS gebildeten Theil- der Nation; die Menge theilte mindestens freudige Anerkennung volk-freundlicher Fürstenwaltung. Wiederum behielt in dem Gesellschaft-Verkehr der mittleren blassen die Unterschätzung eigener Person ihre zahlreiche Kundschaft. Die Perücken zogen sich zurück, aber der Zopf blieb. Schüchterne Be scheidenheit, übermäßige Breite und steife Höflichkeit steckte dem Mittelstand dergestalt in den Gliedern, daß er vor allen Rücksich ten nach außen nicht zur Seldftschätzung kommen konnte. Daher die Scheu, den Brief mit Ich anzufangen, daher die sorgsame Beachtung aller Sorten von —geboren und —würden nach der Stufenleiter. Dies aber nicht ohne Einflüsterungen der Selbst liebe; man mochte der MannSehre gern mit einem Titel eine Krücke geben. Darin kam man der französischen OrdenSsucht unserer Zeit gleich. Die Höfe sorgten für Futter der Ambition, das Hof- wurde zur Scheidemünze für den Gen<rbSstand ausge prägt in Hofschneider, Hoflackirer rc., der Rath mit mancherlei Zusammensetzungen zu gangbarem Courant für hchere Classen. Bei dem Ausbruche der Revolution kam eS wohl zu einigen Regungen deS Streben- nach dem goldnen Vließ der Freiheit, aber sehr partiell und nur am Mittelrhein in die Lhat übertre tend, wurden fie bald unterdrückt, ohne eine Spur nachzulaffen. Hoch ln den Lüften der Ideenwelt blieb, was die Philosophen Fichte, Kant über die Revolution ürtheilte«, nicht ander- die freudige Begeisterung, »elche ihrm „schönen Lagen" selbst von Seiten eine- Klopstock zu Theil wurde. Don einer Erhebung der Gesammtheit für Doll-rechte war das ebenso entfernt als die Waffenführung gegen Frankreich von einheitlichem deutschen Nauonalgefühl. Beide- rauchte erst auf in der Zeit der Fremd herrschaft und ward laut und thätig während deS Freiheitskriegs. Die Gährung in den Gemüthern, welche sich in den nächsten Jahren nach jenem offenbarte, ging zum Theil über die Einzel staaten hinaus in die Idee eine- gesammten Deutschland-, zum Theil aber hatte sie nur den Trieb zunächst in jenen nach gestei gertem Maßstabe da- öffentliche Wesen zu gestalten, worauf sie dann Muster für da- Ganze werden sollten. Der anfängliche Hebel der Bewegung, der Franzosenhaß, erlahmte dabei sehr bald. Die Aufwallungen de- Jahre- 1830 ff., durch Frankreichs Vor gang angeregt, spielten über in da- gemeinsam Nationale; die fol genden parlamentarischen Di-cussionen in den Einzelstaaten, hier und da sehr lebhaft, hatten doch bei den Fragm von deren Ein richtung gewisse Principien und Tendenzen mit einander gemein. Der Sinn für konstitutionelle- Gtaat-bürgerrecht, für Oeffentlich- keit und Mündlichkeit gerichtlicher Verhandlungen, für Freiheit der Presse rc. hatte bei den liberalen Mitgliedern ständischer Ver sammlungen einen gleichmäßigen Grundton und darin waren sie Repräsentanten des erwachten nationalen Bewußtsein- von Recht und Pflicht im Staat, da- auch der nieder» Menge nicht gänz lich fremd blieb. Die- Gesammtgefühl de- aufstrebenden Theil- der Nation hatte einen verstärkten AuSbruch von Begehrnissen und Beschwerden im Jahre 1848 u. f. w. Wir kommen zudem deutschen Erbübel, derTrinklust, das, in seinen Anfängen schon von Cäsar und TacituS wahrgenommen, mit dem Fortgange de- Mittelalters seinen Höhestand erreichte und über jenes hinaus noch durch zwei Jahrhunderte neuerer Zeit keiner Beschwörung weichen wollte, vielmehr mit der Vervielfältigung deS Stoffs neue Kräfte gewann, bis ihm von warmen Mode getränken Schach geboten wurde. Es grassirte hauptsächlich im nördlichen Deutschland. Hier wirkten durch alle Stände von dem Hoflager bis zur Bauerhütte nordisches Naturbedürfniß und deutscher Trieb nach einem Organ zur Eröffnung der Herzen und Lösung der Zunge zusammen, unserer Nation bei ihren westlichen und südlichen romanischen Nachbarn den angestammten bösen Leumund— il doit eowwe un — zuzueignen und sie auf gleicher Höhe mit dem skandinavischen Norden und dem slavisch-finnischen Nordosten zu erhalten. Das Uebermaß, die Entartung de- Trunks zur Völlerei lag zu keiner Zeit fern und der den Deutschen von ihren mittelalterlichen Zeitgenossen gemachte Vorwurf, begleitet von Zeugnissen Luther's und anderer Sittenrichter unserer Nation, fortgesetzt in späterer Zeit und in der Sprache selbst durch Namen- Reichthum bezeugt, ist nicht ungegründet. So wmig ab»r da- deutsche Gemüth von den Ausländern recht erkannt ober gewürdigt worden ist, so blieb ihnen auch da- Untadelige de- deutschen Trunks, als des EröffnerS der Herzen, als Begleiters von Ho-pitalität bei der Bewillkommnung, von Recht und Treue bei Verträgen (Weinkauf, Leitkauf) Verpflichtungen und anderen Vorkommenheiten des Gesellschaftslebens verborgen. Von dieser Seite her ist auch die poetische Symbolik in wonnetrunken, Freudenrausch, Thaten- durft, reinen Wein einschenken, Hopfen uno Malz verloren u. dgl. »u würdigen. In dieser gemüthlichen Authat zum Trinken unter schied sich der Deutsche von seinen Trinkbrüdern im Norden und Nordosten. Es galt bei ihm nicht bloß da- Behagen de- Gaumens oder den Taumel im Kopf; die Seele schaute mit in den Becher. In der rohen Völlerei nun war von Alters her das Au trinken eine arge Unsitte, die schon Karl der Große vergebens verboten hatte und gegen die auch die in Kaiser Maximilian'- Zeit erlassenen Reichsverordnungen nichts vermochten. Dabei insbesondere wurde der Saufteufel unbändig, wenn man nicht mehr bloß auS Bechern oder Hörnern, sondern auS allerlei anderen Gefäßen, au- Kübeln, Schüsseln, Handbecken, ja a«S Hüten und Schuhen trank oder selbst da- Faß aufhob und au- dem Spundloche trank. Da- südliche Deutschland, Im Ganzen minder unmäßig al- da- nördliche, hatte zwar auch seine Riesmhumpen, seine LehnSbecher, seine Aummhungen, solche gründlich zu leeren, seine kolossalen Wein fässer; doch die Habsburger waren von musterhafter Mäßigung uno denen ahmten mehrere Fürsten nach. Die alten Trinklande aber, Sachsen, die Marken, Mecklenburg, Pommern, stark in Leistungen von Zug und Gelaß, verschmähten jegliche Aummhung der Mäßigkeit. Der Herrenstand war darin voraus, von den Landschaften aber Pommern vor allen verrufen. Da- Zmrlnken hatte hier seine Variationen, die eine plumper als die andere. Während nun geistliche und weltliche Herrm, ohne da- nationale Bier zu verschmähen, in Wein zechten, Merh und Obstwein aber eine zahlreiche Kundschaft, jener zumeist im Norden, dieser im Süden hatte und allmälig auch Zechlieder aufkamen, die in der Zeit de- MinnegefangS vermißt werden, hob sich die städtische Bierbrauerei im nördlichen Deutschland; 1« den Niederlanden aber bekam der Biertmnk seinen mythischen Vorstand im GambrinuS. Mumme, erfurter, einbecker, lübecker re. Biere wurden LieblingS- gmänke und an ihnen mochten auch Fürsten sich gcrn laben. Eindecker Entstehn gekomme einer Bi, Brauer, der Hun Er ist p unter der waren ft gehalten« sind, gie Auf hiesigen worden Alfred 8 Dresden 81, ^ »Xe 8. I», ronlandr 81 ?l»näi>ri La. äo La. La
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