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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185910316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18591031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18591031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1859
- Monat1859-10
- Tag1859-10-31
- Monat1859-10
- Jahr1859
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1859
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Anzeiger. Amtsblatt des Königl. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. W 304. Montag den 31. October. » 18S». Schiller in Leipzig. In der UniverfitätSstraße, auf dem ehemaligen alten Neu- markte in Leipzig steht ein stattliches HauS, daS noch heute nach alter guter Sitte sein steinernes Zeichen über dem Thorwege trägt. Es ist ein Bär, dessen goldneS Vließ in der Abendsonne glänzt. Dasselbe Zeichen findet sich auf einer Anzahl bedeutender literarischer Werke deS achtzehnten Jahrhunderts, die auS demselben Hause hervor und in alle Welt gingen. Bernhard Christoph Breitkopf hatte in diesem Hause, wo Männer der Wissenschaft und Kunst einen Sammelplatz fanden, seine Wohnung, Buchdruckerei und Buchhandlung. ES war die Zeit der vornehmen Gelehrsamkeit Und der Bücher in Folio. Auch Gottsched wohnte unter demselben Dache und edirte hier mit Hilfe seiner gelehrten Frau Bayle'S große- histo risches und kritisches Wörterbuch in deutscher Sprache, mit den langen wichtigen Anmerkungen deS großen Lcibnitz, nicht minder seine eigenen poetischen und anderen Werke. Johann Gottlob Jmanuel Breitkopf, der Sohn, der berühmte Wiederherfteller typographischer Kunst in Deutschland und Erfinder deS neuen Notentypen - Systems, war die Seele deS Geschäfts geworderi und hatte bereit- wieder erwachsene Söhne, als ein junger genialer Student auS Frankfurt am Main besonder- wohl wollend in der Familie ausgenommen wurde, und an den Söhnen Studiengrnvssen und llebe Friunde fand. Der junge Goethe, durch den belebten mufikaltschen Cirkel des HauseS angeregt, lieferte dem älteren Sohne Bernhard Theodor freie Liebeslieder, die dieser componirte und im väterlichen Verlage erscheinen ließ. Noch als Altmeister erinnert sich Goethe »der sehr angenehmen und für ihn heilsamen Verbindung mit dem Brettkopf'schen Hause." Er fand da zu seiner Benutzung eine clasfische, besonders für die Geschichte der Buchdruckerkunst interessante Bibliothek und Kunst sammlungen. Auch machte er in demselben Hause seine ersten Radier- und Aetzversuche, denn er lernte hier den Kupferstecher Stock kennen, der aus Nürnberg hergezogen war, ein fleißiger, genauer Arbeiter und zugleich ein humoristischer närrischer Mann, der sich oft wunderlich auszudrücken pflegte. Der saß da oben in der Mansarde beim Giebclfenster am breiten Arbeitstische und stach nach Oeser'schen Zeichnungen seine zierlichen Platten. Eine treffliche Frau und zwei Töchttrchen waren seine häusliche Gesell schaft im reinlichen Zimmer, daS der junge Dichter zur Ausübung der Kunst, zum neckischen Geplauder mit den kleinen Mädchen und mit dem gutmüthigen Alten häufig besuchte. Beide Töchter find lebenslänglich seine Freundinnen geblieben. Fünfzehn Jahre shäter saßen in demselben Zimmer mit den beiden Mädchen zwei junge Männer, Körner und Huber, zusammen. Der erstere war bereit- erklärter Bräutigam von Minna Stock, wa- der andere der Schwester Dora noch zu werden wünschte. Die trauliche Gesellschaft fand sich fast täglich zusammen zum Genüsse gemüthvoller, durch Geist erhobener Stunden. Kunst und Porste waren die Gegenstände der Unterhaltung, und eS lag der Anregung genug dazu im eigenen Kreise, wie in der -ectüre und Besprechung der stch mächtig regenden neueren Literatur. Goethe'- Götz und Werther gingen noch durch alle Hände, Lesfing war 1781 gestorben, aber im lebendigsten Andenken, Schiller - Räuber waren in demselben Jahre erschienen und ihnen bald Fießko und Kabale und Liebe gefolgt. Wa- auch über den Werth de- neuen stürmenden Dichter- geurtheilt wurde, auf den Bühnen Deutschland- ernteten seine Stücke Beifall, und die Literatur- und Theaterzeitung schrieb au- Mannheim über die Aufführung der Räuber, daß schwerlich je ein Stück in Deutsch land mehr Wirkung auf dem Theater gemacht habe, als die Räuber mit Jffland als Franz und Böck als Karl Moor. Auch in Leipzig waren die Räuber schon am 2V. September 1782 aufgcführt, mit EnthufiaSmuS begrüßt, aber bald darauf verboten worden, weil sich eine Gesellschaft Knaben soweit hinreißen ließ, daß fle zur Ausübung deS romantischen Räuberhandwerks die böhmischen Wälder aufzusuchen gedachten. In unserm Freunde--Kreise, reich an Gefühl für die Schön heiten der Poesie, wurden die neuen Stücke mit Begeisterung gelesen und besprochen. Der junge Huber, der sich bereits in eigenen literarischen Arbeiten und Uebersetzungen versucht hatte, wurde dadurch zum dramatischen Dichter angeregt und widmete den erfolgreichen Dramen der Schiller'schen Muse deshalb besondere Studien. Körner, der geist- und maßvolle, der bereit- Advocat und StaatShiener, ein Mann von vielseitiger Bildung und humaner und edler Grfinnung war, erkannte da- entschiedene Talent de- Dichters und ahnte wohl dessen künftige Bedeutung für die Nation. Die beiden talentvollen Mädchen machten im Sinne ihrer Geliebten und mit ihnen die kleine stille Gemeinde auS, dir in der Verehrung eine- großen und edeln Menschen beschloß, einige Zeichen ihrer Achtung und Liebe an Schiller zu senden. In dieser Zeit lebte Schiller in Mannheim, wo er nach seiner Flucht auS Stuttgart an Dalberg, dem Direktor deS Theaters, einen Beschützer gefunden hatte. Aber der Lohn für seine Werke war kärglich genug, die Verhältnisse, in denen er lebte, waren so drückend, wie seine Pläne groß. Gr hatte ebm einen Lieb- lingSplan zu einem dramaturgischen Journal scheitern sehen und schrieb darüber an Dalberg: „Ich bekenne aufrichtig, daß eS mir, wie den besten Schauspielern leid thut, daß eine Anstalt,.die der hiesigen Bühne so glänzende Aussichten öffnete, durch ein so geringes Hinderniß (ökonomische Berechnungen Dal- berg'S) scheitern soll, und doppelt wehe thut eS mir, weil ich fühle, waS und wie viel ich zum Ruhme unserer Bühne würde gethan haben. Vor einigen Tagen ist mir eine sehr schmeichelhafte Üeber- raschung widerfahren, die ich E. G., da Sie doch gewiß Theil nehmen, unmöglich verschweigen kann. Mir wurden auS Leipzig von vier unbekannten Personen Paquete und Briefe geschickt, die voll Enthusiasmus für mich geschrieben waren, und von Dichteranbetung überfloffen. . Sie wurden mit Pvrtraiten begleitet, worunter zwei sehr schöne Frauen zimmer find, und einer Brieftasche, die mit dem besten Geschmack gestickt ist. Gin solches Geschenk von sremden Menschen, die dabet kein anderes Interesse haben, als mich wissen zu lassen, daß sie mir gut find, und mir für einige frohe Stunden danken, war mir äußerst werth, und der lauteste Zuruf der Welt hätte mir kaum so angenehm geschmeichelt. Wenn E. E. wieder hierher kommen, so werde ich daS Vergnügen haben, Ihnen die artigen Kleinigkeiten zu zeigen." Auch an die Mutter eine- seiner Mitschüler auS der KarlS- schule, Krau von Wolzogen, schrieb er in seiner Freude: . . . „Ein solche-i Geschenk ist die einzige süße Entschädigung für tausend trübe Minuten — und wenn ich da- nun weiter verfolge und mir^ denke, daß in dek Welt vielleicht mehr solche Cirkel find, die'Mich unbekannt lieben und sich freuen, mich zu kennen, daß vielleicht in hundert und mehr Jahren — wenn auch mein Staub schon gärige verweht ist, «an mein Andenken segnet und mir noch am Grabe Lhränm und Bewunderung zollt — dann, meine Theuerste, fteue ich mich meine- Dichterberufe- und versöhne mich mit Gott und meinem oft harten Verhängnisse."
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