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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186003011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600301
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-03
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- Monat1860-03
- Jahr1860
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1860
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87» der ersten Wiegendrucke, nach Ansicht vieler Kunstverständigen ein rmieum, das erste Druckwerk, war von dem Vandalismus vr. Lindner- nicht verschont geblieben. Das in einem Initiale, dem Buchstaben „I" im ersten Buche der Genesis (In priuePio, im An fang schuf Gott rc.) befindliche Bild, eine männliche Figur dar stellend, hatte seinem Messer unterlegen und war von ihm aus geschnitten worden. Der Verlust an diesem kostbaren alten Monu mente würde ein ganz unersetzlicher zu nennen sein, hätte nicht schon früher eine frevelhafte Hand eine ähnliche Spoliation wie gegenwärtig vr. Lindner an demselben verübt, so daß gegenüber der frühem Beschädigung des auf 3000 Thaler veranschlagten Werke-, wenn überhaupt für ein derartiges ein Werth zu finden ist, die neueste Beschädigung dasselbe nicht erbeblich deteriorirt hat. Beharrlich wurde vom Angeklagten die gewinnsüchtige Absicht, der Zweck materiellen Vortheils, geläugnet und Alles blos auf Rechnung seiner Kunstliebhabers, hie und da auch seines Studiums gebracht. Abgesehen nun, daß es- doch wohl auch Gewinn, ein Vortheil zu nennen sein dürfte, wenn der Angeklagte sich den Be sitz von Gegenständen, zu denen ihn seine Kunst-Liebhaberei trieb, auf so wohlfeile Weise verschaffte, so war auch die bei Ge legenheit eines andern Werkes stattgefundene Erörterung sehr wohl geeignet, gegen die Aufrichtigkeit jener Lindnerschen Behauptung bezüglich des materiellen Vortheils erhebliche Zweifel aufkommen zu lassen. Ein anderes werthvolles, 500 Thaler taxirtes Manu skript, das sog. sxeeulum virxinum, war einem Sammelbande der Universität einverleibt. Der Angeklagte hatte dasselbe aus- getrennt und mit nach Hause genommen; er hatte dasselbe dann in einen ganz neuen Einband mit vielen Verzierungen binden lassen, er hatte ferner in der im Sammelbande zurückgelassenen Schrift zur Verhütung der Entdeckung die Zahlen der Folien aus- radirt und die hierzu gehörige, in einem besondern Kasten auf bewahrte Titelcopie und Beschreibung der Handschrift entwendet, kurz Alles gethan, was seine Absicht, das Manuskript sich an zueignen und zu behalten, so wie die Entdeckung der Aneignung zu verhindern, zweifellos documentirte. Dies Alles, insbesondere diese Absicht, wurde auch vom Angeklagten gar nicht geläugnet. Dennoch suchte er die Strafe dafür von sich abzuwenden und zwar auf folgende Art: Nach dem im November 1858 erfolgten Tode zweier Kinder war Reue und Buße über den Angeklagten gekommen; wie er ausdrücklich anführte, um sein Gewissen zu beruhigen, hatte er zur Ausführung seines angeblich damals gefaßten Entschlusses, fein ganzes Unrecht wieder gut zu machen und allen Schaden zu ersetzen, demnach was sich wirklich restituiren ließe, auch zu refti- tuiren, den Anfang damit gemacht, daß er das erwähnte speoulum virxivum, seiner Behauptung nach, wieder an seinen früher» Platz auf der Bibliothek gebracht hatte. Allein die moderne Kleidung, die ihm Lindner gegeben, sie paßte nicht zu dem Werke im alten Sammelbande, sie mußte, was allerdings nicht bestritten werden kann, zur Entdeckung führen, daß eine Veränderung, eine Spolia tion daran vorgckommen war. Deshalb will vr. Lindner dasselbe wieder in seine alte Hülle bringen, und um die Umkleidung zu be wirken, holt er das Manuskript, nachdem es seiner Behauptung nach ungefähr 4—0 Wochen in dem neuen Einband wieder seine alte Stelle auf der Bibliothek eingenommen hatte, zum zweiten Male herunter. Ehe die Umkleidung jedoch vor sich geht, kommt die Untersuchung über ihn, und so fand man den Ooäex noch in dem neuen Kleide bei ihm vor. Bis hierher ließ sich diese Erzählung des Angeklagten wohl hören und man hätte sie für wahr halten können. Allein da trat ein Zeuge, der Gehülfe eines Kunsthändlers auf, der eine ganz eigenthümliche Unterhaltung zwischen ihm und dem Angeklagten bekundete. Zum Besuch seiner Kunstsammlungen von vr. Lindner eingeladen, hatte jener Kunsthändler auch das 8peeu1um vir^iuum zu Gesicht bekommen, dessen hohen Werth sofort erkannt und an vr. Lindner die Frage gerichtet, ob er wohl auf einen Verkauf oder Tausch diese- Werkes einzugehen geneigt sei. vr. Lindner batte weder eine bestimmt bejahende noch eine bestimmt verneinende Antwort ertheilt; er hatte erklärt, es sei das Werk billig in Böh men acquirirt worden, er habe eS von einem Freunde, er könne sich „jetzt" noch nicht von demselben trennen, denn es mache ihm zu viel Freude, wenn er sich jedoch später zum Verkauf oder Tausch entschließe, so wünsche er, daß das Werk nicht in den hie sigen Katalogen figurire, sondern aus freier Hand im Ausland verkauft werde. Es war ihm bekannt, daß der Fragsteller für sein Geschäft öfters in Sachen alter Kunstgegen stände Reisen nach England und Frankreich zu machen habe. So viel leuchtet ein, daß die Behauptung de- Angeklagten, ex habe das gedachte Werk wieder an die Universitätsbibliothek zurück stellen wollen, nachdem er selbiges seinem übrigen- durch Nichts erwiesenen Anführen zufolge zur Einkleidung in den früheren Ein band zum 2ten Male von der Bibliothek entnommen, ein ganz anderes Aussehen gewinnen mußte, wenn da- Gespräch und die Verhandlung zwischen ihm und jenem Kunsthändlergehülfen so geführt worden waren, wie letzterer behauptete, und wenn der An geklagte im Verlauf der Verhandlung einmal geäußert hatte, das Gefühl seines Unrecht- habe er zwar gehabt, er sei sich aber der Tragweite seines Verfahren-. nicht klar geworden, so konnte man wenigstens nicht rweifelhaft bleiben, daß er sich der Tragweite jenes beiderseitigen Gesprächs ganz klar bewußt war und recht wohl einsah, was man darauf zu geben berechtigt fei. Er war daher auf alle Weise bemüht, die Einzelheiten desselben und die dabei namentlich von ihm getbanen Aeußerungen anders zu erzählen, als man sie aus dem Munde jenes Zeugen darstellen hörte. Er gab insbesondere nicht zu, daß er gewünscht oder ver langt habe, daß der gedachte Eodex, wenn er sich zu dessen Ver kauf entschließen sollte, nicht in hiesigen Katalogen figurire, sondern im Ausland aus freier Hand verkauft werde, vielmehr räumte er nur so viel ein, es sei von ihm im Allgemeinen der Wunsch aus gesprochen worden, daß Sachen, die er hiesigen Kunstliebhabern vielleicht als Perlen seiner Sammlung gezeigt habe, als verkäuflich in den Katalogen siqurirten; auf den in Frage stehenden Codex habe dieser Wunsch keine Beziehung gehabt, dieser sei von ihm nicht gemeint gewesen. Jndeß der Zeuge blieb bei feiner abwei chenden Aussage stehen, beschwor dieselbe und erwähnte noch aus drücklich, aus dem Gange des Gesprächs und wie vr. Lindner sich dabei benommen, habe er auf dessen Geneigtheit zum Verkauf des Eodex schließen müssen. Eigenthümlich war noch ein Vorgang, durch den vr. Lindner seine sämmtlichen früher« Zugeständnisse in Frage zu stellen schien. Auf Anregung seines Vertheidigers erhielt er Veranlassung sich über den Begriff und die Bedeutung des von ihm wiederholt gebrauchten Ausdrucks Aneignung auszusprechcn. Den wollte er jetzt so verstanden haben, daß er überall von Aneignung bei allen denjenigen Werken und Gegenständen gesprochen, wo er den bestimmten Zweck nicht gehabt habe, die Gegenstände wieder auf die Bibliothek zurück zu geben. Indessen ging aus seinen übrigen Antworten auf die ihm in dieser Richtung vorgelegten Fragen zur Genüge hervor, daß er den Begriff der Aneignung durchaus nicht mißverstanden und seine dermalige Definition wohl nur eine euphemistische Umschreibung des sonst üblichen Wortes Entwen dung zu bettachten war. tzU" Schluß siehe auf der letzten Seite in der Beilage. Verschiedenes. » Ich grolle nicht." Es wird dem musikalischen Publicum von Interesse sein zu hören, daß Herr Kammersänger Koch (mich seiner eigenen Mittheilung) das Lied „Ich grolle nicht" von Schumann unter der Leitung des Componisten selber einstudirt und daher dessen Auffassung zu der seinen gemacht hat. Merk würdiger Weise wurde hier gerade diese Auffassung von der Kritik nicht beliebt. Wangerooge, im Februar. Von Tag zu Tag mehrt sich die Gefahr, daß der als Seezeichen weithin sichtbare große Kirch- thurm. ein Raub der Wellen werde. Sonst stand derselbe in der Mitte des am Westende der Insel belegenen Dorfes, aber seit dem 1. Januar 1855 haben alle im Westen, Norden und Nordosten des Thurmes belegenen Häuser der Gewalt des Wassers weichen müssen, und an den Stellen, wo sie standen, wogt jetzt zur Flut zeit die See. Die Tiefe des Meeres rückt täglich näher gegen das Dorf heran und täglich erniedrigt sich der Strand. Die Gränze der täglichen Flut war im Jahre 1853 noch etwa 500 Fuß nord westlich vom großen Thurme entfernt, 1856 nur noch 290, 1857 noch 240, 1859 noch 120. Eine steile Kante, die den flachen Strand von dem höheren Theile der Insel schied, rückte in der Flut vom 28. v. M. dem Thurm bis auf 39 Fuß nahe und seit dem 6. d. M. ist dessen Fundament schon auf 20 Fuß Länge bloß gelegt. Der zufällige Umstand, daß das Ufer hier von einigen Thonschichten durchzogen ist, mag das Dasein des Thurmes noch eine kurze Zeit fristen, erwarten muß man aber, daß er eben so, wie am 9. März vor. I. der seit 1856 verlassene Leuchtthurm, nächstens unterspült werde und Zusammenstürze. Der neue Leucht thurm liegt, durch hohe Dünen noch auf lange Zeit geschützt, an der östlichen Spitze der Insel ganz allein. An die Redaction deS Leipziger Tageblattes. Die Mittheilung über die Vorstellung „Das Urbild des Tartüffe" in Nr. 60 des Tageblattes bedarf in einigen Puncten der Berichtigung. .Ich bin zur Zeit nicht beurlaubt, und habe auch ur Darstellung der Rolle Ludwig XIV., die nicht dem ^ache angehört, für welches ich contractlich verpflich tet bin, mich nicht erboten, sondern sie vielmehr auf besonderen Wunsch des Herrn Direktor Wirsing für diesen Abend übernommen. Ich bitte, dieser Berichtigung in Ihrem Blatte einigm Raum zu gönnen, da jene Notiz — so wohlwollend auch die Absicht des Herrn Einsenders für den Zweck der gedachten Vorstellung gewesen sein mag — zu Mißdeutungen nur zu leicht Anlaß geben konnte. Hochachtungsvoll Leipzig, den 29. Februar 1860. Alexander Kökert. Mt* Der vorläufige Bericht über die gestrige Sitzung der Stadtver ordneten befindet sich am Schluß des Blattes.
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