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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186003112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600311
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-03
- Tag1860-03-11
- Monat1860-03
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1860
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'cipMtr TagMatl Anzeiger. AmISdlaü des Auigl. BlzirlsgmW md des Raths der Stadt LeW». Sonntag dm 11. März. 188«. Mittwoch den 14. März d, I. Abends ",7 Uhr ist öffentliche Sitzung der Stadtverordneten im gewöhnlichen Locale. TageSordmmg: I) Gutachten des Ausschusses zu den Schulen, die Regulimng der Gehalte der Lehrer, einschließlich der Fachlehrer betreffend. 2) Gutachten deS Ausschusses zur Vermicthung von Gemeinde-Räumlichkeiten, die städtischen Mieth- locale betreffend. 3) Gutachten des Ausschusses zum Bauwesen, Herstellung deS BrandstegeS betreffend. Der Traum. Von Berthold Sigismund. (Fortsetzung und Schluß.) Die Träume der Morgenstunden gelten allgemein für die leb haftesten. Diese Ansicht ist indeß mit Rücksicht auf den Tag traum unrichtig und auch sonst nur halbwahr. Daß man um Mitternacht ebenso lebhaft träume wie gegen Morgen, weiß Jeder, der öfter von der Nachtklingel geweckt wird. Wer freilich ununter brochen schläft, erinnert sich am Morgen nur des letzten Traumes, da die Wellenringe der späteren Träume die früheren verwischt habeil.' Je leiser und um das Aufwachen zu bestimmter Stunde besorgter man schläft, desto mehr Spuren bleiben dem Gedächtniß eingedrückt von den Elfentänzen der Nacht, denn beim jedesmali gen Erwachen ist wenigstens ein blasser Schatten von dem Act übrig, der eben auSgespielt hat. Ein ungewohntes Zimmer, eine ungewöhnliche Beleuchtung, z. B. der auf das Gesicht des Schlä fers fallende Mondschein, begünstigen meist ein lebhaftes, d. h. besser erinnerliches Träumen. 'Wer zum ersten Mal in der Nähe eine- Wasserfalles oder auf dem Schiffe schläft, wo das Meer durch die dünne Breterwand uns schaurige Märchen zuraunt, ist sicher, von lebhaften Träumen heimgesucht zu werden. Wohl nie seht der Geist nach einem Zwischenacte des Wach seins die frühere Traumfabel so fort, daß sich Alles ohne Lücke zusammenfügt, vielmehr beginnt er stets ein neues Stück, das oft dem vorigen verwandt, aber nicht eine bloße Weiterspinnung desselben ist. Es ist eine wesentliche Eiqenthümlichkeit des träumen den Geistes, daß er nicht „bei der Stange bleibt", sondern be ständig abschweift. Auch dem wachen Geiste fällt dieses Geleis halten sehr schwer, selbst der an strenges Denken gewöhnte Mann wird nur gar zu leicht durch einen Sinneseindruck oder durch eine zufällige, gleich einer Sternschnuppe hereinplatzende Vorstellung zum Jrrlichteliren verführt. Aber dem Träumenden ist es ge radezu unmöglich, er ist nie Herr seiner Gedanken, die Rosse gehen mit dem Lenker durch. Selten (Manche behaupten mit Unrecht nie) erinnert man sich, wenn man eine Nacht ohne Unterbrechung verschlafen hat, zweier in dieser Zeit gehabten Träume; meist ist es nur möglich, den letzten ins Gedächtniß zurückzurufen. Es ergeht dem Träumer wie einem Ungebildeten, der in rascher Folge mehrere Geschichten gelesen oder eine Bildersammlung flüchtig durchlaufen hat; das Vielerlei der oberflächlichen Eindrücke verschwimmt zu einem wirren Nebel. Beachtet man die einzelnen Geisteskräfte, die im Schlafe wirk sam sind, so befremdet vor Allem das tiefe Darniederliegen der UrtheilSkraft. Träumende nehmen alle Vorspiegelungen der Phan tasie, nicht nur die grellsten Unwahrscheinlichkeiten, sondern auch die handgreiflichsten Widersprüche so gläubig und kritiklos hin, wie ein Kind, da- Märchen hört. Auch der gewiegteste Denker gleicht, wenn er träumt, dem Bauernknaben, der zum ersten Male einer Zauberoper zusieht, er staunt über läppischen Hokuspokus, er ängstigt sich über Dinge, die ein waches Kind als leere Po panze auslachen würde. Der schreckhafte Träumer erinnert an das Pferd, da- zuweilen vor dem harmlosesten Gegenstände scheut und mit Entsetzen zurückprallt. Trotz dieser Verblendung ist die UrtheilSkraft im Träumer nicht ganz erloschen. Meisten- ist er freilich vollkommen rathlos und stutzt in Lagen, aus denen sich jedes wache Kind leicht heraus hilft; indessen wählt er doch manchmal, um einer vorgespiegelten Gefahr zu entgehen, zweckmäßige Mittel, ja zuweilen glaubt er ganz besondern Scharfblick zu bewähren und wirklich geniale Ge danken zu schaffen. Aber er glaubt es nur, so lang er sich durch die Traumbrille beobachtet. Erwacht man von einem Traume, in dem man eine wissenschaftliche Aufgabe gelöst oder eine Strophe gedichtet Lu haben meint, so meint man wohl eine Aeitlang einen wahren Schatz zu besitzen; ernüchtert sich aber der Geist und ver sucht den Fund näher zu bettachten, so zerrinnt derselbe, wie so mancher Schatz in dem Märchen, zu Nichts oder erweist sich im besten Fall als ein AlltagSgedanke, so werthlos wie eine abge griffene Scheidemünze und noch öfter als blühender Unsinn. Ebenso werthlys sind auch die Schätze, welche die sogenannten Hellseher, Tischklopfer und Psychographen — Figuren, die zu Humboldt- Zeitalter noch weit schlechter passen, als die Hexen zu Galilei'- Zeit — zu Tage fördern. Dieser Darstellung — so wird vielleicht eingewendet — wider sprechen die wohlbegründeten Erzählungen von Männern, die wirk lich im Traume wissenschaftliche oder künstlerische Aufgaben gelöst haben. Es laufen ja darüber gar seltsame Anekdoten um. So wird erzählt, Klopstock habe zu seiner Messiade wenn nicht die erste, doch die wirksamste Eingebung im Traum empfangen. In dessen beruhen wohl alle diese Angaben entweder auf bloßer Er dichtung, oder auf einer verzeihlichen Selbsttäuschung. Man schreibt dem Traume zu, was dem Wachen angehört. Die Seele, welche im wachen Zustande von einer Gedankenreihe lebhaft erregt war, wirft deren Elemente im Traume regellos wie Würfel unter einander und ist von dieser Fügung des Spieles so ergriffen, daß ihr die selbe im Wachen zu einem neuen Ausgangspunkte dient. Da- Beste muß stets der wache Geist Hinzuthun; die Eingebungen de- Traums sind nur etwa den halb genialen, halb tollen Lichtblihen Geisteskranker zu vergleichen, und eS gilt vom Traume, wa- Goethe vom Pöbel sagt: „Urtheilen gelingt ihm miserabel." Dagegen leistet der Traum Bedeutendes im Erinnern. Daß Schlafende zuweilen ganze Lieder vollkommen richtig absingen, befremdet uns schon, obgleich sie darin eben nicht- Außerordent liches vollbringen. Weit mehr verwundert man sich mit Recht darüber, daß wir manchmal im Traume das Gesicht eine- längst Verstorbenen oder das Bild einer vor langen Jahren besuchten Gegend mit solcher Lebhaftigkeit erblicken, wie es uns im wachen Zustande nicht gelingt. Bisweilen überdauert ein solche- Phantasie bild die Schlafzeit, es bleibt uns nach dem Erwachen vor der Seele schweben und ersetzt das verblichene Erinnerungsbild, da- wir früher in uns trugen. Diese Virtuosität de- Traume- ist gewiß seine liebenswürdigste Seite; er ängstet uns nicht blos, wie der schwarzsehende Byron sagt, mit lang verblichenen Bildern, er führt uns auch für Augenblicke das verlorene Glück zurück, und ist der freundliche Bote, der uns Grüße von denen bringt, welche der Rasen deckt. Schade, daß nicht Shakespeare, der die neckischen Foppereien der Fee Mab, die uns hänselt, und da- furchtbar« Walten der Traum-Nemesis, durch welche Lady Macbeth gestraft wird, so herrlich schildert, auch diese holde Traumfee gefeiert hat! So sehr wir aber auch Grund haben, dem Traum als dem Genius der Erinnerung dankbar zu sein, müssen wir unS doch hüten, seine Leistung zu überschätzen und dabei ungerecht zu werden. Der wache Geist vermag in dieser Hinsicht nicht nur dasselbe^
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