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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186003137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600313
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600313
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-03
- Tag1860-03-13
- Monat1860-03
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1860
- Autor
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, > Anzeiger. Amtsblatt des Köuigl. Bezirksgerichts md des Raths der Stadt Leipzig. B73. Dienstag den 13. März. 186V. Die Wahlen -er Stadtverordneten zu Leipzig. Die geehrte Redaction des Tageblattes hat am 1. März ihren Lesern einen interessanten Aufsatz aus Nr. 9 des „Leipziger Kreis- und Verordnungsblattes" mitgetheilt. Gestatte sie einem Bürger unserer Stadt zu demselben einige Zusätze und Berichtigungen. Dem Verfasser jene- Aufsatzes erscheint eS als ungehörig, daß die Wahlen der Stadtverordneten seit Jahren „auf Männer ge fallen sind, welche in ihrer großen Mehrzahl ein und demselben politischen Richtung angehören." Wir müssen die Richtigkeit dieser Angabe vollkommen anerkennen; aber wir können nicht begreifen, wie irgend Jemandem ein solcher Vorgang auffällig sein kann; am wenigsten könnte er dies dem Herrn Verfasser des erwähnten Artikels sein, da er ja zugiebt, daß jene Partei „in der städti schen Bevölkerung selbst stark vertreten" sei und daß die ihr gegenüberstehende „konservative" Partei an „großer In dolenz" leide. Wenn die Stadtverordneten als Vertreter der Bürgerschaft im Sinne und Geiste ihrer Wähler sollen handeln können, müssen sie dann nicht aus derjenigen Partei hervorgehen und derjenigen Richtung angehören, welche am stärksten vertreten ist in der Bürgerschaft? Kann es nach jenem Zugeständnisse überraschen, wenn die in der Bürgerschaft „starkvertretene" Partei mrch in den Stadtverordneten „stark vertreten" ist? Würden die Wähler nicht gegen ihre Pflicht und gegen ihr Gewissen sündigen, wenn sie Personen wählten, derm Ueberzeugungen ihren eigenen Anschauungen fremd wären? — Und we-halb sollten denn die Wähler den Gliedern einer anderen Pattei den Vorzug geben? Etwa deshalb, weil die sogenannte „konservative" Partei besser ihre Pflicht thun, besser und eifriger Gedeihen und Wohlfahrt unserer Stadt zu fördern bemüht sein würde? Das glaubt wohl der Herr Verfasser selber nicht, denn er beschuldigt ja die Eon- servativen „großer Indolenz!" Es hieße aber den Wählern doch gar zu viel zumuthen, wenn man sie aufforderte, indolente, trüge Stadtverordnete zu wählen, welche noch dazu in ihren An schauungen mit den Ueberzeugungen der Bürgerschaft im Wider spruche stünden. Wenn es aber nichts Auffallendes und Ueberraschendes haben kann, daß die Wahlen vorzugsweise auf freisinnige Männer aus der Partei, welche „sich die liberale nennt oder die demokratische genannt wird", gefallen sind, — wenn der Grund der Nichtwahl jener Pattei, welche sich die „konservative" nennt oder die „reac- tionaire" genannt wird, au- der Indolenz derselben genügend erklärt wird, — so entbehrt auch der weiter vorgebrachte Grund zur Erklärung jener Wahlen aller Bedeutung: daß die liberale Pattei es sich zur Pflicht mache, „ihren Anhängern das Wahl- aeschäft so leicht und bequem als möglich zu machen." Indessen haben wir hierauf eine Antwort. Wenn dies wirklich ein Vorwurf wäre (was wir aber nicht entfernt zugeben können), so siele derselbe nicht der liberalen, sondern der entgegenstehenden Pattei zu. Denn trügt uns unser Gedächtniß nicht, so war es im Jahre 1842, als die „Patricier" (wie sie sich nannten, oder die „Servilen", wie sie damals genannt wurden) in einer geschlos senen Gesellschaft Wahlzettel aufstellten, diese verbreiteten und bei der damals sehr geringen Betheiligung leicht eine Majorität für ihre Eandidaten erwirkten. Da aber die Patricier nm sich und ihre Frnmdr behacht, sehr Wenige vom Mittelstände und Niemand (oher fast Hiemanh) gory Handwerkerstande auf ihren Wahlzettel aufgenommest hatten, so sagden es die von ihnen übergangenen Bükakt für angemessen, im nächsten Jahre ebenfalls in einer ge schloffenen Gesellschaft einen Gegen-Wahlzrttel aufzustellen, welcher nun ihre Wahlcandidatm au- der Ume hervorgehen ließ. Die Liberalen bewiesen also, daß sie nicht zu einer Partei gehören, „welche Nichts lernt und Nichts vergißt" — — und jetzt will man ihnen Vorwürfe machen, daß sie von dm Eonservativen Lehre anaenommen haben? , Seit jenen Jahren hat der Wahlzettel mit dem Motto: „Wahr heit und Recht- immer die Majorität davongettagen. Dies« Partei muß man es aber nachsagen, daß sie immer mit sehr großer Mäßigung ihren Sieg benutzt hat; möge man ihr dies als Lob oder Tadel auslegen. Immer hat sie auch Personen aus anderen Kreisen zu Stadwerordneten erwählt, sobald dieselben durch Fachkenntnisse und Eifer für das allgemeine Beste sich be merkbar machten. Ebenso ist sie bei den Wahlen der Stadt rät he verfahren und ohne Rücksicht auf ihre Partei wurden Männer erwählt, zu deren Eifer für allgemeines Wohl man Ver trauen hatte; — die „liberale" Partei hat die Herren Stadt- räthe Berger, Felsche, Gaudlitz, Grüner, Harck, Rei chenbach, Weickert, Weyand erwählt, welche Niemand „demokratische" Parteihäupter nennen wird. — Auch zu Stadtverordneten hat man früher sogenannte „Patricier" zu wählen versucht; da diese aber die Wahl auszuschlagen pflegten, ja ihre Stimmzettel zum Theil nicht einmal abgaben, so ist man davon zurückgekommen. — Kann dies den Wählern zum Vor wurfe gemacht werden? — Sollte man der Meinung sein, daß der kleine Kaufmann weniger Intelligenz und Umsicht besäße, als der Engrossist? — Sollte nicht vielmehr die schon früher erwähnte „Indolenz" eine genügende Erklärung geben? Wir glauben hierdurch jedem Vorurtheilslosen bewiesen zu haben, daß nicht etwa Wahlumtriebe und die Wahlfrei heit des Einzelnen beschränkende „Parteidisciplin" im Spiele ge wesen ist. Sollte aber der Herr Verfasser jener Mittheilung eine solche Ansicht etwa dadurch erwecken wollen, daß er auf die 20 bis 30 von einer Hand geschriebenen Wahlzettel hinweist, so wollen wir uns doch von ihm die Antwort erbitten: ob nicht auch die Wahlzettel der „Eonservativen" außerordentlich übereinstimmend und theilweise von einer und derselben Hand geschrieben waren? — Ob nicht auch die „Eonservativen" sehr gute „Parteidisciplin" gehalten haben, wenn sie auch nur über etwa 200 Stimmen ge bieten, die Liberalen dagegen über etwa 700? — Ob nicht etwa die Zettel der streng kirchlichen Fraktion sogar in den Schreibfeh lern eine wahrhaft rührende Uebereinstimmung hatten? Ent weder sind die „Wahlumtriebe" auf beiden Seiten oder auf keiner. Wir sind der letzteren Meinung. Die angeführte Stelle der Städteordnung, daß jeder Stimm berechtigte den „von ihm auszufüllenden" Stimmzettel abgeben solle, kann unmöglich so gedeutet werden, als dürfe der Stimm zettel nur vom Abstimmenden eigenhändig geschrieben werden, wenn man nicht den Gesetzgeber eines wahrhaft grasten Materialis mus beschuldigen will! Denn sonst müßte ein gequetschter Finger oder ein gelähmter Arm mit dem Hindernisse zum Schreiben auch den Verlust de- Wahlrechtes, also den Verlust eines TheileS der bürgerlichen Ehrenrechte, nach sich ziehen. Etwas Derartiges kann der Gesetzgeber aber nicht gewollt haben. Niemand wird glauben, daß Bürgerwerth und Bürgertugend in der unbehinderten Fähig keit zum Schreiben begründet sei. Vielmehr haben die Worte: von ihm" unläugbar nur den Sinn „nach seiner Ueberzeugung" — und es ist gleichgiltig, ob seine eigene Hand oder die eines Anderen den Zettel ausfüllt, wenn die Art, in welcher eS geschieht, nur der Willensmeinung und Ueberzeugung des Wählmden entspricht. Den Schluß jene- Aussatzes wollen wir nicht einer Widerle gung unterziehen, weil für jeden Unparteiischen und VorurtheilS- sosen eine solche völlig unnöthig ist. Nur der Vorwurf einer unziemlichen „Haltung dieser Partei den Maßnahmen der Regie rung gegenüber" verdient erwähnt zu werden. Mehr als der Erwähnung bedarf eS nicht, um das Ungerechte dieses Vor wurfes zu erweisen. Vergeben- würde man eine einzige Tbatsache suchen, daß die Stadtverordneten die schuldige Rücksicht der Regie rung gegenüber außer Acht gelassen haben. Im Gegentheile! In der wichtigsten Angelegenheit des vorigen Arbeitsjahres, in er Gchulftage, befanden sie sich zwar mit deNr Stqdtrathe (der Verwaltungsbehörde) nicht im Einklänge und waren genötbigr, lesen wiederholt m schnellerem Borwärtsgehen (dis jetzt ohne! Er« okg) aufzufordern, — dagegen wären die Aussprüche der könlg- ichen Kreisdtrecrion (also der Regierungsbehörde) mit den
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