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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186005156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600515
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-05
- Tag1860-05-15
- Monat1860-05
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1860
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2382 rechtfertigt, zwei anl Halse, welche für lebensgefährlich^ ü»d eine Wunde am reibe, welche für absolut tödtlich erklärt wurde. An den Fingern der Leiche fand man mehre Rtttge; auf zweien der selben waren die Buchstaben E. L. etngravirt. WaS aber für die Untersuchung von der wesentlichsten Bedeutung werde» mußte, war der auf beiden Strümpfen unterhalb deS BördchenS mit Goldperlen eingestickte Name: Emilie Locheisen. 1889. Der Polizei-Direction zu Wiesbaden gelang eS in Folge dieses JndiciumS bald, wettere Feststellungen zu machen. Es wurde ermittelt, daß auS dem Gasthof zur Rose in Wiesbaden ein Koffer mit der Adresse: „E. Locheisen in Hamburg, Bahnhof aufgegeben war, und zwar von einem Oekonomen Heinrich Nolte, der mit seiner angeblichen Schwester eine Zeitlang in Wiesbaden der Cur halber sich aufgehalten hatte. Die Beschreibung dieser Schwester paßte vollständig auf die Emilie Lotheisen. Sie war nach der Angabe des Gasthauspersonal- mit Nolte am Morgen de- 25. Juni nach dem Bahnhof gegangen und letzterer am folgenden Morgen allein und anscheinend sehr ermüdet zurück gekehrt. Man traf jetzt Maßregeln zur Verhaftung des Nolte, welche denn auch am 3. Juli in Nauheim, in einer Wohnung, die er bereit- früher mehrmals innegehabt hatte, stattfand. Es fanden sich unter seinen Effecten 200 Thlr. Geld und an seinen Kleidungsstücken verschiedene Blutspuren. Zu Verhör gebracht gab er vor, von dem Schicksal der Emilie Lotheisen weiter nicht- zu wissen, als was sie ihm nach ihrer Adresse von Nauheim aus Frankfurt brieflich mitgethrilt habe, daß sie nämlich bei einer Dame in Hamburg eine Stelle antreten wolle und wünsche, er möge ihre in Nauheim zurückgelassenen Effecten nachschicken. Letztere- habe er gerhan; den Brief selbst könne er nicht mehr aufweisen, da er ihn verloren, wohl aber dessen Couvert. Die Blutspuren an seinen Kleidern suchte er dadurch zu erklären, daß er sich bei seiner Rückkehr nach Wies baden Blutegel habe ansetzen lassen. Der bei ihm gefundene Geld- vorrath sei ganz natürlich, da er von Cassel über 600 Thlr. zur Reise mitgenommen, auch besitze er außerdem noch Geld, da er bei Cassel in der Nähe der sogenannten Kaffeemühle 3000 Thlr. Gold vergraben habe Was seinen Aufenthalt zu der fraglichen Zeit anbelange, so sei er am 25. in Frankfurt, in der Nacht vom 25. auf den 26. aber in Homburg bei einer Dirne gewesen und von da am 26. wieder nach Wiesbaden zurückgekchrt. Die Angabe bezüglich der angesetzten Blutegel ergab sich als wahr und ist dies unzweifelhaft eine schlaue Präventivmaßregel gewesen. Dagegen ist die Behauptung seines Alibi eben so falsch, wie die Fabel von seinem vergrabenen Reichthum und dem mitgenommenen Reisegeld. Abgesehen davon, daß sich an der bezeichnten Stelle bei der Kaffeemühle nichts vorfand, ist es unzweifelhaft festgestellt, daß die Vermögensverhältnisse Nolte's vor dieser That gänzlich zer rüttet waren. Was überhaupt die Lebensgeschichte de- Angeklagten betrifft, so stammt er aus einer geachteten Bauernfamilie in dem Dorfe Her- llnghausen in Westfalen, wo er am 27. Mai 1816 geboren wurde. Nachdem er zuerst die Schule seines Dorfes, ftäter die zu Mar burg besucht, trat er- bei einem Domainenpachter als Verwalter ein. Im Jahre 1838 wurde er zur Gardeartillerie in Berlin ge zogen, und diente hier drei Jahre, nach welcher Zeit er wieder in seine alte Condition zurückkehrte. Im Jahre 1847 verheirathete er sich mit der einzigen Tochter des Gutsbesitzers Lauer zu Klein seelheim und wurde kurhessischer Unterthan. Ueberall begleitete ihn der beste Ruf und allgemeine Achtung. Nur sein eheliches Ver- hältniß wurde nicht besonders gerühmt, da er sich oft gleichgiltig gegen seine Gattin zeigte und überhaupt die Ehe mehr aus In teresse, als aus Neigung eingegangen zu haben schien. Seine Frau war Eigenthümerin eines ansehnlichen Gutes, auf welchem jedoch bedeutende Hypothekschulden hafteten. Nolte kaufte 1848 seiner Frau das Gut für 36,000 Gulden ab und brauchte nach der Uebernahme der Hvpothekschulden nur 3000 Gulden herauszu zahlen. Im Jahre 1854 starb seine Frau, und seine einzige Tochter gab er bald darauf zur Erziehung nach Herlinghausen in seine Heimath. Don jetzt beginnt ein Wendepunkt !n seinem Leben. Spiel und schlechte Spekulationen brachten seine Verhältnisse schnell herab, und als er Ende 1855 sein Gut für 51,000 Thlr. verkaufte, blieb ihm nach Abzug der Passiva nur wenig übrig. Er zog nach Kassel und hier war eS, wie e- scheint, sein Hauptbeftreben, durch Abschließung einer möglichst reichen Heirath seine Finanzen wieder zu heben und sich vor dem gänzlichen Untergange zu retten. Er setzte sich deshalb theilS direct, theils durch Mäkler mit verschie denen Frauenzimmern in Verbindung, welche ihm al- wohlhabend bezeichnet waren, und stand im Jahr 1858 mit nicht weniger als sieben Geliebten gleichzeitig in HeirathSunterhandlung. Eine von diesen war die Emilie Lotheisen, welche damals ln Kassel lebte und ihm als eine gute Partie von 18,000 Thlrn. bezeichnet war. Er vergewisserte sich jedoch bald, nachdem er ihr die Ehe ver sprochen und in ein näheres Verhältniß zu ihr getreten war, daß ihr Vermögen kaum auf 1000 Thlr. sich belaufe. Unterdessen hatte er eine Witwe kennen gelernt, die wirklich wohlhabend war, und sich zur Verehelichung mit Nolte sehr geneigt zeigte. Seitdem war ihm die Lotheisen im Wege. Dazu kam noch, daß jene Witwe ihm einen Besuch in Kassel angekündigt hätte, Und daß er, wenn er feine Armuth nicht verrathen wollte, auf Mittel sinnen mußte, sich Geld zu verschaffen. DaS Vermögen der Lotheisen konnte ihm den Weg zu der Heirath mit jemr Witwe bahnen, und auS diesen Motiven entsprang der Mord. Die persönlichen Verhältnisse der Ermordeten sind kurz fol gende: Emilie Lotheisen ist am 5. Februar 1820 in Udorf, kgl. preuß. Kreise- Brilon im Regierungsbezirk ArnSberg, geboren. Ihr Vater, ein wohlhabender, geachteter Mann, Besitzer eines Eisenhammers, starb 1849 mitHinterlassung zweier Töchter. Die ältere ging mit ihrem zweiten Manne, dem Oekonomen Schladeur in Udorf, nach Amerika und Emilie wurde ihres Vater- einzige Erbin. Da jedoch der letztere vor seinem Tode noch bedeutende Schulden contrahirt hatte, so belief sich die Erbschaft nur auf 2 — 3000 Thlr. Nach dem Tode ihrer Mutter, welcher 1850 erfolgte, wechselte sie häufig ihren Wohnort, indem sie bald bei diesem, bald bei jenem Verwandten und Bekannten sich aufhielt. Im Jahre 1857 zog sie nach Cassel. Obgleich sie sehr sparsam war und höchsten- in Putzgeaenftänden einen kleinen Luxus sich erlaubte, waren doch bei der Geringfügigkeit ihres Vermögens — es betrug 1857 nur noch 1400 Thlr. — die Zinsen nicht hinrei chend, ihre Bedürfnisse zu decken, und sie mußte daher da- Capital angreifen. Ihr Ruf war unbescholten; ihrem Charakter wird jedoch ein gewisser Eigensinn und ein gewaltiges Mißtrauen zur Last gelegt. Auch ihr geistiger Zustand war ein geschwächter, was theils die Folge eines Nervensiebers, theils durch die Nachstellungen veranlaßt sein soll, welche sie von ihrem Schwager Schladeur, einem schlechten, dem Trunk und der Lüderlichkeit ergebenen Manm zu erdulden hatte. Letzterer soll ihr in der Absicht, das ganze Loth- eisen'sche Besitzthum auf sich zu übertragen, mehrmals thalsächlich nach dem Leben gestrebt haben. Emilie Lotheisen verrieth nament lich eine große Heirathslust, welche sie öfter die Grenzen weiblich« Zurückhaltung überschreiten ließ. So hatte sie dem Direktor der Irrenanstalt in Marburg selbst einen Heirathsantrag gestellt und demselben gleich einen vollständigen Brautanzug überschick; einem anderen Geliebten war sie bis Pezig ln Pommern nach gereist. Ihr Vermögen hatte sie in kurhessischen Landescreditcassen - und in preußischen Staatsobligationen angelegt. Vor ihrer Reise nach Wiesbaden, welche die letzte ihres Lebens wurde, hatte sie noch 200 Thlr. in hessischen und 500 Thlr. in preußischen Papieren, welche sie stets in ihren Kleidern eingenäht bei sich trug. Als Jndicien, welche die Schuld Nolte's außer Zweifel stellen, erwähnt die Anklage ausdrücklich: 1) Den Besitz der der Emilie Lotheisen gehörigen Werthpapiere nach der That, indem nachge wiesen sei, daß Nolte einige derselben bei dem Banquier Weil« in Frankfurt gewechselt habe. 2) Den Besitz eines bedeutenden Geldvorrats bei notorischer Ueberschuldung, ohne Nachweis von dessen rechtlichem Erwerb. 3) Die Blutspuren an den Kleidern des Angeklagten, deren Entstehung durch die stattgehabte Ansetzung von Blutegeln keineswegs begründet sei. 4) DaS Eigenthum des am Schauplatz des Verbrechens Vorgefundenen Messers und Stockes. Das Messer, welches an der Klinge den Stempel de- Fabrikanten — Schmidt — trägt, ist von diesem als dasjenige erkannt worden, welches er vor nicht langer Zeit dem Angeklagten persönlich ver kauft hatte, eben so erklären die Zeugen den in Trümmern Vor gefundenen Stock für denselben, welchen Nolte vor der That ge führt. 5) Das genaue Einpassen des am Orte der That gefun denen Schlüssels in das Schloß der Commode, welche sich in dm von Nolte und der Lotheisen bewohnten Zimmer in Wiesbaden befand, so wie den Umstand, daß Nolte gleich nach seiner Rück kehr einen neuen Schlüssel anfertigen ließ. 6) Die Recognitionen der Zeugen, welche den Angeklagten auf dem Niederwald gesehm haben, mithin seine Anwesenheit am Orte der That zu der treffen den Zeit. 7) Die verdächtigen Manöver deS Angeklagten, die Spuren der That zu verwischen, so wie überhaupt sein von Schulb- bewußtsein zeugende- Benehmen. Der Anklageakt schließt mit dm Antrag: „Den Oekonomen Heinrich Nolte als deS Raubmords, verübt an der ledigen Emilie Lotheisen, so wie der an feiner frü heren Geliebten begangenen Fälschung, welche jedoch nur zur Colorirung der Sache in da- Bereich der Untersuchung gezogen wird, schuldig zu sprechen und über ihn die den Art. 137 und 112 der peinlichen HalSgerichtSordnung Kaisers Karl V., so wie dem Gerichtsgebrauch entsprechende Strafe zu verhängen." Bevor zum Verhör deS Angeklagten geschritten wurde, erhob sich der Staatsprocurator und machte folgende für die Schuldfragt deS Nolte wesentliche neue Momente geltend: „Es ist ln der Vor untersuchung von einer Verwandten der Lotheisen die Vermuthung ausgesprochen worden, daß sie den im Jahre 1852 nach Amerika ausgewanderten Schwager der Ermordeten, Schladeur, welcher eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit mit Nolte haben und von jeher ein Feind der Lotheisen gewesen sein soll, für deren Mörder halte, in dem derselbe im Frühjahr vor. I. aus Amerika herübergekommm sei und sich längere Zelt in und um Marburg aufgehalten habe. Indessen ist mittlerweile festgestellt worden, daß jener Schladeur sich bereits am 12. Mai vorigen Jahre- in Amerika entleibt hat. Sodann hat Nolte angegeben, daß er daS bei ihm Vorgefundene mir vielen „Krätzern" versehene Messer Ostern vorigen Jahre- in
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