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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186007056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600705
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600705
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-07
- Tag1860-07-05
- Monat1860-07
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1860
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Ar u > ! i ii! 1338 botanischen Gewäch- ein solches versteht, welche- die von der Wissenschaft unberührte Menge nichts angeht und vor dem diese mit achtungsvoller Scheu zurücktritt. Hier ist also ein Zwiespalt zu versöhnen. Es ist dies die Aufgabe der Gartenkunst. Die Versöhnung wird darin bestehen, daß Wissenschaft und Leben, welche da- arme Pflanzenreich in zwei Hälften zerreißen, sich im Gatten die Hand reichen, daß in einem gewissen Sinne jeder größere Garten ein Zier- oder Obst - und Gemüsegarten und ein botanischer zugleich sei. Au dieser Versöhnung kann der erste Schritt von jedem der beiden einander noch entgegenstehenden Theile ausgehen: der bota nische Garten, im bisherigen ausschließenden Sinne, kann herab steigen zu dem Geschmack und der Auffassungsweise des Volkes, der Blumengarten kann einen Schritt hinauf thun zu der wissen schaftlichen Auffassung der Pflanzenwelt. Beide Schritte sind hier und da wenigstens versuchsweise gethan worden; es ist aber über den Versuch meines Wissens noch nicht hinausgegangen worden Da- eben der Kürze wegen, aber im Grunde gegen meine Auf fassung des Rechtes des Volkes an die Wissenschaft, sogenannte Herabsteigen hat namentlich dem im besten Sinne Prof. Göp- pert in Breslau Veranlassung gegeben, sich Verdienste zu erwerbe Der Breslauer Universitäts-Garten ist davon Zeuge. Göppe hat schon 1857 in einer eigenen Schrift den botanischen Garten von Breslau ausführlich beschrieben und dadurch gezeigt, wie von dieser Seite jener erste Schritt gethan werden müsse. Er bildet einen erfreulichen Gegensatz zu jenen Direktoren botanischer Gärten, welche am liebsten „das Publicum" ganz aus diesen verbannen möchten. Wie die Bildung und Anschauungsweise der Griechen und Römer und deren auf das Monumentale, auf das Geschmack veredelnde gerichteter Baustyl einander ursächlich bedingten, so scheint es auch geradehin eine Nothwendigkeit zu sein, wenigstens unsern Gartengeschmack in Einklang zu bringen mit der täglich mehr der Naturkenntniß sich zuwendenden Zeitrichtung; und zwar scheint dies um so mehr geboten, als unser verwinkeltes Stuben leben und unser Klima zu sehr auf das praktisch Zweckmäßige hindrängt und schon darum ein geschmackbildender Einfluß unserer Baukunst fast eine Unmöglichkeit ist. Wenn wir jetzt einmal die rein dem nützenden Ertrage gewid meten Obst- und Gemüsegärten ausscheiden und auch die kleinen Hausgärtchen — die lauschigen Aufluchtsplätzchen vor der Beengung de- Zimmers und der Werkstatt — außer Berücksichtigung lassen, so bleiben für unsere gegenwärtige Betrachtung die Schulgärten, die öffentlichen Gärten und Spaziergänge und allenfalls große Privatgärten übrig, denn die Besitzer letzterer sind in der Regel einem verständigen Rathe sehr zugänglich. Ich trage keinen Augenblick Bedenken, die allgemeine Her stellung von Schulgärten für eine wichtige Aufgabe der Zeit zu erklären, denn es giebt doch kaum eine einleuchtendere Wahrheit als die, daß der allgemeine Mangel von Schulgärten — denn der Ausnahmen von dieser Regel sind so wenige, daß sie nicht zählen — eine unverzeihliche Lücke in den Bildungsmitteln unserer Volksschule ist. Das Pflanzenreich ist der mächtigste Vermittler zwischen dem Bildung darbietenden Menschenfreunde und dem bildungsbedürf tigen Volke, zwischen welchen beiden leider so oft kein gedeihliches Einverständniß herrscht. Indem wir im Gatten, vom Schul garten an bis zu den Baumanpflanzungen öffentlicher Spazier gänge, obendrein die Pflanzen zum Volke hinbringen, diesem also die schon einen Beschluß erfordernde Mühe, zu jenen hinzugehen, ersparen können, sind wir des Erfolges gewiß. Ueber die Nützlichkeit von Schulgärten weiter zu sprechen, würde fast eine Plattheit sein. Wohl aber ist es vielleicht nicht ganz überflüssig, über den Nutzen eines wissenschaftlichen Anstrichs *von Promenaden-Anlagen und öffentlichen Gärten noch einige Bemerkungen zu machen. Es liegt tief begründet im geistigen Verlangen jedes nicht ganz erstorbenen Menschen, von allen Dingen, die ihm noch unbekannt sind und die ihm ins Auge fallen, sein „was ist das?" laut wer den zu lassen oder wenigstens sich selbst vorzulegen. Eine Ant wort darauf ist um so willkommener, wenn sie neben dem Namen des Dinaes auch dessen Bedeutung und Zweck angiebt. Unge- kannten Gewächsen gegenüber ist man meist mit dem Namen zu frieden und fragt nur -.selten weiter „wozu dient es?" Es wird Jedem die große Bedeutung der Namen einleuchten, wenn er sich daran erinnert, wie unbehaglich es ihm war, mit Jemand sich längere Zeit unterhalten zu müssen, dessen Name und Stand ihm unbekannt war. Es ist nicht ander- bei unserem Verkehr mit der Pflanzenwelt und natürlich eben so mit der Thierwelt. Dieses Mißbehagen beruht tiefer als blos auf unbefriedigter Neugierde; es beruht auf dem Gefühl, der unbekannten Perlon oder Pflanze kein rechtes Interesse abgewinnen zu können. Von dem Augen blicke an, wo wir Namen und Stand einer Person, mit der wir eben im Verkehr stehen, erfahren, wächst unser Interesse für die sen Verkehr, denn wir haben im Namen eine bestimmte Gegen ständlichkeit der Person gewonnen, von der wir nun gegen einen Dritten sprechen können, und in ihrem Äande hahen wir einen Maßstab für ihre Beurtheilung und für ihre Vergleichung mit andern des nämlichen Stande-gewonnen. Dies ist viel gewonnen und ist genau eben so bei dem Verkehr mit der Pflanzenwelt. Ein uns dem Namen und feiner Natur nach unbekannter Baum ist uns eben ein Baum wie alle Bäume. Finden wir aber an einem Baume einer Parkanlage den Namen Ulme und an einem andern Hornbaum belgeschrieben, so ladet un- die- förmlich ein, sie an zusehen. Finden wir nun den einen Baum Spitzahorn, einen andern gemeinen, einen dritten Feldahom und einen vierten eschen- blättrigen Ahorn genannt — können wir dann ander-, als sie vergleichend ansehen? Und steht nun gar neben dem Spitzahorn noch der Zuckerahorn, Iso müssen wir von beiden einige der zum Verwechseln ähnlichen Blätter herunterlangen, um in der weichen Behaarung derselben bei dem Auckerahorn ein sichere- Unterschei dungsmerkmal kennen zu lernen. Kurz man unterliegt hier einem Zwange, aber einem schön und versöhnend vermittelten Zwange, etwa- Nützliche- zu lernen, in einen innigen Verkehr zu treten mit den blühenden Milge schöpfen unserer schmuckvollen Erdheimath. Wende ich diesen allgemeinen Vorschlag auf einen bestimmten Fall an, so liegen mir die schönen Parkanlagen sehr nahe, welche die innere Stadt Leipzig ring- umschließen. Sie sind außer den Leipzigern selbst den vielen Tausenden, welche alljährlich die rührige Stadt besuchen, als besonders reich und mannigfaltig bekannt. Fast mit alleiniger Ausnahme — sonderbarer Weise — der Eichen und Buchen sind die deutschen Laub- und Nadelhölzer reich und vielfach vertreten und dazwischen ziemlich viele ausländische Arten eingestreut, so daß man spazierengehend eine erhebliche Baum- kenntniß sich verschaffen kann. Viele Bäume, z. B. Silber- und Schwarz-Pappeln, alle drei deutschen Ahornarten, Eschen, Schwarz- und Weimouthskiefern, der Götterbaum, Akazien, Sophoren rc. sind in Prachtexemplaren vertreten, so daß man nicht nur ihre botanischen Unterscheidungsmerkmale, sondem auch ihren Baum charakter studiren kann. Wie dankbar man für eine wissenschaftliche Hinweisung auf den Baum-Reichthum solcher unachtsam plaudernd oder sich lang weilend durchwandelten Anlagen zu sein pflegt, bewies sich z. B. im vorigen Sommer, als irgend ein aufmerksamer Freund der Natur auf einen Götterbaum (deren die Leipziger Promenaden und an diese grenzende Gärten jedoch mehrere aufzuweisen haben) im Leipziger Tageblatt aufmerksam machte. Man pilgerte viel seitig nach der bezeichneten Stelle und freute sich des bisher von den Einen ganz übersehenen und von den Andern mit dem Miß behagen der Unbekanntschaft angesehenen DaumeS. Bei diesem Vorschläge, die Baume und Sträucher öffentlicher Promenaden mit dem Namen zu bezeichnen, bin ich keineswegs der Meinung, daß dies bei solchen Arten, die in diesen sehr zahl reich vertreten sind, mit jedem einzelnen der Fall sein müsse, wa eine nicht unbedeutende Ausgabe und zugleich unnöthig und unschön sein würde. Es kann übrigen- füglich unterbleiben, in dieser Nebenfrage dem Ermessen derer vorgreifen zu wollen, die auf die Hauptfrage einzugehen sich herbeilassen. Wenn schon bei den öffentlichen Parkanlagen von einiger Um- fänglichkeit und von so bedeutendem Reichthum an Prachtbäumen, wie in denen von Leipzig, an da- Bedürfniß der Landschaft-- Zeichner gedacht werden kann, so kann und muß die- noch in höherem Maße geschehen hinsichtlich der Wälder, welche durch ihre nahe Benachbarung einer Stadt zu Spaziergängen dienen. Hier ist mir wieder Leipzig ein naheliegendes und vollgiltiges Beispiel. Diejenigen Landschaftsmaler, welche sich nicht damit begnügen B «Umschlag — der den meisten ein Schlagbaum für da- Ver- ständniß des Baumcharakters ist — zu malen, sondern Bäume, Baumarten, sind oft in der schlimmen Lage, daß es ihnen tage- und wochenlanges Herumlaufen verursacht, um freistehende, hinlänglich auffaßbare Bäume zu finden, nach denen sie ihre „Studien" zeichnen können. Während Andere „den Wald vor den Bäumen nicht sehen", können die armen Studienzeichner oft „die Bäume vor dem Walde nicht sehen". So reich da- Leipziger „Rosenthal", ein herrlicher Auenwald, an den schönsten Eichen, Ulmen und Hornbäumen ist, so war es meinem geschickten Zeich ner, der unser Blatt bereits durch „den Weihnachtsbaum" und „den Ahorn" geschmückt hat, dennoch nicht möglich eine von jenen drei Baumarten im Rosenthale zu zeichnen, weil keiner der vielen schönen Bäume dafür frei genug steht. Hier können die Jünger der Kunst wohl verlangen, daß man auf ihr Studienbedürfniß Rücksicht nehme, um so mehr, st eine Befriedigung desselben zugleich eine Verschö nerung der Lustwälder sein würde. Wie der einzelne männlich schöne Krieger in Reih' und Glied untergeht, so ist es dasselbe auch mit dem schönen Baume im Walde. Das Leipziger Rosenthal umschließt, unmittelbar an der-Stadt, eine sehr große Wiese und zwar in beinahe schnurgeraden Linien. Diese Verbindung von Wald und Wiese bringt allerdings die im posante Wirkung des Großartigen, Massenhaften hervor, welches an sich zwar nicht unschön, aber doch erdrückend wirkt und zuletzt unausbleiblich ermüdend und langweilig wird. Wenn nun Mannig- VWUWWW
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