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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186008316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600831
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600831
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-08
- Tag1860-08-31
- Monat1860-08
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1860
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3950 welche- tm Jahre 1856 von 49 deutschen Eisenbahnverwaltunaen, unter denen sich auch StaatSbahnverwaltungen befanden, abge schlossen worden ist, heben wir folgende wichtigere Vorschriften hervor: 1) Eine um zwei Tage verspätete Lieferung verpflichtet die Eisenbahnverwaltung zum Fallenlassen der Hälfte ihre- Fracht lohne-; 2) wenn eine längere Verspätung der Lieferung einiritt (also selbst Wochen und Monate lang), so verliert die Eisenbahn mehr nicht al- die ganze Fracht; 3) aber auch diese gerinae Entschädigung fällt hinweg, dafern die Zahl und die Beschaf fenheit der vorhandmen Betrieb-mittel die Verladung „nicht thunlich" gemacht; 4) wenn der Werth einer Waare nicht declarirt ist, wird bei deren Beschädigung, Vernichtung oder Ab handenkommen der Centner nur mit 20 Thalern entschä digt; bei erfolgter Werthdeclaration dagegen ist ein Frachttuschlag zu leisten; auf Waarm, welche die Eisenbahnverwaltung für „ge fährliche" erklärt, wird niemal- eine Entschädigung geleistet; 5) bleiben die Eisenbahnverwaltunaen von einer Entschädigung, also selbst von dm 20 Thlrn. pr. Centner befreit, wenn die Versender ihre Waarm in ganzen Wagenladungen verladen haben: 6) eine Entschädigung auf entzogenen Gewinn, sei dieser durch die längste Verspätung der Lieferung oder durch Beschädigung, Vernichtung oder Abhandenkommen der Waare herbeigeführt, wird niemals, auch bei declarirten Gütern nicht geleistet; 7) bei Beschädigungen verpackter Güter tritt nur dann eine Haftpflicht der Eisenbahnverwaltunaen ein, wenn solche äußerlich erkennbar sind und die äußerlich erkennbare Beschädigung in ersichtlichem, unmittelbarem Zusammenhänge zu der Beschädigung des Inhalt- steht; 8) alle Schadenansprüche fallen weg, wenn der Anspruch nicht sofort bei Uebernahme der Güter, beziehentlich vor Oeffnung der Colli vom Empfänger bei der Eisenbahnver waltung angemeldet und daraelegt wird; 9) für Gewichtsdefecte wird etwas nicht vergütet, dafern nicht bei trockenen Gütern mehr als ein Procent und bei nassen Gütern mehr als zwei Procmt verloren gegangen sind. Der Fabrik- und Handelsstand findet in derartigen, auch heute noch in ungeschwächter Anwendung stehenden Reglements die drückendsten Härten und die schwersten Gefährdungen seiner Interessen. Und betrachtet man die Tragweite solcher willkür lichen Vorschriften der Eisenbahnverwaltungen etwas näher, so kann man dem Fabrik- und Handelsstande darin nur beistimmen. Denn wenn, um nur einige Betrachtungen daran anzuknüpfen, die Eisenbahn nicht mehr als ihre Fracht verlieren soll, wenn sie eine zur Messe bestimmte Waare erst wochenlang nach der Messe geliefert hat, ja wenn sie auch nicht einmal ihrer! Fracht verlustig zu gehen braucht, dafern sie sich auf die dehnbare Reglements bestimmung beruft, daß die Zahl und Beschaffenheit der vorhan denen Betriebsmittel den Transport „nicht thunlich" gemacht habe, so hört damit aller Schutz für einen sichern Verkehr auf. Wenn ferner eine ohne specielle Werthangabe versendete Waare bei Beschädigung oder Verlust nur mit 20 Thlr. per Centner zum Ersatz kommen soll, während aus deren Benennung z. B. Seide, Wolle, Tücher rc. schon hervorgeht, daß sie einen weit größeren Werth besitze; wenn sodann bei Versendungen in ganzen Wagenladungen der Versender betrachtet wird, als habe er die Wagen nur ermiethet, um beim mangelhaften Bahnbetriebe die entstehenden Beschädigungen und Verluste von sich ab- und dem Empfänger selbst auflaften zu können; wenn weiter der Em pfänger eines im Aeußeren schwer verletzten Frachtgutes, dessen Inhalt Bruch oder Zerstörung erfahren hat, erst Nachweisen soll, daß die äußere Beschädigung mit der Zerstörung im Innern in unmittelbarem und ersichtlichem Zusammenhänge stehe; wenn hiernächst der Empfänger bei Uebernahme und vor Oeffnung des Collos seinen Entschädigungsanspruch angemeldet und auch noch dargelegt haben muß, dafern ihm sein Anspruch nicht für immer und gänzlich abgeschnitten sein soll, so verstoßen derartige Bestimmungen gegen alles Da-, was wir seither Billig keit und Recht genannt haben. Insbesondere gilt dies auch von dem Puncte de- Reglements, wonach 1 und beziehentlich 2 Proc. Gewichtsmanko von den Eisenbahnen nicht ersetzt zu werden brau chen, während doch Jedermann weiß, daß eine unendlich große Zahl von Waarengattungen auch bei einem Transporte von 50 und 100 Meilen nicht den geringsten GewichtSabgang erleidet, und Jedermann begreifen wird, daß mit derartigen Vorschriften über den Nichtersatz so erheblicher Mancos den gefährlichsten Un rechtfertigkeiten Thor und Thür geöffnet wird. Der in Nürn berg geschaffene Titel V. über das Frachtgeschäft hat nun in richtiger Erkenntniß der Gefahren und der Rechtlosigkeit, denen die Verkehrtreibenden durch jene Reglement- der Eisenbahnver waltungen auSgesetzt sind, diese mit all ihren Willkürlichkeiten verworfen und zum Schutze de- Verkehr- bündige und feste Nor men, welche nicht überschritten werden dürfen, ausgestellt. ES lag in der Natur der Dinge, daß die Eisenbahnverwal tungen sofort alle Anstrengungen machten, jenen Gesetzbestimmun- aen mit allem Nachdruck entgegen zu treten, um ihre alte will kürliche und gefährliche Gewalt, von ihnen „Autonomie" genannt, sich zu sichern. Von diesem Aeitvuncte ab tritt un- nun in Be zug hierauf eine Menge von höchst beachten-werthen, wenn auch überall hin noch nicht ganz vollständig aufgeklärten tatsächlichen Erscheinungen entgegen. Zunächst nämlich traten die Eisenbahn verwaltungen zu Conferenzen zusammen und erwählten au- sich eine Commission zum Zwecke der Bearbeitung einer dm Gesetz entwurf bekämpfenden Denkschrift, so wie überhaupt zu dem Zwecke, alle die Schritte zu unternehmen, welche die Commission für nothwendig oder nützlich erachten würde, um die Verwerfung des Titel V. und die ungeschwächte Wiederherstellung ihrer zeit- herigen Autonomie zu erringen. Hierauf erschien auch deren Denkschrift am 12. December 1859, und später, am 25. Januar 1860, deren darauf gegründete Abänderungsvorschläge. Beide Schriftstücke wurden den gesammten deutschen Einzelregierungen mit der Bitte überreicht, ihre Bevollmächtigten für Nürnberg darnach mit Weisung versehen zu wollen. Diese Denkschrift der Eisenbahnverwaltungen, in ihrem ganzen Texte in der Oeffent. lichkeit nirgends erschienen, schien anfänglich als ein Geheimniß bewahrt worden oder doch nur solchen zugänglich gemacht zu sein, von denen eine Begünstigung der Bahnen erwartet werden durfte. Später aber dennoch in ihrem ganzen Umfange einigen Kreisen de- Fabrik- und HandelSstandeS bekannt geworden, hat dieselbe von dort aus auch die eingehendste und gerechteste Kritik, nament lich in der Gegenschrift de- Dresdener und Chemnitzer Fabrik- und Handelsstande- erfahren. Sie verdiente auch eine solche wegen der exorbitanten Lehren, die sie darin geltend zu machen trachtet. Da- Resultat der höchst umfänglichen Denkschrift geht nämlich dahin: „daß die Bestimmungen des Gesetzentwurfs für die Eisenbahnverwaltungen gar nicht ausführbar und des halb unmöglich seien. Und würde man dennoch auf deren Aus führung bestehen, so würden die Eisenbahnverwaltunaen allent halben da, wo der Gesetzentwurf ihnm noch eine Freiheit der Bewegung lasse, durch Verträge (d. h. durch neue veränderte Reglements) dafür sorgen müssen, daß die Gesetzbestimmun gen außer Anwendung gesetzt würden, was sie nicht wünschten, und weshalb es geeigneter sei, ihnen ihre zeitherige Autonomie zu belassen. Die erwähnte Unausführbarkeit suchen sie theils mit technischen Schwierigkeiten, theils mit der Unzuver lässigkeit ihrer gewöhnlichen Arbeiter und Bediensteten, theils mit unabwendbaren Naturereignissen, theils mit verschiedenen Betriebs hindernissen und sonst noch zu unterstützen, bezeichnen die Gesih- vorschriften als gegen die guten Sitten und gegen alles Recht verstoßend und nennen dieselben endlich ein „Attentat" auf die Cassen ihrer Bahnen. Nebenher stellt die Denkschrift auch noch folgende Lehren auf: „Die Eisenbahnverwaltungen seien keine physische Person, sondern eine moralische, juristische, welche nie mals eines böslichen Vergehens gegen eine bestimmte physische Person (Kaufmann, Absender) fähig gedacht werden könne, wäh rend die physische Person (Kaufmann, Absender) allerdings einer solchen Böswilligkeit in ihren Beziehungen zu anderen Rechts- subjecten fähig und um so fähiger dann dazu gedacht werden könne, je weniger das andere Rechtssubject, die juristische Person (die Eisenbahnverwaltung), in gleicher Lage beweglicher Willens äußerung mit ihr sich befinde. Die- sei außer aller Beachtung geblieben und daraus eine unhaltbare Präsumtion gegen die Eisen bahnverwaltungen hervorgegangen. Wider die gesetzliche Prä sumtion sich durch Beweis der betrüglichen Handlungen der Leute de- Absenders wehren zu wollen, sei völlig unthunlich, weil dem Frachtführer darüber die Wissenschaft fehle, sie ihm auch nicht zugeführt werden würde. Für ihre Arbeiter und Leute könnten die Eisenbahnverwaltungen keine Garantie übernehmen, wenn sie nicht frei alle Formen des Verkehr- (wahrscheinlich durch ihre beliebten autonomischen Reglements) bestimmen könnten. Diese Leute seien weniger gebildet, gehörten der arbeitenden Claffe an, sie hätten die Manipulationen de- Geschäft- in Händen, von ihrer dienstlichen Aufmerksamkeit und Ueberlegungskraft und von deren Thun und Lassen hänge der Eisenbahnbetrieb mit ab, und wisse man dies, so fordere man von den Verwaltungen etwas wider besseres Wissen, also mit jedem Rechtsbegriffe Unverträg liches. Auch sei nicht zu übersehen, daß diejenigen, welche zu ihren Privatzwecken von der Beförderung durch die Eisenbahnen Gebrauch machten, sich auch bei den Folgen der mit den Eisen bahnen verbundenen Gefahren und Uebel betheiligen müßten." Solche Lehren richten sich selbst. Denn wenn behauptet wird, die Eisenbahnverwaltungen seien niemals einer Nachlässigkeit, durch welche zumeist die größten Unglücksfälle herbeigeführt zu werden pflegen, fähig, wohl aber könne dem Absender von Gütern jedwede Verschuldung zugetraut werden; wenn weiter be hauptet wird, die Eisenbahnverwaltungen hätten ihre Beamten und Bediensteten nirgends zu vertreten, während bekanntlich jeder an dere Principal in den Arbeiten und Tätigkeiten für ihn seine Leute mit voller Verantwortlichkeit zu vertreten schuldig ist; wenn endlich behauptet wird, der Absender habe alle Gefahren und Uebel, welche sich durch Nachlässigkeiten und Versehen auf den Bahnen ereignen, in Mitleidenschaft ruhig mit hinzunehmen, weil er sich eben zu seinen Privattwecken erlaubt hat, die Bahn mit zu benutzen; so hört damit Alle- auf, wa- wir zeither in einem RechtSstaate al- Recht gekannt habm. Und wir schließen un- die-fall- mit ganzem Beifall dem HandelSstand« zu Leipzig
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