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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186009013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-09
- Tag1860-09-01
- Monat1860-09
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1860
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3968 Ich war in Louisens Anblick versunken; sie war ein Mädchen von wunderbarer Schönheit. Aber ich will Dir ein Bild von ihr entwerfen. Wenn ich auch nie in meinem Leben ihr bleiches schönes Antlitz, die dunkeln Auqen und die goldblonden Flechten ihre- Haars vergessen kann, so tritt doch immer der fürchterliche Tod vor diese Erinnerung, der eine der schönsten Blüthen im Erdengarten, mit Jugend, Anmuth und Tugenden in seltener Weise geschmückt, verschlang. „Meine Herren," rief R. fröhlich, „Sie kommen zufällig, aber zu rechter Stunde! Gestern Verlobung, in vier Wochen Hochzeit und Abschied für ewig!" Er stellte uns seiner Braut vor. „Dieser Herr ist nicht Ihr Vater?" fragte der Buchbinder. „Vater? Herr C. ist Mitglied des Stadttheaters zu Leipzig!" „O Sohn," rief C., „Du, den ich mit Schmerzen geboren, willst mit allen Deinen Ciqarretten Dich ewig von mir wenden?" „Nicht sein Vater! Das finde ich aber unverschämt!" „Du sprichst ein großes Wort gelassen aus, Buchbinder!" entgegnen C. und setzte eine Cigarrette in Brand. „Die schönen Tage von Aranjuez sind nun vorüber, wir verlassen es nicht eben heiter. Lebt wohl, verehrte Christen!" — Vier Wochen darauf fand R.'s Verbindung statt und Abschied für ewig. Das junge Paar verunglückte auf der „Austria". ». 8. Vas Hagelwetter hat unserer Stadt einen Schaden gebracht, der nach der vorläu figen Abschätzung in öffentlichen Blättern zu dem Gesammtbetrag von circa i/r Million viel zu gering angeschlagen wurde. Jetzt, nachdem die Folgen sich genauer überblicken lassen, stellt sich der Verlust in einer viel bedeutenderen Größe heraus. Wenn man annimmt, daß Leipzig in jenen wenigen Minuten, abgesehen von dem vielen Nichtabschähbaren, einen direkten Vermögensverluft von zwischen 2 — 3 Millionen erlitten hat, so ist dies sicher nicht zu hoch gegriffen. Vorzüglich sind die Dächer schwerer beschädigt, als es anfangs schien. Alle bedürfen gründlicher Reparaturen, sehr viele des gänzlichen Umdeckens. Rechnet man die Zahl d»r mehr oder weniger schwer betroffenen Hausbesitzer nur zu 2000, den Verlust des Einzelnen im allgemeinen Durchschnitt nur zu 200 Thlr. (bei sehr vielen beträgt er gegen und über 1000 Thlr.), den Verlust der Stadtgemeinde, vorläufig abgeschabt, nur zu 100,000 Thlr., ferner die in den Tausenden von Wohnungen und Gewölben vernichteten und werthlos gewordenen Gegenstände, endlich den Schaden an Realwerth in allen Gärten, ganz beson ders aber den enormen Schaden im botanischen Garten und in den vielen Kunftgärtnereien — so wird jedem Urteilsfähigen obiger Anschlag als ein sehr mäßiger erscheinen. Der bekannte, nach allen Richtungen hin stets hilfsbereite Sinn Leipzigs berechtigt wohl zu der Erwartung, daß die Samm lungen, welche zu Gunsten der ärmeren Hausbesitzer, als auch der überaus hart betroffenen und in ihrer Existenz erschütterten Kunstgärtner veranstaltet werden, sowohl und ganz besonders von Seiten der schadlos davon gekommenen Leipziger Miethbe- wohner, als auch von außerhalb her einer warmen Beteiligung sich erfreuen werden. Es ist dies um so dringender wünschens wert, als bei der hier unerhörten Seltenheit der Calamität der in andern Unglücksfällen gewöhnliche Versicherungsschutz, so viel ver lautet, diesmal gänzlich mangelt. Stadttheater. Unser liebenswürdiger Gast, Fraulein Preßburg, k. k. Hof- schauspielerin von Wien, hat heute ihre Benesizvorftellung. Dazu hat sie ihre unstreitig beste Rolle „Die Grille" gewählt. Wie sehr sie als solche in jeder Beziehung bei ihrem ersten Auftreten dem Publicum gefallen hat, dies wird sich wohl bereits hinläng lich ausgesprochen haben, denn diese meisterhafte Leistung erregte allgemeinen Beifall. Doppelt aber muß man einen recht zahl reichen Besuch dieser Benesizvorstellung wünschen, da gerade dieser so hervorragenden und dabei so anspruchslosen, bescheidenen Künst lerin durch die obwaltenden Verhältnisse nicht das Glück beschieden war, glänzende Anteileinnahmen zu machen. Leipzig, den 1. September 1860. 11. Vesfenttiche Gerichtssitzung. In der am 30. v. M. unter Vorsitz des Herrn Gerichtsrath vr. Herrmann abgehaltenen Hauptverhandlung, bei welcher die Anklage durch Herrn Staatsanwalt Barth, die Vertheidigung durch Herrn Advocat Kleinschmidt vertreten war, befanden sich als Angeklagte der Gutsbesitzer Karl Gottlob Schindler aus Bortewitz bei Wurzen, dessen Mutter, Christiane verw. Schindler, und der Knecht Friedrich Kanitz aus Schildau. Schindler war der Brand stiftung, des Betrugs und der Anstiftung zu wahrheitswidriger Aussage angeklagt und aller drei Verbrechen unumwunden geständig. Er hatte in den Abendstunden des 1. December vorigen Jabrei an seinem eigenen Gute zu Bortcwitz Feuer angelegt, in besser Folge das dazu gehörige Wohnhaus, ein Anbau und ein Vick stallgebäude total niederqebrannt waren. Nur durch die Anstren- gungen der herbeigeeilten Löschmannschaft war es gelungen, dn weiteren Verbreitung des Feuers Einhalt zu thun. Der an der Gebäuden, die bei der LandesimmobiliarbrandversicherungScass, versichert waren, erwachsene Schaden belief sich auf 510 Ldlr, Außerdem hatte Schindler aber auch seine Mobilien und Vorräch bei einer Privatgesellschaft, der Thuringia, für 3000 Tklr. ver. sichert, eine Summe, hinter welcher, wie er selber zugab, da wahre Werth des Versicherten weit zurückblieb. Als nun nat dem Brande sich Bevollmächtigte jener Gesellschaft eingefunter halten, um den Schaden zu ermitteln und festzuftellen, dank Schindler weit mehr Sachen als verbrannt angegeben, als iir l Wirklichkeit verbrannt waren und darnach eine weit höhere Eik schädigungssumme beansprucht, als er eigentlich blos hätte vn- langen können. Nach den Ermittelungen hatte er einen Mehrverlust von 438 singirt. Schindler wollte jedoch nicht in der Absicht, um durt -eine höhere Entschädigungssumme einen unrechtmäßigen Gewim zu machen, sein Gut in Brand gesteckt haben, der Bestimmungj- grund sollte ein ganz anderer gewesen sein. Die Versicherung, behauptete er, sei ganz gegen den Miller seines Schwiegervaters und seiner Ehefrau geschehen; Beide häner ihm dieselbe untersagt; nur dem wiederholten Drängen des dM senden Specialagenten zu Dahlen habe er endlich nachgeqeben E die Versicherung auf jene hohe Summe abgeschlossen. Zu seine« Schrecken habe ec aber, nachdem dies geschehen, aus der Polin ersehen, daß die jährlichen Prämiengelder weit höher und bettächd sicher seien als ihm der Agent vorher gesagt habe. Nur m Mühe und Noch habe er die erste Jahresprämie aufgebracht un! das Geld sich hinter dem Rücken seines Schwiegervaters ur! seiner Ehefrau verschaffen müssen. Da er sich nun durch sein, Unterschrift auf 10 Jahre gebunden gehalten, aber nicht gewußt, wie er auf so lange Zeit so. bedeutende Prämiengelder schaffen sollen, ohne daß sein Schwiegervater und seine Ehefrau etwas k von erführen, so sei er ganz in Verzweiflung gerathen und tch keinen andern Ausweg gesehen von der Versicherung loszukomnier als wenn er sein Gut wegbrenne. Diese Idee sei bald zu einem festen Plane geworden und a« gedachten Abend sei er zu dessen Ausführung verschütten, indem er mit einem brennenden Schwefelhölzchen ein Bündel Slrob, irrl- ches er zu diesem Behufe über ein Loch gelegt, welches sich in dn Decke des mit Stroh gedeckten Anbaues befunden, angeMe habe, wodurch alsbald der Anbau und von diesem das damit in Verbindung stehende Wohnhaus und Viehstallgebäude in Fern aufgegangen sei. So sonderbar die Erzählung Schindlers üdn das Motiv zur Thal klingt, so scheint ihr doch bei der Indivi dualität desselben und bei seinen geringen geistigen Fähigkeiten nicht jeder Anspruch auf Glaubwürdigkeit versagt werden zu dürfen. Jedermann mußte sich von einer an Stupidität gränzenden Be schränktheit Schindlers bei der Verhandlung überzeugen und er gab dieselbe der Vertheidigung auch Anlaß, die Vertagung der Verhandlung und die ärztliche Exploration Schindlers zu bean tragen , ein Antrag der indeß keine Berücksichtigung fand, da lic; der geringen an den Tag gelegten Verstandeskräfte doch das Vor handensein eines die Zurechnungsfähigkeit nach Art. 87 des Straf gesetzbuches gänzlich ausschließenden oder dieselbe wenigstens i« Sinne des Art. 88 vermindernden Zustandes bei Schindler M füglich angenommen werden konnte. Was die mitangeschuldigte Mutter Schindlers, so wie dessen Dienftknecht Kanitz anlangt, so hatten diese auf Veranlasse Schindlers den Verkäufer seines Gutes zu bestimmen gesucht, vor Gericht wahrheitswidrig auszusagen und zu bezeugen, daß er Schindlern beim Verkauf des Gutes soviel Getreidevorräthe über geben habe, als von diesem als verbrannt angezeigt worden waren. Es hatten sich dadurch beide der Anstiftung zu wahrheitswidrign Aussage vor Gericht schuldig gemacht, die indeß ohne Erfolg ge blieben war, da jener Verkäufer ihre Zumuthungen nicht allein zurückgewiesen, sondern die Sache auch angezeigt hatte. Dem KM Kanitz sielen außerdem noch zwei Betrügereien zur Last, indem er in Wurzen unter Beilegung eines falschen Namens und um Angabe eines falschen Aufenthaltsortes einem Schneider ein paar Hosen und einem Schuhmacher ein paar Stiefeln abgeschwindrli hatte. Durch das Erkenntniß des Gerichtshofes wurde Schindln zu 8 Jahren Arbeitshaus, seine Mutter zu einer Geldbuße von 3 Thlr., der Knecht Kanitz aber zu sechswöchentlichem Gefängnis verurtheilt. Städtisches. Leipzig, 30. August. Der Stadtrath hatte das Communal grundftück an der Zeitzer Straße (Staritz'scher Zimmerplatz) sin 13,000 Thlr. verkauft. Die Stadtverordneten verweigerten ihn Zustimmung und beantragten Licitation. Dieselbe fand heute st«! und hat 19,550 Thlr. ausgeworfen.
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