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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.09.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186209189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18620918
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18620918
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-09
- Tag1862-09-18
- Monat1862-09
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.09.1862
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4»L8 kommt. Es ist im Gegentheil so uieit gekötnmen, daß es kaum noch der Mühe werty ist, eme Straße zu bauen, obgleich dieß auch noch vorkommt, sondern ein rechter Bauunternehmer findet es voriheilhafler, ein ganzes Quartier zu bauen, das Straßen für reiche, für wohlhabende, für mittlere und arme Leute enthält. Jede Seüe eines Straßenvieuels stellt gewöhnlich ein architektonisches Ganzes dar, das eine Fa^ade bildet und im Inneren !in gleich förmige Häuser abgetheilt ist, mit der Ausnahme, daß die Eck häuser gewöhnlich geräumiger sind. Häuser erster Klasse bilden oft einen Square, d. h. ein hohles Biereck, das in der Mitte einen Garten hat, zu dem die Anwohner des Square Schlüssel haben, oder sie bilden Halbmonde oder Terrassen, d. h. sie sind von der großen Straße durch einen Streifen von Gartenanlagen getrennt, hrnler denen die Anfahrt zu den Häusern herumläuft. Häuser zweiter Klasse stehen meistens in kleinen Gärten, die zu ihnen ge hören, die dritter Klasse haben zwischen sich und der Straße einen kleinen Garten, aber keine Anfahrt. In allen diesen giebt es keine Kaufläden. Häuser mit Buden bilden eigene Straßen, welche therls die großen Durchfahrten und Arterien der Stadt sind, wo sich die reichen Läden finden, theils kleinere Nebenstraßen für die ärmeren. Diese systematische Bertheilung der Häuser nach Klaffen ist dieselbe in allen neuen Stadttheilen, nur wechseln, je nachdem die Gegend mehr oder weniger modisch ist, die Zahlverhältniffe der Häuser erster und letzter Klasse; im Ost- und Südende der Stadt sind mehr Buden und Waarenhäuser, im Nord- und West ende mehr Privathäuser erster und zweiter Klaffe. Ein Quartier dieser Art ist daher eher wie die Stiftung einer Colonie, bei der man darauf seh^n muß, für alle Bedürfnisse zu sorgen und die Reichen und die Armen, die einander nölhig haben, m gehörigen Berhällnissen zusammenzubringen, so daß sie einander ohne zu großen Zettverlust finden können. Doch wir kommen etwas zu schnell an den Häuserbau, denn vor Allem muß der Unternehmer sich den Grund und Boden an- schaffen, was keine ganz einfache Sache ist. Das Land um die Stadt herum gehört zum größten Theil einigen Körperschaften und großen Landbesitzern, z. B. den Universitäten Oxford und Cam bridge, dem BiSlhum London, dem Marquis von Westminster rc. Diese verkaufen selten das Land, woran auch die speculirenden Unternehmer durchaus nicht hängen, weil der Ankauf das auszu gebende Capital sehr beträchtlich vermehren würde, sondern sie ver- nuelhen es auf 30 bis 100 Jahre unter der Bedingung eines Grundzinses und des Zurücksalles der Häuser, die auf dem Lande stehen, an den Grundbesitzer nach Verlauf der Bertragszeit. Früher war eS sehr gewöhnlich, auf 30 Jahre Land zu mielhen, besonders für ärmere Quartiere; man bezahlte dabei einen sehr kleinen Grund zins, weil der schnelle Heimfall der Häuser den Grundbesitzer ent schädigte. In neuerer Zeit aber haben beide Theile eingesehen, daß Verträge auf 70 bis 99 Jahre voriheilhafler sind; der Grundbe sitzer verlangt eine größere Grundrente und der Unternehmer kann bessere Häuser bauen, weil das lange Amortisiemenl weniger lästig ist. Ein Morgen Land in der Umgegend von London ist für Wiesen oder Gärten etwa 3 bis 4 Pfd. St. jährlich werth oder, wenn das Land für Pflanzschulen oder Gemüsegärten besonders gut gelegen ist, 6 bis 8 Pfd. St. Sobald es Bauplatz wird, steigt es auf 4V bis 60, vielleicht mehr, und mit der unausbleib lichen Bedingung des Rückfalles der Häuser nach der stipulirten Zeit. Dabei wird immer ausbedungen, daß die Häuser in gutem Zustande zurückfallen müssen, und dieß ist keineswegs eine bloße Formel, wie es wohl früher der Fall war, sondern wird jetzt streng eingehalten; denn gegen das Ende der Zeit kommt ein Baumeister von Seiten des Grundbesitzers, besichtigt die Häuser und läßt sie auf Kosten deS zeitigen Besitzers repariren, anstreichen u. s. w. und der Betrag dieser Reparaturen wird von dem Mieth- bewohner bezahlt, der es seinerftits an der Miethe dem bisherigen Hausbesitzer abzieht. Die Zunahme an Vermögen und Einkommen, welches die Grundbesitzer um London herum im Verlaufe der Zeit und für die älteren Theile der Stadt schon seit langer Zeit an sich ziehen, übersteigt alle Berechnung. Es liegt ihnen daher auch daran, daß auf ihrem Grund und Boden die möglichst werthvollen Häuser gebaut werden, und sie lassen sich also, ehe sie einen Mlethvertrag über Land eingehen, immer die Pläne vorlegen, verlangen so viel als möglich Häuser der besseren Claffen und möglichst soliden Bau. Je mehr sich die Stadt ausdehnt, um so mehr gewinnen natürlich die schon gebauten Theile an Werth und dieser steigt im Inneren der Stadt, wie z. B. in der City, auf das Unglaubliche. Diese bildet nämlich nur einen sehr kleinen Theil von London und Hai nur 600 englische Morgen Oberfläche und das Bedürfniß an Raum für Bureaus der Compagnien, der Bauquiers und Groß händler ist so groß, daß für ganz kleine Räume »nd oft um für wenige Jahre unerhörte Summen geboten werden. So steht »B. in der Nähe der Börse, in Cornhill, eine kleine Bude eine- Obst- verkäuferS, die an die Bureau- einer Compagnie stößt, welche sich auszubreiten das Bedürfniß hat; sie bol dem Obstverkäufer 1000 Pfd. Sterl. jährlich für die noch übrigen Jahre seines Mieth- vertrages an, aber er verlangte 2LV0 Pfd. St. jährlich und sie sind nicht handelseinig geworden. Der Advocat der City hat vor einiger Zeit bei Gelegenheit eines Prozesse- erklärt, daß nach einem Durchschnitte von vielen Jahren die City, wenn sie Hauser gekauft habe, um öffentliche Verbesserungen anzubringen, wie beim Durch bruch neuer Verbindungsstraßen, den Grundbesitz zu 360,000 Pfd. St. für den Morgen bezahlt habe, und e- ist der Fall vorgekommen, daß ein ganz kleines Stück Land in der City zu einem Preise verkauft wurde, zu dem ein Morgen 1,000,000 Pfd. St. gekostet hätte. Die Folge ist natürlich, daß die City sich nach und nach entvölkert, indem die Magazine und Bureaus den Platz einnehmen, der zu theuer zum Bewohnen geworden ist, und die Kaufleute außerhalb der Stadt wohnen und Niemand mehr in den Häusern schläft als wer zu ihrer Bewachung nöthig ist. Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zu unserem eigent lichen Thema, der Fabrikation neuer Quartiere, zurück. Hat also der Bauunternehmer mit dem Grundbesitzer seinen Vertrag ab geschlossen, in welchem die Grenzen des gemietheten Landes, die Bedingungen der Grundrente und die Dauer des Vertrages, die Zahl und Arten der Häuser, die gebaut werden sollen, wahrschein lich die Localitäten, die für eine Kirche und vielleicht eine Schule vorzubehalten seien, festgesetzt sind, so kann er ohne jegliche weitere Erlaudniß zu bauen ansangen, wobei er nur den Bestimmungen des Baugesetzes für die Stadt London nachzukommen hat. Dieses wurde in Folge von Klagen über ungesunde und gefährliche Bau ten gegeben und enthält Bestimmungen über die Dicke der Mauern im Verhältniß zur Höhe der Häuser, über die Anlage der Kamine und Küchenfeuer und über Abzugsgräben. Die Ueberwachung der vorbeschriebenen Bestimmungen gehört den Municipalitäten der verschiedenen Stadtviertel, welche Inspectoren dazu ernennen, die das Recht haben, Aenderungen im Bau zu verlangen, wenn gegen die gesetzlichen Bestimmungen gebaut wird, im Nothfalle die an gefangenen Häuser niederzureißen, wenn die Aenderungen nicht vorgenommen werden, und Reparaturen anzuordnen, wenn alte Häuser gefährlich zu werden drohen. Es ist keineswegs nölhig, daß der Unternehmer dem Inspector seinen Plan vorlegt, und im Allgemeinen thut er eS auch nicht, denn die Freiheit in England besieht eben darin, daß man keine vorläufige Erlaubniß braucht und eben vor dem Gesetze verantwortlich ist, wenn man thut, Da gegen das Recht eines Anderen ist. Der Unternehmer fängt seine Bauten damit an, daß er die Straßen zieht und ebnet und dann den ganzen Grund und Boden, der ein Häuserviereck bildet, so wie den, welchen die Trottoirs an den Straßen hin cinnehmen sollen, etwa 10 Fuß ausgräbt. Hier auf baut er an der Chaussee hin eine fortlaufende Reihe von Gewölben aus Backsteinen, die nach dem Inneren des Vierecks hin sich öffnen, 6 bis 8 Fuß tief und ebenso breit, und zu Kohlen tellern für die künftigen Häuser bestimmt sind; sie werden oben mit Erde zugedeckt, geebnet, mit Steinplatten beleaj und bilden das Trottoir mit einer Oeffnung im Gewölbe, deren Mündung in dem Trottoir mit einer eisernen Platte geschloffen ist, durch welche die Kohlen eingeschüttet werden. Die Thür des Kellers ist natürlich gegen das Innere des Vierecks gewendet und geht in den kleinen unterirdischen Hofraum (»re»), der das Haus von der Straße trennt und bestimmt ist, der unterirdischen Küche Licht und Luft zu geben. Diese Area ist 4 bis 8 Fuß breit und gewöhnlich von der Straße aus durch eine Treppe zugänglich, welche in die Küche hinabführt und für Lieferanten und die Dienstboten bestimmt ist; die Area ist vom Trottoir durch ein eisernes Gitter getrennt, das mit einer Thür versehen ist, die auf die hinabgehende Treppe führt. Sobald die Keller unter dem Trottoir gebaut sind, wird mit den Häusern angefangen und die ganze Straße erhebt sich zu gleicher Zeit; die Küche, Speisekammer u. s. w. sind unter der Erde oder vielmehr unter dem Niveau der Straße, denn sie sind nirgends von Erde umgeben. Das Erdgeschoß in einem bürger lichen Hause enthält immer das Speisezimmer und das Arbeits zimmer des Hausherrn; der erste Stock wird von der Frau bewohnt, der zweite enthält Schlafzimmer, der dritte Kinderstuben u. s. w., der letzte Schlafzimmer der Dienerschaft, und die Bauart ist so einförmig, daß man nur bei größeren Häusern, die drei und mehr Zinimer auf jedem Stockwerk haben, einen Augenblick im Zweifel sein kann, wozu jede Thür führen müsse. Für den in neren Ausbau der Häuser haben die großen Bauunternehmer eigene Fabriken, in denen alle Holz- und Metallarbeit im Großen und vortrefflich gemacht wird. Das Holz zu Thüren, zu Treppen geländern, Böden, Fenstern u. s. w. wird mit Dampfsägen und Hobeln bearbeitet und Tausende von jedem Gegenstände in absolut gleicher Größe und Qualität angesertigt ; so mit Schlössern, Angeln, Schrauben, Thürheben, Riegeln aller Art, die je nach Größen und Claffen so gleich producirt werden, daß jedes Exemplar in jedem Hause einer gleichen Claffe ohne Weiteres angebracht werden kann. Diese Fabrikation im Großen mit Maschinen aller Art macht e- den aroßcn Bauunternehmern möglich, alle diese Artikel gut und wohlseil zu geben, neue und bequeme Einrichtungen leicht einzu- führeu, und man findet auch in den neuen Häusern die Berthei lung de- Raumes sehr zweckmäßig, die Holz- und Metallarbeit sehr solid uud gut und die Wasserbehälter und Röhren mit größ ter Sorgfalt und Berechnung der Bequemlichkeit und Reinlichkeit angelegt.
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