8 v. Hilko Wiardo Schomerus: Die Religionsgeschichte und für das Verständnis der religiösen Lage in der Welt fruchtbar zu machen, ist hier nur deswegen hingewiesen, um zu zeigen, daß es doch wohl nicht nur eine mehr oder weniger geistreiche Spielerei ist, wenn die Missionswissenschaft sich die Frage vorlegt, ob die geographischen Verhältnisse der Welt, die doch von dem Schöpfer herrühren, nicht etwa eine gottgewollte Bedeutung für den Lauf des Evangeliums durch die Völkerwelt, für die Gewinnung der Völker für das Evangelium haben. Später, vor allem in dem dritten Teile, wird allerdings auf die These von dem Zerrungsgürtel zurückzukommen sein, da sie geeignet er scheint, die Bedeutung der Pyrenäen-Halbinsel ins rechte Licht zu stellen; denn sie gehört doch ohne Zweifel zu den ozeanischen Mächten, die die Tendenz haben, zu zerren, d. h. über sich hinauszugreifen, Vorstöße nicht nur gegen den sogenannten Zerrungsgürtel, sondern auch in andere Rich tungen zu machen. Daß es nicht so ganz abwegig sein kann, bei den Bestrebungen um die weitere Ausbreitung des Christentums auch die geographischen Verhältnisse mit ins Auge zu fassen, geht auch aus der Tatsache hervor, auf die z. B. Leo Frobenius in seinem Buche „Paideuma, Umrisse einer Kultur- und Seelenlehre" (1921) und in dem anderen „Vom Kulturreich des Fest landes" (1923) aufmerksam gemacht hat, daß nämlich alle Hochkulturen und Hochreligionen innerhalb eines Gürtels aufgetreten sind und ihre hauptsächlichste Verbreitung gefunden haben, der sich im großen und ganzen nördlich vom Wendekreis des Krebses in einer Breite von zirka 30 bis 35 Breitengraden um den ganzen Erdball hinzieht und im Westen Europas ein wenig nach dem Norden und im Osten und in Amerika nach dem Süden abbiegt, so daß in Europa auch noch der germanische Norden und in Asien ganz Indien und in Amerika das Reich der Inka mit einbegriffen sind. Betrachten wir einmal die geographische Lage der Pyrenäen-Halbinsel etwas näher! Sie trennt das Mittelländische Meer, das das südliche Europa, das westliche Asien und das nördliche Afrika, also die wichtigsten Gebiete der antiken und mittelalterlichen Kulturwelt, umspült, von dem gewaltigen Atlantischen Ozean, an dessen anderen Seite das langgestreckte Amerika liegt, Nordamerika, Mittelamerika und Südamerika. Nur eine enge Verbindungsstraße, die Straße von Gibraltar, erlaubt den Übergang von dem einen Meer in das andere. Dieser ihrer Lage am Mittelländischen Meere verdankt die Halbinsel es, daß sie früher als viele andere europäische Länder in das allgemeine Kulturleben der Menschheit hineingezogen wurde, von der Mitte des 2. Jahrtausends v. Ehr. an bereits durch die Phönizier, dann vom 9. Jahrh. v. Ehr. an durch die Griechen, später durch die Karthager, die 206 o. Ehr. den Römern die Halbinsel überlassen mußten. Besonders der Zugehörigkeit zum Imperinm ü.omLnum verdankt sie, daß sie